Urteilskopf
125 II 18
3. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. November 1998 i.S. Aqua Viva, Arbeitsgemeinschaft zum Schutze der Aare, Pro Natura und Pro Natura Bern gegen Elektrizitätswerke Wynau AG, Einwohnergemeinde Wynau, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Baudepartement des Kantons Solothurn und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste
Konzession und Bewilligungen für den Neubau eines Wasserkraftwerks.
Der Rechtsmittelentscheid des Bundesrates, der die Erteilung der Konzession für den Kraftwerksneubau bestätigt, bindet die kantonalen Behörden in den vorbehaltenen und nachfolgenden - insbesondere gewässerschutzrechtlichen - Bewilligungsverfahren nicht und steht einer umfassenden Interessenabwägung in diesen Verfahren nicht entgegen (E. 4).
Die Elektrizitätswerke Wynau AG (EWW AG) reichte im Jahre 1981 beim Regierungsrat des Kantons Bern ein Konzessionsgesuch
BGE 125 II 18 S. 19
für den Abbruch und Neubau ihres an der Aare bei Wynau betriebenen Wasserkraftwerks und Wehrs ein. Das Bundesgericht hiess am 6. Dezember 1983 aus Gründen des Landschaftsschutzes eine Beschwerde verschiedener Umweltschutzorganisationen gut, die sich gegen die im Hinblick auf die Neukonzessionierung erteilte fischereirechtliche Bewilligung richtete (
BGE 109 Ib 214 ff.).
Die EWW AG erarbeitete in der Folge ein abgeändertes, zweiteiliges Neubauprojekt. Einerseits soll gestautes Wasser über eine Turbine geleitet und gleich unterhalb des Wehrs wieder in die Aare eingeleitet werden. Anderseits sollen bis zu 220 m3 Wasser pro Sekunde über eine zweite Turbine geführt werden, wobei das nutzbare Gefälle gegenüber der Turbine 1 um ca. 5,25 m vergrössert wird. Das in der Turbine 2 genutzte Wasser soll über einen 3240 m langen unterirdischen Stollen abgeführt und an der Gemeindegrenze zu Murgenthal wieder in die Aare zurückgegeben werden. Der Grosse Rat des Kantons Bern erteilte der EWW AG am 13. September 1988 auf Antrag des Regierungsrates die für dieses Projekt erforderliche Konzession. Auch der Kanton Solothurn erteilte der EWW AG eine entsprechende Konzession. Mehrere Umweltschutzorganisationen gelangten hiergegen an das Bundesgericht und an den Bundesrat. Nach einem Meinungsaustausch mit dem Bundesrat trat das Bundesgericht am 15. Juni 1989 auf die Beschwerde nicht ein. Der Bundesrat stellte mit Entscheid vom 24. November 1993 zwar koordinationsrechtliche Mängel des Verfahrens fest, vor allem weil die Konzession erteilt worden war, ohne dass eine fischereirechtliche Bewilligung vorlag. Er betrachtete diese Mängel aber als heilbar und wies die Beschwerde ab.
Bereits während des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesrat trafen die Parteien eine Vereinbarung, welche es der EWW AG gestattete, das Bewilligungsverfahren für die erste, unumstrittene Bauetappe des neuen Kraftwerks weiterzuführen. Dieser Projektteil ist inzwischen realisiert.
Die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) bewilligte am 22. April 1997 den Bau der zweiten Etappe des Kraftwerkneubaus (Ergänzung des Maschinenhauses/Wasserschloss, Unterwasserstollen, Auslaufbauwerk in die Aare). Der Gesamtentscheid der BVE umfasst u.a. die erforderlichen Bewilligungen nach Art. 29 des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20), nach Art. 24 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) sowie nach
Art. 18 ff. des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 BGE 125 II 18 S. 20
über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451). Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) erteilte am 18. April 1997 die Bewilligung für die Rodung von insgesamt 19'570 m2 Waldareal.
Gegen den Gesamtentscheid der BVE gelangten die Aqua Viva und fünf weitere Umweltschutzorganisationen an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses trat mit Urteil vom 15. Dezember 1997 auf die Beschwerde nicht ein, soweit damit eine mangelnde Koordination im Konzessionsverfahren gerügt und beantragt worden war, das Bauvorhaben einer vorbehaltlosen Gesamtinteressenabwägung im Sinne von Art. 6 NHG zu unterziehen. Im Übrigen hiess das Gericht die Beschwerde teilweise gut, hob den Gesamtentscheid der BVE vom 22. April 1997 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1997 erhoben sowohl die EWW AG als auch die Aqua Viva, die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Aare, die Pro Natura und die Pro Natura Bern Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht.
Das Bundesgericht wies die Beschwerde der EWW AG ab; die Beschwerde der Umweltschutzorganisationen hiess es gut, soweit es darauf eintrat.
Aus den Erwägungen:
4. Wie schon im kantonalen Beschwerdeverfahren verlangen die Umweltschutzorganisationen eine vom Gericht vorzunehmende umfassende Interessenabwägung, welche dem Umstand Rechnung zu tragen habe, dass es sich bei der betroffenen Restwasserstrecke um eine Landschaft von nationaler Bedeutung im Sinne von
Art. 6 NHG handle. Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber erwogen, der Bundesrat habe im Rahmen des Konzessionierungsverfahrens mit dem Beschwerdeentscheid vom 24. November 1993 bereits eine umfassende Würdigung und Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen vorgenommen und dabei festgestellt, dass das Projekt mit all seinen Teilen umwelt- und landschaftsverträglich sei. Somit stelle die generelle Zulässigkeit des Projektes res iudicata dar, auf die nicht zurückgekommen werden könne. Zwar müsse die für die Erteilung der Gewässerschutzbewilligung zuständige Behörde gemäss
Art. 29 ff. GSchG eine umfassende Interessenabwägung vornehmen; ihr Ermessen sei jedoch in dem Sinne begrenzt, dass sie die
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Bewilligung weder versagen noch Auflagen und Bedingungen festsetzen dürfe, welche die Realisierung des Werkes rechtlich oder faktisch (durch wirtschaftlich untragbare Bedingungen) in Frage stellen. Das Verwaltungsgericht nahm somit an, die Interessenabwägung unterliege - nicht hinsichtlich des Abwägungsmaterials, wohl aber hinsichtlich des Abwägungsergebnisses - einem Vorbehalt und der Rechtsmittelentscheid des Bundesrats im Konzessionsverfahren präjudiziere auch die nachfolgenden kantonalen Bewilligungsverfahren.
Zu beantworten ist mithin die Frage, ob der Entscheid des Bundesrates über die Konzession den Entscheid über die spezialgesetzlichen Bewilligungen, namentlich jene nach Art. 29 ff. GSchG, in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne präjudiziert. Eine derartige Bindungswirkung muss auf einem Rechtsgrund beruhen. Fehlt ein solcher Rechtsgrund, ist das Ergebnis der Interessenabwägung in den nachfolgenden Bewilligungsverfahren rechtlich nicht vorgegeben; diesfalls wäre dem angefochtenen Nichteintretensentscheid der Boden entzogen. Dies ist im Folgenden zu untersuchen.
a) Gemäss der bis Ende 1993 gültigen Fassung von Art. 99 lit. d OG war die Verwaltungsgerichtsbeschwerde generell unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Konzessionen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Inzwischen ist Art. 99 (Abs. 1) lit. d OG dahingehend geändert worden, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegen die Erteilung oder Verweigerung von Konzessionen u.a. für die Nutzung von Wasserkräften für zulässig erklärt wird (Änderung durch Art. 27 Ziff. 3 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über die Fischerei [BGF, SR 923.0], in Kraft seit 1. Januar 1994, AS 1991 2267 f.; heute Art. 99 Abs. 2 lit. a OG).
aa) Weil das Bundesrecht auf die von der EWW AG angestrebte Konzession zum Neubau ihres Wasserkraftwerkes keinen Anspruch einräumt, war im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde gegen die Neukonzessionierung - wie auch im Moment des Entscheides - allein der Bundesrat zur Beurteilung der Konzession zuständig. In seinem Entscheid hatte der Bundesrat eine Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Interessen vorzunehmen (siehe insbesondere Art. 22, 23 und 39 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 [WRG, SR 721.80]).
bb) Wie der Bundesrat im Beschwerdeentscheid vom 24. November 1993 zutreffend ausgeführt hat und von allen Beteiligten anerkannt
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ist, bedarf das umstrittene Wasserkraftprojekt neben der Konzession einer Bewilligung zur Wasserentnahme gemäss
Art. 29 GSchG (vgl. im gleichen Sinn
BGE 120 Ib 233 E. 3a/b S. 237). Gleichzeitig entfällt die Pflicht, eine Bewilligung für technische Eingriffe gemäss
Art. 8 BGF einzuholen, da diese in der (umfassenderen) Bewilligung gemäss
Art. 29 GSchG enthalten ist (
Art. 8 Abs. 4 BGF; diese Bestimmung entspricht Art. 24 Abs. 3 des Fischereigesetzes vom 14. Dezember 1973 [FG] in der Fassung gemäss
Art. 75 Ziff. 1 GSchG; vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 29. April 1987 zur Volksinitiative "zur Rettung unserer Gewässer" und zur Revision des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer, BBl 1987 II 1061 ff., 1167).
Wie bereits
Art. 25 Abs. 2 FG (heute
Art. 9 Abs. 2 BGF) macht
Art. 33 GSchG die Bewilligung von Wasserentnahmen gemäss
Art. 29 GSchG von einer Gesamtabwägung der dafür und dagegen sprechenden Interessen abhängig (
BGE 120 Ib 233 E. 7c S. 245 f.). Die Abs. 2 und 3 von
Art. 33 GSchG zählen nicht abschliessend auf, welche Interessen dabei in Rechnung zu stellen sind. Zu würdigen ist namentlich die Bedeutung des Gewässers als Landschaftselement (Abs. 3 lit. a). Gemäss
Art. 67 GSchG können Verfügungen aufgrund dieses Gesetzes nach dem VwVG und dem OG angefochten werden, womit letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegeben ist. Gleiches galt schon nach altem Recht für die fischereirechtliche Bewilligung (und zwar selbst dann, wenn der angefochtene Entscheid sowohl gewässernutzungs-, d.h. konzessionsrechtliche wie gewässerschutz- bzw. fischereirechtliche Anordnungen enthielt, ohne zwischen diesen zu unterscheiden: vgl.
BGE 117 Ib 178 E. 1a S. 184 mit Hinweisen).
cc) Nach der dargelegten Rechtsordnung sind in zwei verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichen Rechtsmittelwegen umfassende Interessenabwägungen vorzunehmen. Diese (teilweise) Übereinstimmung in den Tatbestandsvoraussetzungen genügt jedoch für sich allein noch nicht, um eine Bindung der einen Rechtsmittelbehörde an das Ergebnis der Interessenabwägung der anderen anzunehmen. Im Folgenden ist daher zunächst zu untersuchen, ob einem der beiden Rechtsmittelentscheide von Gesetzes wegen Vorrang zukommt.
b) aa) Normalerweise sind, aus koordinationsrechtlichen Gründen, die spezialrechtlichen Bewilligungen vor oder gleichzeitig mit dem erstinstanzlichen Konzessionsentscheid einzuholen. Zwischen der gewässerschutzrechtlichen Bewilligung und der Konzessionserteilung
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besteht in geradezu prototypischer Weise ein derart enger Sachzusammenhang, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander erteilt werden können, sondern inhaltlich abgestimmt werden müssen. Dies vor allem deshalb, weil die Bestimmung der nutzbaren Wassermenge, welche in
Art. 30 ff. GSchG geregelt wird, zu den wesentlichen Bestandteilen der Wasserrechtsverleihung gehört (BGE
BGE 119 Ib 254 E. 5a S. 267 mit Hinweis;
BGE 120 Ib 233 E. 8a S. 247; grundsätzlich zur Verfahrenskoordination:
BGE 116 Ib 50 E. 4 S. 56 ff.;
BGE 122 II 81 E. 6d/aa S. 87 f.). Der Bundesrat hat denn auch in seinem Entscheid vom 24. November 1993 mit überzeugenden Erwägungen und unter Hinweis auf seine Praxis (VPB 52/1988 Nr. 8) sowie auf die gleichlautende Praxis des Bundesgerichts (
BGE 107 Ib 140 E. 3a S. 144 und E. 6a S. 148 f.;
BGE 117 Ib 178 E. 2a S. 185) festgehalten, es sei unzulässig, eine Konzession unter Vorbehalten zu erteilen und damit in Zusammenhang stehende wesentliche Fragen wie z.B. die Restwassermenge (
Art. 29 ff. GSchG) erst nachfolgend zu prüfen.
bb) Eine derartige koordinierte Bewilligungserteilung eröffnet den Parteien die Möglichkeit, in jenen Fällen, in denen wie hier das Bundesrecht eine Gabelung des Rechtsweges (Beschwerde an den Bundesrat/Beschwerde an das Bundesgericht) vorsieht, gleichzeitig an die zuständigen Rechtsmittelinstanzen zu gelangen. Diese haben die Möglichkeit, ihre Entscheidfindung zumindest zeitlich zu koordinieren.
Hingegen ist schon aus prozessualen Gründen bzw. aus Gründen der Zuständigkeit eine weitergehende Koordination grundsätzlich nicht möglich (vgl. ARNOLD MARTI, Bewilligung von Bauten und Anlagen - Koordination oder Konzentration der Verfahren?, AJP 1994 S. 1535 ff., 1541 f.); vorbehalten bleibt allenfalls die Beurteilung der Beschwerde nur durch eine Instanz kraft Kompetenzattraktion (dazu hinten lit. d). Verlangen wie hier die einschlägigen Vorschriften, dass eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung (umfassende Interessenabwägung) sowohl vom Bundesrat als auch vom Bundesgericht nach den jeweils massgeblichen (unterschiedlichen) verfahrens- und materiellrechtlichen Normen zu beurteilen ist, so lassen sich vorbehältlich einer klaren gesetzlichen Regelung über die Priorität des einen über den anderen Rechtsmittelentscheid oder einer Abrede zwischen den beiden Instanzen widersprüchliche Ergebnisse nicht ausschliessen. Dies läuft darauf hinaus, dass das Vorhaben nur unter der Voraussetzung verwirklicht werden kann, dass ihm beide Rechtsmittelinstanzen zustimmen.
Davon scheint auch der Bundesrat ausgegangen zu sein, wenn er in E. 2.4.5 seines Entscheides vom 24. November 1993 ausführt, der Konzessionsentscheid sei ein Sachentscheid, der einzig aufgrund des vollständigen rechtserheblichen Sachverhalts und der "in Rechtskraft erwachsenen Nebenbewilligungen" auszufällen sei.
c) Unzulässig erscheint es demgegenüber, rein aus der Tatsache, dass der eine Rechtsmittelentscheid vor dem anderen ergangen ist, eine inhaltliche Bindung der später entscheidenden Instanz abzuleiten.
aa) Dies gilt jedenfalls, wenn es - wie hier - an einer gesetzlichen Prioritätenordnung fehlt. Anders als z.B. beim Nationalstrassenbau, wo das Gesetz ein zeitlich gestaffeltes, mehrstufiges Bewilligungsverfahren vorschreibt und damit auch eine gewisse Bindungswirkung der vorangegangenen für die nachfolgenden Entscheide statuiert (vgl. hierzu
BGE 118 Ib 206 E. 8 S. 212 ff.), ist im vorliegenden Fall, wie dargelegt wurde, von einem Nebeneinander von Konzession und spezialgesetzlichen Bewilligungen mit ihrem jeweils eigenen Rechtsmittelweg auszugehen.
bb) Derartige Doppelspurigkeiten mögen zwar unerwünscht sein, sind aber nicht singulär und können letztlich nur vom Gesetzgeber beseitigt werden. So erfolgt unter Umständen auch die kraft
Art. 99 lit. c OG letztinstanzlich vom Bundesrat zu beurteilende Genehmigung von Plänen für im Bundesrecht geregelte Anlagen, für welche das Enteignungsrecht beansprucht werden kann, vor und unabhängig von dem enteignungsrechtlichen Verfahren. In diesem kann anschliessend auch noch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ergriffen werden. Dabei können die Einsprecher (nochmals) die selben Rügen erheben wie die Teilnehmer am Plangenehmigungsverfahren (Urteil des Bundesgerichts vom 7. Oktober 1997 i.S. B. c. BKW, ZBl 99/1998 S. 391 ff. E. 1; vgl. auch
BGE 124 II 219 ff.).
cc) Wäre die zeitlich später entscheidende Behörde an das Ergebnis des früher ergangenen Entscheids gebunden, hätte es der Gesuchsteller in der Hand, das Konzessionsverfahren vor dem Spezialbewilligungsverfahren (oder umgekehrt) einzuleiten und dadurch die materielle Entscheidkompetenz der Rechtsmittelbehörden im jeweils zeitlich nachfolgenden Verfahren zu beeinflussen; Bundesrat oder Bundesgericht wären zur Zustimmung gezwungen, selbst wenn die Voraussetzungen gemäss den für sie massgeblichen Vorschriften (aus ihrer Sicht) nicht erfüllt sind. Das kann nicht der Sinn der gesetzlich vorgesehenen Rechtsweggabelung sein.
Es besteht eine Parallele zur Frage, welchen Einfluss die Beteiligten auf die Wahl des Rechtsmittels gegen einen Plan ausüben können. Nach der Praxis des Bundesgerichts können Nutzungspläne trotz der Regelung von
Art. 34 Abs. 1 und 3 RPG ausnahmsweise mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde statt mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden, sofern ein solcher Plan Anordnungen enthält, die sich auf Bundesverwaltungsrecht stützen (oder stützen sollten) und Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG darstellen, soweit kein Ausschlussgrund nach
Art. 99 ff. OG oder der Spezialgesetzgebung des Bundes vorliegt (
BGE 123 II 289 E. 1b S. 291 mit Hinweisen). Soweit eine Nutzungsplanung auch Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG einschliesst, geht es gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht an, dass die kantonalen Behörden durch Aufnahme oder Nichtaufnahme eines bundesrechtlich geregelten Gegenstandes in einen Nutzungsplan das zulässige bundesrechtliche Rechtsmittel festlegen können, derart, dass bei Regelung in einer separaten Verfügung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, bei Aufnahme in einen Nutzungsplan aber die staatsrechtliche Beschwerde zu ergreifen wäre (Urteil vom 23. Mai 1995 i.S. SBB c. Einwohnergemeinde Sissach, ZBl 97/1996 S. 373 ff. E. 1a, mit Hinweisen).
d) Schliesslich kann auch ausgeschlossen werden, dass der Bundesrat mit dem Beschwerdeentscheid vom 24. November 1993 auf dem Weg der Kompetenzattraktion (vgl. dazu ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 328, 334 und 336; PETER SCHMID, Die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat, Diss. Bern 1996, Bern/Stuttgart/Wien 1997, S. 66 ff.) die Beurteilung der gewässerschutzrechtlichen Fragen an sich gezogen bzw. vorweggenommen hätte.
aa) Der Entscheid des Bundesrates beschränkt sich darauf, die Beschwerde gegen die Konzessionserteilung abzuweisen (vgl. Ziff. 1 des Dispositivs). Damit bestätigte der Bundesrat den Beschluss des Grossen Rats des Kantons Bern vom 13. September 1988, der rechtskräftig wurde. Dieser behält aber ausdrücklich die fischereipolizeiliche Bewilligung und die weiteren, nach eidgenössischer und kantonaler Gesetzgebung erforderlichen besonderen Bewilligungen vor (Ziff. 5 und 7).
bb) Auch in seinen Erwägungen hat der Bundesrat die Prüfung und Erteilung der gewässerschutzrechtlichen Bewilligung ausdrücklich vorbehalten. So führte er wörtlich aus: "Ob und inwieweit das
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projektierte Bauvorhaben landschaftsverträglich ist, wird daher einzig noch im Rahmen der Erteilung der Gewässerschutzbewilligung nach Artikel 29 ff. GSchG separat zur Sprache kommen; es versteht sich dabei von selbst, dass die Beschwerdeführer in diesem Nebenbewilligungsverfahren ein weiteres Mal Gelegenheit erhalten werden, sich für ihre Anliegen des Landschafts- und Umweltschutzes zur Wehr zu setzen" (E. 3.2.2). Er erwog anschliessend, die Wasserentnahme dürfe höchstens so gross sein, dass dadurch das bestehende Landschaftsbild nicht erheblich beeinträchtigt werde, und stellte unter Hinweis auf die (das Projekt ablehnende) Stellungnahme der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission vom 22. Dezember 1987 fest, dass die noch offenen Fragen in Sachen Landschaftsgestaltung im Rahmen der Gewässerschutzbewilligung behandelt werden könnten. Schliesslich fasste er zusammen, die mit dem Kraftwerkneubau zusammenhängenden Fragen bezüglich Landschafts- und Umweltschutzverfahren seien in den bisherigen Verfahren umfassend geprüft worden, "soweit nicht noch eine ergänzende Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Wasserentnahme für das Stollenprojekt bei der Erteilung der Gewässerschutzbewilligung vorzunehmen sein wird."
cc) Zwar hat der Bundesrat aufgrund einer summarischen Würdigung der Akten angenommen, es lägen keine Mängel vor, die der Erteilung der noch ausstehenden Nebenbewilligungen im Wege stehen würden. Diese Vermutung ersetzt aber eine eigentliche Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen gemäss Art. 29 ff. GSchG nicht. Es handelt sich vielmehr um eine rechtlich unverbindliche positive Prognose, welche den Bundesrat dazu veranlasste, trotz des Nichtvorliegens der spezialgesetzlichen Bewilligungen die Konzessionserteilung zu schützen und damit das - aus seiner Sicht - geringe Risiko widersprechender Entscheide einzugehen.
e) Der vom Bundesrat geschützte Konzessionsbeschluss des Grossen Rates des Kantons Bern vom 13. September 1988 legt in Dispositiv-Ziff. 3.1 das konzedierte Wasserregime fest. Gemäss Ziff. 5 bleiben jedoch die Bedingungen der fischereipolizeilichen Bewilligung vorbehalten und bilden einen integrierenden Bestandteil des Konzessionsbeschlusses. Ziff. 7 enthält einen Vorbehalt zugunsten weiterer, nach eidgenössischer und kantonaler Gesetzgebung erforderlicher besonderer Bewilligungen. Es fragt sich, welche Tragweite diesem Vorbehalt zukommt, ob mit anderen Worten die EWW AG aus dieser Konzession ein wohlerworbenes Recht ableiten kann, das einer erneuten Gesamtinteressenabwägung im
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Rahmen der fischereirechtlichen bzw. inzwischen der gewässerschutzrechtlichen Bewilligung entgegensteht.
aa) Das Bundesgericht hatte mehrfach die Frage zu beurteilen, ob auf Konzessionen, die Jahre früher erteilt, aber noch nicht beansprucht worden waren, in späteren Verfahren
Art. 25 oder Art. 26 FG anzuwenden sei (vgl. BGE
BGE 107 Ib 140; Entscheid i.S. SBN vom 16. September 1987, ZBl 89/1988 S. 273; BGE
BGE 119 Ib 254). Der für Neuanlagen geltende Art. 25 des Fischereigesetzes vom 14. Dezember 1973 stellte strengere Anforderungen auf als der auf bestehende Anlagen anzuwendende Art. 26. Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, der in den betreffenden Konzessionen enthaltene Vorbehalt künftigen Rechtes könne selbst dann, wenn er nicht bloss formelhaft angebracht worden sei, nur so verstanden werden, dass trotz des Vorbehaltes gestützt auf neues Recht keine so weit gehenden Anordnungen getroffen werden dürften, dass die Nutzung der Wasserkraft zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen verunmöglicht werde (zuletzt
BGE 119 Ib 254 E. 5a S. 268).
bb) Die hier zu beurteilende Situation lässt sich indessen mit den soeben erwähnten Fällen nicht vergleichen. Dort ging es wie erwähnt um Konzessionen, welche viele Jahre früher erteilt, aber noch nicht ausgenützt worden waren. Im vorliegenden Fall geht es um eine Konzession, bei welcher der Gesuchstellerin aufgrund des ersten, missglückten Versuches, eine neue Konzession zu erhalten, mit aller Deutlichkeit bewusst sein musste, dass für die angestrebte Gewässernutzung die Anforderungen des damals noch massgeblichen
Art. 25 FG zu erfüllen waren. Ferner waren bereits Anfang der Achtzigerjahre die Urteile des Bundesgerichts in Sachen Kraftwerke Ilanz (
BGE 107 Ib 140 und 151) publiziert worden, aus denen hervorgeht, dass es unzulässig ist, die Konzession zu erteilen und dabei die fischereirechtliche Bewilligung bloss vorzubehalten, u.a. weil dadurch Sachzwänge geschaffen werden können, die nur schwer zu korrigieren sind (
BGE 107 Ib 151 E. 3b S. 152 f.).
Wenn sich die EWW AG dennoch entschieden hat, für ihr zweites Projekt zunächst lediglich eine Konzession anzubegehren und das fischereirechtliche Bewilligungsverfahren auf eine spätere Phase zu verschieben, so hat sie die damit verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen. Den Vorbehalt in Ziff. 5 der Konzession vom 13. September 1988 musste sie jedenfalls nach Treu und Glauben verstehen (vgl. Entscheid i.S. SBN vom 16. September 1987, ZBl 89/1988 S. 273 E. 5c), was bedeutet, dass sie nicht von der Erteilung eines wohlerworbenen Rechtes ausgehen durfte, bis nicht auch die
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rechtskräftige fischereirechtliche Bewilligung vorlag. Insbesondere war ihr aufgrund des Urteils des Bundesgerichts vom 6. Dezember 1983 bekannt, dass bereits
Art. 25 Abs. 2 FG eine umfassende Abwägung der Gesamtinteressenlage verlangte. Die EWW AG kann sich daher nicht darauf berufen, dass
Art. 33 GSchG diesbezüglich die Rechtslage gegenüber 1988 zu ihrem Nachteil verändert habe.
f) Zusammenfassend ergibt sich, dass der Entscheid des Bundesrates vom 24. November 1993 einer umfassenden Interessenabwägung in den nachfolgenden - insbesondere gewässerschutzrechtlichen - Bewilligungsverfahren nicht im Wege steht. Es lässt sich kein gesetzlicher Vorrang des Konzessionsverfahrens mit Bindungswirkung für allenfalls nachfolgende Bewilligungsverfahren begründen. Der Bundesrat hat über die in der Konzession vorbehaltenen besonderen Bewilligungen (namentlich nach Art. 29 ff. GSchG) nicht entschieden, so dass auch keine res iudicata vorliegt. Der Umstand, dass in beiden Verfahren eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden muss, bedeutet nur eine Übereinstimmung in den Tatbestandsvoraussetzungen, begründet aber keine Bindung der für die gewässerschutzrechtliche Bewilligung zuständigen Behörden an das Ergebnis der Interessenabwägung des Bundesrats. Die unkoordinierte Rechtsanwendung vermag erst recht keine rechtliche Bindungswirkung zu rechtfertigen; anders zu entscheiden hiesse, das Grundanliegen der Verfahrenskoordination zu unterlaufen. Das Verwaltungsgericht ist daher auf die entsprechenden Rügen der Umweltschutzorganisationen zu Unrecht nicht eingetreten, was zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides wegen materieller Rechtsverweigerung führen muss, ohne dass die weiteren Rügen der Beschwerdeführerinnen geprüft werden müssen.