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Urteilskopf

95 I 167


24. Urteil vom 28. Mai 1969 i.S. Mani gegen Kreienbühl & Gen., Gemeinderat Chur und Grosser Rat von Graubünden.

Regeste

Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde.
Fehlen derselben zur Anfechtung eines Entscheides, mit dem die Genehmigung eines durch die Gemeindebehörde abgeschlossenen Kaufvertrages seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden verweigert wird.

Erwägungen ab Seite 167

BGE 95 I 167 S. 167

1. Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist nach Art. 88 OG befugt, wer durch einen allgemein verbindlichen Erlass oder
BGE 95 I 167 S. 168
eine Anwendungsverfügung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt, in seinen persönlichen, rechtlich geschützten Interessen verletzt wird. Das Erfordernis solcher Verletzung schliesst die Zulassung der Beschwerde gegen Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde aus, auf die der Dritte keinen Rechtsanspruch, sondern ein bloss tatsächliches Interesse hat oder die dem Schutz des öffentlichen Interesses dienen.
Die Rechtsprechung lässt deshalb die Beschwerde nicht zu, wenn im Adoptionsverfahren die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde die nach Art. 265 Abs. 2 und Art. 422 Ziff. 1 ZGB erforderliche Zustimmung zur Adoption verweigert (BIRCHMEIER, Organisationsgesetz zu Art. 88 S. 373 f. und das hier zitierte nicht veröffentlichte Urteil). Ebenso fehlt es am Erfordernis des rechtlichen Betroffenseins bezüglich der Frage, ob die Vormundschaftsbehörde verpflichtet ist, einen vom Mündel mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrag der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung zu unterbreiten (BGE 79 I 49Erw. 2) und ob diese die Genehmigung auszusprechen hat. Denn die Genehmigung dient nicht dem Schutz des Vertragsgegners, der sich über die Nichtgenehmigung beschwert, sondern sie wird im Interesse des Mündels verlangt. Behält sich eine Behörde oder deren Vertreter beim Abschluss eines Vertrages mit dem Bürger die Zustimmung oder Genehmigung einer andern (Ober-) Behörde vor, so besteht zwar ebenfalls ein Interesse des Vertragsgegners an solcher Genehmigung, doch ist es bloss tatsächlicher Art, eine blosse Erwartung, ähnlich der Rechtslage desjenigen, dessen privater Vertragsgegner sich die endgültige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft vorbehält. Die Rechtslage ist nicht wesentlich anders, wenn die für die Genehmigung eines Rechtsverhältnisses (privat-oder öffentlichrechtlichen Vertrages) zuständige oder vorgesehene Behörde diese zwar erteilt, die Genehmigung aber nicht endgültig ist, sondern der Anfechtung durch eine Oberbehörde unterliegt. Der Vorbehalt soll dazu dienen, die Übereinstimmung mit dem Interesse des Gemeinwesens zu überprüfen und damit dem öffentlichen Interesse zu dienen. Dessen Wahrung ist nie Sache des Vertragsgegners.

2. Die vorliegende Beschwerde richtet sich dagegen, dass der Grosse Rat von Graubünden den vom Gemeinderat mit der Beschwerdeführerin abgeschlossenen, aber bereits vom Kleinen Rat von Graubünden nicht genehmigten Kauf- und Tauschvertrag
BGE 95 I 167 S. 169
über ihre Liegenschaft in Chur nicht genehmigt hat. Die Beschwerdeführerin hat nach dem bereits Ausgeführten auf das definitive Zustandekommen des für sie günstigen Vertrages keinen Rechtsanspruch. Der Vorbehalt der Genehmigung war dazu bestimmt, die Interessen der Gemeinde zu wahren; ob der Vertrag diese Voraussetzung erfüllt, hatte der Gemeinderat und allenfalls an seiner Stelle der Kleine und der Grosse Rat als Behörden, die über die Gemeindeverwaltung zu wachen haben, ohne Rücksicht auf die privaten, bloss tatsächlichen Interessen der Beschwerdeführerin zu untersuchen und zu entscheiden.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 1 2

Dispositiv

Referenzen

Artikel: Art. 88 OG, Art. 265 Abs. 2 und Art. 422 Ziff. 1 ZGB