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Urteilskopf

115 V 326


43. Urteil vom 13. Juni 1989 i.S. S. gegen Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Regeste

Art. 23 Abs. 1 AVIG.
Voraussetzungen, unter denen Schichtzulagen zum versicherten Verdienst gehören.

Sachverhalt ab Seite 326

BGE 115 V 326 S. 326

A.- Josip S. war seit dem 15. Juli 1985 als Einrichter und Maschinenüberwacher im Schichtbetrieb bei der Firma C. AG beschäftigt. Auf den 31. Oktober 1987 wurde das Arbeitsverhältnis durch die Arbeitgeberfirma aufgelöst. In der Folge war Josip S. arbeitslos. Die Firma C. AG bescheinigte am 24. November 1987/23. Februar 1988 für ihren ehemaligen Arbeitnehmer einen monatlichen Brutto-Grundlohn von Fr. 3'480.-- und Schichtzulagen von unterschiedlicher Höhe. Die Öffentliche Arbeitslosenkasse Solothurn rechnete mit dem Versicherten für 21 entschädigungsberechtigte Tage auf der Basis eines versicherten Verdienstes von monatlich Fr. 3'785.-- ab, welcher nur auf dem Grundlohn und einem Teil der Gratifikation beruhte.
Da Josip S. mit der Taggeldabrechnung vom 23. Februar 1988 nicht einverstanden war, nahm die Arbeitslosenkasse bezüglich der Schichtzulagen zusätzliche Abklärungen vor. Gestützt darauf verfügte sie am 16. März 1988: "Bewertung der errechneten Schichtzulage von 754 Franken als Inkonvenienzentschädigung und somit nicht als ordentlicher Lohnbestandteil, welcher dem versicherten Verdienst angerechnet werden kann." Sie begründete dies im wesentlichen damit, dass die Arbeitgeberfirma die Schichtzulage nur für effektiv geleistete Schichtarbeitsstunden und nicht auch während der Ferien und für normal geleistete Arbeitsstunden ausrichte. Daher stelle die Schichtzulage von durchschnittlich
BGE 115 V 326 S. 327
Fr. 754.-- im Monat eine gemäss gesetzlicher Regelung nicht zu berücksichtigende Inkonvenienzentschädigung dar.

B.- Josip S. liess diese Verfügung beschwerdeweise an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn weiterziehen mit dem Begehren, die Arbeitslosenkasse sei anzuweisen, der Taggeldabrechnung einen versicherten Verdienst von Fr. 4'922.75 zugrundezulegen, welcher die durchschnittliche regelmässig ausgerichtete Schichtzulage von monatlich Fr. 1'136.25 umfasse.
Das kantonale Versicherungsgericht wies die Beschwerde am 8. November 1988 ab mit der Begründung: Es stehe fest, dass dem Versicherten die Schichtzulagen während der Ferien und während der normalen Arbeitszeit nicht ausgerichtet worden seien, "womit die Voraussetzungen des Ausnahmefalles, in dem 'Schichtzulagen' als Bestandteil des versicherten Verdienstes anerkannt werden, weil sie zum ordentlichen Lohn gezählt werden können ..., nicht erfüllt sind".

C.- Gegen diesen Entscheid richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Josip S., der seine vorinstanzlich gestellten Begehren erneuern lässt: Es sei festzustellen, dass ihm eine durchschnittliche monatliche und regelmässig ausgerichtete Schichtzulage von Fr. 1'136.25 zugestanden habe; bei der Taggeldabrechnung sei unter Berücksichtigung der Schichtzulage von einem Verdienst von Fr. 4'922.75 auszugehen.
Das Kantonale Arbeitsamt Solothurn und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. a) Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG gilt als versicherter Verdienst der für die Beitragsbemessung massgebende Lohn (Art. 3 AVIG), der während eines Bemessungszeitraums (vgl. Art. 37 AVIV) normalerweise erzielt wurde, dies einschliesslich der vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen sind. Es ist daher zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die vom Beschwerdeführer bezogenen Schichtzulagen Bestandteile seines normalen Lohnes im gesetzlich umschriebenen Sinne sind oder ob es sich dabei um Entschädigungen für arbeitsbedingte Inkonvenienzen handelt.
BGE 115 V 326 S. 328
b) (Auslegung des Gesetzes)

2. a) Verwaltungsweisungen sind für den Sozialversicherungsrichter nicht verbindlich. Er soll sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen.
Er weicht aber insoweit von solchen Weisungen ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 112 V 233 Erw. 2a, vgl. auch BGE 114 V 15 Erw. 1c und BGE 113 V 21 Erw. b).
b) Rz. 128 des Kreisschreibens des BIGA über die Arbeitslosenentschädigung sowohl in der Fassung vom Juli 1985 als auch in jener vom Januar 1989 (Rz. 146/147) trifft folgende Abgrenzung:
"Zum Lohn gehören der Grundlohn ..., der nach Zeit (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen sein kann, sowie die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, wie beispielsweise der 13. Monatslohn, Treueprämien, Orts- und Teuerungszulagen sowie die Gratifikation, soweit ein Rechtsanspruch darauf besteht. Die Entschädigungen für arbeitsbedingte Inkonvenienzen dürfen dagegen nicht als Lohnbestandteile berücksichtigt werden. Sie stellen überwiegend eine Abgeltung für die Erschwernis der Arbeit dar. Diese Erschwernisse entfallen während der Dauer der Arbeitslosigkeit; deshalb muss der Zuschlag vom versicherten Verdienst ausgeklammert werden. Als Inkonvenienzentschädigungen sind im allgemeinen zu betrachten: die Nacht-, Schicht-, Sonntags-, Schmutz-, Baustellen- und Stollenzulagen. Gehören solche Zulagen jedoch zum ordentlichen Lohn, d.h. werden sie auch dann ausbezahlt, wenn der Arbeitnehmer keine Tätigkeit ausübt (z.B. während der Ferien) oder eine Tätigkeit, welche diese Zulage nicht begründen würde (z.B. (Schichtzulage), die auch bei normaler Arbeitszeit ausgerichtet wird), so gilt die Zulage nicht als Inkonvenienzentschädigung."
Dieser Umschreibung pflichtet GERHARDS praktisch ohne nähere Erläuterung bei (Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, S. 293/294, N. 12 ff. zu Art. 23). Das Eidg. Versicherungsgericht hat sich bisher mit der Abgrenzung der anrechenbaren Schichtzulage nicht befassen müssen.

3. a) Der während der Übergangsordnung (AlVB vom 8. Oktober 1976) bis zum 31. Dezember 1983 gültig gewesene Art. 33 Abs. 1 AlVV vom 14. März 1977 hat den versicherten Verdienst wie folgt umschrieben:
"Als versicherter Verdienst gilt, bis zu dem in Artikel 2 des Beschlusses genannten Höchstbetrag, der für die Berechnung der Beiträge an die Alters- und Hinterlassenenversicherung massgebende Lohn, mit Ausnahme der Entschädigungen für Überzeitarbeit, für vorübergehende Nacht- und Sonntagsarbeit sowie von Gratifikationen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Ausgenommen sind ferner Entschädigungen zur Deckung des Lohnausfalles während der Ferien bzw. Feiertage."
BGE 115 V 326 S. 329
Diese Umschreibung stimmte materiell mit dem altrechtlichen, bis Ende März 1977 in Kraft gewesenen Art. 4bis Abs. 1 AlVV überein. Zum versicherten Verdienst führt HOLZER (Kommentar zum Bundesgesetz über die Arbeitslosenversicherung vom 22. Juni 1951) unter Bezugnahme auf Art. 24 AlVV aus (S. 167), dass "die AlV nur Ersatz für einen zeitweiligen Ausfall des normalen, vor der Arbeitslosigkeit erzielten Verdienstes gewähren will. Vom massgebenden Lohn gemäss Art. 7 AHVV mussten deshalb die Entschädigungen für Überzeitarbeit, für vorübergehende Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Gratifikationen ausgenommen werden. Ebenso ist der Nebenverdienst, der aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit ausserhalb der normalen Arbeitszeit erzielt wird, nicht versicherbar."
Der Ausschluss von Entschädigungen und Zulagen der erwähnten Art lässt sich somit auf den - auch in andern Bereichen der Arbeitslosenversicherung zum Ausdruck gebrachten - Grundgedanken zurückführen, dass die Arbeitslosenversicherung nur für eine normale übliche Arbeitnehmertätigkeit Versicherungsschutz bieten, dagegen keine Entschädigung ausrichten soll für Erwerbseinbussen, die aus dem Ausfall einer Überbeschäftigung stammen (vgl. BGE 113 V 234 Erw. 3b).
b) Altrechtlich waren somit Inkonvenienzentschädigungen nicht vom versicherten Verdienst ausgeschlossen. In seiner Botschaft zum geltenden AVIG führt der Bundesrat zum Begriff des versicherten Verdienstes aus (BBl 1980 III 577):
"Es ist ... auf den für die Beitragsbemessung massgebenden Lohn abzustellen, der die Kinderzulagen nicht umfasst, jedoch die Haushaltszulagen sowie die vertraglich vereinbarten dauernden Zulagen. Unter diesen sind zum Beispiel regelmässig ausgerichtete Inkonvenienzentschädigungen zu verstehen, nicht jedoch Entschädigungen für vorübergehende Nacht- und Sonntagsarbeit oder Überzeitarbeit."
Der Bundesrat wollte demnach das altrechtliche System weiterführen, das wohl die Entschädigungen für Überzeit und vorübergehende Nacht- und Sonntagsarbeit, nicht aber jene für arbeitsbedingte Inkonvenienzen vom versicherten Verdienst ausschloss. National- und Ständerat stimmten schliesslich der von der vorberatenden Kommission des Nationalrates unterbreiteten Fassung zu, welche vorsah, dass die vertraglich vereinbarten dauernden Zulagen zum versicherten Verdienst gehören sollen, dies jedoch nur so weit, als sie nicht als Entschädigung für mit der Arbeit verbundene Inkonvenienzen gelten. Dieser Beschluss hat in der heute geltenden
BGE 115 V 326 S. 330
Fassung des Art. 23 Abs. 1 AVIG im Gesetz seinen Niederschlag gefunden, wodurch sich die Rechtslage diesbezüglich grundlegend änderte.

4. Nach Art. 322 Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist. Lohnbestandteil sind auch die gesetzlichen Zulagen nach Obligationenrecht und Arbeitsgesetz (ArG) sowie die vertraglichen Zulagen. Letztere sind nicht etwa mit dem Ersatz der Auslagen gemäss Art. 327a OR zu verwechseln, der keinen Lohn darstellt (REHBINDER, Berner Kommentar, Der Arbeitsvertrag, S. 234 f., N. 35 f. zu Art. 322). Die Unterscheidung zwischen vertraglichen oder gesetzlichen Zulagen einerseits, welche Lohnbestandteile darstellen, und Auslagenersatz anderseits ist insbesondere im Hinblick auf die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im Krankheitsfall und während der Ferien (Art. 324a Abs. 1 und 329d OR) bedeutsam. Während Zulagen in der Regel bei krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung oder während der Ferien geschuldet sind, soll der Auslagenersatz nur die effektiv entstehenden Aufwendungen abdecken (REHBINDER, Berner Kommentar, S. 342, N. 22 zu Art. 324a; S. 393, N. 1, und S. 399 N. 8 zu Art. 327a; S. 479 N. 2 zu Art. 329b). Zu den Ausrichtungen von Lohnnebenleistungen während der Ferien insbesondere meint REHBINDER (S. 480 f., N. 3 zu Art. 329d): Regelmässig geleistete Zulagen, die nicht unmittelbar durch tatsächliche Arbeitsleistung ausgelöst werden, seien auch während der Ferienzeit geschuldet. Dazu gehörten namentlich Sozialzulagen wie Teuerungs-, Orts-, Kinder-, Familien- oder Alterszulagen, weil die Gründe zu deren Entrichtung nicht auf die Zeit der Arbeitstätigkeit beschränkt seien. Zulagen hingegen, die an besondere, z.B. erschwerte oder lästige Arbeitsbedingungen anknüpfen, wie Schicht- und Gefahrenzulagen sowie Zulagen für Nacht- und Sonntagsarbeit, seien nicht geschuldet, wenn die besondern, diese Zulagen rechtfertigenden Umstände fehlen. Indessen rechne der Arbeitnehmer mit ihrer Auszahlung auch für die Ferienzeit, wenn sie während einer gewissen Dauer und regelmässig entrichtet worden seien. Gerade durch ihre Dauerentrichtung könnten sie zum festen Lohnbestandteil werden.

5. a) Das kantonale Versicherungsgericht hat mit dem Hinweis auf GERHARDS (S. 293 f.) und das erwähnte Kreisschreiben des BIGA (siehe Erwägung 2) festgestellt, dem Beschwerdeführer würden die Schichtzulagen während der Ferien und während der
BGE 115 V 326 S. 331
normalen Arbeitszeit (Weihnachten und Neujahr) nicht ausgerichtet, womit die Voraussetzungen des Ausnahmefalles, in welchem Schichtzulagen als Bestandteil des versicherten Verdienstes zu anerkennen wären, nicht erfüllt seien.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, während der Ferien keine Schichtzulagen bezogen zu haben, weist aber darauf hin, dass bei krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsverminderung die Schichtzulage fortbezahlt worden sei. Letzteres trifft in der Tat zu, wie aus der Lohnzusammenstellung der Arbeitgeberfirma vom 23. Februar 1988 hervorgeht. Dass der Arbeitgeber nach Massgabe von Art. 324b Abs. 1 OR von seiner Lohnfortzahlungspflicht bei Unfall und wohl auch im Krankheitsfalle befreit ist, ändert daran entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nichts.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird ferner eingewendet, bei Schmutz- oder einer Gefahrenzulage handle es sich um echte Inkonvenienzentschädigungen. Anders verhalte es sich bei der Schichtzulage, die darin ihre Rechtfertigung finde, dass sich der Arbeitnehmer zur Leistung unregelmässiger Arbeitszeit verpflichte. Dies bedinge gewisse besondere Dispositionen (z.B. Auswahl der Wohnung, Anschaffung eines Autos), die sich bei Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht ohne weiteres rückgängig machen liessen.
b) Die Arbeitslosenversicherung versichert die verdienstmässigen Folgen eines Arbeitsausfalles (vgl. Art. 11 Abs. 1 AVIG). Hatte der Versicherte indessen während seiner Beschäftigung besondere arbeitsbedingte Erschwernisse oder Auslagen zu tragen und wurde er hierfür besonders entschädigt, dann ist es primär nicht die Arbeitslosigkeit, sondern der Wegfall dieser spezifischen Erschwernisse und Auslagen, welcher den zusätzlichen Anspruch auf Inkonvenienzentschädigung gegenüber dem Arbeitgeber dahinfallen lässt.
Art. 23 Abs. 1 AVIG, welcher Entschädigungen für arbeitsbedingte Inkonvenienzen vom versicherten Verdienst ausschliesst, ist somit nichts anderes als der Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Vorteilsanrechnung. Unter diesem Gesichtspunkt hat die Schichtzulage, obwohl sie arbeitsvertragsrechtlich nicht Auslagenersatz, sondern Lohnbestandteil ist (siehe Erwägung 4), im allgemeinen überwiegend den Charakter einer Inkonvenienzentschädigung; denn Schichtarbeit ist effektiv mit typischen unmittelbaren Erschwernissen verbunden, die mit der Einstellung der Schichtarbeit wegfallen. Dass Schichtarbeit den Arbeitnehmer
BGE 115 V 326 S. 332
darüber hinaus zu persönlichen Dispositionen anhalten und zu mittelbaren Folgekosten in der Lebensgestaltung führen kann, ändert an der Tatsache nichts, dass die Schichtzulage primär die direkt mit der Arbeitsausübung verbundenen Erschwernisse abgilt. Der arbeitsvertragsrechtliche Umstand, dass Schichtzulagen im Falle krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsverhinderung unter die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers fallen, ist nicht entscheidend; denn zu den vertraglich vereinbarten Zulagen im Sinne des Arbeitsvertragsrechts gehören begrifflich, wie gesagt, u.a. auch Schmutz- oder Gefahrenzulagen, welche der Beschwerdeführer zutreffend als Inkonvenienzentschädigungen im AlV-rechtlichen Sinne anerkennt. Anderseits ist das vom BIGA verwendete Kriterium der Zahlung von Schichtzulagen bei normaler Arbeit unbehelflich, weil in diesem Falle überhaupt keine echte Schichtzulage, sondern vielmehr ein gewöhnlicher Lohnbestandteil vorliegt. Als Unterscheidungskriterium verbleibt somit allein der Umstand, ob die Schichtzulage während der Ferien bezahlt wird oder nicht.
Diesbezüglich meint der Beschwerdeführer, dass bei richtiger arbeitsvertragsrechtlicher Betrachtungsweise eine Pflicht der Arbeitgeberfirma zur Bezahlung der Schichtzulagen während der Ferien bestanden hätte, habe doch das Arbeitsgericht von B. in seinem Entscheid vom 7. März 1988 die Schichtzulage in den Kündigungslohn eingeschlossen. Entscheidend ist jedoch, dass es an einer gesamtarbeitsvertraglichen oder mangels eines schriftlichen Vertrages schlüssig feststellbaren einzelvertraglichen Abrede mangelt, aus welcher die Pflicht zur Bezahlung der Schichtzulage während der Ferien hervorginge. Weil ferner die Pflicht zur Ausrichtung von Nebenleistungen nach Art. 329d OR während der Ferien wie in Erwägung 4 dargelegt - kontrovers ist, lässt es sich nicht beanstanden, dass die Arbeitslosenkasse und der kantonale Richter darauf abgestellt haben, dass während der Ferien keine Schichtzulagen ausgerichtet worden sind.

6. Diese Überlegungen führen indessen nicht zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sämtliche Beteiligten sind nämlich von einer ausschliesslich vertraglichen Grundlage der Schichtzulage ausgegangen. Das ist aufgrund des aktenkundigen Fehlens eines schriftlichen Einzelarbeitsvertrages und der fehlenden Unterstellung des Arbeitsverhältnisses unter einen Gesamtarbeitsvertrag nicht erwiesen. Der Ausschluss arbeitsbedingter Inkonvenienzentschädigungen vom versicherten Verdienst gilt aber
BGE 115 V 326 S. 333
nach dem klaren Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 AVIG nur für vertragliche und nicht auch für gesetzlich geschuldete Zulagen (vgl. GERHARDS, AVIG-Kommentar, Bd. I, S. 293, N. 12/13 zu Art. 23).
Die Firma C. AG ist dem Arbeitsgesetz unterstellt. Aus den Akten geht hervor; dass sie im Besitz einer bundesamtlichen Bewilligung zum Dreischichtbetrieb ist. Bei diesen Gegebenheiten und aufgrund der Lohnzusammenstellung der Arbeitgeberfirma vom 23. Februar 1988 steht fest, dass der Beschwerdeführer auch in der Nacht Schichtarbeit geleistet hat. Nach Art. 17 Abs. 1 des Arbeitsgesetzes (ArG) schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für vorübergehende Nachtarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25%, der als Lohnbestandteil zu qualifizieren ist (REHBINDER, Berner Kommentar, S. 234, N. 35 zu Art. 322). Die gleiche Zulage von 25% hat der Arbeitgeber auch dann auszurichten, wenn ihm nach Art. 17 Abs. 2 ArG dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit bewilligt worden und der Arbeitnehmer diese zu leisten bereit ist, ohne dass dieser dazu privatrechtlich verpflichtet wäre (REHBINDER, Kommentar ArG, 4. Aufl., S. 71/72). Eine solche Verpflichtung zur Leistung von Nachtarbeit bestand für den Beschwerdeführer jedoch nicht. Den arbeitsgesetzlichen Zuschlag von 25% hat er gemäss Lohnzusammenstellung für die Nachtarbeit zusätzlich zum vertraglichen Schichtzuschlag von 25% erhalten, was gesamthaft 50% für Nachtschichtarbeit ausmacht, wie aus dem Schreiben der ehemaligen Arbeitgeberfirma an das Eidg. Versicherungsgericht vom 7. März 1989 hervorgeht.
Die Arbeitslosenkasse ist von einem versicherten Verdienst von Fr. 3'785.-- ausgegangen. Das entspricht dem im einmonatigen Bemessungszeitraum nach Art. 37 Abs. 1 AVIV erzielten Grundlohn von Fr. 3'480.--, erhöht um den auf einen Monat entfallenden Anteil an der Gratifikation von Fr. 305.--.
Hinzu kommt nach dem Gesagten, was der Beschwerdeführer aufgrund seiner Nachtarbeit von August bis Oktober 1987 verdient hat. Auf diesen dreimonatigen Bemessungszeitraum ist diesbezüglich zufolge erheblicher Schwankungen in der Höhe der Nachtschichtarbeit-Zulagen gemäss Art. 37 Abs. 2 AVIV abzustellen. Nach dem Gesagten ist das die Hälfte der in diesen Monaten bezogenen Nachtschichtzulagen von 50%, die sich gemäss Lohnzusammenstellung vom 23. Februar 1988 im August auf Fr. 419.25, im September auf Fr. 775.15 und im Oktober auf Fr. 1'165.15, total somit auf Fr. 2'359.55 belaufen haben. 50% hiervon ergeben die Summe von Fr. 1'179.77, woraus, auf einen
BGE 115 V 326 S. 334
Monat umgerechnet, ein Betrag von Fr. 393.25 resultiert. Der von der Arbeitslosenkasse und der Vorinstanz angenommene versicherte Verdienst von Fr. 3'785.-- erhöht sich somit um Fr. 393.25, was einem versicherten Verdienst im Sinne der Arbeitslosenversicherung von Fr. 4'178.25 entspricht.

Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 8. November 1988 sowie die Kassenverfügung vom 16. März 1988 aufgehoben, und es wird die Sache an die Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn zurückgewiesen, damit diese die dem Beschwerdeführer zustehende Arbeitslosenentschädigung auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von Fr. 4'178.25 neu berechne.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6

Dispositiv

Referenzen

BGE: 112 V 233, 114 V 15, 113 V 21, 113 V 234

Artikel: Art. 23 Abs. 1 AVIG, Art. 324a Abs. 1 und 329d OR, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG, Art. 3 AVIG mehr...