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Urteilskopf

98 V 194


49. Urteil vom 28. April 1972 i.S. Grumi gegen Schweizerische Ausgleichskasse und Rekurskommission der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für die im Ausland wohnenden Personen

Regeste

Art. 29, 29bis und 38 AHVG: Bestimmung der Rentenskala.
Das geltende Recht gestattet keine Ausfüllung von Lücken in der "Beitragsdauer" des Versicherten mit dessen Beitragszeiten als Minderjähriger.

Sachverhalt ab Seite 195

BGE 98 V 194 S. 195

A.- Mit Verfügungen vom 19. Juni 1970 sprach die Schweizerische Ausgleichskasse der Witwe des am 10. September 1969 verstorbenen italienischen Staatsangehörigen Antonio Grumi und seinem am 31. Januar 1970 geborenen Sohn Antonio Hinterlassenenrenten (Teilrenten) zu, die sie nach der Rentenskala 19 festsetzte. Rosalbina Grumi führte gegen diese Verfügungen Beschwerde, die sie später durch eine weitere Eingabe ergänzen liess. Mit dieser wurde beantragt, es seien die Witwen- und Waisenrente festzulegen. - Die Rekurskommission der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für die im Ausland wohnenden Personen hat die Rentenfestsetzungen der Ausgleichskasse für richtig befunden und die Beschwerde am 2. August 1971 abgewiesen.

B.- Mit der gegen diesen Entscheid erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Rosalbina Grumi ihr vorinstanzliches Begehren erneuern und zur Begründung im wesentlichen vorbringen: Ihr am 19. Juli 1934 geborener Ehemann habe bereits vom 11. Mai bis 20. Dezember 1954 AHV-Beiträge bezahlt und von 1955 bis zu seinem Hinschied während weitern 12 Jahren und 4 Monaten Versicherungszeiten zurückgelegt. Die im Jahre 1954 zurückgelegten Beitragszeiten seien bei der Rentenberechnung ebenfalls zu berücksichtigen. Alsdann ergebe sich insgesamt eine Beitragsdauer von 12 Jahren, 11 Monaten und 9 Tagen, weshalb die Rentenskala 20 statt 19 zur Anwendung gelange. Nach dem 20. Altersjahr eingetretene Beitragslücken müssten durch vor diesem Zeitpunkt zurückgelegte Beitragsjahre ausgefüllt werden.
Die Ausgleichskasse erachtet die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.
Das Bundesamt für Sozialversicherung äussert sich in seiner Vernehmlassung vor allem zum gegenseitigen Verhältnis der Art. 29 Abs. 2 und 38 Abs. 2 AHVG sowie des Art. 50 AHVV
BGE 98 V 194 S. 196
hinsichtlich der Begriffe der vollen Beitragsjahre und der Beitragsdauer des Versicherten und beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 29 Abs. 1 AHVG haben Anspruch auf ordentliche Renten jene rentenberechtigten Personen, die während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet haben, oder ihre Hinterlassenen. Die ordentlichen Renten gelangen zur Ausrichtung in Form von Vollrenten und Teilrenten. Vollrenten erhalten Versicherte mit vollständiger Beitragsdauer sowie deren Witwen und Waisen (Art. 29 Abs. 2 lit. a AHVG); Teilrenten erhalten Versicherte mit unvollständiger Beitragsdauer sowie deren Witwen und Waisen (Art. 29 Abs. 2 lit. b AHVG).
Gemäss Art. 29bis Abs. 1 AHVG ist die Beitragsdauer vollständig, wenn der Versicherte vom 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres bis zur Entstehung des Rentenanspruchs während der gleichen Anzahl von Jahren wie sein Jahrgang Beiträge geleistet hat. Massgebend für die Berechnung der Teilrente, die einem Bruchteil der Vollrente entspricht (Art. 38 Abs. 1 AHVG), "ist das gerundete Verhältnis zwischen den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denjenigen seines Jahrganges" (Art. 38 Abs. 2 AHVG).
Vollrente und Teilrente werden nach dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Versicherten berechnet. Dieses wird ermittelt, indem die Summe der Erwerbseinkommen, "von denen der Versicherte bis zum 31. Dezember des Jahres, das der Entstehung des Rentenanspruchs vorangeht, Beiträge geleistet hat, durch die Anzahl Jahre geteilt wird, während welcher der Versicherte seit dem 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres bis zum genannten Zeitpunkt Beiträge geleistet hat" (Art. 30 Abs. 2 AHVG).
Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wird also der durchschnittliche Jahresbeitrag bzw. das durchschnittliche Jahreseinkommen von den vor der Volljährigkeit geleisteten Beiträgen mit bestimmt, doch sind die vor dem 1. Januar des der Volljährigkeit folgenden Jahres zurückgelegten Beitragszeiten für die Ermittlung der Beitragsdauer unerheblich. Die
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Beschwerdeführerin lässt die Auffassung vertreten, dass Lücken in der Beitragsdauer (Art. 29bis Abs. 1 AHVG) durch Beitragszeiten auszufüllen seien, die der Verstorbene vor dem der Volljährigkeit folgenden 1. Januar zurücklegt. Dies hätte im vorliegenden Fall zur Folge, dass die Hinterlassenenrenten nicht nach der Rentenskala 19, sondern nach der Rentenskala 20 zu bestimmen wären.

2. Im Bericht der Expertenkommission für die Einführung der AHV vom 16. März 1945 (S. 30) wurde vorgeschlagen, die versicherten Personen mit dem 1. Januar des Jahres, in welchem sie das 20. Altersjahr zurücklegen, der Beitragspflicht zu unterstellen. Der Bundesrat wollte jedoch die Beitragspflicht mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit beginnen lassen; anderseits sollten dann aber jene Versicherten, die bereits vor Vollendung des 20. Altersjahres Beiträge geleistet haben, hinsichtlich der Rentenberechtigung "entsprechend besser" gestellt werden als jene, für welche die Beitragspflicht - mangels Ausübung einer Erwerbstätigkeit - mit dem 20. Altersjahr beginne (Botschaft vom 24. Mai 1946 S. 22). Dazu wurde auf Seite 50 der Botschaft erklärend ausgeführt, "dass die vor Erreichung des 20. Altersjahres entrichteten Beiträge wohl zur Beitragssumme addiert werden, dass aber die entsprechenden Beitragsjahre nicht den Nenner der Division
durchschnittlicher Jahresbeitrag = Beitragssumme / Anzahl Beitragsjahre
vergrössern sollen". Die beabsichtigte Besserstellung bewahrte jedoch die schon als Minderjährige beitragspflichtig gewesenen Versicherten nicht vor jeder Kürzung der ordentlichen Rente im Falle lückenhafter Beitragsdauer seit der Volljährigkeit; denn der die Teilrenten betreffende Art. 39 Abs. 1 AHVG sah ursprünglich vor, dass ein Teil der Rente jenes Versicherten, der während weniger Jahren als sein Jahrgang Beiträge bezahlt hat, im Verhältnis zu den fehlenden Beitragsjahren gekürzt wird. Und in Art. 50 AHVV wurde bestimmt, dass ein volles Beitragsjahr dann vorliege, wenn es "zwischen dem ersten Tag des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Kalenderhalbjahres und dem letzten Tag des Kalenderhalbjahres, in welchem er (d.h. der Versicherte) das 65. Altersjahr vollendet hat", zurückgelegt worden sei. In seinem Urteil vom 12. August 1952 i.S. Mau (EVGE 1952 S. 213) stellte das Gericht fest, dass
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ein Teil des Wortlautes des soeben zitierten Art. 50 dem offensichtlichen Willen des Gesetzgebers, den Versicherten, der vor seiner Mündigkeit Beiträge geleistet hat, zu begünstigen, widerspreche und auch mehreren grundlegenden Gesetzesbestimmungen zuwiderlaufe, wenn ihm bezüglich des Mindestalters absolute Geltung beigemessen würde. Im Urteil wurde ferner erklärt, dass keine Spezialnorm dem - bis heute unveränderten - Art. 29 Abs. 1 AHVG derogieren könne, wonach der Anspruch auf ordentliche Rente beitragsrechtlich lediglich voraussetzt, dass der Versicherte seit Beginn der Beitragspflicht während eines vollen Jahres Beiträge geleistet hat. Für den Fall, da der Versicherte nach dieser minimalen Beitragsleistung, aber vor dem 1. Januar nach Beginn seiner Volljährigkeit sterbe, enthalte das Gesetz keine Berechnungsregel. Diese Lücke sei in der Weise auszufüllen, dass Versicherten, die vor dem 21. Altersjahr Beiträge bezahlten, eine Beitragsdauer von mindestens einem Jahr angerechnet werden müsse. Darauf korrigierte der Bundesrat Art. 50 AHVV in dem Sinne, dass er das Erfordernis erfolgter Beitragsleistung seit Beginn des Kalenderhalbjahres nach Erreichung der Volljährigkeit aufhob.
Bis zum Übergang zum System der Pro-rata-Rente durch die am 1. Januar 1960 in Kraft getretene Gesetzesnovelle vom 19. Juni 1959 (AS 1959 S. 854) wirkte sich der - allein durch die im Urteil Mau geschaffene Ausnahmeregelung durchbrochene - Grundsatz, dass die vor dem 1. Kalenderhalbjahr seit Erreichung der Volljährigkeit geleisteten Beiträge nur zur Berechnung des durchschnittlichen Jahresbeitrages, nicht aber für die Bestimmung der Beitragsdauer erheblich sind, nicht sehr einschneidend aus: ein einziger, irgendwann geleisteter voller Jahresbeitrag genügte zur Begründung der Anwartschaft auf eine ordentliche Rente, deren Ansatz im Versicherungsfall bei einem durchschnittlichen Jahresbeitrag bis zu 75 Franken mit dem Betrag der Vollrente identisch war. Seit der Volljährigkeit fehlende Beitragsjahre führten zu einer verhältnismässigen Kürzung nur im Bereich der Differenz zwischen dem minimalen und dem maximalen Ansatz der Vollrente; Waisenrenten waren von dieser Kürzung ausgenommen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 1 AHVG in der Fassung vom 20. Dezember 1946).
Dies hat sich mit der am 1. Januar 1960 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle wesentlich geändert. Die ursprünglich gewollte
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und auch realisierte Besserstellung der vor der Volljährigkeit beitragspflichtig gewordenen Versicherten und ihrer Hinterlassenen wurde weitgehend illusorisch: bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 6000 Franken kann die ganze einfache AHV-Altersrente nach geltendem Recht je nach Beitragsdauer zwischen 5 (Skala 1) und 220 (Skala 20) Franken monatlich variieren. So erhalten beispielsweise die Angehörigen eines im 28. Altersjahr verstorbenen Familienvaters, dessen Beitragsdauer zur Anwendung von Rentenskala 13 führt (4 fehlende Beitragsjahre), weniger als die Hälfte der semem durchschnittlichen Jahresbeitrag entsprechenden vollen Hinterlassenenrenten, selbst wenn er vom 18. bis zum 21. Altersjahr vier volle Jahresbeiträge geleistet hat. - Für Schweizerbürger in der Schweiz wird diese Konsequenz allerdings durch Art. 42 AHVG gemildert (Anspruch auf ausserordentliche Rente), sofern das nach dieser Norm anrechenbare Jahreseinkommen nicht überschritten wird. Für die Hinterlassenen von Auslandschweizern und Ausländern kann der bisherige Rechtszustand hingegen selbst dann zu Härten führen, wenn der Verstorbene von seinem 17. Altersjahr hinweg ebensolang Beiträge an die schweizerische AHV bezahlt hat wie sein Jahrgang (vgl. Art. 29bis Abs. 1 AHVG).
Der erwähnte Rechtszustand ist umso unbefriedigender, als das geltende Recht auf anderem Gebiet eine ähnliche Härte dadurch beseitigt hat, dass es die Ausfüllung von Lücken in der Beitragsdauer des Ehemannes durch ersatzweise Anrechnung von Beitragsjahren der Ehefrau zulässt (Art. 30bis AHVG, Art. 54 AHVV). Das Anliegen der Beschwerdeführerin, es sollten die vor dem 1. Januar des der Vollendungdes 20. Altersjahres folgenden Jahres zurückgelegten Beitragszeiten zur Ausfüllung von nach diesem Zeitpunkt entstandenen Beitragslücken herangezogen werden, ist daher verständlich.

3. An sich spräche der Wortlaut der nachfolgend unter a-c zitierten Bestimmungen von Gesetz und Verordnung nicht gegen diese Auffassung, hält er doch die Begriffsbestimmungen der Beitragsdauer, der vollen Beitragsjahre des Versicherten und der vollen Beitragsjahre seines Jahrganges klar auseinander:
a) Die Beitragsdauer des Versicherten wird in Art. 29bis Abs. 1 AHVG als diejenige Zeit definiert, während welcher der
BGE 98 V 194 S. 200
Versicherte "vom 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres bis zur Entstehung des Rentenanspruchs" Beiträge leistet.
b) Die Definition der vollen Beitragsjahre des Versicherten findet sich in Art. 50 AHVV. Diese brauchen nicht mit Kalenderjahren seiner persönlichen.Beitragsdauer zusammenzufallen. Sie umfassen - gemäss dem nach Erlass des Urteils Mau korrigierten Wortlaut der Verordnungs-Bestimmung - sämtliche Beiträge, und zwar auch jene, welche der Versicherte vor dem 1. Januar des der Vollendung seines 20. Altersjahres folgenden Jahres geleistet hat. Dies hat die Verwaltung für die Ermittlung des durchschnittlichen Jahresbeitrages bzw. Jahreseinkommens vonjeheranerkannt und ist in Art. 30 Abs. 2 AHVG realisiert worden. Die Verwaltung anerkennt seit Erlass des Urteils Mau auch, dass der volle Jahresbeitrag, den Art. 29 Abs. 1 AHVG als Voraussetzung jeglichen Anspruchs auf ordentliche AHV-Rente statuiert, vor Beginn der in Art. 29bis Abs. 1 AHVG umschriebenen Beitragsdauer geleistet sein kann. Aber in den Weisungen wird dem Begriff des vollen Beitragsjahres eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen, je nachdem er zur Umschreibung der Mindestbeitragsdauer (s. Wegleitung über die Renten Rz. 370 und 371) oder als Unterbegriff der Beitragsdauer überhaupt (Rz. 381 ff.) verwendet wird.
c) Schliesslich sprechen die Art. 38 Abs. 2 AHVG und 52 AHVV von den vollen Beitragsjahren des Jahrganges. Diese sind kraft Art. 3 Abs. 1 und 29bis Abs. 1 AHVG mit der vollen Beitragsdauer dieses Jahrganges identisch.

4. Besonderer Erwähnung bedarf Art. 38 Abs. 2 AHVG noch insofern, als er für die Berechnung der Teilrente auf "das gerundete Verhältnis zwischen den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denjenigen seines Jahrganges" abstellt. Wie bereits angedeutet, scheint der Wortlaut dieser Norm im Lichte der soeben erwähnten Begriffsbestimmungen sowie der Art. 29 Abs. 1 AHVG und 50 AHVV die Auffassung zu decken, es seien auch hier unter den vollen Beitragsjahren des Versicherten ebenfalls jene Beitragsjahre zu subsumieren, die er vor dem 1. Januar des auf die Volljährigkeit folgenden Kalenderjahres zurückgelegt hat. Dies hätte in Art. 38 Abs. 2 AHVG unmissverständlich in der Weise Ausdruck finden
BGE 98 V 194 S. 201
können, dass hier das Verhältnis zwischen der Beitragsdauer - und nicht der vollen Beitragsjahre - des Versicherten und derjenigen seines Jahrganges als massgebend erklärt worden wäre.
Das Ergebnis solcher grammatikalischer Auslegung liesse sich rechtfertigen, zumal - wie bereits gesagt - auf anderem Gebiet Beitragsjahre der Ehefrau bei lückenhafter Beitragsdauer des Ehemannes ersatzweise angerechnet werden dürfen. Wenn nämlich zur Ausfüllung von Lücken im individuellen Konto eines Versicherten die Beiträge einer andern Person heranzuziehen sind, so sollten logischerweise dem Rentenansprecher, vor allem aber auch seinen Hinterlassenen zu diesem Zweck primär die eigenen, im minderjährigen Alter zurückgelegten Beitragszeiten angerechnet werden.

5. Das Gericht ist indessen nicht befugt, die ersatzweise Anrechnung der vor dem 1. Januar des der Erreichung der Volljährigkeit folgenden Jahres zurückgelegten Beitragszeiten zur Ausfüllung von Lücken in der gemäss Art. 29bis Abs. 1 AHVG ermittelten Beitragsdauer des Versicherten vorzuschreiben:
a) Einmal ist Art. 38 AHVG allem Anschein nach als Ausführungsnorm zu Art. 29 Abs. 2 AHVG gedacht, wonach die vollständige Beitragsdauer zur Vollrente, die unvollständige dagegen nur zu einer Teilrente berechtigt. Gewichtige Gründe sprechen dafür, dass Art. 38 Abs. 2 AHVG nichts anderes bezweckt, als die Teilrentenordnung zu verwirklichen, ohne dem Grundsatz von Art. 29 Abs. 2 und Art. 29bis Abs. 1 AHVG zu derogieren. Mag auch die Ausfüllung von Lücken in der Beitragsdauer durch ersatzweise Anrechnung von frühern Beitragszeiten des Versicherten noch so begrüssenswert erscheinen, so drängt sie sich nicht mit der gleichen Intensität auf wie seinerzeit die im Urteil Mau getroffene Lösung.
b) Hinzu kommt, dass die Gesetzesmaterialien nirgends die Absicht andeuten, die Besserstellung der schon im minderjährigen Alter Beitragspflichtigen anders zu verwirklichen als auf dem Wege einer Ermittlung des durchschnittlichen Jahresbeitrages, wie sie die bundesrätliche Botschaft von 1946 (S. 22 und 50) vorsah. Vielmehr wird in der Botschaft vom 24. Oktober 1958 erneut erklärt (S. 108):
BGE 98 V 194 S. 202
"Bei unvollständiger Beitragsdauer des Versicherten wird die Vollrente grundsätzlich nur pro rata temporis gewährt. Die Masszahl, welche den zu gewährenden Bruchteil der Vollrente bestimmt, ist das Verhältnis ,Beitragsdauer des Versicherten zur Beitragsdauer des Jahrgangs'..."
Dass die ursprünglich gewollte Besserstellung der schon während ihrer Minderjährigkeit Beitragspflichtigen im Zuge der Gesetzesrevisionen weitgehend illusorisch geworden ist, ermächtigt an sich den Richter nicht, in freier Rechtsfindung eine befriedigende Lösung zu treffen. Der geltende Rechtszustand kann nur durch den Gesetzgeber selber geändert werden.

6. Beruht demzufolge der angefochtene Entscheid nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht, so muss die gegen ihn erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6

Dispositiv

Referenzen

Artikel: Art. 29bis Abs. 1 AHVG, Art. 38 Abs. 2 AHVG, Art. 50 AHVV, Art. 29 Abs. 1 AHVG mehr...