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Urteilskopf

80 IV 269


55. Urteil des Kassationshofes vom 31. Dezember 1954 i. S. Felder gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.

Regeste

Art. 61 Abs. 1 al. 2, Art. 61 Abs. 4 MFG.
Wer ein Motorfahrzeug führt, obschon er die Sendung nicht eingelöst hat, mit der ihm der erneuerte Führerausweis unter Nachnahme der Erneuerungsgebühr angeboten worden ist, übertritt erstere, nicht letztere Bestimmung.

Sachverhalt ab Seite 269

BGE 80 IV 269 S. 269

A.- Rudolf Felder sandte im Februar 1954 seinen Führerausweis an das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, damit es ihn für das Jahr 1954 erneuere. Das Amt erneuerte ihn und sandte ihn am 18. Februar 1954 unter Nachnahme der Gebühr an die Adresse Felders. Da dieser die Sendung nicht einlöste, ging sie am 2. März 1954 an das Strassenverkehrsamt zurück. Trotzdem führte Felder am 26. März 1954 ein Motorfahrzeug, indem er mit seinem Wagen in Zürich durch die Germaniastrasse fuhr. Der Polizeirichter der Stadt Zürich verfällte ihn daher am 29. April 1954 wegen Übertretung der Art. 6 und 61 MFG in eine Busse von Fr. 20.-.

B.- Felder verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich bestätigte indessen am 12. Oktober 1954 in Anwendung der Art. 6 und 61 Abs. 1 al. 2 MFG die vom Polizeirichter verhängte Busse.

C.- Felder führt Nichtigkeitschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung.

Erwägungen

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

1. Auf die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe am 26. März 1954 den Führerausweis erneuert mit
BGE 80 IV 269 S. 270
sich geführt und nur die Gebührenquittung nicht bei sich gehabt, ist nicht einzutreten. Nach der tatsächlichen Feststellung des Einzelrichters, die den Kassationshofbindet und mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht bestritten werden kann (Art. 277 bis Abs. 1, 273 Abs. 1 lit. b BStP), lag der Ausweis am 26. März 1954 wieder beim Strassenverkehrsamt, weil der Beschwerdeführer die ihm am 18. Februar 1954 zugesandte und mit Nachnahme belastete Sendung, die ihn enthielt, nicht eingelöst hatte.

2. Bei dieser Sachlage hat der Beschwerdeführer objektiv Art. 61 Abs. 1 al. 2 MFG übertreten, wonach mit Busse bis zu fünfhundert Franken belegt wird, wer ein Motorfahrzeug führt, ohne den Ausweis zu besitzen. Er hat sich nicht nach Art. 61 Abs.4 MFG strafbar gemacht, wonach Busse bis zu fünf Franken und im wiederholten Rückfall bis zu zwanzig Franken verwirkt, wer auf einer Fahrt die Ausweise nicht mitführt. Diese Bestimmung gilt nur für den, der zwar einen gültigen Führerausweis besitzt, ihn aber auf der Fahrt nicht bei sich hat. Besessen hätte der Beschwerdeführer den Ausweis nur, wenn er durch Zahlung der für die Erneuerung geschuldeten und nachgenommenen Gebühr die Sendung eingelöst hätte. Die Gültigkeit des Ausweises war am 31. Dezember 1953 abgelaufen (Art. 6 MFG), und die Tatsache allein, dass die Erneuerung vor der Absendung durch das Strassenverkehrsamt verurkundet worden war, verlieh dem Beschwerdeführer nicht das Recht, zu führen. Durch Nachnahme der Gebühr hatte das Strassenverkehrsamt zu erkennen gegeben, dass die Bewilligung erst als erteilt zu gelten habe, wenn die Nachnahme eingelöst sei.

3. Der Einzelrichter hat der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe den Führerausweis nur aus Vergesslichkeit nicht eingelöst, Glauben geschenkt. Ob das heisst, der Beschwerdeführer habe die Fahrt vom 26. März 1954 unternommen, ohne sich bewusst zu sein, dass er die Nachnahme nicht eingelöst und auch in der Folge sich nicht mehr um die Erlangung des Ausweises gekümmert
BGE 80 IV 269 S. 271
hatte, ist unklar. Diesem Sinne widerspräche die in den Erwägungen über die Strafzumessung getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer sei der Meinung gewesen, "der bloss nicht eingelöste Führerausweis sei für ihn gültig"; denn das setzt voraus, dass er sich bewusst gewesen sei, den Ausweis nicht eingelöst zu haben.
Es erübrigt sich indessen, die Sache zur besseren Abklärung des subjektiven Tatbestandes an den Einzelrichter zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil wirft dem Beschwerdeführer Fahrlässigkeit vor. Solche ist sowohl dann gegeben, wenn der Beschwerdeführer am 26. März 1954 nicht daran gedacht hat, dass er die Nachnahme nicht eingelöst und den Ausweis nicht zurückerhalten hatte, als auch dann, wenn er sich dessen zwar bewusst gewesen ist, aber gemeint hat, die Bewilligung habe trotzdem als erteilt zu gelten. Bei pflichtgemässer Überlegung hätte er wissen können, dass er die Sendung uneingelöst hatte zurückgehen lassen und den Ausweis nicht besass, und dass das Strassenverkehrsamt durch Belastung der Sendung mit Nachnahme die Gültigkeit der Erneuerung von der Zahlung der Gebühr abhängig gemacht hatte. Der Beschwerdeführer ist somit zu Recht schuldig erklärt worden.

4. Ob dem Beschwerdeführer - was er bestreitet - hätte zugemutet werden können, während "5-15 Tagen" nicht zu führen, wenn die Rücksendung des Ausweises vom Strassenverkehrsamt solange verzögert worden wäre, ist nicht zu entscheiden. Der Nichtbesitz des Ausweises am 26. März 1954 ist nicht darauf zurückzuführen, dass das Strassenverkehrsamt ihn dem Beschwerdeführer nicht rechtzeitig zurückgesandt hätte, sondern darauf, dass der Beschwerdeführer den ihm durch Vermittlung der Post angebotenen Ausweis nicht - unter Bezahlung der Erneuerungsgebühr - angenommen hat.
Ebensowenig ist zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer, wenn er nach dem 31. Dezember 1953 führen wollte, den Ausweis spätestens an diesem Tage erneuern zu lassen hatte oder ob es genügte, wenn er die Erneuerung
BGE 80 IV 269 S. 272
binnen bestimmter Frist nach diesem Tage nachsuchte. Diese Frist könnte keinesfalls bis 26. März 1954 oder länger gedauert haben. Der Beschwerdeführer aber ist nur gebüsst worden, weil er am 26. März 1954 führte, nicht auch, weil er vorher, insbesondere in den ersten Tagen oder Wochen des Jahres ohne Erneuerung des Ausweises geführt hätte.

Dispositiv

Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.