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Urteilskopf

113 V 132


21. Auszug aus dem Urteil vom 27. Mai 1987 i.S. J. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich

Regeste

Art. 28 Abs. 4 UVV: Bestimmung des Invaliditätsgrades bei einem Versicherten in vorgerücktem Alter, der nach dem Unfall keine Erwerbstätigkeit mehr aufnimmt.
- Art. 28 Abs. 4 UVV, wonach der Invaliditätsgrad nach Massgabe der von einem Versicherten mittleren Alters erzielbaren hypothetischen Erwerbseinkommen zu bestimmen ist, hält sich im Rahmen der Delegationsnorm des Art. 18 Abs. 3 UVG und ist gesetzmässig (Erw. 4).
- Art. 28 Abs. 4 UVV verstösst nicht gegen Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG; das vorgerückte Alter als solches gilt nicht als Gesundheitsschädigung im Sinne der erwähnten Gesetzesvorschrift (Erw. 5).
- Art. 28 Abs. 4 UVV lässt sich im Hinblick auf die Koordinationsregeln der beruflichen Vorsorge (Art. 34 Abs. 2 BVG, Art. 25 BVV 2) nicht beanstanden (Erw. 6).

Sachverhalt ab Seite 133

BGE 113 V 132 S. 133

A.- Der bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch versicherte Damian J., geboren am 16. Mai 1921, erlitt am 7. Dezember 1982 als Fussgänger einen schweren Verkehrsunfall. Er zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu, welche eine fünfmonatige Hospitalisation sowie mehrere Aufenthalte im Nachbehandlungszentrum der SUVA in Bellikon erforderten. Ab 27. Februar 1984 wurde er als arbeitsfähig im Rahmen des Möglichen erklärt. Er nahm jedoch eine Erwerbstätigkeit nicht mehr auf... Mit Verfügung vom 4. Juni 1984 sprach die SUVA dem Versicherten ab 1. März 1984 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 33 1/3% sowie eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 25% zu. Daran hielt sie auch im Einspracheentscheid vom 9. August 1984 fest.

B.- Der Versicherte liess hiegegen im Rentenpunkt Beschwerde erheben mit dem Begehren, es sei ihm eine Rente bei einer Erwerbsunfähigkeit von mindestens 60% zuzusprechen, wobei er im wesentlichen Gesetzwidrigkeit von Art. 28 Abs. 4 UVV geltend machte.
Mit Entscheid vom 5. Februar 1985 wies das Versicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab.

C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Damian J. das im vorinstanzlichen Verfahren gestellte Begehren erneuern.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. (Kognition.)

2. a) Streitig und zu prüfen ist allein der Rentenpunkt, und zwar hinsichtlich des Invaliditätsgrades.
Nach Art. 18 Abs. 2 Satz 2 des hier unbestrittenermassen anwendbaren Unfallversicherungsgesetzes (UVG) wird für die Bestimmung des Invaliditätsgrades das Erwerbseinkommen, das der
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Versicherte nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre. Gemäss Art. 18 Abs. 3 UVG kann der Bundesrat ergänzende Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades erlassen. Davon hat der Bundesrat mit dem Erlass von Art. 28 UVV Gebrauch gemacht, der verschiedene Sonderfälle der Bestimmung des Invaliditätsgrades näher regelt und in Abs. 4 vorsieht:
"Nimmt ein Versicherter nach dem Unfall die Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr auf oder wirkt sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit aus, so sind für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte."
Ferner bestimmt Art. 36 Abs. 2 UVG, dass u.a. die Invalidenrenten angemessen gekürzt werden, wenn die Gesundheitsschädigung nur teilweise die Folge eines Unfalls ist (Satz 1); Gesundheitsschädigungen vor dem Unfall, die zu keiner Verminderung der Erwerbsfähigkeit geführt haben, werden dabei nicht berücksichtigt (Satz 2).
b) Der Beschwerdeführer nahm nach dem Unfall vom 7. Dezember 1982 keine Erwerbstätigkeit mehr auf. Bei Abschluss der Heilbehandlung Ende Februar 1984 stand er vor Vollendung des 63. Altersjahres. Wie sich dem Einspracheentscheid vom 9. August 1984 entnehmen lässt, wandte die SUVA darum Art. 28 Abs. 4 UVV an. Zur Begründung des Invaliditätsgrades von 33 1/3% führte sie aus, dass ein Versicherter mittleren Alters ohne primäre Berufsausbildung mit den Unfallfolgen des Beschwerdeführers bei geeigneter Hilfsarbeit einen Lohn erzielen könnte, der um einen Viertel bis höchstens einen Drittel unter dem eines unbehinderten Hilfsarbeiters läge.
Die Vorinstanz bestätigt die Verfügung der SUVA in erster Linie damit, dass sie dem Verdienst zur Zeit des Unfalls von rund 2'900 Franken im Monat ein realistischerweise erzielbares Invalideneinkommen von rund 2'300 Franken gegenüberstellt und den Invaliditätsgrad von 33 1/3% als sehr wohlwollend qualifiziert. Im übrigen betrachtet sie Art. 28 Abs. 4 UVV als gesetzmässig und hält fest, dass sich der Invaliditätsgrad von 33 1/3% auch bei Anwendung dieser Bestimmung als Rechtens erweise.
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Demgegenüber beruft sich der Beschwerdeführer erneut auf Gesetzwidrigkeit. Einmal erlaube die Delegationsnorm in Art. 18 Abs. 3 UVG bloss Ausführungsbestimmungen zur einheitlichen Invaliditätsbemessung durch die verschiedenen Unfallversicherungsträger, was indessen nicht Inhalt von Art. 28 Abs. 4 UVV sei. Sodann verstosse diese Vorschrift auch gegen Art. 36 Abs. 2 UVG. Im übrigen sei Art. 28 Abs. 4 UVV nicht praktikabel. Schliesslich dürfe das Alter als unfallfremder Faktor auch im Hinblick auf die berufliche Vorsorge nicht berücksichtigt werden, weil die Leistungen der Unfallversicherung gegenüber denen der beruflichen Vorsorge Vorrang hätten.

3. (Überprüfung von Verordnungen des Bundesrates; vgl. BGE 111 V 395 Erw. 4a.)

4. a) Art. 18 Abs. 3 UVG ermächtigt den Bundesrat zum Erlass "ergänzender Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades". Diese Delegationsnorm schränkt die Befugnis des Bundesrates insofern ein, als die Verordnungsregelung sich auf die Bestimmung des Invaliditätsgrades zu beziehen und das Gesetz in diesem Punkt zu ergänzen hat. Dabei ist davon auszugehen, dass das Gesetz in Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG die allgemeine Methode des Einkommensvergleichs vorsieht. Von den erwähnten Einschränkungen abgesehen, wurde dem Bundesrat ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsstufe eingeräumt.
Insbesondere blieb ihm die Beurteilung vorbehalten, in welchen Fällen sich eine Sonderregelung für die Bestimmung des Invaliditätsgrades aufdrängt und welche Lösung dabei im einzelnen zu treffen ist.
b) Art. 28 Abs. 4 UVV hält sich im Rahmen der Delegationsnorm. Dem Gegenstand nach betrifft er die Bestimmung des Invaliditätsgrades, und zwar auf der Grundlage und in Ergänzung der gesetzlich vorgegebenen Einkommensvergleichsmethode. Indem der Bundesrat bei den beiden in Art. 28 Abs. 4 UVV genannten Tatbeständen die im mittleren Alter erzielbaren Erwerbseinkommen als massgeblich erklärt, trägt er zum einen dem Umstand Rechnung, dass nebst der - grundsätzlich allein versicherten - unfallbedingten Invalidität (vgl. Art. 6 sowie auch Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 UVG) auch das vorgerückte Alter eine Ursache der Erwerbslosigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bildet (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 361). Zum andern muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, dass die Invalidenrenten der Unfallversicherung bis zum Tode der
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Versicherten ausgerichtet werden (Art. 19 Abs. 2 UVG), wobei sie nach Vollendung des Alters für die AHV-Altersrente nicht mehr revidiert werden können (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 UVG). Bei Zusprechung an einen Versicherten in vorgerücktem Alter hat damit die Invalidenrente der Unfallversicherung eher die Funktion einer Altersversorgung (MAURER, a.a.O., S. 361 Anm. 907). Zwar wäre es angesichts des erwerblichen Gehalts des Invaliditätsbegriffs möglich gewesen, die Invalidenrente der Unfallversicherung - wie diejenige der Invalidenversicherung - mit Erreichen des AHV-Rentenalters wegfallen und durch die Altersrente der AHV ersetzen zu lassen. Eine solche Lösung wäre jedoch sozialpolitisch kaum vertretbar gewesen (Botschaft vom 18. August 1976, BBl 1976 III 192). Der Gesetzgeber traf darum mit Bezug auf die Dauer des Rentenanspruchs eine Regelung, welche an den Rechtszustand unter der Herrschaft der Unfallversicherung nach KUVG anknüpft (vgl. dazu EVGE 1967 S. 146 f.). Bei dieser Rechtslage war es naheliegend, eine Sonderregelung für jene Fälle zu treffen, bei denen der Invalidenrente der Unfallversicherung entgegen dem Zweck einer (blossen) Absicherung gegen Unfallfolgen wesentlich die Funktion einer Altersversorgung zukommt, was eben dann zutrifft, wenn die Invalidenrente erst in vorgerücktem Alter zugesprochen wird. Mit der Ausklammerung der auf das Alter entfallenden Erwerbslosigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit beschritt der Bundesrat im übrigen nicht Neuland. Bereits in der Rechtsprechung zu Art. 91 KUVG war diesem Umstand Rechnung getragen worden, indem physiologische Altersgebrechlichkeit mit Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit als unfallfremder Zustand behandelt wurde und Anlass zu einer Kürzung der Leistungen bildete (EVGE 1967 S. 148 Erw. 3b). Allerdings wurde damals der Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung auch der unfallfremden Faktoren global festgesetzt und erst hernach die unfallfremde Komponente auf dem Wege der Kürzung ausgeschieden ( BGE 105 V 207 Erw. 2 mit Hinweis). Demgegenüber trägt das geltende neue Recht dem Alter unter den in Art. 28 Abs. 4 UVV genannten Voraussetzungen bereits bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades Rechnung, und zwar in der Weise, dass Massstab für die Ermittlung der hypothetischen Erwerbseinkommen mit und ohne Invalidität ein Versicherter im mittleren Alter ist. Dass das neue Recht auf Verordnungsstufe eine methodisch andere Lösung enthält als die Praxis zum alten Recht, bietet keinen Anlass zu Kritik. Entscheidend ist, dass sich nicht sagen lässt, Art. 28 Abs. 4 UVV überschreite
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den durch Art. 18 Abs. 3 UVG vorgegebenen Ermessensspielraum oder enthalte eine gegen Art. 4 Abs. 1 BV verstossende Regelung.

5. a) Nicht stichhaltig ist sodann auch der Einwand des Beschwerdeführers, Art. 28 Abs. 4 UVV sei im Hinblick auf Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG gesetzwidrig. Art. 36 UVG geht von der Annahme aus, dass nicht bloss ein Unfall, sondern zusammen mit ihm auch andere (unfallfremde) Faktoren eine bestimmte Gesundheitsschädigung bewirken können (MAURER, a.a.O., S. 470). Entsprechend dem Grundsatz, wonach die Unfallversicherung nur für die Folgen von Unfällen aufzukommen hat, sieht Art. 36 Abs. 2 Satz 1 UVG u.a. bei den Invalidenrenten eine Leistungskürzung bei Einwirkung unfallfremder Faktoren vor. Dieses Kausalitätsprinzip wird indessen in Art. 36 Abs. 1 UVG, welcher die Pflegeleistungen und Kostenvergütungen sowie die Taggelder und Hilflosenentschädigungen zum Gegenstand hat, durchbrochen und in Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG, der sich auf Renten bezieht ( BGE 113 V 54 ), abgeschwächt. Der Beschwerdeführer hält dafür, in gleicher Weise wie die Gesundheitsschädigungen müsse auch das Alter privilegiert werden und als Kürzungsgrund entfallen; denn wenn schon der viel schwerwiegendere unfallfremde Faktor der Gesundheitsschädigung nicht berücksichtigt werde, müsse dies um so mehr für den Faktor Alter gelten. Art. 28 Abs. 4 UVV erweise sich darum als gesetzwidrig.
b) Somit fragt sich, was unter Gesundheitsschädigungen nach Art. 36 UVG zu verstehen ist.
Nach allgemeinem Sprachverständnis gehören zu den Gesundheitsschädigungen Störungen des körperlichen oder geistigen Wohlbefindens durch Krankheit (vgl. in diesem Zusammenhang Duden, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Stichwörter "gesund" und "Gesundheit"). Im Rechtssinne beschränkt sich der Begriff indessen nicht bloss auf krankhafte Zustände und Prozesse, sondern er umfasst auch unfallbedingte Störungen der Gesundheit. Insofern stellt er den Oberbegriff zu Krankheit und Unfall dar (vgl. BGE 103 V 177 zu Art. 4 MVG; vgl. auch MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 278). Dagegen ist das Alter als solches und die allein daraus allenfalls resultierende verminderte Leistungsfähigkeit keine Gesundheitsschädigung im Sinne von Art. 36 UVG, dies jedenfalls so lange, als nicht zusätzlich pathologische Zustände oder Prozesse vorliegen. Das Alter als solches ist demnach weder ein Kürzungsgrund nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 UVG noch umgekehrt Anlass für eine
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Privilegierung nach Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG. Dies ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Durchbrechung bzw. Abschwächung des Kausalitätsprinzips erfolgte aus dem Bestreben heraus, die Schadensabwicklung bei - in bezug auf den versicherten Unfall - unfallfremden Vorzuständen zu erleichtern und zu vermeiden, dass der Versicherte sich für den gleichen Unfall an mehrere Versicherungsträger wenden muss (BBl 1976 III 175 und 197; MAURER, Unfallversicherungsrecht, S. 469, sowie Sozialversicherungsrecht, Bd. II, S. 485 f.). Indem diese Vereinfachung insbesondere das Verhältnis zwischen Unfallversicherung und Krankenversicherung betrifft, ist vorausgesetzt, dass zu den Gesundheitsschädigungen nach Art. 36 UVG eben nur solche Sachverhalte gehören, die an sich Anlass zur Inanspruchnahme dieser Versicherungsträger bilden können, d.h. gesundheitliche Störungen im Sinne von Unfall und Krankheit. Dazu kann das vorgerückte Alter als solches nicht gezählt werden. Art. 28 Abs. 4 UVV steht daher zu Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG nicht in Widerspruch. Der Einwand der Gesetzwidrigkeit ist unbegründet.

6. Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, beim Zusammentreffen von Leistungen der Unfallversicherung und der beruflichen Vorsorge nach BVG hätten jene den Vorrang. Darum sei das Argument, die Unfallversicherung sei keine Altersversicherung und das Alter müsse daher als unfallfremder Faktor berücksichtigt werden, nicht stichhaltig. Sinngemäss bringt der Beschwerdeführer damit vor, Art. 28 Abs. 4 UVV sei auch im Verhältnis zur beruflichen Vorsorge rechtlich nicht haltbar.
Wie der Beschwerdeführer selber einräumt, kann er keine Leistungen aus der beruflichen Vorsorge beanspruchen. Das Verhältnis zwischen Unfallversicherung und beruflicher Vorsorge steht somit im vorliegenden Fall gar nicht zur Diskussion, weshalb die aufgeworfene Frage an sich offenbleiben kann. Immerhin lässt sich dazu aber folgendes ausführen. Richtig ist, dass die Unfallversicherung im Verhältnis zur beruflichen Vorsorge grundsätzlich vorgeht (Art. 34 Abs. 2 Satz 2 BVG). Zu beachten ist dabei aber die - gestützt auf die Delegationsnorm in Art. 34 Abs. 2 Satz 1 BVG - vom Bundesrat erlassene spezielle Koordinationsregel in Art. 25 BVV 2 (dazu WALSER, Das BVG im Rahmen der Sozialversicherungen, in: Der Schweizer Treuhänder, 1984, S. 395 f.; WIRTH/SAAGER, Die 2. Säule, S. 81). Nach Art. 25 Abs. 1 BVV 2 ist die Vorsorgeeinrichtung befugt, die Gewährung von Hinterlassenen- und Invalidenleistungen auszuschliessen, wenn die
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Unfallversicherung leistungspflichtig ist. Dies ist nach der erwähnten Vorschrift aber nur zulässig, wenn die Leistungspflicht beider Versicherungsträger für den gleichen Versicherungsfall in Frage steht. Vorbehalten bleibt Art. 25 Abs. 2 BVV 2, wonach neben der Unfallversicherung auch die Vorsorgeeinrichtung leistungspflichtig ist, nämlich wenn die Unfallversicherung aus dem dort näher umschriebenen Grund nicht ihre volle Leistung erbringen muss. Insofern tritt die Unfallversicherung auch bei gleichem Versicherungsfall nicht an die Stelle der beruflichen Vorsorge, sondern letztere hat - allenfalls unter Beachtung des Überentschädigungsverbots nach Art. 24 BVV 2 - zusätzlich zur Unfallversicherung eine Leistung zu erbringen. Ebensowenig hat die Unfallversicherung Vorrang vor der beruflichen Vorsorge, wenn verschiedene Versicherungsfälle zur Diskussion stehen. Dies ist der Fall, wenn ein Versicherter, der bereits von der Unfallversicherung eine Invalidenrente erhält (allenfalls anstelle einer Leistung der beruflichen Vorsorge), später das Alter für eine Altersleistung erreicht. Dieser neue Versicherungsfall betrifft nicht das Verhältnis zwischen Unfallversicherung und beruflicher Vorsorge; auch ist Art. 24 BVV 2 nicht anwendbar. Die Vorsorgeeinrichtung hat ihre Altersleistung vielmehr ungeschmälert zu erbringen (vgl. WALSER und WIRTH/SAAGER, je a.a.O.; vgl. auch die Botschaft zum BVG, BBl 1976 I 246 f.). Dass die Unfallversicherung ihre Invalidenrenten über das Alter für eine Altersleistung hinaus ausrichtet und dass solche Renten bei Zusprechung an in vorgerücktem Alter stehende Versicherte eher die Funktion einer Altersversorgung haben (vgl. Erw. 4b hievor), sind demnach keine Umstände, welche eine Altersleistung der beruflichen Vorsorge ausschliessen. Art. 28 Abs. 4 UVV ist somit ohne Einfluss auf den Anspruch eines Versicherten auf Altersleistungen der beruflichen Vorsorge. Dies übersieht der Beschwerdeführer, wenn er - ohne Unterscheidung nach den versicherten Risiken - generell vom Vorrang der Unfallversicherung vor der beruflichen Vorsorge ausgeht.

7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Art. 28 Abs. 4 UVV sich im Rahmen der Delegationsnorm des Art. 18 Abs. 3 UVG hält und gesetzmässig ist. Auch verstösst er nicht gegen Art. 36 Abs. 2 Satz 2 UVG. Schliesslich lässt er sich auch im Hinblick auf die Koordinationsregeln der beruflichen Vorsorge nicht bemängeln.

8. (Bestätigung des in Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV auf 33 1/3% festgesetzten Invaliditätsgrades.)

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6 7 8

Referenzen

BGE: 111 V 395, 105 V 207, 113 V 54, 103 V 177

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