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Urteilskopf

149 II 400


35. Auszug aus dem Urteil der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft gegen A.A. und B.A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_682/2022 / 9C_683/2022 vom 23. Juni 2023

Regeste a

Art. 16 DBG; Zeitpunkt der Besteuerung bei nicht fälligen Forderungen.
Forderungen bewirken beim Gläubiger grundsätzlich bei Erwerb einen Vermögenszugang und sind grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt steuerbar ("Soll-Methode"). Die Besteuerung setzt aber voraus, dass der Gläubiger einen festen Anspruch erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann, und dass die Erfüllung der Forderung nicht als unsicher erscheint. Nicht fällige Forderungen verschaffen dem Gläubiger mangels Durchsetzbarkeit grundsätzlich noch keinen festen Anspruch. Unsicher ist die Erfüllung einer Forderung namentlich dann, wenn der Schuldner zahlungsunfähig oder -unwillig ist (E. 4). Bei Forderungen, deren Erfüllung im Fälligkeitszeitpunkt wegen Zahlungsunwilligkeit des Schuldners als unsicher zu betrachten ist, erfolgt die Besteuerung grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Erfüllung ("Ist-Methode"; E. 5).

Regeste b

Art. 15, 17 und 21 DBA CH-AE; Art. 31 VRK; Besteuerung von Abfindungen bei Auflösung von Arbeitsverhältnissen; Stellenwert des Kommentars zum OECD-Musterabkommen für die Auslegung von DBA; Praxispräzisierung.
Funktion und Stellenwert des Kommentars zum OECD-Musterabkommen im Rahmen von Art. 31 f. VRK (Zusammenfassung von Rechtsprechung und Lehre; E. 7). Einkünfte, die Sportler für den Ausfall von Auftritten erhalten (hier: Entschädigung für einen Fussballspieler wegen vorzeitiger Vertragsauflösung), fallen nicht unter Art. 17 Abs. 1 DBA CH-AE (E. 8). Wird der Kommentar zum OECD-Musterabkommen nach Abschluss eines DBA geändert, kann die aktuelle Fassung des Kommentars in der Abkommensauslegung zwar ähnlich wie anderes Schrifttum oder Gerichtsurteile berücksichtigt werden. Sie stellt aber kein wichtiges Auslegungsmittel nach Art. 31 VRK dar, das die gewöhnliche oder eine besondere Bedeutung einer Vertragsnorm bestimmen könnte (Praxispräzisierung; E. 9). Entgegen der Änderung des Kommentars zu Art. 15 OECD-Musterabkommen vom 15. Juli 2014 weist Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE dem Tätigkeitsstaat kein Besteuerungsrecht zu, wenn eine Abfindung nicht effektiv im Tätigkeitsstaat geleistete Arbeit abgilt, selbst wenn sie ihren Grund in einem früheren Arbeitsverhältnis hat (Bestätigung von BGE 143 II 257; E. 10).

Sachverhalt ab Seite 402

BGE 149 II 400 S. 402

A.

A.a A.A. schloss am 5. November 2011 mit dem in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ansässigen Fussballclub C. (nachfolgend: Club C. oder der Fussballclub) einen Arbeitsvertrag ab mit einer Laufzeit bis am 1. August 2015. Darin verpflichtete sich A.A., für die Dauer des Arbeitsvertrags in U./VAE Wohnsitz zu nehmen. Mit Vereinbarung vom 9. Juli 2013 ("Settlement Agreement") lösten A.A. und der Club C. den Arbeitsvertrag vorzeitig und mit sofortiger Wirkung auf. Die Vereinbarung sah die Zahlung einer - in den VAE steuerbefreiten - Entschädigung von EUR 2'345'000.- vom Club C. an A.A. vor. Die Auszahlung sollte gestaffelt erfolgen (jeweils EUR 469'000.- per ["on or before"] 30. Juli 2013, per 30. Januar 2014, per 30. Juni 2014, per 30. Januar 2015 und per 30. Juni 2015). Im Juni 2013 leistete der Club C. die erste Zahlung in der Höhe von EUR 469'000.-.

A.b Am 13. Juli 2013 schloss A.A. mit dem Club D. einen Arbeitsvertrag ab. Nachdem A.A. und seine Ehefrau B.A. nach eigenen Angaben zunächst vorübergehend im Kanton Basel-Stadt Wohnsitz
BGE 149 II 400 S. 403
genommen hatten, erwarben sie per Ende Oktober 2013 in V./BL ein Einfamilienhaus. Per 1. Januar 2014 meldeten sie sich in V. an. In der Steuererklärung 2014 gaben A.A. und B.A. an, bereits am 31. Dezember 2013 in V. Wohnsitz gehabt zu haben.

A.c Im Januar 2014 leistete der Club C. eine Zahlung in der Höhe von EUR 234'000.- an A.A. Da sich der Club C. auf den Standpunkt stellte, die restlichen Zahlungen seien nach dem Recht der VAE ("Art. 6 UAE Labour Law") verjährt, leistete er im Anschluss keine weiteren Zahlungen mehr.

A.d Am 15. April 2015 gelangte A.A. an den Court of Arbitration for Sport (CAS) und stellte das Begehren, die "C. LLC" sei zu verpflichten, ihm die ausstehenden Zahlungen in der Höhe von EUR 1'641'500.- gestützt auf das "Settlement Agreement" zu leisten. Mit Schiedsspruch vom 14. Januar 2016 wies der CAS das Begehren von A.A. ab, weil die "C. LLC" nicht Vertragspartei des "Settlement Agreement" gewesen sei.
Am 15. Februar 2016 gelangte A.A. erneut an den CAS und beantragte nun, der Club C. sei zu verpflichten, ihm die ausstehenden Zahlungen gestützt auf das "Settlement Agreement" zu leisten. Mit Schiedsspruch vom 25. April 2017 erklärte der CAS die arbeitsrechtliche Verjährungsfrist in Bezug auf die Aufhebungsvereinbarung für nicht anwendbar und verpflichtete den Club C. zur Bezahlung der Forderung. Daraufhin leistete der Club C. im Jahr 2017 die ausstehenden Zahlungen in der Höhe von (umgerechnet) Fr. 1'813'412.- an A.A.

A.e Mit Begleitschreiben vom 9. Januar 2018 zur Steuererklärung 2016 teilten A.A. und B.A. den Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt mit, dass die Steuererklärungen 2013-2015 unvollständig eingereicht worden seien, weil sie die Forderungen gegen den Club C. sowie weitere Einkünfte aus einem Vertrag mit E. nicht aufgeführt hätten.

B. Mit Veranlagungsverfügungen für die direkte Bundessteuer 2017 und die Staats- und Gemeindesteuern 2017 vom 27. Juni 2019 rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend: Kantonale Steuerverwaltung) die Zahlungen des Clubs C. in der Höhe von Fr. 1'813'412.- zum steuerbaren Einkommen hinzu, sodass sich das steuerbare Einkommen für die direkte Bundessteuer auf Fr. 2'981'600.- (satzbestimmendes Einkommen Fr. 2'075'600.-) und für die Staats- und Gemeindesteuern auf Fr. 3'002'025.-
BGE 149 II 400 S. 404
(satzbestimmendes Einkommen Fr. 1'047'964.-) belief. Die Einsprachen von A.A. und B.A. hiergegen wies die Kantonale Steuerverwaltung mit Entscheiden vom 16. September 2019 ab. Die Rechtsmittel gegen die Einspracheentscheide an das Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Steuergericht, des Kantons Basel-Landschaft (Steuergericht) wies dieses mit Urteilen vom 26. Juni 2020 ab.
Gegen diese Urteile führten A.A. und B.A. Beschwerden beim Kantonsgericht Basel-Landschaft. Dieses hiess die Beschwerden mit Urteilen vom 15. September 2021 gut. Es hob die Urteile des Steuergerichts vom 26. Juni 2020 auf und wies die Angelegenheit zur Neuveranlagung an die Kantonale Steuerverwaltung zurück. Zur Begründung führte das Kantonsgericht aus, A.A. habe bereits im Zeitpunkt der Unterzeichnung des "Settlement Agreement" eine rechtlich und tatsächlich durchsetzbare Forderung erworben, die auch als zu diesem Zeitpunkt steuerrechtlich realisiert zu gelten habe. Daher könnten die Zahlungen in der Höhe von Fr. 1'813'412.- nicht in der streitbetroffenen Steuerperiode 2017 besteuert werden.

C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. Januar 2022 beantragt die Kantonale Steuerverwaltung die Aufhebung der Urteile des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 15. September 2021 betreffend die direkte Bundessteuer 2017 und die Staats- und Gemeindesteuern 2017 und die Bestätigung der in der gleichen Sache ergangenen Entscheide des kantonalen Steuergerichts vom 26. Juni 2020 bzw. der zugrundeliegenden Veranlagungsverfügungen vom 27. Juni 2019.
A.A. und B.A. beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) beantragt die Gutheissung der Beschwerde. Die Kantonale Steuerverwaltung hat repliziert, A.A. und B.A. haben dupliziert sowie zur Vernehmlassung der ESTV Stellung genommen.
Auf entsprechende Einladung des Instruktionsrichters (Verfügung vom 20. März 2023) hin haben die Kantonale Steuerverwaltung, A.A. und B.A. sowie die ESTV spezifisch zur abkommensrechtlichen Behandlung der streitbetroffenen Entschädigung Stellung genommen.
BGE 149 II 400 S. 405

Erwägungen

Aus den Erwägungen:
II. Direkte Bundessteuer

3. Mit der Vertragsauflösungsvereinbarung ("Settlement Agreement") vom 9. Juli 2013 kamen der Beschwerdegegner und der Fussballclub überein, den bis am 1. August 2015 befristeten Arbeitsvertrag ("A professional Football Player's Contract" vom 5. November 2011) vorzeitig aufzulösen. Gemäss den Bestimmungen dieses Vertrags sollte der Fussballclub dem Beschwerdegegner eine Entschädigung von insgesamt EUR 2'345'000.- ausrichten, die in fünf Raten zu je EUR 469'000.- (per 30. Juli 2013, per 30. Januar 2014, per 30. Juni 2014, per 30. Januar 2015 und per 30. Juni 2015) gezahlt werden sollte.

3.1 Gegenstand des vorliegenden Streits sind die letzten drei Raten und die Hälfte der zweiten Rate im Betrag von insgesamt umgerechnet Fr. 1'813'412.-. Diese Raten bezahlte der Fussballclub dem Beschwerdegegner nicht bis zu den in der Vertragsauflösungsvereinbarung festgesetzten Terminen, sondern erst im Jahr 2017, nachdem der CAS mit Schiedsspruch vom 25. April 2017 die Zahlung angeordnet hatte.

3.2 Die Vorinstanz ist zum Schluss gelangt, dass trotz der verspäteten Zahlung der Beschwerdegegner (auch) auf diese Raten bereits im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vertragsauflösungsvereinbarung einen festen Anspruch erworben habe, weshalb sie ihm bereits dann steuerrechtlich zugeflossen seien und in der streitbetroffenen Steuerperiode nicht (mehr) besteuert werden könnten. Die Kantonale Steuerverwaltung und die ESTV stellen dies in Abrede und vertreten die Auffassung, dass diese Raten erst im Steuerjahr 2017 steuerbar seien.

3.3 Nachfolgend ist zunächst zu prüfen, ob die streitbetroffenen Einkünfte dem Beschwerdegegner in der Steuerperiode 2017 zugeflossen sind und der direkten Bundessteuer unterliegen. Diese Frage richtet sich nach internem schweizerischen Steuerrecht, namentlich nach dem DBG (SR 642.11). Falls sich die Auffassung der Kantonalen Steuerverwaltung und der ESTV in diesem Punkt als zutreffend erweisen sollte, wäre in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Besteuerung dieser Einkünfte durch die Schweiz das Völkerrecht, namentlich das am 21. Oktober 2012 in Kraft getretene Abkommen vom 6. Oktober 2011 zwischen der Schweizerischen
BGE 149 II 400 S. 406
Eidgenossenschaft und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (SR 0.672.932.51; nachfolgend: DBA CH-AE), entgegensteht.

4.

4.1 Im Steuerrecht herrscht das verfassungsmässige Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV; BGE 147 I 16 E. 4.2.3; BGE 142 II 197 E. 6.1; BGE 141 II 338 E. 3.2). Im Bereich der Einkommenssteuer wird dieses Gebot durch die Reinvermögenszugangstheorie konkretisiert, die in Art. 16 DBG Niederschlag gefunden hat (BGE 139 II 363 E. 2.2; vgl. auch BGE 148 II 378 E. 3.1; BGE 146 II 6 E. 4.1; BGE 142 II 197 E. 5.1). Der Reinvermögenszugang besteht in einer Nettogrösse. Er entspricht dem Überschuss aller Vermögenszugänge gegenüber den Vermögensabgängen derselben Steuerperiode (BGE 149 II 19 E. 5.1; BGE 143 II 402 E. 5.1 und 5.2; BGE 139 II 363 E. 2.2 m.w.H.). Im Konzept der Reinvermögenszugangstheorie gilt als (Netto-)Vermögen die Gesamtheit der Sachen und Rechte, die der steuerpflichtigen Person zuzurechnen sind und deren Wert in Geld ausgedrückt werden kann ("Vermögenswerte"), abzüglich der (geldwerten) Schulden der steuerpflichtigen Person (vgl. MARKUS WEIDMANN, Einkommensbegriff und Realisation, 1996, S. 13 f. m.H. auf die grundlegenden Werke von Schanz, Haig und Simons).

4.2 Die Einkommensgeneralklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG nennt die Gesichtspunkte nicht, nach denen zu entscheiden ist, in welchem Zeitpunkt ein Vermögenszugang eintritt, mithin ob eine bestimmte Einkunft der steuerpflichtigen Person in den Berechnungszeitraum einer Steuerperiode fällt oder nicht. Nach ständiger Praxis gelten Einkünfte als zugeflossen und sind sie zu besteuern, sobald und soweit die steuerpflichtige Person darüber tatsächlich verfügen kann und sie die Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person steigern (grundlegend BGE 73 I 135 E. 1); vorbehalten bleiben abweichende Regelungen in den Gesetzesbestimmungen zu den einzelnen Einkommensarten (Art. 17 ff. DBG; vgl. etwa Art. 17b Abs. 1 DBG; FABIEN LIÉGEOIS, La disponibilité du revenu, 2018, S. 311). Besteht die Einkunft aus einer Sache, kann die steuerpflichtige Person darüber üblicherweise tatsächlich verfügen, wenn sie daran das Eigentum erwirbt (vgl. BGE 113 Ib 23 E. 2e). Für die tatsächliche Verfügungsmacht ist der zivilrechtliche Rechtserwerb jedoch weder absolut notwendig, noch in jedem Fall ausreichend (vgl. MARKUS WEIDMANN, Realisation und Zurechnung des Einkommens, IFF Forum für
BGE 149 II 400 S. 407
Steuerrecht [FStR] 2003 S. 83, S. 95; vgl. auch PETER LOCHER, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, I. Teil, 2. Aufl. 2019, N. 32 zu Art. 16 DBG; REICH/WEIDMANN, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 4. Aufl. 2022, N. 34 zu Art. 16 DBG; vgl. zur analogen Frage im Mehrwertsteuerrecht Urteil 2C_492/2020 vom 25. Februar 2022 E. 5.3). An der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über eine Einkunft fehlt es nämlich etwa, soweit der vermeintliche Vermögenszugang mit einem Vermögensabgang korreliert, der aus einer Rückerstattungs-, einer Weiterleitungs- oder auch einer Schadenersatzpflicht folgen kann. Ist der Erwerb eines Vermögenswerts dergestalt mit einem Vermögensabgang belastet, führt er nicht zu einer Bereicherung der steuerpflichtigen Person und es wird keine Besteuerung ausgelöst (vgl. Urteile 2C_879/2021 vom 8. Juli 2022 E. 4.1, in: StE 2023 B 26.23 Nr. 3; 2C_342/2016 / 2C_343/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 2.2.3, in: StE 2017 B 21.1 Nr. 27).

4.3 Wie jedes andere Recht ist auch eine Forderung grundsätzlich geeignet, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person zu steigern, der sie steuerrechtlich zuzurechnen ist. Einen Vermögenszugang im Sinne der Reinvermögenszugangstheorie vermag der Erwerb einer Forderung dann zu bewirken, wenn ihr Wert in Geld ausgedrückt werden kann (vgl. oben E. 4.1). Davon ist nach der Praxis grundsätzlich auszugehen, wenn der Gläubiger einen festen Anspruch erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann (vgl. BGE 144 II 427 E. 7.2; BGE 113 Ib 23 E. 2e; BGE 94 I 375 E. 3; Urteile 2C_1035/2020 vom 12. November 2021 E. 5.1; 2C_974/2019 vom 17. Dezember 2020 E. 6.1). Fest ist der Anspruch, wenn die Forderung durchsetzbar ist und sowohl hinsichtlich ihres Bestands als auch hinsichtlich ihres Umfangs Gewissheit besteht, wobei es genügt, wenn ihre Höhe nach objektiven Kriterien bestimmbar ist (vgl. Urteile 2C_357/2014 / 2C_358/2014 vom 23. Mai 2016 E. 8.1, in: StE 2016 B 22.2 Nr. 33; 2C_319/2012 vom 17. Oktober 2012 E. 2.3.1, in: StR 68/2013 S. 62). Eine nicht fällige Forderung ist nicht durchsetzbar, denn vor der Fälligkeit kann der Gläubiger die Leistung nicht fordern und muss der Schuldner nicht erfüllen (BGE 148 III 145 E. 4.2.1.1; BGE 129 III 535 E. 3.2.1). Im Regelfall kann eine Forderung im privaten Bereich deshalb frühestens bei Eintritt der Fälligkeit als Einkunft besteuert werden (vgl. Urteile 2C_342/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 3.3.4, in: StE 2017 B 21.1 Nr. 27; 2C_1145/2014 vom 1. Oktober 2015 E. 2.3, in: StE 2015 A 12
BGE 149 II 400 S. 408
Nr. 21; vgl. auch LOCHER, a.a.O., N. 19 zu Art. 16 DBG; vgl. ferner auch Urteile 2C_534/2020 vom 26. März 2021 E. 3.3.1, in: StE 2021 B 27.1 Nr. 62, SVR 2021 BVG Nr. 39 S. 149; 2C_245/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 3.1 und 4.3, in: ASA 79 S. 399, StE 2010 B 21.2 Nr. 26, StR 65/2010 S. 471; 2C_179/2007 vom 14. Dezember 2007 E. 4.1, in: StE 2008 B 21.2 Nr. 25). Ist die Forderung mit einer aufschiebenden Bedingung oder einer Einrede des Schuldners (z.B. die Einrede der Verjährung oder jene des nicht erfüllten Vertrages nach Art. 82 OR) belastet, steht dies der Besteuerung ebenfalls entgegen (vgl. Urteil 2C_705/2017 vom 10. August 2018 E. 2.2.1 und 2.2.2, in: StE 2018 B 72.11 Nr. 25, StR 73/2018 S. 889). Ausnahmsweise kommt aber eine Besteuerung vor der Fälligkeit der Forderung infrage, namentlich wenn die Festlegung der Fälligkeit im Ermessen der steuerpflichtigen Person steht und sie durch das Hinausschieben der Fälligkeit den Besteuerungszeitpunkt bestimmen könnte oder wenn die Parteien die Fälligkeit aus steuerlichen Motiven aufgeschoben haben (vgl. LIÉGEOIS, a.a.O., S. 302; REICH/WEIDMANN, a.a.O., N. 36 zu Art. 16 DBG).
Steht der steuerpflichtigen Person ein fester Anspruch der dargelegten Art zu und kann sie über diesen tatsächlich verfügen (vgl. dazu oben E. 4.2), erfolgt die Besteuerung grundsätzlich bereits im Zeitpunkt des Erwerbs des festen Anspruchs ("Soll-Methode"; BGE 144 II 427 E. 7.2). Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung der Forderung kommt es dann nicht mehr an: Die Erfüllung der Forderung bewirkt zwar regelmässig einen erneuten Vermögenszugang beim Gläubiger (z.B. Empfang von Geld oder Eigentumserwerb an einer Sache). Da dieser aber mit dem Untergang der erfüllten Forderung, mithin einem Vermögensabgang, zusammenfällt, ist die steuerpflichtige Person daraus nicht bereichert und bleibt der Vorgang einkommenssteuerlich folgenlos (vgl. oben E. 4.2; vgl. auch BGE 113 Ib 23 E. 2e; BGE 105 Ib 238 E. 4a; BGE 92 I 288 E. 2a).

4.4 Von der Soll-Methode und damit der Besteuerung im Zeitpunkt des Erwerbs des festen Anspruchs (vgl. oben E. 4.3 am Ende) wird abgewichen, wenn die Erfüllung der Forderung als unsicher betrachtet werden muss. In diesem Fall wird mit der Besteuerung bis zur Erfüllung der Forderung zugewartet (BGE 113 Ib 23 E. 2e; BGE 105 Ib 238 E. 4a; Urteile 2C_1035/2020 vom 12. November 2021 E. 5.1; 2C_660/2017 vom 30. Januar 2019 E. 4.1, in: RDAF 2019 II S. 240; 2C_152/2015 vom 31. Juli 2015 E. 4.3; 2C_458/2012 / 2C_459/2012 vom 15. März 2013 E. 2.1). Unsicher ist die Erfüllung einer
BGE 149 II 400 S. 409
Forderung, wenn sie von vornherein als wenig wahrscheinlich ("peu probable") erscheint (Urteile 2C_1035/2020 vom 12. November 2021 E. 5.1; 2C_454/2015 / 2C_455/2015 vom 1. April 2016 E. 4.1), namentlich weil der Schuldner zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist. Eine Besteuerung nach der Soll-Methode rechtfertigt sich dann insbesondere deshalb nicht, weil erhebliche Debitorenrisiken regelmässig auf den Geldwert der Forderung durchschlagen: Dieser entspricht jedenfalls nicht mehr dem Nominalbetrag und lässt sich in der Regel nicht mit der Gewissheit bestimmen, die für eine steuerliche Erfassung der Zunahme der Leistungsfähigkeit des Gläubigers erforderlich wäre (vgl. WEIDMANN, a.a.O., FStR 2003 S. 99; vgl. auch ERNST KÄNZIG, Die Eidgenössische Wehrsteuer [Direkte Bundessteuer], I. Teil, 2. Aufl. 1982, N. 7 zu Art. 21 BdBSt; LIÉGEOIS, a.a.O., S. 303; REICH/WEIDMANN, a.a.O., N. 37a zu Art. 16 DBG; ferner LOCHER, a.a.O., N. 21 zu Art. 16 DBG; YVES NOËL, in: Commentaire romand, Impôt fédéral direct, 2. Aufl. 2017, N. 30 zu Art. 16 DBG, wobei die beiden letztgenannten Autoren die Zahlungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit unter dem Titel der Festigkeit des Anspruchs behandeln; ähnlich wie diese Autoren auch Urteil 2C_776/2012 vom 19. Februar 2013 E. 3.2 und 3.3, in: StE 2013 B 21.1 Nr. 22).
In einer Reihe deutschsprachiger Urteile hat das Bundesgericht im Unterschied zu seiner ursprünglichen deutschsprachigen sowie seiner französischsprachigen Rechtsprechung (vgl. Zitate oben E. 4.4 am Anfang) vorausgesetzt, dass die Erfüllung der Forderung als "besonders" unsicher erscheinen müsse (vgl. etwa BGE 144 II 427 E. 7.2.2; BGE 115 Ib 238 E. 3d; Urteile 2C_879/2021 vom 8. Juli 2022 E. 4.1, in: StE 2023 B 26.23 Nr. 3; 2C_1050/2015 / 2C_1051/2015 vom 13. Juni 2016 E. 2.2). Dieser Zusatz ist in der Literatur auf Kritik gestossen (vgl. WEIDMANN, a.a.O., FStR 2003 S. 99; diesem zustimmend LIÉGEOIS, a.a.O., S. 303; MARKUS REICH, Die ungerechtfertigte Bereicherung und andere rechtsgrundlose Vermögensübergänge im Einkommenssteuerrecht, FStR 2004 S. 3, S. 7 f.). Mangels entsprechender Hinweise in den betreffenden Urteilen ist jedoch nicht anzunehmen, dass damit tatsächlich eine Verschärfung bezweckt worden wäre.

5. Das Gesetz sieht keine besondere Regel vor, nach welcher der Besteuerungszeitpunkt für die streitbetroffene Entschädigung respektive die einzelnen Raten zu bestimmen wäre. Es finden also die vorstehend dargelegten allgemeinen Grundsätze Anwendung.
BGE 149 II 400 S. 410
Die Vorinstanz hat diese Grundsätze zunächst weitgehend zutreffend wiedergegeben, sie jedoch in der Folge nicht richtig angewendet.

5.1 Laut der Vorinstanz soll der Beschwerdegegner bereits im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung (am 9. Juli 2013) einen festen Anspruch auf die gesamte Entschädigung erworben haben. Damit übergeht sie jedoch, dass die streitbetroffenen Raten zu diesem Zeitpunkt nicht fällig und damit nicht durchsetzbar waren, weshalb sie nach dem Gesagten zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich noch nicht besteuert werden konnten (vgl. oben E. 4.3). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien die Fälligkeitstermine primär im Interesse des Beschwerdegegners gestaffelt festgesetzt hätten. Ohnehin gingen die Parteien davon aus, dass die Entschädigung jedenfalls in den VAE nicht steuerbar sein würde, sodass kein Grund zur Annahme besteht, die Staffelung wäre steuerlich motiviert gewesen. Unter diesen Umständen konnte der Beschwerdegegner vor den Fälligkeitsterminen also keinen festen Anspruch auf die streitbetroffenen Raten erwerben. Entgegen der Vorinstanz vermag auch die hypothetische Möglichkeit einer Abtretung der nicht fälligen Entschädigungsforderung an einen Dritten noch keinen festen Anspruch im Sinne der dargelegten Rechtsprechung und Lehre zu vermitteln.

5.2 Hieraus folgt, dass der Beschwerdegegner jeweils erst am Fälligkeitstermin der einzelnen Raten einen festen Anspruch auf die betreffende Zahlung erwerben konnte. Da sich der Fussballclub jedoch spätestens ab der letzten Zahlung vom Januar 2014 auf den Standpunkt stellte, die restlichen Raten seien verjährt, war die Erfüllung der ausstehenden Raten am jeweiligen Fälligkeitstermin nicht mehr hinreichend sicher, um die Raten nach der Soll-Methode besteuern zu können (vgl. oben E. 4.4). Ob die Verjährungseinrede des Fussballclubs begründet oder aussichtslos respektive gar "frivol" war, wie die Beschwerdegegner meinen, betrifft die Frage, ob der Anspruch des Beschwerdegegners fest genug war. Für die Frage, ob mit hinreichender Sicherheit mit der Erfüllung des festen Anspruchs zu rechnen war, spielt die Begründetheit der Einrede hingegen keine Rolle. Entscheidend ist insoweit alleine, dass der Fussballclub mit seinem Verhalten unmissverständlich kundgetan hat, nicht zahlungswillig zu sein.
Entgegen der Vorinstanz und den Beschwerdegegnern kann auch aus der Rechtsprechung zu betrügerischen Schneeballsystemen nichts
BGE 149 II 400 S. 411
anderes abgeleitet werden. Denn auch in diesen Fällen folgte das Bundesgericht den allgemeinen Grundsätzen und machte es die Besteuerung nach der Soll-Methode jeweils davon abhängig, dass der Anleger einen fälligen Anspruch hatte, über den er verfügen konnte und dessen Erfüllung im Fälligkeitszeitpunkt nicht unsicher war. Als nicht hinreichend sicher betrachtete das Bundesgericht die Erfüllung der Forderung, wenn anzunehmen war, dass der steuerpflichtigen Person die Auszahlung ihres Guthabens verweigert worden wäre, etwa weil der Schuldner seinen Gläubigern zu diesem Zeitpunkt bereits keine Gutschriften mehr ausbezahlte (vgl. Urteile 2C_734/ 2016 und andere vom 20. Oktober 2016 E. 2.4; 2C_776/2012 / 2C_777/2012 vom 19. Februar 2013 E. 3.2, in: StE 2013 B 21.1 Nr. 22; 2C_94/2010 / 2C_96/2010 vom 10. Februar 2011 E. 3.2). Auch im vorliegenden Fall musste der Beschwerdegegner, als die streitbetroffenen Ratenzahlungen fällig wurden, aufgrund des Verhaltens des Fussballclubs davon ausgehen, dass dieser sie nicht bezahlen würde. Die blosse Aussicht, die Zahlungen möglicherweise dereinst vielleicht auf dem Rechtsweg erhältlich machen zu können, wie es dem Beschwerdegegner schliesslich gelang, lässt die Erfüllung der Forderung nicht als so sicher erscheinen, dass sich eine Besteuerung nach der Soll-Methode rechtfertigen würde.

5.3 Die Beschwerdegegner machen geltend, dass die Feststellungen der Vorinstanz betreffend den Bestand der Forderung, ihre Abtretbarkeit und die Bestimmbarkeit ihrer Höhe das Bundesgericht gemäss Art. 105 Abs. 1 BGG binde. Die Kantonale Steuerverwaltung zieht diese Eigenschaften der Forderung jedoch gar nicht in Zweifel. Vielmehr stellt sie sich - wie gesehen zu Recht - auf den Standpunkt, dass erst die Zahlung der ausstehenden Raten im Jahr 2017 zu einem steuerbaren Vermögenszugang geführt hätte, der folglich erst in dieser Steuerperiode zu versteuern gewesen sei. Dass die Vorinstanz auch den Zeitpunkt des Vermögenszugangs für das Bundesgericht verbindlich festlegen könnte, machen die Beschwerdegegner zu Recht nicht geltend. Das Bundesgericht bezeichnet den Vermögenszufluss zwar regelmässig als einen faktischen Vorgang, der dann vorliegt, wenn die steuerpflichtige Person die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die zugegangenen Vermögenswerte innehat (Urteile 2C_214/2014 vom 7. August 2014 E. 3.3.2, in: StE 2014 B 101.2 Nr. 27; 2C_692/2013 / 2C_693/2013 vom 24. März 2014 E. 4.2 [Bonus-Rückzahlung], in: ASA 82 S. 740, StR 69/2014 S. 531). Damit bringt das Bundesgericht jedoch lediglich zum
BGE 149 II 400 S. 412
Ausdruck, dass der Zeitpunkt des Vermögenszuflusses nicht, respektive nicht ausschliesslich, nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten zu bestimmen ist. In der Literatur wird denn auch treffend darauf hingewiesen, dass "die Realisation von Einkünften [...] in der Regel nicht ein rein tatsächlicher Vorgang ist, weil sich die wirtschaftliche Verfügungsmacht und damit deren Erwerb im rechtlichen Rahmen abspielen" (WEIDMANN, a.a.O., FStR 2003 S. 97; vgl. auch LIÉGEOIS, a.a.O., S. 310).

5.4 Nach dem Gesagten verzeichnete der Beschwerdegegner aus den streitbetroffenen Raten erst im Zeitpunkt der Auszahlung in der Steuerperiode 2017 einen steuerrechtlich relevanten Vermögenszugang. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beschwerdegegner ihren Wohnsitz in der Schweiz und waren demnach hier gemäss Art. 3 Abs. 1 und 2 DBG unbeschränkt steuerpflichtig. Die Beschwerdegegner machen nicht geltend und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Entschädigung des Fussballclubs auf eine missbräuchliche Kündigung zurückginge und aus diesem Grund nach einem neuen Leiturteil des Bundesgerichts allenfalls steuerfrei bleiben müsste (Art. 24 lit. g DBG; BGE 148 II 551 E. 6.5). Somit steht fest, dass die streitbetroffenen Raten nach internem Recht der direkten Bundessteuer unterliegen.

6. Zu prüfen bleibt, ob die Schweiz nach Art. 22 Abs. 1 lit. a DBA CH-AE verpflichtet ist, die Entschädigung von der Besteuerung (unter Progressionsvorbehalt) auszunehmen. Dies wäre nach dieser Bestimmung grundsätzlich der Fall, wenn das DBA CH-AE den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Besteuerungsrecht an dieser Entschädigung einräumt.

6.1 Das DBA CH-AE kann den Vertragsstaaten nur insoweit Besteuerungsrechte einräumen respektive sie zur steuerlichen Entlastung verpflichten, als sein Anwendungsbereich erschlossen ist. In persönlicher Hinsicht gilt dieses Abkommen für Personen, die in einem oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind (Art. 1 DBA CH-AE). Die Ansässigkeit muss im Zeitpunkt der Erzielung der Einkünfte gegeben sein, für die das Abkommen steuerliche Entlastung verschaffen soll (vgl. FRANZ WASSERMEYER, in: Doppelbesteuerung: DBA [nachfolgend: Wassermeyer], Franz Wassermeyer [Hrsg.], Ergänzungslieferung [EL] 117 [März 2012], N. 34 zu Art. 1 OECD-MA). Dieser Zeitpunkt richtet sich nach dem internen Steuerrecht des Staates, der das DBA anwendet (vgl. WASSERMEYER/SCHWENKE, in:
BGE 149 II 400 S. 413
WASSERMEYER, a.a.O., EL 146 [Juli 2019], N. 48 zu Art. 15 OECD-MA; vgl. auch RIEDWEG/SUTER, in: Internationales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2015, N. 23 zu Art. 13 OECD-MA).
Als der Beschwerdegegner nach internem Recht steuerbares Einkommen aus den streitbetroffenen Raten erzielte (vgl. oben E. 5.4), war er in der Schweiz kraft Wohnsitz unbeschränkt steuerpflichtig und folglich hier ansässig (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a DBA CH-AE). Der persönliche Anwendungsbereich des DBA CH-AE ist eröffnet. Dasselbe gilt für den sachlichen und den zeitlichen Anwendungsbereich (Art. 2 und 27 DBA CH-AE).

6.2 Die potenziell einschlägigen Abkommensbestimmungen sind Art. 17 (Künstler und Sportler), Art. 15 (Unselbstständige Arbeit) und Art. 21 (Andere Einkünfte). Sie lauten wie folgt:
Art. 17 Künstler und Sportler
1. Ungeachtet der Artikel 14 und 15 können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker, oder als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden.
2. Fliessen Einkünfte aus einer von einem Künstler oder Sportler in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübten Tätigkeit nicht dem Künstler oder Sportler selbst, sondern einer anderen Person zu, so können diese Einkünfte ungeachtet der Artikel 7, 14 und 15 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Künstler oder Sportler seine Tätigkeit ausübt. Die Bestimmungen dieses Absatzes sind nicht anzuwenden, wenn dargetan wird, dass weder der Künstler oder der Sportler noch mit ihm verbundene Personen unmittelbar am Gewinn dieser Person beteiligt sind.
3. Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Einkünfte aus Tätigkeiten von Künstlern und Sportlern in einem Vertragsstaat, wenn ein Grossteil dieser Einkünfte unmittelbar oder mittelbar aus öffentlichen Mitteln des anderen Vertragsstaats oder einer seiner politischen Unterabteilungen oder Gebietskörperschaften stammen.
Art. 15 Unselbstständige Arbeit
1. Unter Vorbehalt der Artikel 16, 18 und 19 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.
2. Ungeachtet von Absatz 1 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte
BGE 149 II 400 S. 414
unselbstständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn:
a) der Empfänger sich im anderen Vertragsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält; und
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Vertragsstaat ansässig ist; und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.
3. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels können Vergütungen für unselbstständige Arbeit, die an Bord eines Schiffs oder Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das im internationalen Verkehr betrieben wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.
Art. 21 Andere Einkünfte
1. Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den vorhergehenden Artikeln nicht behandelt wurden, können ungeachtet ihrer Herkunft nur in diesem Staat besteuert werden.
2. Absatz 1 ist auf andere Einkünfte als solche aus unbeweglichem Vermögen im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Empfänger im anderen Vertragsstaat eine gewerbliche oder kaufmännische Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte oder eine selbstständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für die die Einkünfte gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebsstätte oder festen Einrichtung gehören. In einem solchen Fall ist je nachdem Artikel 7 oder Artikel 14 anzuwenden.

6.3 Aufgrund dieser Bestimmungen kommt den Vereinigten Arabischen Emiraten für die streitbetroffenen Raten ein Besteuerungsrecht zu, falls der Beschwerdegegner als Sportler die Entschädigung aus einer persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen hat, die er in den Vereinigten Arabischen Emiraten persönlich ausgeübt hat (vgl. Art. 17 Abs. 1 DBA CH-AE). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist weiter zu prüfen, ob a) die Entschädigung Gehalt, Lohn oder eine ähnliche Vergütung darstellt, die der Beschwerdegegner aus unselbständiger Arbeit bezogen hat, und b) er sie für Arbeit bezogen hat, die er in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgeübt hat (Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE), ohne dabei die Bedingungen von Art. 15 Abs. 2 DBA CH-AE (sog. Monteurklausel) zu erfüllen.

7. Zur Prüfung dieser Fragen sind die genannten Abkommensvorschriften auszulegen.
BGE 149 II 400 S. 415

7.1 Die Auslegung von DBA und anderen völkerrechtlichen Verträgen richtet sich nach dem Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111), insbesondere den Auslegungsregeln von Art. 31 ff. VRK (BGE 147 V 402 E. 9.2.1, BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.1; BGE 145 II 339 E. 4.4.1; vgl. ODILE AMMANN, Domestic Courts and the Interpretation of International Law - Methods and Reasoning Based on the Swiss Example, Leiden/Boston 2020, S. 241 m.w.H.). Jedenfalls soweit vorliegend relevant, stellen die Grundsätze des Wiener Übereinkommens zur Vertragsauslegung kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht dar (Gutachten des Internationalen Gerichtshofs [IGH] vom 9. Juli 2004, Conséquences juridiques de l'édification d'un mur dans le territoire palestinien occupé, C.I.J. Recueil 2004 S. 174 § 94; BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.1; BGE 125 II 417 E. 4d; BGE 122 II 234 E. 4c). Sie sind deshalb für die Auslegung des DBA CH-AE zu beachten, obschon die Vereinigten Arabischen Emirate nicht Vertragsstaat des Wiener Übereinkommens sind (vgl. BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.1; BGE 145 II 339 E. 4.4.1).

7.2 Elemente der allgemeinen Auslegungsregel von Art. 31 Abs. 1 VRK sind der Wortlaut der vertraglichen Bestimmung gemäss seiner gewöhnlichen Bedeutung, Ziel und Zweck des Vertrags, Treu und Glauben sowie der Zusammenhang. Diese vier Elemente sind gleichrangig (BGE 147 V 387 E. 3.3). Den Ausgangspunkt der Auslegung bildet der Wortlaut der vertraglichen Bestimmung. Der Text der Vertragsbestimmung ist demnach aus sich selbst heraus gemäss seiner gewöhnlichen Bedeutung zu interpretieren. Diese gewöhnliche Bedeutung ist in Übereinstimmung mit ihrem Zusammenhang, dem Ziel und Zweck des Vertrags und gemäss Treu und Glauben zu eruieren (BGE 147 V 387 E. 3.3 m.w.H.). Ziel und Zweck des Vertrags ist dabei, was mit dem Vertrag erreicht werden sollte (BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 147 II 13 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.2). Auf den Vertragswillen der Vertragspartner stellen die völkerrechtlichen Auslegungsregeln nur insoweit ab, als dieser seinen Niederschlag im Abkommen selbst gefunden hat. Vorbehalten bleibt freilich nach Art. 31 Abs. 4 VRK eine klar manifestierte, einvernehmliche Absicht der Parteien, einen Ausdruck nicht im üblichen, sondern in einem besonderen Sinn zu verwenden (BGE 147 V 387 E. 3.3 m.w.H.). Die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsabschlusses sind nach Art. 32 VRK sodann ergänzende Auslegungsmittel und können - nur, aber immerhin - herangezogen werden,
BGE 149 II 400 S. 416
um die nach Art. 31 VRK ermittelte Bedeutung zu bestätigen oder diese zu bestimmen, wenn die Auslegung nach Art. 31 VRK die Bedeutung mehrdeutig oder dunkel lässt (Art. 32 lit. a VRK) oder zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt (Art. 32 lit. b VRK; vgl. BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 147 II 13 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.2). Diesfalls ist der auszulegenden Bestimmung unter mehreren möglichen Interpretationen derjenige Sinn beizumessen, welcher ihre effektive Anwendung gewährleistet und nicht zu einem Ergebnis führt, das dem Ziel und Zweck der eingegangenen Verpflichtungen widerspricht ("effet utile"; vgl. BGE 147 V 387 E. 3.3; BGE 147 II 13 E. 3.3; BGE 146 II 150 E. 5.3.2; vgl. kritisch dazu AMMANN, a.a.O., S. 253).

7.3 Nach ständiger Praxis berücksichtigt das Bundesgericht das Musterabkommen der OECD (OECD-MA) und den zugehörigen Kommentar (OECD-MK) bei der Auslegung von DBA, soweit sie auf diesem Standard beruhen (vgl. BGE 144 II 130 E. 8.2.3; BGE 143 II 257 E. 6.5; BGE 141 II 447 E. 4.4.3; Urteil 2C_880/2018 vom 19. Mai 2020 E. 4.1). Das OECD-MA und der OECD-MK stützen sich auf eine Empfehlung der OECD (OECD Recommendation C(97)195/ FINAL vom 23. Oktober 1997). Darin empfiehlt der OECD-Rat den Mitgliedstaaten respektive ihren Steuerverwaltungen, sich beim Abschluss neuer und der Revision bestehender DBA an das OECD-MA und den OECD-MK zu halten und in der Anwendung der DBA die Kommentierungen zu befolgen ("Le Conseil [...] recommande aux gouvernements des pays Membres: 1. de poursuivre leurs efforts pour la conclusion de conventions fiscales bilatérales en matière d'impôts sur le revenu et sur la fortune avec ceux des pays Membres, et des pays non Membres lorsque cela est approprié, avec lesquels ils ne sont pas encore liés par de telles conventions, et de réviser les conventions existantes qui ne correspondraient plus aux nécessités actuelles; 2. de se conformer, à l'occasion de la conclusion de nouvelles conventions bilatérales ou de la révision de conventions bilatérales existantes, au Modèle de convention fiscale tel qu'il est interprété dans les commentaires s'y rapportant; 3. que leurs administrations fiscales suivent les Commentaires sur les articles du Modèle de convention fiscale, tel que modifiés de temps à autre, lorsqu'elles sont appelées à appliquer et interpréter les dispositions de leurs conventions fiscales bilatérales qui sont basées sur ces articles."). Im Unterschied zu Beschlüssen des OECD-Rats binden solche Empfehlungen die Mitgliedstaaten völkerrechtlich nicht (vgl.
BGE 149 II 400 S. 417
Art. 5 lit. a und b des Übereinkommens vom 14. Dezember 1960 über die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [SR 0.970.4]; vgl. auch OECD-MK, N. 29 ff. zu Introduction; MICHAEL SCHWENKE, in: Wassermeyer, a.a.O., EL 155 [Oktober 2021], N. 37 zu Vorb. Art. 1 OECD-MA).

7.4 Die Praxis des Bundesgerichts zur Frage, unter welche Kategorie der Auslegungsmittel von Art. 31 und 32 VRK das OECD-MA und der OECD-MK fallen, ist uneinheitlich. In BGE 143 II 136 hat das Bundesgericht den OECD-MK im Kontext der Steueramtshilfe als wichtiges (ergänzendes) Hilfsmittel im Sinne von Art. 32 VRK bezeichnet (BGE 143 II 136 E. 5.2.3). Im Urteil BGE 144 II 130, das ebenfalls die Steueramtshilfe betraf, hat das Bundesgericht den OECD-MK dagegen als "soft law"-Instrument unter Art. 31 Abs. 3 lit. c VRK (zwischen den Parteien anwendbarer einschlägiger Völkerrechtssatz) subsumiert (BGE 144 II 130 E. 8.2.2). Zumindest der erstgenannte Ansatz wird zwar auch in der Lehre vertreten (vgl. etwa MATTEOTTI/KRENGER, in: Internationales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2015, N. 162 zu Einleitung; ROBERT WALDBURGER, Sind Gruppenersuchen an die Schweiz rechtlich zulässig?, FStR 2013 S. 130); herrschend ist jedoch die Auffassung, dass das OECD-MA und der OECD-MK die gewöhnliche Bedeutung gemäss Art. 31 Abs. 1 VRK oder allenfalls eine besondere, von den Parteien beabsichtigte Bedeutung gemäss Art. 31 Abs. 4 VRK zum Ausdruck bringen, wenn und soweit ein DBA auf der Basis dieser Dokumente verhandelt worden ist und sich die Vertragsstaaten in der Formulierung des DBA an die Vorlage des OECD-MA gehalten haben (vgl. aus der hiesigen Literatur etwa PETER HONGLER, in: Internationales Steuerrecht der Schweiz, 2023, § 3 Rz. 36; LOCHER/MARANTELLI/OPEL, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 4. Aufl. 2019, S. 70; XAVIER OBERSON, Précis de droit fiscal international, 5. Aufl. 2022, S. 46; STEFAN OESTERHELT, Bedeutung des OECD-Kommentars für die Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen, ASA 80 S. 379 f.; vgl. aus der internationalen Literatur statt vieler HUGH J. AULT, The Role of the OECD Commentaries in the Interpretation of Tax Treaties, Intertax 22/1994 S. 146 f.; LANG/BRUGGER, The role of the OECD Commentary in tax treaty interpretation, Australian Tax Forum 23/2008 S. 99 f.; MORIS LEHNER, in: DBA, Kommentar [nachfolgend: Vogel/ Lehner], Vogel/Lehner [Hrsg.], 7. Aufl. 2021, N. 126 ff. zu Grundlagen; KLAUS VOGEL, The Influence of the OECD Commentaries on
BGE 149 II 400 S. 418
Treaty Interpretation, Bulletin for International Taxation 2000 S. 615). Einig sind sich die Praxis des Bundesgerichts, die zitierte Literatur und der Fiskalausschuss der OECD darüber, dass der OECD-MK für die Auslegung zwar nicht bindend, aber grundsätzlich doch ein wichtiges Auslegungsmittel ist (vgl. - neben der bereits zitierten Rechtsprechung und Literatur - BGE 148 II 336 E. 9.2; BGE 142 II 161 E. 2.1; OECD-MK, N. 29 und 29.3 zu Introduction).

8.

8.1 Art. 17 Abs. 1 DBA CH-AE setzt für das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats voraus, dass die fragliche Einkunft von der steuerpflichtigen Person als Sportler aus ihrer im Tätigkeitsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen wird. Soweit vorliegend relevant, stimmt diese Bestimmung vollständig mit der Regelung des OECD-MA überein, wie sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA CH-AE bestand (vgl. Art. 17 Abs. 1 OECD-MA i.d.F. vom 29. April 2000). Obschon die Vereinigten Arabischen Emirate nicht Mitgliedstaat der OECD sind, kann angesichts dieser Übereinstimmung auslegungsweise auf den OECD-MK zurückgegriffen werden, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vertragsstaaten ungeachtet der Übereinstimmung nicht dem OECD-Standard folgen wollten (vgl. MICHAEL LANG, Die Bedeutung des OECD-Kommentars und von "Reservations", "Observations" und "Positions" für die DBA-Auslegung, Steuer und Wirtschaft International [SWI] 2023 S. 116 f. m.H. auf Urteil des deutschen Bundesfinanzhofs [BFH] I R 1/19 vom 13. April 2022; LEHNER, a.a.O., N. 134 zu Grundlagen; SCHWENKE, in: Wassermeyer, a.a.O., N. 54 zu Vorb. Art. 1 OECD-MA; VOGEL/ RUST, in: Klaus Vogel on Double Taxation Conventions, 4. Aufl. 2015, N. 104 zu Introduction). Der OECD-MK setzt einen engen Zusammenhang zwischen der Einkunft und der im fraglichen Staat ausgeübten Tätigkeit voraus. Daran fehle es etwa bei Zahlungen, die ein Sportler für den Ausfall einer Vorstellung erhält. Diese fallen nicht unter die Art. 17 OECD-MA nachgebildete DBA-Norm, aber allenfalls unter eine andere Abkommensbestimmung (z.B. die Art. 15 OECD-MA nachgebildete DBA-Norm). Dies gilt sowohl für die aktuelle Fassung des OECD-MK als auch die Fassung, die in Kraft stand, als das DBA CH-AE abgeschlossen wurde (vgl. OECD-MK, N. 9 zu Art. 17 OECD-MA i.d.F. vom 29. April 2000 sowie i.d.F. vom 15. Juli 2014).

8.2 In anderem Zusammenhang hat das Bundesgericht unter Berufung auf den OECD-MK darauf hingewiesen, dass eine Einkunft
BGE 149 II 400 S. 419
eines Sportlers nur dann unter eine Art. 17 OECD-MA nachgebildete DBA-Zuteilungsnorm fällt, wenn sie einen unmittelbaren, direkten Zusammenhang mit einem sportlichen Auftritt aufweist (Urteil 2C_276/2007 vom 6. Mai 2008 E. 5.5 und 6.2, in: StE 2008 A 32 Nr. 10). In der Lehre wurde dieses Urteil zwar teilweise vehement kritisiert, namentlich weil es zu weit gehe und vom OECD-MK nicht gedeckt sei, das fixe Salär eines Sportlers mangels Auftrittsbezogenheit gänzlich von Art. 17 Abs. 1 OECD-MA auszunehmen, wie dies das Bundesgericht getan habe (vgl. GRÜNINGER/OESTERHELT, Steuerrechtliche Entwicklungen [insbesondere im Jahr 2008], SZW 2009 S. 53 f.; SCHWENKE/WASSERMEYER, in: Wassermeyer, a.a.O., EL 145 [März 2019], N. 16 zu Art. 17 OECD-MA; ROBERT WALDBURGER, Rechtsprechung im Jahr 2008 [2. Teil], FStR 2009 S. 287 ff.; im Ergebnis bzw. zumindest teilweise zustimmend jedoch BEHNISCH/OPEL, Die steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2008, ZBJV 145/2009 S. 560 f.; DAVID HÜRLIMANN, Restriktive Auslegung der Sportlerklausel durch das Bundesgericht, in: Entwicklungen im Steuerrecht 2009, Urteile - Aktuelle Themen - Hintergründe, 2009, S. 459 Ziff. 5.1). Soweit ersichtlich wurde indessen nirgends geltend gemacht, dass für ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats aus einer Art. 17 Abs. 1 OECD-MA nachgebildeten Bestimmung kein enger Zusammenhang zwischen Einkunft und Tätigkeit erforderlich wäre. In der Tat folgt die herrschende Lehre in Bezug auf Zahlungen für ausgefallene Auftritte denn auch dem OECD-MK, weil es am erforderlichen engen Zusammenhang mit einem öffentlichen Auftritt vor einem Publikum fehle (vgl. AXEL CORDEWENER, in: Klaus Vogel on Double Taxation Conventions, a.a.O., N. 89 zu Art. 17 OECD-MA; GRAF/CHRISTOFFEL, in: Internationales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2015, N. 92 zu Art. 17 OECD-MA; XAVIER OBERSON, in: Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le revenu et la fortune, 2014, N. 124 zu Art. 17 OECD-MA; CARSTEN SCHLOTTER, in: Doppelbesteuerungsabkommen, Schönfeld/Ditz [Hrsg.], 2. Aufl. 2019, N. 41 zu Art. 17 OECD-MA; SCHWENKE/WASSERMEYER, in: Wassermeyer, a.a.O., N. 36 zu Art. 17 OECD-MA; a.M. FRANK STOCKMANN, in: Vogel/Lehner, a.a.O., N. 57 zu Art. 17 OECD-MA).

8.3 Der Beschwerdegegner war bis zur Vertragsauflösung als professioneller Fussballspieler in den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig. Basis der streitbetroffenen Zahlung war die Vertragsauflösungsvereinbarung vom 9. Juli 2013. Diese Vereinbarung spezifiziert nicht
BGE 149 II 400 S. 420
ausdrücklich, wofür der Fussballclub den Beschwerdegegner entschädigte. Soweit sich ihr eine konkrete Gegenleistung des Beschwerdegegners für die Entschädigung entnehmen lässt, bestand diese in der Aufgabe sämtlicher Ansprüche gegen den Fussballclub (Art. 105 Abs. 2 BGG). Ein Zusammenhang mit Auftritten, die der Beschwerdegegner in den Vereinigten Arabischen Emiraten erst nach dem 9. Juli 2013 absolviert hätte, wird von den Beschwerdegegnern weder behauptet, noch ist ein solcher ersichtlich. Ebenso wenig gibt es Anlass zur Annahme, die Zahlung hätte der zusätzlichen Entschädigung für bereits geleistete Auftritte für den Fussballclub gedient. Vielmehr ist die ratenweise Streckung der Entschädigung über beinahe die gesamte Restlaufzeit des Arbeitsvertrages ein starkes Indiz dafür, dass die Entschädigung den künftigen Lohnausfall des Beschwerdegegners kompensieren sollte. Zu einer solchen Entschädigung war der Fussballclub im Übrigen bereits nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrags verpflichtet (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Die streitbetroffene Zahlung entspricht damit zumindest funktionell einer Entschädigung, die ein Sportler für den Ausfall eines bzw. mehrerer Auftritte erhält (vgl. auch CORDEWENER, a.a.O., N. 89 f. zu Art. 17 OECD-MA). Sie steht höchstens in einem mittelbaren Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit des Beschwerdegegners in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Unter Berücksichtigung des OECD-MK erscheint dieser Zusammenhang nicht als eng genug, als dass sich noch sagen liesse, der Beschwerdegegner habe die Zahlung aus der in den Vereinigten Arabischen Emiraten persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen. Art. 17 Abs. 1 DBA CH-AE weist den Vereinigten Arabischen Emiraten folglich kein Besteuerungsrecht zu, aufgrund dessen die Schweiz den Beschwerdegegnern Entlastung gewähren müsste.

9. Zu prüfen bleibt somit, ob die Vereinigten Arabischen Emirate aus Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE die Zuweisung eines entsprechenden Besteuerungsrechts ableiten können.

9.1 Damit Abfindungen, Abgangsentschädigungen und andere Zahlungen am oder nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses überhaupt unter Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE fallen, müssen sie "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen" darstellen. Ein Besteuerungsrecht für den Tätigkeitsstaat ergibt sich aus dieser Bestimmung jedoch nur, soweit die Zahlung für Arbeit geleistet wird, die im Tätigkeitsstaat ausgeübt wird.
BGE 149 II 400 S. 421

9.2 Die Begriffe "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen" sind im DBA CH-AE und im OECD-MA, auf das sich Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE stützt, nicht näher definiert (vgl. BGE 143 II 257 E. 6.4; Urteile 2C_180/2018 vom 19. September 2019 E. 6.7.1; 2C_604/2011 vom 9. Mai 2012 E. 4.2, in: RDAF 2012 II S. 240, StE 2012 A 32 Nr. 18). Im Urteil BGE 143 II 257 kam das Bundesgericht in Bezug auf die insoweit mit Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE (und Art. 15 Abs. 1 OECD-MA) übereinstimmende Bestimmung im DBA mit Frankreich (Art. 17 Abs. 1 des Abkommens vom 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht [DBA CH-FR; SR 0.672.934.91]) zum Schluss, dass eine Abfindung, die einem in der Schweiz ansässigen Geschäftsführer einer französischen Gesellschaft bezahlt worden war, nicht hierunter fiel. Es begründete dies damit, dass die Zahlung zwar ihren Rechtsgrund in der früheren Tätigkeit für die Gesellschaft hatte, aber keine Gegenleistung für eine im Tätigkeitsstaat geleistete Arbeit darstellte (BGE 143 II 257 E. 7.2).

9.3 Dieses Urteil ist in der Literatur kritisiert worden, insbesondere weil das Bundesgericht in der Auslegung den OECD-MK völlig ausser Acht gelassen habe (vgl. RAPHAËL GANI, in: La jurisprudence fiscale du Tribunal fédéral en 2017-2018, RDAF 2019 II S. 77 f.; CHRISTINE LEDURE, Prise de position, StR 72/2017 S. 388 ff.). Der OECD-MK war nämlich im Jahr 2014 um eingehende Ausführungen zu Abgangsentschädigungen, Abfindungen und anderen Zahlungen am oder nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses ergänzt worden (vgl. OECD-MK, N. 2.3-2.16 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom 15. Juli 2014). Nach den zitierten Autoren hätten diese Ausführungen es nahegelegt, die Abfindung zumindest zum Teil Frankreich als Tätigkeitsstaat zur Besteuerung zuzuweisen.

9.4 Es trifft zu, dass das Bundesgericht den OECD-MK im das Steuerjahr 2012 betreffenden BGE 143 II 257 E. 6.5 zwar erwähnt, in der Folge aber nicht näher berücksichtigt hat. Obschon die Vereinigten Arabischen Emirate nicht Mitglied der OECD sind, kann der OECD-MK grundsätzlich auch in Bezug auf Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE als Auslegungsmittel verwendet werden (vgl. zu den Voraussetzungen hierfür oben E. 8.1). Die Ausführungen im OECD-MK zu Abgangsentschädigungen, Abfindungen und anderen Zahlungen am oder nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses wurden indessen
BGE 149 II 400 S. 422
erst rund drei Jahre nach Abschluss des DBA CH-AE aufgenommen. Die Fassung des OECD-MK, die den Vertragsstaaten des DBA CH-AE bei Vertragsabschluss vorgelegen hatte, hatte noch keine speziellen Ausführungen zur Behandlung von Zahlungen am oder nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses enthalten. Es fragt sich demnach, welchen Stellenwert spätere Fassungen des OECD-MK für die Auslegung eines DBA haben können.

9.4.1 Das Bundesgericht hat zu dieser Frage bislang keine einheitliche Praxis entwickelt. In seiner älteren Rechtsprechung hat es nach dem Vertragsschluss ergangene Fassungen des OECD-MK beachtet, ohne sich mit der Problematik vertieft auseinanderzusetzen (vgl. etwa BGE 142 II 161 E. 2.1; BGE 141 II 447 E. 4.4.3; Urteile 2C_276/2007 vom 6. Mai 2008 E. 5.3 und 5.6, in: StE 2008 A 32 Nr. 10; 2A.239/ 2005 vom 28. November 2005 E. 3.4.5, in: StR 61/2006 S. 217). Im Urteil BGE 144 II 130 hat das Bundesgericht erwogen, dass der OECD-MK gerade dank der regelmässigen Änderungen eine evolutive (dynamische) Auslegung der DBA erlaubt (BGE 144 II 130 E. 8.3.2 und 8.3.3). Im Urteil 2C_880/2018 vom 19. Mai 2020 hat das Bundesgericht die Berücksichtigung der aktuellen Fassung des OECD-MK für zulässig erachtet, weil bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA für die Vertragsstaaten erkennbar gewesen war, dass der offene Begriff des Nutzungsberechtigten ("beneficial owner") einem zeitlichen Wandel unterliegen werden würde (Urteil 2C_880/2018 vom 19. Mai 2020 E. 4.1). In einem anderen Urteil ist es derweil davon ausgegangen, dass die Fassung des OECD-MK zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses heranzuziehen ist (Urteil 2C_ 452/2012 / 2C_453/2012 vom 7. November 2012 E. 4.6, in: StE 2013 A 32 Nr. 19).

9.4.2 Die ESTV und die Kantonale Steuerverwaltung vertreten in ihren Vernehmlassungen die Ansicht, dass die Fassung des OECD-MK zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses massgebend sei. Spätere Kommentierungen seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Die ESTV und die Kantonale Steuerverwaltung verweisen auf entsprechende Meinungsäusserungen in der schweizerischen Literatur (LOCHER/MARANTELLI/OPEL, a.a.O., S. 70 f.; MATTEOTTI/KRENGER, a.a.O., N. 160 zu Einleitung; OESTERHELT, a.a.O., S. 380 ff.; vgl. ausserdem MICHAEL BEUSCH, Die Bedeutung ausländischer Gerichtsentscheide für die Auslegung von DBA durch die schweizerische Justiz, in: Dogmatik und Praxis im Steuerrecht, Festschrift für Markus Reich, 2014, S. 402; HONGLER, a.a.O., § 3 Rz. 38 ff.; OBERSON, a.a.O., S. 47 f.;
BGE 149 II 400 S. 423
DE VRIES REILINGH/CHILLÀ, Droit fiscal international, 2022, S. 51 f.). Diese Auffassung herrscht auch in der Rechtsprechung und der Literatur anderer europäischer Länder vor (vgl. etwa Urteile des BFH I R 1/19 vom 13. April 2022 Rz. 21; I R 44/16 vom 11. Juli 2018 Rz. 16 m.w.H.; des französischen Conseil d'État Nr. 233894 vom 30. Dezember 2003; des österreichischen Verfassungsgerichtshofes V 41/2015 vom 25. September 2015 E. 2.2.3 Rz. 45; des niederländischen Hoge Raad 21/00747 vom 14. Oktober 2022 Rz. 3.2.2 und 3.2.3 [wobei der Hoge Raad spätere Kommentierungen als ergänzende Auslegungsmittel gemäss Art. 32 VRK berücksichtigen will, wenn sie bloss klarstellender Natur seien]; vgl. aus der Literatur MICHAEL LANG, Die Bedeutung des OECD-Kommentars und der Reservations, Observations und Positions für die DBA-Auslegung, in: Festschrift Gosch [nachfolgend: FS Gosch], 2016, S. 238 ff.; LEHNER, a.a.O., N. 127 zu Grundlagen; vgl. zudem die zahlreichen Hinweise bei JOHANN HATTINGH, The Relevance of BEPS Materials for Tax Treaty Interpretation, Bulletin for International Taxation 2020 S. 183 f. Fn. 19).
Dieser national und international wohl dominierenden Meinung steht die Haltung der OECD selbst gegenüber, wonach Änderungen des Musterabkommens und des Kommentars zu berücksichtigen seien, soweit die Bestimmungen eines DBA von den geänderten Artikeln des Musterabkommens nicht substanziell abweichen (OECD-MK, N. 35 zu Introduction; der OECD folgend Urteil der italienischen Corte Suprema di Cassazione No. 36679 vom 14. Dezember 2022 Ziff. 5). Auch in der Literatur gibt es Autoren, die es für zulässig halten, zumindest unter gewissen Umständen spätere Kommentierungen zu berücksichtigen, namentlich wenn nach den allgemeinen völkerrechtlichen Regeln eine dynamische Auslegung angezeigt sei (vgl. STEFFEN LAMPERT, Die dynamische Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen unter besonderer Beachtung des Kommentars zum OECD-Musterabkommen, Internationales Steuerrecht [iStR]2012 S. 516 ff.; LINDERFALK/HILLING, The Use of OECD Commentaries as Interpretative Aids - The Static/Ambulatory-Approaches Debate Considered from the Perspective of International Law, Nordic Tax Journal 2015 S. 54 ff.; vgl. auch JACQUES SASSEVILLE, Temporal Aspects of Tax Treaties, in: Tax Polymath: A Life in International Taxation, Essays in Honour of John F. Avery Jones, 2010, S. 46 ff.; MICHAEL WICHMANN, Anmerkungen zur deutschen Abkommenspolitik, FinanzRundschau [FR] 2011 S. 1083 f.). Gewissermassen vermittelnd
BGE 149 II 400 S. 424
erwägen gewisse Autoren, späteren Kommentierungen in der Auslegung zumindest das Gewicht von regulärem Schrifttum zu geben (vgl. BRIAN J. ARNOLD, Tax Treaties and Tax Avoidance: The 2003 Revisions to the Commentary to the OECD Model, Bulletin for International Taxation 2004 S. 260; JOHN AVERY JONES, The Effect of Changes in the OECD Commentaries after a Treaty is Concluded, Bulletin for International Taxation 2002 S. 103; VOGEL, a.a.O., S. 616; vgl. auch Urteile des UK Supreme Court vom 20. Mai 2020 Fowler v Revenue and Customs, [2020] UKSC 22 Rz. 18; des Supreme Court of Canada vom 26. November 2021 Canada v Alta Energy Luxembourg S.A.R.L., 2021 SCC 49 Rz. 40 ff.; des französischen Conseil d'État Nr. 420174 vom 11. Dezember 2020 Rz. 4 i.V.m. den Schlussanträgen des Rapporteur public Laurent Cytermann in derselben Sache S. 15 f.).

9.4.3 Spätere Fassungen des OECD-MK, die den Abkommensparteien bei Abschluss des DBA nicht vorgelegen haben, könnten höchstens dann im Rahmen von Art. 31 Abs. 1 oder 4 VRK für die Ermittlung der gewöhnlichen oder besonderen Bedeutung einer Bestimmung relevant sein, wenn nicht die Bedeutung im Abschlusszeitpunkt, sondern die Bedeutung im Anwendungszeitpunkt zu ermitteln wäre. Nach der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs und der herrschenden völkerrechtlichen Lehre, auf die das Bundesgericht bereits im Urteil 2C_880/2018 vom 19. Mai 2020 E. 4.1 verwiesen hat, sind völkerrechtliche Verträge jedoch grundsätzlich statisch auszulegen. Massgebend ist demnach gewöhnlich die Bedeutung der im Vertrag verwendeten Begriffe und Bestimmungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. Urteil des IGH vom 13. Juli 2009 Différend relatif à des droits de navigation et des droits connexes [Costa Rica gegen Nicaragua], C.I.J. Recueil 2009 S. 242 § 63; DUPUY/ KERBRAT, Droit international public, 14. Aufl. 2018, § 314; MAX SORENSEN, Le problème dit du droit intertemporel dans l'ordre international, Annuaire de l'Institut de Droit international 55/1973 S. 13 ff.; VERDROSS/SIMMA, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, § 782). Eine dynamische Auslegung kommt nur in Betracht, wenn in völkerrechtlichen Verträgen, die für eine sehr lange oder unbestimmte Dauer eingegangen werden, offene Begriffe verwendet werden, deren Bedeutung für die Parteien erkennbar einem zeitlichen Wandel unterliegen wird. Diesfalls gilt nach der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs die Vermutung, dass die Parteien diesen Begriffen eine sich wandelnde Bedeutung zumessen wollten (Urteil
BGE 149 II 400 S. 425
des IGH vom 13. Juli 2009 Différend relatif à des droits de navigation et des droits connexes [Costa Rica gegen Nicaragua], C.I.J. Recueil 2009 S. 243 § 66; vgl. auch JAMES CRAWFORD, Brownlie's Principles of International Law, 9. Aufl. 2019, S. 365 f.; DUPUY/KERBRAT, a.a.O., § 314; RICHARD GARDINER, Treaty Interpretation, 2. Aufl. 2015, S. 467 ff.; VERDROSS/SIMMA, a.a.O., § 782; ähnlich auch DAHM/ DELBRÜCK/WOLFRUM, Völkerrecht, Bd. I/3, 2. Aufl. 2002, S. 649).

9.4.4 Theoretisch könnten spätere Fassungen des OECD-MK in der Auslegung auch berücksichtigt werden, falls sie eine spätere Übung bei der Anwendung des DBA belegen, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über die Auslegung hervorgeht (Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK). Vorliegend lässt sich aus einer späteren Kommentierung allerdings bereits deshalb keine Übereinstimmung der Vertragsparteien über die Auslegung ableiten, weil einer der Vertragsstaaten - die Vereinigten Arabischen Emirate - nicht Mitgliedstaat der OECD und im Fiskalausschuss der OECD nicht vertreten ist. Ohnehin ist zweifelhaft, ob der OECD-MK die Anforderungen von Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK erfüllt. In der Literatur wurde nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass der OECD-MK selbst noch keine übereinstimmende Anwendungspraxis verkörpere und die Finanzämter und Steuerjustizbehörden - und nicht etwa die Vertreter der Mitgliedstaaten im Fiskalausschuss der OECD oder die oberste Finanzbehörde der Mitgliedstaaten - typischerweise mit der Anwendung der DBA betraut seien (vgl. LANG, FS Gosch, a.a.O., S. 239; vgl. auch Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofes V 41/2015 vom 25. September 2015 E. 2.2.3; a.M. Urteil des Supreme Court of Canada vom 26. November 2021 Canada v Alta Energy Luxembourg S.A.R.L., 2021 SCC 49 Rz. 41; LINDERFALK/HILLING, a.a.O., S. 45 f.; vgl. zur Identifizierung der Anwendungspraxis eines Vertragsstaats UN-Völkerrechtskommission, Yearbook of the International Law Commission 2018, Vol. II, Part Two, Text of the draft conclusions on subsequent agreements and subsequent practice in relation to the interpretation of treaties, Kommentar zu Conclusion 5 Rz. 6 f. und 9 sowie zu Conclusion 6 Rz. 7 und 22).

9.4.5 Die dynamische Auslegung völkerrechtlicher Verträge birgt die Gefahr, dass sich die Rechtsanwendung vom Konsens der Vertragsstaaten entfernt und der Wille der Vertragsstaaten untergraben wird (vgl. statt vieler HONGLER, a.a.O., § 3 Rz. 38; vgl. zur analogen Problematik im Zusammenhang mit späterer Anwendungspraxis nach Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK UN-Völkerrechtskommission,
BGE 149 II 400 S. 426
a.a.O., Kommentar zu Conclusion 7 Rz. 37). Zuweilen wird deshalb gefordert, die dynamische Auslegung auf völkerrechtliche Verträge zu beschränken, die Verfassungs- oder zumindest Gesetzescharakter hätten und Mechanismen wie etwa ein Vertragsgericht oder eine Vertragsinstitution vorsähen, die Veränderungen der Verhältnisse Rechnung tragen können, ohne auf das Einverständnis aller Vertragsstaaten angewiesen zu sein (MÖCKLI/WHITE, Treaties as 'Living Instruments', in: Conceptual and Contextual Perspectives on the Modern Law of Treaties, 2018, S. 170). Der für den OECD-MK verantwortliche Fiskalausschuss der OECD ist jedenfalls für die bilateral verhandelten DBA kein solcher Mechanismus; geschweige denn ist die OECD Abkommensrechtssetzerin (LANG, FS Gosch, a.a.O., S. 242).

9.5 Angesichts der achtenswerten Bedenken gegen eine zügellose dynamische Auslegung ist auf jeden Fall nur mit grösster Zurückhaltung anzunehmen, dass die Vertragsstaaten einen bestimmten Begriff dynamisch ausgelegt sehen wollten. Wenn die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind, stellen spätere Kommentierungen des OECD-MK jedenfalls kein wichtiges Auslegungsmittel nach Art. 31 VRK dar, das die gewöhnliche oder eine besondere Bedeutung einer Vertragsnorm bestimmen könnte.
Umgekehrt ist nicht ersichtlich, weswegen es den rechtsanwendenden Behörden und Gerichten gänzlich verboten sein soll, spätere Kommentierungen als Auslegungshilfe zu konsultieren. Im Unterschied zur Fassung des OECD-MK zum Zeitpunkt des Abschlusses eines DBA können spätere Kommentierungen aber nur aus der Stichhaltigkeit ihrer Argumentation Überzeugungskraft ziehen (vgl. ähnlich auch Urteil des UK Supreme Court vom 20. Mai 2020 Fowler v Revenue and Customs, [2020] UKSC 22 Rz. 18, m.H. auf Urteil des UK Court of Appeal vom 8. Juli 2010 Revenue and Customs Comrs v Smallwood, [2010] EWCA Civ 778 Rz. 26.5; vgl. auch Urteil des französischen Conseil d'État Nr. 420174 vom 11. Dezember2020 Rz. 4 i.V.m. den Schlussanträgen des Rapporteur public Laurent Cytermann in derselben Sache S. 15 f.). Der Stellenwert späterer Kommentierungen für den Auslegungsprozess ist also vergleichbar mit jenem anderen Schrifttums oder von Gerichtsurteilen (vgl. dazu Art. 38 Abs. 1 lit. d des Statuts des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Juni 1945 [SR 0.193.501];AMMANN, a.a.O., S. 153 ff.; CHARLES C. JALLOH, Les moyens auxiliaires de détermination des règles de droit international, in: Bericht der
BGE 149 II 400 S. 427
UN-Völkerrechtskommission, 72. Session [26. April-4. Juni und 5. Juli-6. August 2021], UN-Doc. A/76/10, Rz. 29 ff.;ALDO ZAMMIT BORDA, A Formal Approach to Article 38(1)(d) of the ICJ Statute from the Perspective of the International Criminal Courts and Tribunals, The European Journal of International Law 24/2013 S. 654 f.). Die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Änderungen des OECD-MK nach Abschluss eines DBA ist in diesem Sinne zu präzisieren.

10.

10.1 Die Begriffe "Gehälter", "Löhne" und vor allem "ähnliche Vergütungen" wären für sich genommen zwar offen und eine abkommensautonome dynamische Auslegung demnach nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie sind jedoch nach praktisch einhelliger Lehre gemäss Art. 3 Abs. 2 OECD-MA bzw. Art. 3 Abs. 2 DBA CH-AE unter Rückgriff auf das Recht des Anwendestaats auszulegen, um eine lückenlose Erfassung der steuerbaren Arbeitseinkünfte zu ermöglichen (vgl. SAMUEL DÜRR, in: Internationales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2015, N. 20 zu Art. 15 OECD-MA; ROBERT WALDBURGER, Das Einkommen aus unselbständiger Arbeit im internationalen Steuerrecht der Schweiz, 1990, S. 38; WASSERMEYER/SCHWENKE, in: Wassermeyer, a.a.O., N. 54 zu Art. 15 OECD-MA, sowie die weiteren Hinweise in BGE 143 II 257 E. 6.4). Ohnehin bezwecken die neuen Ausführungen im OECD-MK nicht, "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen" zu definieren. Vielmehr sollen sie helfen, die konkrete Gegenleistung einer Vergütung zu identifizieren, damit bestimmt werden kann, ob bzw. gegebenenfalls inwieweit diese für die Ausübung von Arbeit im Tätigkeitsstaat bezogen wurde (vgl. OECD-MK, N. 2.3 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom 15. Juli 2014). Mithin betrifft diese Ergänzung die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA CH-AE bzw. OECD-MA, wo der Zusammenhang zwischen Vergütung und ausgeübter Arbeit vorausgesetzt wird ("[...] die dafür bezogenen Vergütungen"; in den französischen und englischen Originalfassungen: "Si l'emploi y [d.h.: dans l'autre Etat contractant] est exercé, les rémunérations reçues à ce titre sont imposables dans cet autre État."; "If the employment is so [d.h.: in the other Contracting State] exercised, such remuneration as is derived therefrom may be taxed in that other State."). Insoweit sind jedoch keine offenen Begriffe ersichtlich, deren Bedeutung sich im Lauf der Zeit voraussehbar wandeln würde und deren dynamische Auslegung die Vertragsstaaten des DBA CH-AE hätten beabsichtigen können.
BGE 149 II 400 S. 428

10.2

10.2.1 Soweit vorliegend relevant, hält der OECD-MK in der Fassung seit dem 15. Juli 2014 einen hinreichenden Zusammenhang mit der Arbeit im Tätigkeitsstaat für gegeben bei Abfindungen für Lohnausfall (Lohnfortzahlungen), die ein freigestellter Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist erhält (OECD-MK, N. 2.6 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom 15. Juli 2014). Abfindungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Gesetzes oder Vertrags wegen ausrichten muss, sollen nach Ansicht des Fiskalausschusses der OECD im Zweifelsfall als Vergütung für die letzten zwölf Monate des Arbeitsverhältnisses betrachtet werden und demnach unter Art. 15 Abs. 1 OECD-MA fallen (OECD-MK, N. 2.7 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom 15. Juli 2014). Auch Schadenersatzzahlungen wegen rechts- oder vertragswidriger Kündigung verschaffen dem Tätigkeitsstaat laut dem OECD-MK ein Besteuerungsrecht, soweit sie einen Lohnausfall kompensieren (OECD-MK, N. 2.8 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom 15. Juli 2014).

10.2.2 Bereits in BGE 143 II 257 hat das Bundesgericht darauf hingewiesen, dass sich die Lehre in der Qualifikation von Abfindungen nicht einig ist: Teilweise wird unter ähnlichen Voraussetzungen wie im aktuellen OECD-MK dem (vormaligen) Tätigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht an Abfindungen zugestanden, während andere Autoren ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates aus unterschiedlichen Gründen ablehnen (vgl. Hinweise in BGE 143 II 257 E. 6.9; vgl. ausserdem WASSERMEYER/SCHWENKE, in: Wassermeyer, a.a.O., N. 56e und 79 ff. zu Art. 15 OECD-MA). Angefügt werden kann, dass auch die Rechtsprechung der Höchst- und Fachgerichte anderer Länder zu dieser Frage gespalten ist, wobei teilweise zwischen verschiedenen Arten von Abfindungen differenziert wird (vgl. gegen ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats: Urteile des BFH I R 8/13 vom 24. Juli 2013 Rz. 15 m.w.H.; des französischen Conseil d'État Nr. 351065 vom 4. Oktober 2013 E. 4 und 5; des britischen Special Commissioner vom 10. April 2008 Resolute Management Services Ltd v R & C Commrs, [2008] Sp C 710 Rz. 37 ff.; für ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats: Urteile des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes Ro 2014/15/0050 vom 23. Februar 2017 Rz. 30 und 44; des britischen Special Commissioner vom 23. Juni 2005 Squirrell v HMRC, [2005] Sp C 493 Rz. 11 ff.).
BGE 149 II 400 S. 429

10.3 Das Bundesgericht hat ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats in BGE 143 II 257 E. 7.2 abgelehnt, weil bei Abfindungen regelmässig ein Zusammenhang zwischen der Einkunft und der tatsächlichen Ausübung von Arbeit im Tätigkeitsstaat fehlt (vgl. ähnlich Urteil des BFH I R 8/13 vom 24. Juli 2013 Rz. 15; zwischenzeitlich hat der deutsche Gesetzgeber diese Rechtsprechung allerdings "überschrieben" und den deutschen Finanzbehörden und Gerichten vorgeschrieben, von einem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates auszugehen: vgl. § 50d Abs. 12 des deutschen Einkommenssteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 [BGBl. I S. 3366, 3862], das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 [BGBl. I S. 2730] geändert worden ist; vgl. dazu WASSERMEYER/SCHWENKE, in: Wassermeyer, a.a.O., N. 56e und 79c zu Art. 15 OECD-MA; vgl. auch Urteil des britischen Special Commissioner vom 10. April 2008 Resolute Management Services Ltd v R & C Commrs, [2008] Sp C 710 Rz. 38).
An dieser Sichtweise ist auch vorliegend und entgegen der Änderung des OECD-MK vom 15. Juli 2014 festzuhalten.

10.3.1 Die massgebenden französischen und englischen Sprachfassungen von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA CH-AE (vgl. oben E. 10.1: "les rémunérations reçues à ce titre"; "such remuneration as is derived thereform"; Auszeichnungen durch das Bundesgericht) setzen wie die deutsche Übersetzung ("die dafür bezogenen Vergütungen") einen Zusammenhang zwischen der Einkunft und der effektiven Arbeitsausübung im Tätigkeitsstaat voraus. Dieser Zusammenhang fehlt auch dann, wenn die Zahlung zwar ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat, aber damit nicht eine tatsächlich im Tätigkeitsstaat ausgeübte Arbeit vergütet wird. In Anbetracht der Übereinstimmung der englischen und französischen Fassungen und des Umstands, dass Art. 15 DBA CH-AE auf dem OECD-MA beruht, das seinerseits in englischer und französischer Sprache abgefasst ist, bleibt ohne praktische Bedeutung, ob sich aus der ebenfalls im Sinne von Art. 33 Abs. 1 VRK authentischen arabischen Fassung etwas anderes ergeben könnte, zumal in diesem Fall die englische Fassung massgebend wäre (vgl. Schlussklausel des DBA CH-AE; MICHAEL LANG, Die Auffassung des VwGH zur Bedeutung der authentischen Texte bei der DBA-Auslegung, SWI 2021 S. 582 f.).
Der Ausschluss des Besteuerungsrechts des Tätigkeitsstaats steht zudem im Einklang mit der Fassung des OECD-MK, die im Zeitpunkt
BGE 149 II 400 S. 430
des Abschlusses des DBA CH-AE Bestand hatte. Dem Grundsatz nach geht nämlich auch der OECD-MK davon aus, dass die Arbeit dort ausgeübt wird, wo sich der Arbeitnehmer physisch aufhält, während er die Tätigkeiten betreibt, für die er entschädigt wird (vgl. OECD-MK, N. 1 zu Art. 15 OECD-MA i.d.F. vom bzw. seit dem 22. Juli 2010).

10.3.2 Der Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des DBA CH-AE gebietet ebenfalls kein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates. Im Gegenteil verwendet etwa Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA CH-AE ähnlich wie Abs. 1 die physische Präsenz als Kriterium, um das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats einzuschränken. Es erscheint durchaus als sachgerecht, das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats davon abhängig zu machen, dass sich der Arbeitnehmer effektiv in seinem Staatsgebiet aufhält. Denn in diesem Fall besteht zumindest eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Arbeitnehmer die öffentliche Infrastruktur und andere öffentliche Güter des Tätigkeitsstaats benutzt.

10.3.3 Das Ziel und der Zweck eines DBA könnten allenfalls für ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates sprechen, falls das DBA auch die Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung bezweckte und ohne ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates regelmässig eine doppelte Nichtbesteuerung drohte (vgl. etwa Präambel des OECD-MA i.d.F. vom 21. November 2017). Vorliegend ist jedoch weder das Eine noch das Andere ersichtlich.

10.4 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass kein Raum für die Annahme eines Besteuerungsrechts des Tätigkeitsstaates aus Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE besteht, wenn eine Abfindung nicht effektiv im Tätigkeitsstaat geleistete Arbeit abgilt, selbst wenn sie ihren Grund in einem (früheren) Arbeitsverhältnis hat. Das Urteil BGE 143 II 257 ist demnach im Ergebnis zu bestätigen. Es spielt keine Rolle, ob die streitbetroffene Zahlung gar nicht erst unter Art. 15 Abs. 1 OECD-MA fällt, sondern als andere Einkunft im Sinne von Art. 21 OECD-MA zu behandeln ist, wie das Bundesgericht in BGE 143 II 257 E. 7.2 angenommen hat (vgl. ebenso Urteil des britischen Special Commissioner vom 10. April 2008 Resolute Management Services Ltd v R & C Commrs,[2008] Sp C 710 Rz. 38; wohl auch Urteil des französischen Conseil d'État Nr. 351065 vom 4. Oktober 2013 E. 4 und 5), oder in der Abfindung eine Einkunft im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA gesehen wird, die die
BGE 149 II 400 S. 431
Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA nicht erfüllt (so die zitierte langjährige Rechtsprechung des BFH). Entscheidend ist nämlich aus Sicht des Ansässigkeitsstaats bereits, dass Art. 15 DBA CH-AE dem (ehemaligen) Tätigkeitsstaat für die Abfindung kein Besteuerungsrecht zuteilt und der Ansässigkeitsstaat dem Steuerpflichtigen folglich keine Entlastung nach Art. 22 DBA CH-AE zu gewähren braucht. Darauf hat im Übrigen auch der Autor hingewiesen, auf den sich das Bundesgericht in BGE 143 II 257 E. 7.2 gestützt hatte (vgl. RAINER PROKISCH, in: Vogel/Lehner, a.a.O., N. 34 zu Art. 15 OECD-MA).

10.5 Es wurde schon mit Blick auf Art. 17 DBA CH-AE dargelegt, dass die streitbetroffene Zahlung nicht in Zusammenhang mit tatsächlichen Auftritten des Beschwerdegegners für den Fussballclub nach dem 9. Juli 2013 gestanden, sondern der Beschwerdegegner sie für den Ausfall der künftigen Auftrittsmöglichkeiten erhalten hat (vgl. oben E. 8.3). Aus arbeitsrechtlicher Perspektive ist sie am ehesten mit einer Lohnfortzahlung während der Freistellung oder mit einer Schadenersatzzahlung für den erlittenen Lohnausfall vergleichbar. So oder anders stellt sie jedenfalls keine Gegenleistung für unselbständige Arbeit dar, die der Beschwerdegegner in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgeübt hätte. Dementsprechend steht den Vereinigten Arabischen Emiraten auch unter Art. 15 Abs. 1 DBA CH-AE kein Besteuerungsrecht zu, aufgrund dessen die Schweiz die streitbetroffene Einkunft Art. 22 Abs. 1 lit. a DBA CH-AE von der Besteuerung ausnehmen müsste. Eine andere Bestimmung, aufgrund derer den Vereinigten Arabischen Emiraten nach dem DBA CH-AE ein Besteuerungsrecht an der streitbetroffenen Zahlung zukommen könnte, ist nicht ersichtlich.

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BGE: 143 II 257, 147 V 387, 146 II 150, 144 II 130 mehr...

Artikel: Art. 16 DBG, Art. 31 VRK, Art. 32 VRK, Art. 31 Abs. 3 lit. b VRK mehr...