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Urteilskopf

122 II 103


14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. April 1996 i.S. Coop Schweiz gegen Schweizerische Bundesbahnen(SBB) und Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Eisenbahnrechtliche Plangenehmigung (kombiniertes Verfahren) für die SBB-Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist (BAHN 2000).
1. Gewährleistung der Verkehrssicherheit bei einer Parallelführung von Eisenbahn und Nationalstrasse:
- Geltungsbereich der Nationalstrassen- und Eisenbahngesetzgebung in bezug auf Fragen der Verkehrssicherheit (E. 2b);
- Der Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung (Art. 1 Abs. 1 RPG) rechtfertigt grundsätzlich eine möglichst weitgehende Parallelführung zweier Verkehrsträger (E. 3);
- Voraussetzungen für die Bewilligung von Bauten innerhalb der Baulinie einer Nationalstrasse (Art. 23 f. NSG; E. 4a und b); eisenbahnrechtliche Anforderungen an die Parallelführung von Bahn und Strasse (E. 5a);
- Bei konkreten Zweifeln über die Gewährleistung der Verkehrssicherheit hat die Plangenehmigungsbehörde die Sicherheitsfrage unzweideutig zu klären und ausdrücklich zu beurteilen (E. 4c und 5).
2. Mikrobielle Immissionen auf einen unmittelbar an die Bahnstrecke angrenzenden Lebensmittelbetrieb durch den Bahnverkehr (offene Toilettensysteme, Aufwirbelung von Bodenstaub):
- Tragweite der Anordnung, nur Züge mit geschlossenen Toilettensystemen verkehren zu lassen (E. 6b und c);
- Ergibt sich aus gutachtlichen Erhebungen nicht mit Klarheit, ob der Bahnbetrieb zu unhaltbaren mikrobiellen Immissionen führen könnte, sind die gutachtlichen Feststellungen mit Blick auf allfällig zu treffende Vorkehren am Betriebsgebäude oder an der Bahnstrecke durch den Experten präzisieren zu lassen (E. 6d).

Sachverhalt ab Seite 105

BGE 122 II 103 S. 105
Mit Verfügung vom 31. Mai 1995 genehmigte das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) das Projekt Neubaustrecke (NBS) Mattstetten-Rothrist in Etappen und legte die Grenzen für den Abschnitt 1 (Mattstetten-Koppigen) bei Bau-km 12.261 (Projektanfang im Westen) und 24.935 (Gemeindegrenze Utzenstorf/Koppigen, ohne Gemeindegebiet Koppigen) fest. Die Planvorlage der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) vom 2. Oktober 1992 für den Abschnitt 1 (Gebiet des Kantons Bern) wurde mit Änderungen sowie Auflagen genehmigt. Gleichzeitig erteilte das EVED die spezialgesetzlichen Bewilligungen.
Im hier interessierenden Teil des Abschnittes 1 im Gebiet der Gemeinden Kirchberg/Rüdtligen-Alchenflüh/Lyssach soll nach den genehmigten Plänen die zweigleisige Neubaustrecke unter anderem zwischen dem Coop-Käsezentrum und der Nationalstrasse N1 in einer rund 15 m breiten Lücke parallel zur Autobahn geführt werden. Die Trasseeachse der Bahnstrecke befindet sich nach den Bauplänen in einem Abstand von 9,2 m zur Ostfassade des Käsezentrums. Zur Achse der Nationalstrasse soll die SBB-Trasseeachse einen Abstand von 19,23 m aufweisen. Die Baupläne zeigen weiter, dass sich die Schienenoberkanten rund 1,4 m unterhalb Niveau des Fahrbahnrandes der Autobahn (bzw. ca. 1,7 m unterhalb Niveau der Strassenachse) befinden, dass das Bahntrassee in einer Betonwanne liegen soll und dass deren Seitenwände gegenüber der Schienenoberkante eine Höhe von rund 2 m aufweisen werden.
Im Käsezentrum werden von der Coop Schweiz verschiedene Halbhart- und Hartkäse gelagert, gepflegt und zur Reife gebracht; weiter wird das gesamte Käsesortiment der Coop-Gruppe einschliesslich der Exportware zwischengelagert. Weil die Coop Schweiz durch den Betrieb der geplanten Neubaustrecke eine massive Beeinträchtigung des Käsezentrums befürchtet, erhob sie gegen das Bahnprojekt Einsprache. Das EVED wies die Einsprache allerdings mit der genannten Plangenehmigungsverfügung vom 31. Mai 1995 ab. Ausserdem erteilte es die Bewilligung zum Bauen innerhalb der Baulinie der N1 (auch) im Bereiche des Käsezentrums.
BGE 122 II 103 S. 106
Die Coop Schweiz erhebt gegen die Plangenehmigungsverfügung vom 31. Mai 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. a) In der Sache macht die Beschwerdeführerin mit ihrem Hauptantrag geltend, öffentliches Recht des Bundes werde verletzt, weil im Bereiche des Käsezentrums zufolge der Parallelführung der Verkehrsträger die Verkehrssicherheit weder auf der Nationalstrasse N1 noch auf der SBB-Neubaustrecke gewährleistet sei. Dies führe zu einer unhaltbaren Gefährdung der Mitarbeiter des Käsezentrums sowie des Betriebsgebäudes. Insbesondere müsse man die Folgen einer möglichen Kollision zwischen einem von der Autobahn abgekommenen Strassenfahrzeug und einem 200 km/h fahrenden Zug bedenken. Das EVED hätte deshalb die Bewilligung zum Bauen innerhalb der Baulinie der N1 nicht erteilen dürfen.
b) Die Kritik der Beschwerdeführerin betrifft zwei in bezug auf die Verkehrssicherheit rechtlich unterschiedliche Aspekte. Die Frage, ob die Bewilligung zum Bau der NBS Mattstetten-Rothrist innerhalb der Baulinie der N1 habe erteilt werden dürfen, beurteilt sich nach dem Bundesgesetz über die Nationalstrassen vom 8. März 1960 (Nationalstrassengesetz, NSG [SR 725.11]) und der Verordnung über die Nationalstrassen vom 24. März 1964 (Nationalstrassenverordnung 1964, NSV 1964 [SR 725.111], heute ersetzt durch die Verordnung über die Nationalstrassen vom 18. Dezember 1995 [Nationalstrassenverordnung 1995, NSV 1995; AS 1996 250; in Kraft seit 1. Januar 1996]). Im Rahmen der Anwendung dieser Erlasse ist zu prüfen, ob und inwieweit der geplante Bahnbetrieb die Sicherheit des Strassenverkehrs gefährden könnte sowie ob und allenfalls welche Massnahmen zum Schutz des Strassenverkehrs zu ergreifen sind.
Demgegenüber ist die Einwendung, mit welcher die Beschwerdeführerin auf das hohe Risiko einer Gefährdung des Bahnverkehrs durch Unfälle auf der N1 bzw. durch von der Autobahn abkommende Strassenfahrzeuge hinweist, primär im Lichte des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) und seiner Ausführungsvorschriften zu prüfen. Sie enthalten die Regeln über die Sicherheit des Bahnverkehrs und über die Massnahmen, welche allenfalls zur Vermeidung der Gefahr für Personen und Sachen Dritter notwendig sind (vgl. unter anderem Art. 17, 19 und 21 EBG).
BGE 122 II 103 S. 107

3. Wie der angefochtenen Plangenehmigungsverfügung zu entnehmen ist und wie das EVED auch in seiner Vernehmlassung hervorhebt, befürwortet es eine Parallelführung von Nationalstrasse und Eisenbahnstrecke (auch) im Bereiche des Käsezentrums vor allem wegen der engen Bündelung der Verkehrsträger. Damit werde dem Prinzip der haushälterischen Bodennutzung in optimaler Weise Rechnung getragen, zumal eine eingehende Prüfung ergeben habe, dass andere Linienführungen bei Berücksichtigung aller Faktoren keine wesentlichen Vorteile böten.
Der Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung, der gemäss den Ausführungen der SBB im Technischen Bericht vom Oktober 1992 einer der tragenden Grundsätze für die Planung der gesamten Linienführung der NBS Mattstetten-Rothrist war, ist ein zentrales Anliegen des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG [SR 700]; vgl. Art. 1 Abs. 1 RPG). Seine Umsetzung im Rahmen der Planung eines Verkehrsträgers erlaubt unter anderem, nachteilige Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen gesamthaft so gering wie möglich zu halten (Art. 3 Abs. 4 RPG). Für die vorgesehene Linienführung im Bereiche des Käsezentrums sprechen daher gute Gründe. Allerdings ist (auch) bei besonderen örtlichen Situationen, wie sie hier vorliegen, dem Sicherheitsaspekt gebührendes Gewicht beizumessen.

4. a) Unter anderem zur Wahrung der Verkehrssicherheit auf den Autobahnen werden beidseits von Nationalstrassen Baulinien festgelegt (Art. 22 NSG). Bei Nationalstrassen erster Klasse beträgt der Baulinienabstand von der Strassenachse 25m (Art. 2 Abs. 1 lit. a NSV [1964] und Art. 6 Abs. 1 lit. a NSV [1995]). Eine ausnahmsweise Herabsetzung des Baulinienabstandes, welche in Anwendung von Art. 2 Abs. 3 NSV (1964) bzw. Art. 6 Abs. 3 NSV (1995) anzuordnen wäre, erfolgte hier nicht. Entgegen seinen dahingehenden Ausführungen in der Vernehmlassung hat das EVED gestützt auf die beiden letztgenannten Bestimmungen in der Plangenehmigungsverfügung auch keine solche Ausnahme angeordnet. In dieser Verfügung ist unmissverständlich von der Bewilligung zum Bau innerhalb der Baulinie der N1 die Rede.
Gemäss den Plänen "Situation 1:1000, Plan-Nr. 28.7108" und "Querprofile 1:100, Plan-Nr. 28.7304" liegt das Trassee der Neubaustrecke beim Käsezentrum innerhalb der Baulinie der N1. Es bedarf daher für den Bahnbau einer Bewilligung nach Art. 23 f. NSG. Über Gesuche öffentlicher Transportunternehmungen für die Erteilung solcher Bewilligungen wird im anwendbaren Plangenehmigungsverfahren, hier im Verfahren nach den Art. 10 ff.
BGE 122 II 103 S. 108
des Bundesbeschlusses über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahn-Grossprojekte vom 21. Juni 1991 (BB EGP; SR 742.100.1), im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Strassenbau (ASB) entschieden (Art. 56 NSV [1964] und Art. 35 NSV [1995]).
b) Voraussetzung für die Erteilung dieser Bewilligung ist - unter Vorbehalt strengerer Bestimmungen des kantonalen Rechts, welche hier nicht zur Diskussion stehen -, dass die Interessen der Verkehrssicherheit und der Wohnhygiene sowie die Bedürfnisse des künftigen Strassenausbaus nicht verletzt werden (Art. 24 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 NSG). Art. 44 Abs. 1 NSG ergänzt, dass bauliche Umgestaltungen die Strassenanlage nicht beeinträchtigen dürfen, und gemäss Art. 48 Abs. 1 NSV (1964) sowie Art. 29 Abs. 1 NSV (1995) darf der Bau der Zweckbestimmung der Strassenanlage nicht entgegenstehen. Kann die Bewilligung erteilt werden, veranlasst die Bewilligungsbehörde diejenigen Vorkehren, die zur Sicherheit des Verkehrs auf der Nationalstrasse sowie zur Vermeidung der Gefahr für Personen und Sachen notwendig sind (Art. 48 Abs. 3 NSV [1964] und Art. 29 Abs. 3 NSV [1995]).
c) Das EVED hat die Bewilligung gemäss Art. 23 f. NSG primär mit der Begründung erteilt, die Verkehrssicherheit sei durch das Einhalten des zwischen dem Bundesamt für Verkehr (BAV), dem ASB und dem bernischen Tiefbauamt (TBA) abgesprochenen minimalen Sicherheitsabstandes von 28,85 m (gemessen von der Autobahnachse zur Bahnachse) gegeben. Ein Achsabstand in dieser Grösse, so das EVED in der Plangenehmigungsverfügung weiter, sei aus Sicherheitsgründen sowie aus Gründen des Unterhalts notwendig und dürfe nicht unterschritten werden.
aa) Diese Feststellungen stehen im Widerspruch zu den genehmigten Plänen, jedenfalls soweit sie den Streckenverlauf beim Käsezentrum betreffen. In Tat und Wahrheit beträgt hier der Achsabstand nur 19,23 m, mithin lediglich 2/3 des Minimalwertes. Aus welchem Grunde dieser reduzierte Abstand den Anforderungen an die Verkehrssicherheit auf der Nationalstrasse genügen soll, wenn nach den Angaben des EVED im angefochtenen Entscheid das Mass von 28,85 m nicht unterschritten werden darf, wird in der Plangenehmigungsverfügung nicht dargelegt und auch in der Vernehmlassung nicht näher erörtert. Eine vertieftere Auseinandersetzung mit dieser wichtigen Frage muss jedoch von der Plangenehmigungsbehörde verlangt werden, zumal bereits im Technischen Bericht der SBB darauf hingewiesen wurde, dieser Achsabstand beruhe unter anderem darauf, dass die
BGE 122 II 103 S. 109
Sicherheitsbedingungen für die bestehende Autobahn und den zukünftigen Bahnbetrieb mit hohen Geschwindigkeiten eingehalten werden könnten.
bb) An dem von der Beschwerdeführerin somit zu Recht gerügten Mangel vermögen die Ausführungen der SBB in ihrer Beschwerdeantwort nichts zu ändern. Es trifft zwar zu, dass im Gutachten "Sicherheitstheoretische Voruntersuchung zur Variante Nord der neuen Bahnlinie Bern-Olten", dem BAV im August 1985 von der Firma Ernst Basler & Partner erstattet, eine Störung des Strassenverkehrs durch einen Unfall auf der Eisenbahnstrecke generell als selten bezeichnet wird. Auch kann aufgrund der Expertise davon ausgegangen werden, dass die vorgesehene Tieferlegung des Bahntrassees um ca. 1,7 m unter Niveau der Achse der N1 die Wahrscheinlichkeit einer Störung des Autobahnverkehrs durch einen Eisenbahnunfall reduziert. Dies um so mehr, als sich gemäss den Darlegungen der SBB in der Beschwerdeantwort wegen der vom EVED angeordneten Verlängerung des Tunnels "Emmequerung" der Niveauunterschied offenbar noch um ca. 0,3 m auf insgesamt rund 2m erhöhen wird. Trotzdem bleibt unklar, weshalb beim Käsezentrum der vom EVED als nicht unterschreitbar bezeichnete minimale Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden muss.
Wie den verfügbaren Akten zu entnehmen ist, hat sich das ASB als zuständige Fachbehörde des Bundes in seinen bisherigen Stellungnahmen aus Gründen der Verkehrssicherheit stets negativ zu einem Unterschreiten des Sicherheitsabstandes von 28,85 m ausgesprochen. Dies belegen seine Eingaben vom 16. September 1991 und vom 17. Januar 1992 an das BAV (im verwaltungsinternen Vorprüfungsverfahren) sowie sein Schreiben vom 13. Oktober 1993 an das EVED (im eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren). Überdies befürchtet das ASB, dass der Zugang zu beiden Verkehrsträgern vom Streifen zwischen der N1 und der Bahn aus nicht sichergestellt sein könnte, eine Auffassung, welche das Tiefbauamt des Kantons Bern teilt. Im Lichte dieser Sachlage und in Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Käsezentrum muss vom EVED daher im Rahmen der Plangenehmigungsverfügung die Frage der Sicherheit des Verkehrs auf der Nationalstrasse unzweideutig beantwortet werden.

5. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Frage, ob am besagten Ort trotz der unmittelbaren Nähe zur Autobahn ein sicherer Bahnbetrieb gewährleistet sei. Während dies die Beschwerdeführerin bezweifelt, verweisen die SBB auf
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die in den Plänen eingezeichnete, ca. 1,1 m hohe Schutzmauer, welche ein Durchbrechen selbst schwerer Lastwagen verhindere.
a) Zur Frage der Sicherheit des Bahnverkehrs bei Parallelführungen von Bahn und Strasse äussern sich Art. 23 Abs. 1 der Verordnung über Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. November 1983 (Eisenbahnverordnung, EBV; SR 742.141.1) sowie Ziffer 23.1 der Ausführungsbestimmungen des EVED zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV, nicht in der AS publiziert). Danach ist in der Regel ein Sicherheitsabstand von 10 m zwischen dem Rand des Fahrstreifens der N1 und der nächsten Gleisachse einzuhalten. Dem bereits erwähnten Querprofil "Bau-km 18.600" und dem Plan "Situation 1:1000", Plan-Nr. 28.7108 ist zu entnehmen, dass dieser Sicherheitsabstand nicht eingehalten wird. Weshalb dies hier zulässig sein soll, lässt die angefochtene Verfügung offen; auch ist nicht klar, ob die von den SBB getroffenen Massnahmen genügen (Art. 23 Abs. 2 EBV und Ziffer 23.2 AB-EBV). Mit Blick auf die Risikolage bedarf es insoweit ebenfalls einer ausdrücklichen klärenden Feststellung durch das EVED. Eine bloss stillschweigende, wie sie Art. 6 Abs. 2 EBV an sich zuliesse, kann bei besonderen Verhältnissen nicht genügen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die im Gutachten des Büros Basler & Partner für neue Parallelführungen von Eisenbahn und Nationalstrasse grundsätzlich als zulässig bezeichneten Varianten, von denen hier keine realisiert werden soll).
b) Das in der Vernehmlassung vorgebrachte Argument des EVED, es stehe noch die Detailprojektierung an, vermag am Ausgang des Verfahrens nichts zu ändern. Dispositiv Ziffer 15 lit. p der Plangenehmigungsverfügung bezieht sich nicht auf Detailprojektierungen für Schutzvorrichtungen im Interesse der Verkehrs- und Betriebssicherheit, sondern auf Massnahmen gegen Erschütterungen, Lärm und elektromagnetische Felder im Bereich des Käsezentrums. Und der lediglich allgemeine Hinweis im Einleitungssatz von Dispositiv Ziffer 15, wonach sich die SBB über offene Fragen (wie zum Beispiel über die Anpassung von Strassen) auf Stufe Detailprojekt mit den Betroffenen unter Vorbehalt des Entscheides durch das EVED direkt zu verständigen hätten, reicht bei dieser unklaren Sachlage nicht. Soll ein Projektteil zur verfeinerten Planung in die Detailprojektierung verwiesen werden, so wird verlangt, dass die Kernpunkte und der Rahmen des fraglichen Gegenstandes in der Plangenehmigungsverfügung verbindlich festgehalten sind (BGE 121 II 378 E. 6c). Dies trifft hier wie gesagt nicht zu.

6. a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit gutzuheissen (Art. 104 lit. b OG). Nachdem die sicherheitsrechtlichen Aspekte primär technischer
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Natur sind, rechtfertigt es sich, in der Sache nicht selbst zu entscheiden, sondern die Angelegenheit an das EVED zur weiteren Behandlung im Sinne der vorstehenden Erwägungen zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG).
b) Erweist sich der Hauptantrag als begründet, so bestünde an sich kein Anlass, die lediglich für den Eventual- und Subeventualfall gestellten Begehren zu prüfen. Nachdem das EVED aber ohnehin weitere Abklärungen vornehmen muss, rechtfertigt es sich dennoch, zur Frage einer möglichen mikrobiellen Verseuchung des Käsezentrums durch den Bahnbetrieb Stellung zu nehmen.
Ein Hauptpunkt der Einsprache betraf die Frage, ob der Bahnverkehr mikrobielle Immissionen verursachen könnte, welche einen Betrieb des Käsezentrums verunmöglichen. Solche Immissionen wurden in erster Linie im Zusammenhang mit den in den Bahnwagen eingebauten offenen Toilettensystemen befürchtet. Das EVED gab daher bei Prof. Michael Teuber, Labor für Lebensmittelmikrobiologie im Institut für Lebensmittelwissenschaft an der ETH Zürich, ein Gutachten in Auftrag. Eine der Grundlagen für die Ausarbeitung der Expertise war die Aussage der SBB, dass auf der Neubaustrecke noch maximal 32 der vorbeifahrenden Züge über offene Toilettensysteme verfügen würden. Gestützt auf das am 11. November 1994 erstattete Gutachten kam das EVED zum Schluss, das Risiko einer mikrobiellen Verseuchung sei unter Berücksichtigung der Auflage, dass auf der Neubaustrecke nur Züge mit geschlossenen Toilettensystemen verkehren dürften, äusserst gering; jedenfalls vergrössere sich ein solches Risiko gegenüber der heutigen Situation nicht feststellbar. Aus diesem Grunde lehnte das Departement die von der Beschwerdeführerin verlangte Erstellung eines Tunnels oder einer Einhausung der Neubaustrecke im hier fraglichen Bereich ab. In der Plangenehmigungsverfügung, Dispositiv Ziffer 16.11, wurde den SBB sowohl für den Regelbetrieb wie auch bei Betriebsunterbrüchen auf der Stammlinie untersagt, zwischen Bau-km 12.261 und 36.000 (Verzweigung Wanzwil) Züge ohne geschlossene Toilettensysteme verkehren zu lassen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sind damit die Ergebnisse der Expertise Teuber nur zum Teil berücksichtigt.
c) Mit der vorgenannten Auflage hat das EVED den Forderungen der Beschwerdeführerin der Sache nach weitgehend Rechnung getragen. Daran ändert jedoch nichts, dass gewisse Ausführungen in der Expertise so verstanden werden können, dass zwischen der mikrobiellen Belastung durch Darmbakterien (offene Toilettensysteme) einerseits und - unabhängig davon - durch die beim Bahnbetrieb stets gegebene Belastung durch aufgewirbelten
BGE 122 II 103 S. 112
Staub oder sogenannte Aerosole (bei nassem Wetter) anderseits unterschieden werden müsse. Staub und Aerosole enthalten, wie das Gutachten aufzeigt, insbesondere Luftkeime und Bodenmikroorganismen (Sporenbildner, Schimmelpilze). Eine gegenüber heute erhöhte Belastung des Käselagers durch Sporenbildner und Schimmelpilze über das Lüftungssystem ist, wie aus den einleitend genannten Stellen in der Expertise geschlossen werden kann, offenbar auch dann gegeben, wenn Züge mit geschlossenen Toiletten auf der Neubaustrecke verkehren. So führt der Gutachter in der Expertise aus, wenn die Züge der BAHN 2000 direkt (ohne Vertunnelung) am Käselager vorbeifahren würden, komme es "mit Sicherheit" zu einer grösseren Staubbelastung und bei nassem Wetter zur Bildung von Aerosolen. Zwar konnte der Experte die Zahl der Partikel mit Luftkeimen und Bodenmikroorganismen nicht genau voraussagen. Er kam jedoch zum Schluss, dass es für die Beschwerdeführerin unzumutbar sei, die erhöhte Belastung "vor allem auch durch eine mögliche Schimmelbelastung zu akzeptieren". Auch ist es offenbar möglich, dass die erhöhte Staubbelastung, welche nach den Annahmen des Experten ein Mehrfaches der heutigen Belastung übersteigen kann, das bestehende Filtersystem in Frage stellt.
d) Im Lichte dieser Ausführungen im Gutachten ist die Kritik der Beschwerdeführerin, wonach der Bahnbetrieb zu unhaltbaren mikrobiellen Immissionen führe, falls nicht noch weitere Massnahmen ergriffen würden, nachvollziehbar. Ob diese Befürchtung auch begründet ist, lässt sich jedoch anhand der Expertise nicht zuverlässig beurteilen, selbst wenn mit dem EVED und den SBB berücksichtigt wird, dass Ungewissheiten über die tatsächliche kommende Belastung nie völlig beseitigt werden können. Das EVED wird daher im Rahmen der Neubeurteilung der Sache nicht darum herumkommen, die gutachtlichen Feststellungen präzisieren zu lassen. Alsdann wird es auch insoweit (vgl. vorne E. 4 und 5) zu entscheiden haben, ob und - wenn ja - welche geeigneten Vorkehren am Betriebsgebäude oder allenfalls an der Bahnanlage zu treffen sind, um das Käsezentrum hinreichend gegen mikrobielle Immissionen zu schützen (Art. 7 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20. Juni 1930 [Enteignungsgesetz, EntG; SR 711] und Art. 19 Abs. 1 EBG).

7. a) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und die Plangenehmigungsverfügung vom 31. Mai 1995 aufzuheben ist, soweit sie die Beschwerdeführerin betrifft. Die Sache ist zu neuer Entscheidung im Sinne der vorstehenden Erwägungen an das EVED zurückzuweisen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3 4 5 6 7

Referenzen

BGE: 121 II 378

Artikel: Art. 1 Abs. 1 RPG, Art. 22 NSG, Art. 17, 19 und 21 EBG, Art. 3 Abs. 4 RPG mehr...