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Urteilskopf

117 II 239


47. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Juni 1991 i.S. S. gegen M.

Regeste

Form der eigenhändigen letztwilligen Verfügung (Art. 505 Abs. 1 ZGB); Verwirkungsklausel (Art. 482 ZGB).
1. Sind auf demselben Blatt zwei letztwillige Verfügungen (und nicht blosse erläuternde Zusätze) eigenhändig niedergeschrieben, aber nur die erste und nicht auch die zweite Verfügung mit dem Errichtungsort versehen, so erfüllt die zweite Verfügung die Formerfordernisse des Art. 505 Abs. 1 ZGB nicht und ist infolgedessen auf Ungültigkeitsklage hin aufzuheben (E. 3).
2. Im Hinblick auf Art. 482 ZGB ist eine Verwirkungsklausel, wonach der Anfechtende leer ausgehen oder auf den Pflichtteil zu setzen sei, als grundsätzlich zulässig zu betrachten. Die privatorische Klausel vermag jedoch keine Wirkung zu entfalten, wenn die eigenhändige letztwillige Verfügung, worin sie enthalten ist, wegen eines Formmangels mit Erfolg durch Ungültigkeitsklage angefochten worden ist (E. 4 und 5).

Sachverhalt ab Seite 240

BGE 117 II 239 S. 240

A.- Im Nachlass des Verstorbenen S. fand sich eine eigenhändige letztwillige Verfügung vom 20. September 1981, die zu Beginn und am Ende mit der Ortsangabe "Im Gubel, X." versehen ist. Nebst den eigentlichen Verfügungen enthält dieses Testament auch eine privatorische Klausel, wonach unter anderem die Zuwendungen zugunsten jener Vermächtnisnehmer, welche die im Testament enthaltenen Anordnungen anfechten sollten, zu streichen seien.
Am 5. März 1983 hatte S. im Sinne einer Ergänzung eine weitere letztwillige Verfügung errichtet, worin M. mit einem Vermächtnis im Betrag von Fr. 500'000.-- (im Falle des Vorversterbens seiner Ehefrau im Betrag von Fr. 1'000'000.--) bedacht wurde, der Erblasser im übrigen aber unverändert an der Verfügung vom 20. September 1981 festhielt. Als Errichtungsort nennt dieses Testament ebenfalls "Im Gubel, X.". Auf demselben Blatt findet sich unter dem Titel "Nachsatz" eine weitere eigenhändige Verfügung, die das Datum des 2. Januar 1984 trägt und mit der S. das im Jahr zuvor zugunsten von M. errichtete Vermächtnis auf Fr. 50'000.-- herabgesetzt hatte. Dieser "Nachsatz" schliesst mit der Klausel, dass der Anfechtende leer ausgehen soll oder auf den Pflichtteil zu setzen sei. Eine Angabe des Errichtungsortes ist dieser letztwilligen Verfügung nicht zu entnehmen.

B.- Die Klage von M. gegen die Ehefrau des S. auf Ungültigkeit der am 2. Januar 1984 als "Nachsatz" zum Testament vom 5. März 1983 errichteten letztwilligen Verfügung wurde von den kantonalen Gerichten gutgeheissen. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid aus folgenden

Erwägungen

Erwägungen:

3. Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen (Art. 505 Abs. 1 ZGB). Leidet die Verfügung an einem Formmangel, so wird sie auf erhobene Klage für ungültig erklärt (Art. 520 Abs. 1 ZGB).
a) Es steht ausser Frage, dass der hier umstrittene "Nachsatz" vom 2. Januar 1984 eine eigenständige letztwillige Verfügung im Sinne von Art. 511 Abs. 1 ZGB darstellt, die den gesetzlichen Erfordernissen gemäss Art. 505 Abs. 1 ZGB unterliegt; ebenso
BGE 117 II 239 S. 241
steht fest, dass sich unmittelbar aus dieser späteren Verfügung selbst keine Angabe des Errichtungsortes entnehmen lässt. Fraglich ist einzig, ob dem Erfordernis des Errichtungsortes mit der Angabe "Im Gubel, X." Genüge getan wird, die sich auf demselben Papierblatt und auf derselben Seite befindet, jedoch im Rahmen einer früheren letztwilligen Verfügung - nämlich jener vom 5. März 1983 - angebracht worden ist.
b) Das Bundesgericht hatte sich in einem auch vom Obergericht zitierten Urteil bereits mit der Frage zu befassen, ob die Datierung und Unterzeichnung eines Testaments auch spätere Zusätze und Korrekturen, ja sogar die Einsetzung eines neuen Erben zu decken vermöge, wie dies in der Lehre vereinzelt erwogen werde (BGE 80 II 305 f. mit Hinweis auf Kommentar TUOR, 2. Auflage Bern 1952, [recte] N. 13 zu Art. 505 ZGB). Diese Frage hat das Bundesgericht verneint, obwohl die nach Errichtung des ursprünglichen Testaments angebrachten Änderungen und Ergänzungen auf demselben Schriftträger standen. Von bloss erläuternden Zusätzen abgesehen, seien spätere Verfügungen, auch wenn sie in eine fertige Testamentsurkunde eingeschaltet würden, in gesetzlicher Form zu errichten, somit vom Erblasser örtlich und zeitlich zu fixieren sowie zu unterzeichnen (BGE 80 II 306 E. 1). Als wesentlich ist dabei erachtet worden, dass durch nachträgliche Änderung einzelner Stellen die sich als Einheit darstellende Testamentsurkunde durchbrochen werde (BGE 80 II 309).
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von jenem im zitierten Entscheid insofern, als nicht nur ein Zusatz zu einem Testament oder eine Korrektur eines Testaments in Frage steht. Vielmehr liegt hier eine neue letztwillige Verfügung vor, die äusserlich vom früheren Testament klar abgegrenzt worden ist und immerhin das Datum der Errichtung sowie die Unterschrift des Erblassers trägt. Dennoch - oder umso mehr - lässt sich die erwähnte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall übertragen. Es muss demnach für die Anwendung der Formvorschriften gemäss Art. 505 Abs. 1 ZGB wesentlich bleiben, dass es sich beim fraglichen "Nachsatz" nicht bloss um einen erläuternden Zusatz handelt, sondern um eine neue Verfügung. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass sich die angefochtene Verfügung vom 2. Januar 1984 auf demselben Schriftträger befindet wie die zeitlich vorangehende vom 5. März 1983, keine entscheidende Bedeutung zu.
c) Der Rechtsprechung ist auch von der Lehre zugestimmt worden, wobei darauf hingewiesen wird, dass die selbständige
BGE 117 II 239 S. 242
Datierung der Zusätze jedenfalls so lange verlangt werden müsse, als die Richtigkeit des Datums gefordert werde (Kommentar ESCHER, 3. Auflage Zürich 1959, N. 11 zu Art. 505 ZGB; PETER BREITSCHMID, Formvorschriften im Testamentsrecht, Zürcher Diss. 1982, Nr. 614, S. 418; HERMANN WEIGOLD, Aufhebung und Änderung letztwilliger Verfügungen, Zürcher Diss. 1969, S. 146 f.; GUINAND/STETTLER, Droit civil II, Successions, Freiburg 1990, S. 48 f., Nr. 96; dagegen jedoch HANS IMOBERSTEG, Das Datum im eigenhändigen Testament, Berner Diss. 1956, S. 83, der sich freilich auch gegen das Erfordernis der Richtigkeit wendet [vgl. S. 35 ff., 64 f.]). Soweit von TUOR eine gegenteilige Auffassung vertreten worden ist, hat auch er eingeräumt, dass bei konsequenter Anwendung des Gesetzes die besondere Datierung notwendig wäre (a.a.O., N. 13 zu Art. 505 ZGB).
Bezüglich der Angabe des Errichtungsortes ist insbesondere im jüngeren Schrifttum die Meinung geäussert worden, dass ein Verzicht darauf - wenn auch äusserlich im Widerspruch zum Gesetz - vertretbar scheine; der Formzweck des Errichtungsortes und die räumliche Fixierung des Testaments durch die bereits im Haupttestament enthaltene Angabe machten eine Wiederholung entbehrlich; vorzubehalten bleibe allerdings der Fall, wo der Errichtungsort aus der Sicht des internationalen Privatrechts bedeutsam sein könnte (BREITSCHMID, a.a.O., Nr. 616, S. 420).
d) Nun ist die Rechtsprechung zu Art. 505 Abs. 1 ZGB unlängst geändert worden, indem das Bundesgericht auf das seit langem aufrechterhaltene Erfordernis der Richtigkeit von Errichtungsort und -datum zwar nicht verzichtet, es jedoch weiter gelockert hat (BGE 116 II 117 ff.). Ein unrichtiges Datum soll dann nicht mehr zur Ungültigkeit des Testaments führen, wenn der Mangel nicht auf Absicht des Erblassers beruht und die Richtigkeit des Datums in keiner Weise von Bedeutung ist (BGE 116 II 129 E. 7d). Zugleich ist jedoch bekräftigt worden, dass an einem den rein formellen Anforderungen des Art. 505 Abs. 1 ZGB vollständig genügenden Datum festgehalten werden müsse (BGE BGE 116 II 128 E. 7c).
e) Ob diese Änderung der Rechtsprechung dazu führen wird, dass auf das Erfordernis der selbständigen Datierung nachträglicher Zusätze zu einem Testament verzichtet wird, ist hier nicht zu entscheiden (in BGE 80 II 305 f. wurde noch ausdrücklich auf der selbständigen Datierung bestanden); denn selbst wenn daran nicht mehr festgehalten würde, wäre im vorliegenden Fall für die
BGE 117 II 239 S. 243
Beklagte nichts gewonnen. Wie bereits erwähnt, ist hier nicht ein Zusatz zu einem Testament zu beurteilen, sondern - trotz der ausdrücklichen Bezugnahme auf die vorangehende letztwillige Verfügung ("Nachsatz zu diesem Testament, vom 2. Januar 1984") - eine neue letztwillige Verfügung, die äusserlich vom früheren Testament klar abgegrenzt worden ist und einen eigenständigen, in sich abgeschlossenen Akt darstellt. Die Eigenständigkeit wird mit dem zu Beginn genannten Datum der Errichtung und der abschliessenden Unterschrift in eindrücklicher Weise untermauert. Diese Tatsache wiegt schwerer als der Umstand, dass sich zwei letztwillige Verfügungen auf demselben Schriftträger befinden, ist doch die äusserliche Verbindung der Blätter weder erforderlich noch unbedingt genügend (ESCHER, a.a.O., N. 16 zu Art. 505 ZGB; IMOBERSTEG, a.a.O., S. 80). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein einheitlicher Rechtsakt vorliege und somit die einmalige Angabe des Errichtungsortes nicht nur die letztwillige Verfügung vom 5. März 1983, sondern auch jene vom 2. Januar 1984 decke.
Die Verfügung vom 2. Januar 1984 erfüllt somit das von Art. 505 Abs. 1 ZGB aufgestellte Formerfordernis des Errichtungsortes nicht. Dieser Mangel kann nicht durch die in der früheren letztwilligen Verfügung enthaltene Ortsangabe behoben werden (BGE 116 II 128 f., BGE 101 II 33 f.). Es bleibt auch ohne Einfluss, dass - wie offenbar im vorliegenden Fall - das spätere Testament am gleichen Ort errichtet worden ist wie das frühere. Ebensowenig vermag an der nach wie vor strengen Ordnung des Art. 505 Abs. 1 ZGB der Umstand etwas zu ändern, dass die eigenhändige Niederschrift des Errichtungsortes im Testament vom 5. März 1983 nicht in Zweifel zu ziehen ist.
f) Leidet die vom Obergericht zu Recht als teilweiser Widerruf gewertete Verfügung vom 2. Januar 1984 an einem Formmangel, so ist sie in Gutheissung der dagegen erhobenen Ungültigkeitsklage aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass das im Testament vom 5. März 1983 zugunsten der Klägerin errichtete Vermächtnis in Kraft bleibt (ESCHER, a.a.O., N. 5 zu Art. 509 ZGB; WEIGOLD, a.a.O., S 33, mit weiteren Hinweisen).

4. Mit seiner letztwilligen Verfügung vom 20. September 1981 hat S. bestimmt: "Gesetzliche Erben, welche diese letztwillige Verfügung anfechten oder Teilungsklage erheben, gelten als auf den Pflichtteil gesetzt, die Einsetzung von Erben als widerrufen, die Zuwendung von Legaten gegenüber solcherlei anfechtenden
BGE 117 II 239 S. 244
Legataren als gestrichen." Sodann heisst es in der mit einem Formmangel behafteten Verfügung vom 2. Januar 1984 wörtlich: "Falls diese Bestimmung angefochten werden sollte, gilt nach wie vor, dass der Anfechtende Erb ganz leer ausgehen soll, oder auf den Pflichtteil gesetzt wird."
Demgegenüber enthält das zeitlich dazwischen liegende Testament vom 5. März 1983 keine vergleichbare Klausel. Es kann ihr jedoch sinngemäss die Anordnung entnommen werden, dass die Verfügung vom 20. September 1981 unverändert fortgelten solle.
a) Die Beklagte hält auch vor Bundesgericht an ihrer Auffassung fest, dass die im Testament vom 20. September 1981 enthaltene Verwirkungsklausel in Kraft geblieben sei und sämtliche Nachträge zu dieser letztwilligen Verfügung decke, so dass der Vermächtnisanspruch der Klägerin bereits wegen ihrer Ungültigkeitsklage verwirkt worden sei. Die Annahme der kantonalen Gerichte, dass die privatorischen Klauseln durch eine Ungültigkeitsklage wegen Formmangels gar nicht zum Zug kämen, gehe fehl. Solche Klauseln seien zulässig, soweit damit nicht inhaltlich rechts- oder sittenwidrigen Verfügungen zum Durchbruch verholfen werde; sie könnten eine mit Formmängeln behaftete letztwillige Verfügung, deren Echtheit unbestritten sei, durchaus schützen.
b) Von der Ungültigkeit nach Massgabe von Art. 520 Abs. 1 ZGB wird im vorliegenden Fall auch die privatorische Klausel erfasst, die im Testament vom 2. Januar 1984 enthalten ist (BREITSCHMID, Zulässigkeit und Wirksamkeit privatorischer Klauseln im Testamentsrecht, ZSR 102/1983 I, S. 108 ff., 115 f.; KIPP/COING, Erbrecht, 14. Bearbeitung Tübingen 1990, § 80 lit. c, S. 436; Kommentar PALANDT, 50. Auflage München 1991, N. 6 und 9 zu § 2074 BGB; MÜNCHENER Kommentar, Band 6, 2. Auflage 1989, N. 24 zu § 2074 BGB; Kommentar STAUDINGER, 12. Auflage Berlin 1989, N. 46 zu § 2074 BGB).
Nicht berührt von der Ungültigkeit wird demgegenüber die in der letztwilligen Verfügung vom 20. September 1981 enthaltene Verwirkungsklausel. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Schutzwirkung dieser privatorischen Klausel auch auf das mit Erfolg angefochtene Testament vom 2. Januar 1984 erstrecke und ob sie sich insbesondere auch bei erfolgreicher Anfechtung wegen eines Formmangels entfalten könne. Die kantonalen Gerichte haben diese Frage verneint.
BGE 117 II 239 S. 245

5. a) Der Beklagten und Berufungsklägerin ist einzuräumen, dass die im vorliegenden Verfahren erhobene Klage in keiner Weise darauf abzielt, dem wahren Willen des Erblassers zum Durchbruch zu verhelfen. Solches Bestreben dürfte - anders als in den Fällen, wo die Verfügungsfähigkeit des Erblassers (Art. 519 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB), dessen Willensbildung (Art. 519 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB) oder gar die Echtheit der Verfügung selbst in Frage steht - den Anfechtungsklagen gemäss Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 oder Art. 520 Abs. 1 ZGB kaum je zugrunde liegen. Weder die Echtheit der letztwilligen Verfügungen noch die Willensbildung des Erblassers sind in dieser Streitsache angezweifelt worden. Es ist aus der Sicht der Beklagten verständlich, dass sie der Klägerin eigennütziges Verhalten vorwirft; und die Auffassung der Beklagten, dass die privatorische Klausel bei Vorliegen einer echten und inhaltlich in jeder Hinsicht einwandfreien Verfügung voll zum Tragen kommen soll, wenn einzig Formmängel geltend gemacht werden, ist nicht zum vornherein von der Hand zu weisen.
b) Indessen gilt es zu beachten - wie die kantonalen Instanzen mit Recht hervorgehoben haben -, dass das Gesetz für formell mangelhafte Verfügungen einerseits und inhaltlich rechts- oder sittenwidrige Verfügungen anderseits keine unterschiedlichen Rechtsfolgen vorsieht (vgl. Art. 519 und 520 ZGB; DRUEY, Grundriss des Erbrechts, 2. Auflage Bern 1988, § 12 Rz. 37, S. 144). Ob diese unterschiedslose Behandlung gerechtfertigt sei, mag dahingestellt bleiben. Sie beruht jedenfalls nicht auf gesetzgeberischem Versehen, sondern bestätigt die Bedeutung, welche der Gesetzgeber den Formerfordernissen im Erbrecht beigemessen hat.
Die Formvorschriften gemäss Art. 498 ff. ZGB sind zwingender Natur. Die Verfügungsfreiheit des Erblassers ist in diesem Bereich insofern eingeschränkt, als er zwar zwischen verschiedenen Verfügungsformen wählen darf, die gewählte Form jedoch gemäss der gesetzlichen Vorgabe zu übernehmen hat. Der Zwang zur Einhaltung der Formvorschriften wird verstärkt durch das jedem Betroffenen eingeräumte Recht, formell mangelhafte Testamente anzufechten. Dieses Recht zur Anfechtung einer letztwilligen Verfügung bleibt im Rahmen von Art. 2 Abs. 2 ZGB gewährleistet.
Mit dieser im Gesetz angelegten Ordnung lässt sich die von der Beklagten vertretene Meinung, dass die Verwirkungsklausel uneingeschränkt zum Zug kommen müsse, nicht in Einklang bringen. Würde der Auffassung der Beklagten gefolgt, so würde einem
BGE 117 II 239 S. 246
Erblasser die Möglichkeit eingeräumt, die vom zwingenden Recht gesetzten Grenzen der Verfügungsfreiheit zu überschreiten (vgl. auch MÜNCHENER Kommentar, N. 24 zu § 2074 BGB). Soweit - wie im vorliegenden Fall - über Formmängel zu befinden ist, mag das Ergebnis, dass die privatorische Klausel unwirksam bleibt, sehr wohl Unbehagen wecken, zumal die Geltendmachung des Formmangels regelmässig dem letzten Willen des Erblassers zuwiderläuft, Gegenteilig zu entscheiden hiesse jedoch, die Bedeutung der testamentarischen Formvorschriften in Abweichung von der gesetzlichen Ordnung und auch entgegen der jüngsten Rechtsprechung herabzumindern.
c) Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die vom Erblasser verwendete Verwirkungsklausel im Hinblick auf Art. 482 ZGB als grundsätzlich zulässig zu betrachten ist. Die privatorische Klausel vermag jedoch keine Wirkung zu entfalten, wenn das Testament, worin sie enthalten ist, wegen eines Formmangels mit Erfolg durch Ungültigkeitsklage angefochten worden ist.
Wie es sich verhalten würde, wenn die auf Art. 520 ZGB gestützte Ungültigkeitsklage nicht zu schützen gewesen wäre, bedarf daher keiner Prüfung. Desgleichen kann dahingestellt bleiben, ob die Schutzwirkung der im Testament vom 20. September 1981 enthaltenen Klausel sich auch auf die letztwillige Verfügung vom 2. Januar 1984 erstreckt.

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Erwägungen 3 4 5

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