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Urteilskopf

97 V 91


21. Auszug aus dem Urteil vom 11. Mai 1971 i.S. Bernhart gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen

Regeste

Tragweite des Art. 4 der Verordnung II über die Unfallversicherung (anrechenbarer Verdienst der Personen, die teilweise ausserhalb des die Versicherung bedingenden Betriebes beschäftigt werden).

Sachverhalt ab Seite 91

BGE 97 V 91 S. 91

A.- Die ledige Klara Bernhart (geb. 1912) arbeitete als Putzfrau stundenweise bei verschiedenen Familien in G. und vom 28. März 1966 an ausserdem bei der Firma F. in S. In diesem Betrieb stürzte sie am 2. September 1966 zu Boden und
BGE 97 V 91 S. 92
erlitt eine Hirnerschütterung sowie Quetschungen am Rücken und am Oberbauch...
Am 2. Januar 1968 verfügte die SUVA, die Versicherte erhalte ab 28. September 1967 die einem Jahresverdienst von Fr. 6900.-- entsprechende Rente. Diese Verfügung erging, nachdem die Versicherte am 12. Dezember 1967 auf einem mit "Jahresverdienstvereinbarung" überschriebenen Dokument eingewilligt hatte, dass man der Rente "einen Jahresverdienst von Fr. 6900.-- zugrunde lege"...

B.- Mit Klage vom 27. Juni 1968 focht die Versicherte die Rentenverfügung an...
Im Juli 1968 verhandelte ein Inspektor der SUVA mit der Klägerin und ihren Arbeitgeberinnen. Er erhielt den Bescheid, die Versicherte arbeite seit dem Unfall nur noch bei der Firma F., wo sie Fr. 3960 im Jahr verdiene; wäre sie nicht verunfallt, so könnte sie in G. und S. insgesamt Fr. 10 476 jährlich verdienen...
Hernach liess die Klägerin durch Rechtsanwalt Dr. S. beantragen, es sei ihr ab 28. September 1967 eine höhere Rente zuzusprechen. Sie habe im Jahr vor dem Unfall nicht nur Fr. 6900.--, sondern Fr. 9290.-- verdient...
Mit Urteil vom 9. September 1970 wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Klage ab.

C.- Rechtsanwalt Dr. S. führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde und bringt unter anderem folgendes vor:
Bei der Firma F. habe die Versicherte von Ende März bis Ende August 1966 Fr. 280.-- im Monatsdurchschnitt verdient. Dieser Betrag sei aufein Jahr oder 12 x Fr. 280.-- = Fr. 3360.-- umzurechnen (Art. 4 der Verordnung II über die Unfallversicherung in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 KUVG). Schlage man hiezu die im Jahr vor dem Unfall in G. verdienten Fr. 5930.--, so ergebe sich ein anrechenbarer Jahresverdienst von Fr. 9290.--.
Die SUVA beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:
Bei der Ermittlung des Jahresverdienstes unterscheidet das Gesetz danach, ob der Verunfallte während eines vollen Jahres oder weniger lang in dem die Versicherung bedingenden Betrieb gearbeitet hat. So bestimmt es in Art. 78 Abs. 1, als Jahresverdienst gelte der Lohn, den der Versicherte innert einem Jahr
BGE 97 V 91 S. 93
vor dem Unfall in dem für die Versicherung massgebenden Betrieb bezogen habe, wogegen Art. 79 Abs. 2 wie folgt lautet: "Hat der Versicherte nicht das ganze Jahr dem Betriebe angehört, so wird derjenige Lohnbetrag mitberücksichtigt, den die Versicherten der gleichen Kategorie ... während der übrigen Zeit bezogen haben." Ferner bestimmt der (auf Art. 60bis Ziff. 2 KUVG fussende) Art. 4 der Verordnung II über die Unfallversicherung im Hinblick auf die höchstens halbtägig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer folgendes:
Es wird der innerhalb und ausserhalb des Betriebes verdiente Lohn zusammengezählt und bis zur Höhe des Durchschnittslohnes eines im Betriebe vollbeschäftigten Arbeitnehmers berücksichtigt (Abs. 1) und im übrigen nach den Bestimmungen des Gesetzes verfahren (Abs. 2).
Mit dem Hinweis im zweiten Absatz meint Art. 4 der Verordnung gegebenenfalls auch Art. 79 Abs. 2 KUVG und somit den auf ein Jahr umgerechneten Lohn, wie die Beschwerdeführerin zutreffend erörtert. Kraft des Gesetzes kommt es ja grundsätzlich auf den Lohn an, welchen der Betrieb im Jahr vor dem Unfall ausgerichtet hat (Art. 78 Abs. 1 KUVG) bzw. ausgerichtet hätte, wenn der Versicherte ganzjährig im Betrieb tätig gewesen wäre (Art. 79 Abs. 2 KUVG). Darum hat die SUVA den Lohn, den die Firma F. der Beschwerdeführerin für die Monate April bis August 1966 bezahlt hatte, auf ein Jahr umzurechnen. Die im Dezember 1967 mit Klara Bernhart getroffene "Jahresverdienstvereinbarung" steht einer Rückweisung der Sache an die SUVA zu neuer Bestimmung des anrechenbaren Jahresverdienstes nicht entgegen. Denn der Invaliditätsgrad, d.h. der Unterschied zwischen dem im Jahr vor dem Unfall erzielten Lohn und dem seit dem Unfall bei zumutbarem Arbeitseinsatz noch erzielbaren Invalidenlohn (Art. 77-79 KUVG; EVGE 1967 S. 22 ff.), ist ein rechtserheblicher Sachverhalt, der von Amtes wegen ermittelt werden muss ( BGE 96 V 95 f.).

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Referenzen

BGE: 96 V 95

Artikel: Art. 79 Abs. 2 KUVG, Art. 60bis Ziff. 2 KUVG, Art. 78 Abs. 1 KUVG, Art. 77-79 KUVG