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Urteilskopf

136 II 291


27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Schweizer Casino Verband gegen X. und Eidgenössische Spielbankenkommission (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_694/2009 vom 20. Mai 2010

Regeste

Art. 106 BV; Art. 1, 2, 3, 4 und 48 SBG; Art. 51 und 60 VSBG; Art. 21 GSV; Glücksspielcharakter von "Texas Hold'em"-Pokerturnieren.
Die Eidgenössische Spielbankenkommission ist befugt, darüber zu befinden, ob ein bestimmtes Spiel als Glücksspiel in den Anwendungsbereich des Spielbankengesetzes oder als Geschicklichkeits- oder Unterhaltungsspiel in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt (E. 3).
Bei den umstrittenen "Texas Hold'em"-Pokerturnieren handelt es sich um "gemischte" Spiele, bei denen nicht erstellt ist, dass der Geschicklichkeitsfaktor das Zufallselement der Kartenverteilung überwiegt; entsprechende Turniere können deshalb nach Sinn und Zweck des Spielbankengesetzes nur in Casinos öffentlich durchgeführt werden (E. 4 und 5).

Sachverhalt ab Seite 292

BGE 136 II 291 S. 292
Am 15. Oktober 2007 ersuchte X. die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) darum, gewisse von ihr angebotene Pokerturniere als Geschicklichkeitsspiele zu qualifizieren, was die ESBK am 6. Dezember 2007 tat. Sie stellte in diesem und 23 weiteren Fällen fest, dass die geplanten "Texas Hold'em"-Turniere "unter Vorbehalt anderer rechtlicher, insbesondere kantonalrechtlicher, Bestimmungen und unter Vorbehalt anderer Auflagen" spielbankenrechtlich zulässig seien.
Hiergegen gelangten der Schweizer Casino Verband (SCV) und die Casino Zürichsee AG an das Bundesverwaltungsgericht, welches am 18. März 2008 ihr Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen abwies, was das Bundesgericht auf Beschwerde gegen diesen Zwischenentscheid hin am 13. August 2008 als nicht bundesrechtswidrig bezeichnete (Urteil 2C_309/2008). Am 30. Juni 2009 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde in der Sache selber ab. Es begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass bei mehreren Dutzend gespielten Händen die Geschicklichkeit des Einzelspielers bei den bewilligten "Texas Hold'em"-Turnieren derart an Bedeutung gewinne, "dass die Vorinstanz im Rahmen einer Gesamtwürdigung und des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums ohne Verletzung von Bundesrecht" davon habe ausgehen dürfen, es handle sich dabei um ein Geschicklichkeitsspiel, welches nicht in den Geltungsbereich des Spielbankengesetzes falle. Die Turnierformate böten aufgrund ihrer Struktur den Spielern genügend Möglichkeiten, "die Auswirkungen von Kartenzuteilungen mit ungenügendem Erfolgspotential zu umgehen und damit den Glücksfaktor einzudämmen bzw. zu limitieren".
Das Bundesgericht heisst die vom Schweizer Casino Verband hiergegen eingereichte Beschwerde gut, hebt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf und weist das Gesuch von X. ab.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Nach Art. 106 Abs. 1 BV ist die Gesetzgebung über Glücksspiele und Lotterien Sache des Bundes. Für die Errichtung und den Betrieb einer Spielbank ist eine Konzession erforderlich, bei deren
BGE 136 II 291 S. 293
Erteilung den "Gefahren des Glücksspiels" Rechnung zu tragen ist (Art. 106 Abs. 2 BV; vgl. das Urteil 2C_61/2008 vom 28. Juli 2008 E. 1 ["Swissmania II"]). Das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52) regelt das Glücksspiel um Geld oder andere geldwerte Vorteile (Art. 1 Abs. 1 SBG); vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (Art. 1 Abs. 2 SBG). Das Spielbankengesetz ist der Grunderlass der schweizerischen Glücksspielordnung und lex generalis zum Lotteriegesetz (vgl. BGE 133 II 68 E. 3). Die Eidgenössische Spielbankenkommission hat die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überwachen und die zu deren Vollzug erforderlichen Verfügungen zu treffen (Art. 48 Abs. 1 SBG). Liegen Verletzungen des Gesetzes oder sonstige Missstände vor, ordnet sie die Massnahmen an, die ihr zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands und zur Beseitigung der Mängel notwendig erscheinen (Art. 50 Abs. 1 SBG). Gestützt auf diese - zur einheitlichen Durchsetzung des Bundesrechts weit gefasste - Zuständigkeit ist sie befugt, generell die Unterstellung von Aktivitäten unter das Gesetz zu prüfen und in diesem Sinn ein "Unterstellungsverfahren" durchzuführen. Da sie allgemein darüber wachen muss, dass die "gesetzlichen Vorschriften" eingehalten werden, ist die ihr übertragene Aufsicht nicht auf die Spielbanken beschränkt. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört auch die Abklärung der spielbankenrechtlichen Relevanz anderer (Glücks-) Spiele, soweit deren Qualifikation umstritten ist bzw. zu Kontroversen Anlass gibt (Urteile 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 E. 3.1.1 ["Tactilo/Touchlot"]; 2C_442/2007 vom 19. November 2007 E. 2 ["TropicalShop"]).

3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Spielbankenkommission sei nicht berechtigt gewesen, den umstrittenen Qualifikationsentscheid zu treffen, da der Verordnungsgeber für sie verbindlich "Poker" als Glücksspiel bewertet habe; hiervon habe die ESBK nicht abweichen dürfen. Seine Argumentation ist nicht zwingend: Gemäss Art. 3 Abs. 4 SBG erlässt der Bundesrat nach Anhören der Kantone Vorschriften über die Abgrenzung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspielen. Er legt durch Verordnung fest, welche Spiele die Spielbanken anbieten dürfen, wobei er die "international gebräuchlichen Angebote" berücksichtigt (Art. 4 Abs. 2 SBG). Gestützt hierauf hat der Bundesrat die Verordnung vom 24. September 2004 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankenverordnung, VSBG;
BGE 136 II 291 S. 294
SR 935.521) erlassen. Nach deren Art. 46 regelt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), welche Arten von Tischspielen die Spielbanken anbieten dürfen; es bestimmt zudem die für die Durchführung von Glücksspielturnieren in Spielbanken geltenden Bedingungen (Art. 51 VSBG). Zwar sieht Art. 21 Abs. 1 der Verordnung des EJPD vom 24. September 2004 über Überwachungssysteme und Glücksspiele (Glücksspielverordnung, GSV; SR 935. 521.21) vor, dass die Spielbanken "Poker" (lit. g) bzw. "Casino Stud Poker" (lit. h) als "Tischspiele" anbieten dürfen; hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass sämtliche Formen von Poker notwendigerweise als Glücksspiele gelten müssen. Nach Art. 60 VSBG kann die Spielbankenkommission, falls Zweifel bestehen, auf Antrag oder von sich aus entscheiden, ob ein nicht automatisiertes Spiel als Geschicklichkeits- oder als Glücksspiel zu qualifizieren ist. Diese Regelung steht auf der gleichen Rechtssatzstufe wie die Delegationsnorm von Art. 46 VSBG, wonach das Departement regelt, welche Arten von Tischspielen in den Spielbanken angeboten werden dürfen. Formellgesetzlich stützt sie sich direkt auf Art. 3 Abs. 4 SBG, welcher die Abgrenzung von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen betrifft, und nicht wie Art. 46 VSBG lediglich auf Art. 4 Abs. 2 SBG, der als Grundlage dient, das zulässige Spielangebot in Casinos zu bezeichnen.

3.3 Art. 21 Abs. 1 GSV steht einem Unterstellungsverfahren durch die Spielbankenkommission in Bezug auf gewisse Unterformen der dort genannten Glücksspiele deshalb nicht entgegen. Dies ergibt sich auch aus Art. 21 Abs. 2 GSV, der vorsieht, dass die Einführung von Varianten der in Absatz 1 genannten Spiele der Genehmigung der Kommission bedarf, was deren Rolle bei der Abgrenzung von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen unterstreicht. Die ESBK ist als mit Fachleuten besetzte Aufsichtsbehörde zuständig, im Rahmen der Gesetzgebung darüber zu befinden, ob und unter welchen Bedingungen ein bestimmtes Spiel als Glücksspiel in den Anwendungsbereich des Spielbankengesetzes oder als Geschicklichkeits- oder Unterhaltungsspiel bzw. -gewerbe in den (subsidiären) Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt. Sie ist als Fachbehörde operativ für den Vollzug des Spielbankengesetzes verantwortlich (Art. 48 ff. SBG; BBl 1997 III 145, 161 Ziff. 153.5). Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, die entsprechenden Aufgaben der Verwaltung zu übertragen. Der Grundauftrag der Kommission sei "sehr weit gefasst", wobei ihr die Kompetenz erteilt werde, "die zum
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Vollzug des Gesetzes notwendigen Verfügungen zu erlassen". Die Kommission müsse - so der Bundesrat - unabhängig arbeiten können, andernfalls sie in "schwierigen und heiklen Situationen kaum in der Lage sein" werde, "neutral und unabhängig auch unpopuläre Entscheide zu fällen, die für das Durchsetzen des vorliegenden Gesetzes mitunter erforderlich sein werden und die gegebenenfalls regionalwirtschaftliche und andere Interessen tangieren" könnten (vgl. BBl 1997 III 187 Ziff. 24). Die Qualifikation von Poker als in Casinos zulässiges Glücksspiel durch den Verordnungsgeber beschränkt die Vollzugskompetenzen der ESBK somit nicht; sie ist jedoch inhaltlich beim Qualifikationsentscheid selber zu berücksichtigen (vgl. unten E. 5.3).

4. Glücksspiele sind Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (Art. 3 Abs. 1 SBG). Glücksspielautomaten sind Geräte, die ein Glücksspiel anbieten, das im Wesentlichen automatisch abläuft (Art. 3 Abs. 2 SBG). Geschicklichkeitsspielautomaten sind Geräte, die ein Geschicklichkeitsspiel anbieten, das im Wesentlichen automatisch abläuft und dessen Gewinn von der Geschicklichkeit des Spielers abhängt (Art. 3 Abs. 3 SBG). Das Spielbankengesetz bezweckt einen sicheren und transparenten Spielbetrieb (Art. 2 Abs. 1 lit. a SBG). Es will zudem die Kriminalität und die Geldwäscherei in oder durch Spielbanken verhindern (Art. 2 Abs. 1 lit. b SBG) und den sozialschädlichen Auswirkungen des Spielbetriebs vorbeugen (Art. 2 Abs. 1 lit. c SBG). Gemäss der Botschaft zum Spielbankengesetz geht es darum, "das Glücksspiel um Geld oder andere vermögenswerte Vorteile insgesamt zu erfassen und es - unter Vorbehalt der Vorschriften des Lotteriegesetzes - grundsätzlich auf konzessionierte Spielbanken zu konzentrieren" bzw. "sozial schädliche Auswirkungen des Spielbetriebs nach Möglichkeit zu verhüten; u.a. durch frühzeitige Erfassung gefährdeter Spieler und deren Fernhaltung vom Spielbetrieb sowie durch ein Verbot aufdringlicher Werbung für Spielbanken" (BBl 1997 III 156 f. Ziff. 152). Glücksspiele dürfen deshalb nur in konzessionierten Spielbanken angeboten werden (Art. 4 Abs. 1 SBG), womit - so der Bundesrat - das Glücksspiel um Geld oder andere vermögenswerte Vorteile "in die konzessionierten Spielbanken gezwungen" werde. Das gelegentliche Glücksspiel um Geld oder vermögenswerte Vorteile "im Familien- und Freundeskreis" fällt nicht unter das Gesetz (BBl 1997 III 170 Ziff. 22; vgl. auch die Antwort
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des Bundesrats auf die im Nationalrat am 3. März 2010 mit 94 gegen 76 Stimmen angenommene Motion Reimann "Entkriminalisierung des privaten Pokerspiels" [8.3060]).

5.

5.1 Die von den Vorinstanzen als überwiegend durch Geschicklichkeit geprägt beurteilten Turniere sehen in verschiedenen Formen "Texas Hold'em (No-Limit)"-Spiele mit mindestens 22 und maximal 77 Spielern vor, wobei kein "Rebuy/Add on" möglich ist ("Freeze out"), d.h. während des Turniers keine neuen Chips gekauft werden können. Für eine Summe von Fr. 110.- bis Fr. 550.- (Buy-In) erhält der einzelne Spieler 1'000 bzw. 2'000 Chips, mit denen er pokert. "Texas Hold'em" wird mit 52 Karten gespielt, wobei es darum geht, mit zwei eigenen (Hole Cards) und fünf nach und nach aufgedeckten gemeinschaftlichen Karten (Board Cards) die beste Hand (Pokerblatt) zu bilden. Vor und während des Aufdeckens der Karten wird jeweils gesetzt: Bei den sog. "Blinds" handelt es sich um Einsätze, welche die ersten beiden Spieler links vom Geber (Dealer) in jedem Fall zahlen müssen, bevor die Karten verteilt werden. Üblicherweise zahlen die Spieler links vom Geber den "Small Blind" und den "Big Blind", wobei der Einsatz des "Small Blinds" in der Regel der Hälfte des Einsatzes des "Big Blinds" entspricht; beide steigen je nach Spiellevel zusehends an. Nachdem die Mindesteinsätze auf dem Tisch liegen, erhalten alle Spieler vom Dealer ihre zwei Karten. Je nachdem, wie die folgenden Spieler das Erfolgspotential ihrer Karten und das Verhalten der Mitspieler einschätzen, können sie entweder aussteigen ("fold"), mitgehen ("call") oder erhöhen ("raise"). Die 1. Setzrunde ("pre-flop betting round") ist beendet, wenn alle Mitspieler mindestens die gleiche Menge Chips gesetzt oder den Ausstieg erklärt haben. Anschliessend werden auf dem Tisch drei Karten offen ausgelegt ("Flop"), worauf eine weitere Setzrunde folgt ("flop betting round"). Der Dealer legt eine vierte Karte offen ("Turn"), gefolgt von einer weiteren Setzrunde ("turn betting round"). Nun wird die letzte und fünfte Gemeinschaftskarte aufgedeckt ("River"), worauf die noch im Spiele stehenden Beteiligten erneut setzen ("river betting round"). Unmittelbar nach dem Ende dieser letzten Setzrunde werden die Karten aufgedeckt und sämtliche gesetzten Chips ("Pot") gehen an den Spieler mit dem besten Blatt von 5 Karten, welches aus den zwei eigenen und den fünf aufgedeckten Karten gebildet werden kann. Ist vor dem "Showdown" nur noch ein Spieler übrig (alle andern haben gepasst:
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"gefoldet"), gewinnt dieser den Pot, ohne dass er seine Karten offenlegen muss. Beim Turnierspiel beginnt hierauf der nächste Durchgang, verliert ein Spieler alle seine Chips, scheidet er aus dem Turnier aus. Aus der umgekehrten Reihenfolge des Ausscheidens ergibt sich die Turnierliste. Die Gewinner teilen sich die aus den Buy-Ins gebildete Geldsumme in einem nach der Teilnehmerzahl abgestuften System auf.

5.2

5.2.1 Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, es handle sich dabei um ein Spiel, das nicht ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge, sondern weitgehend durch die Geschicklichkeit des Spielers geprägt werde. Diese Einschätzung überzeugt nicht: Die ESBK und das Bundesverwaltungsgericht haben sich bei ihrer Beurteilung auf verschiedene Abgrenzungskriterien gestützt (Gewinnmöglichkeiten bei Blindspiel, Lerneffekt, Unterhaltungswert usw.), welche das Bundesgericht in seiner Praxis zu den automatisierten Spielen entwickelt hat; diese eignen sich indessen nur beschränkt für die Abgrenzung von Tischspielen und tragen dem Sinn und Zweck der Spielbankengesetzgebung in diesem Zusammenhang zu wenig Rechnung. Das Pokern wird im Wesentlichen durch die Verteilung der Karten und das auf nur beschränkten Kenntnissen (eigene und aufgedeckte Karten, allenfalls Bluff) beruhende Setzverhalten der Gegenspieler, d.h. durch kaum kontrollierbare, zufallsabhängige Faktoren bestimmt. Richtig ist, wie dies die Vorinstanzen unterstrichen haben, dass Kenntnisse und Fertigkeiten des Spielers den Ausgang mitbeeinflussen und dass ein einzelnes Turnier gesamthaft als Spiel zu gelten hat, da die geldwerte Leistung zu dessen Beginn bezahlt wird und erst nach Abschluss des Turniers feststeht, wer sich letztlich für einen der Gewinnplätze qualifiziert. Zwar kann ein Spieler mit Taktik, mathematischen Fähigkeiten, einem guten Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit, Lernfähigkeit, schauspielerischem Talent, psychologischem Geschick und einer klugen Risikoeinschätzung das Spiel in einem gewissen Mass zu seinen Gunsten beeinflussen, doch bestehen keine definitiven Daten dazu, in welchem Umfang diese Elemente tatsächlich den für den Spielausgang wesentlichen Zufall überwiegen. Die Abklärungen und Testspiele der ESBK weisen nur darauf hin, dass bei "Texas Hold'em"-Pokerturnieren nicht ausschliesslich Glück im Spiel ist, sondern auch der Eignung und Fähigkeit sowie der Erfahrung der einzelnen Spieler eine gewisse Bedeutung zukommt. Die Testserien der Spielbankenkommission und ihre Hypothesen
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vermögen jedoch nicht zu belegen, dass diese Umstände das Zufallselement überwiegen.

5.2.2 In Deutschland werden bei einer ähnlichen gesetzlichen Definition wie in der Schweiz (vgl. MARTIN BAHR, Glücks- und Gewinnspielrecht, Berlin 2007, S. 37 ff.) Pokerturniere der vorliegenden Art mehrheitlich als Glücksspiele qualifiziert (vgl. MARK HARLAN, Texas Hold'em für Dummies, 2007, S. 39 f.), da diese generell zufallsbezogen seien: Trotz der dem Pokerspiel eigenen Möglichkeit, den Ausgang des Spiels durch geschicktes Taktieren zu beeinflussen, hänge das Spiel nach wie vor davon ab, ob die zufällig erhaltenen Karten geeignet seien, eine gewinnträchtige Pokerhand zu bilden. Der weitere Spielverlauf werde dadurch bestimmt, dass jeder Mitspieler nur die eigenen und - in der Variante "Texas Hold'em" - die aufgedeckten Gemeinschaftskarten kenne. Dabei handle es sich insgesamt um so wenige Elemente, dass zuverlässige Vorhersagen über die Qualität der Karten der Mitspieler bloss sehr beschränkt möglich seien. Der Reiz des Spiels bestehe darin, aus dem Verhalten der übrigen Beteiligten, insbesondere ihren Einsätzen, Vermutungen über die Qualität ihrer Karten anzustellen, deren Richtigkeit weitere Zufallselemente beinhalte. Der Erfolg eines Bluffs hänge massgeblich von den Reaktionen der Mitspieler und damit ebenfalls vom Zufall ab. Dass mathematische Kenntnisse (Wahrscheinlichkeitsrechnungen), strategisches Geschick und psychologische Fähigkeiten für den Erfolg von Nutzen seien, ändere nichts daran, dass die vorhandenen Zufallselemente die Fähigkeiten und Erfahrungen eines Durchschnittsspielers für den Erfolg überwögen (statt vieler: Beschluss des OVG Lüneburg vom 10. August 2009 im Verfahren 11 [ME 67/09 S. 4]; Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 20. April 2009 [1 S 203.08] Rz. 7; Beschluss Oberlandesgericht NRW vom 10. Juni 2008 [4 B 606/08] Rz. 15; abweichend: Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 9. Januar 2009 [Ns 97 14968/07, 18 AK 127/08]). Trotz teilweise kritischer Würdigung dieser Rechtsprechung in der Literatur (HAMBACH/HETTICH/KRUIS, Verabschiedet sich Poker aus dem Glücksspielrecht?, in: Medien und Recht, Internationale Edition, 2/2009 S. 41 ff. mit weiteren Hinweisen; BERND HOLZNAGEL, Poker - Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel?, in: MultiMedia und Recht [MMR] 7/2008 S. 439 ff.; die Praxis eher verteidigend: MEYER/HAYER, Poker - Glücksspiel mit Geschicklichkeitsanteil und Suchtpotential, in: Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht [ZfWG] 2008 S. 153 ff., dort S. 160) hat die ESBK diese Überlegungen durch
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ihre nicht wissenschaftlich durchgeführte Testspielreihe nicht zu entkräften vermocht.

5.2.3 Zum gleichen Resultat wie die deutschen Gerichte ist gestützt auf ein Fachgutachten auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof gekommen: Die Wahrscheinlichkeit, eine gewünschte bzw. erhoffte Kombination von zwei bzw. fünf Karten zu erhalten, sei enorm klein. Auf der Basis dieser (geringen) Wahrscheinlichkeiten seien die Einschätzungen über die (verdeckten) Karten der Mitspieler vorzunehmen, weshalb bei "Texas Hold'em" der Zufallsfaktor überwiege. Auch wenn ein Spieler allenfalls durch Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erzielen könne und er seine spieltechnischen Entscheidungen nicht nur von den mathematischen Wahrscheinlichkeiten abhängig mache, welches Blatt seine Mitspieler durch die offen zugeteilten Karten haben könnten, sondern sich auch von deren Verhalten während des Spiels leiten lasse, stehe der Charakter als Glücksspiel doch im Vordergrund. Denn bei der "von der Sachverständigen dargestellten ausgesprochen kleinen Wahrscheinlichkeit hinsichtlich bestimmter Kombinationen entscheide letztlich tatsächlich vorwiegend der Zufall in Form der den Mitspielern zugeteilten Karten über den Ausgang des Spiels" (Urteil vom 8. September 2005 [2000/17/0201], Ziff. 2.3 S. 5 f.). Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Praxis jüngst bestätigt (Urteil vom 20. Oktober 2009 [2008/05/0045] S. 2).

5.3

5.3.1 Der Entscheid der Vorinstanzen unterschätzt die Bedeutung von Sinn und Zweck der Spielbankengesetzgebung bei deren Auslegung: Poker bezeichnet traditionellerweise eine Familie von Glücksspielen, die normalerweise mit Pokerkarten des angloamerikanischen Blatts zu 52 Karten gespielt wird. Von diesem klassischen Verständnis ist der Gesetzgeber ausgegangen, als er den Bundesrat beauftragte, bei der Bestimmung der in den Casinos zulässigen Glücksspiele, die diesbezüglich "international gebräuchlichen Angebote zu berücksichtigen" (Art. 4 Abs. 2 SBG). Das EJPD hat dies in Art. 21 GSV getan, wenn es dort das Pokerspiel als den Spielbanken gestattetes Tischspiel bezeichnete. Dies schliesst für gewisse Spielformen eine andere Einschätzung durch die Spielbankenkommission zwar nicht zwingend aus, doch muss sich diese auf eine sichere Datenbasis stützen können, die es nahelegt, dass mit ihrem entsprechenden (negativen) Qualifikationsentscheid die vom Gesetzgeber mit der bundesrechtlichen Spielbankenregelung bezweckten
BGE 136 II 291 S. 300
Ziele nicht oder zumindest nicht grundlegend in Frage gestellt werden. Nur soweit diese nicht oder nicht wesentlich gefährdet erscheinen, so dass die subsidiären kantonalen Polizeikompetenzen zum Schutz der öffentlichen Interessen genügen, kann - in Abweichung von einer historischen bzw. teleologisch-systematischen - eine den neuen Umständen angepasste geltungszeitliche Auslegung von Art. 3 Abs. 1 SBG überhaupt in Betracht fallen.

5.3.2 Aus der bundesrätlichen Botschaft - welche im Parlament diesbezüglich unbestritten blieb - ergibt sich, dass im Rahmen der Bundeskompetenz das Glücksspiel um Geld oder andere vermögenswerte Vorteile "insgesamt" erfasst und auf die konzessionierten Spielbanken "konzentriert" werden sollte. Damit wollte der Gesetzgeber einen sicheren, überwachten Spielbetrieb gewährleisten, die organisierte Kriminalität und die Geldwäscherei im Umfeld von Geldspielen verhindern und sozial schädlichen Auswirkungen des Spielbetriebs nach Möglichkeit vorbeugen. Mit der Übertragung der Kompetenzen einer bestimmten Form von Poker auf die Kantone würden diese Vorgaben praktisch vereitelt und die Kantone verpflichtet, in Abweichung vom SBG eigene fachkundige Bewilligungs- und Überwachungsstrukturen aufzubauen oder das öffentliche Anbieten entsprechender Geldturniere ausserhalb von Casinos ganz zu verbieten. Die durch das Spielbankengesetz im öffentlichen Interesse angestrebte Vereinheitlichung und Bereinigung der Glücksspiellandschaft auf Ebene des Bundes würde dadurch - im schlimmsten Fall - zugunsten von 26 kantonalen Regelungen rückgängig gemacht. Zu Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass der Gesetzgeber im Gegensatz hierzu die Rahmenbedingungen des Geldspielmarktes vielmehr gerade so setzen wollte, "dass für alle Beteiligten stabile und berechenbare Verhältnisse entstehen und die Schutzziele des Gesetzes optimal erreicht werden können" (so BBl 1997 III 157 Ziff. 152). Die von der ESBK mit ihrer Praxis vorgenommene Öffnung ist hiermit unvereinbar: Die Einstufung von gewissen Pokerformen als Geschicklichkeitsspiel ohne klare wissenschaftliche Grundlage bzw. ohne einen (neuen) gesetzgeberischen Entscheid führt zu einer unkontrollierten Öffnung des Marktes für private Anbieter von öffentlichen Geldspielen und einer Zunahme der Spielanreize ausserhalb des kontrollierten und bundesrechtlich regulierten Rahmens.

5.3.3 Richtig ist, dass sich die Frage, wann der gegen Leistung eines Einsatzes in Aussicht gestellte Geldgewinn oder andere
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geldwerte Vorteil ganz oder überwiegend vom Zufall und wann in hinreichendem Masse von der Geschicklichkeit eines Spielers abhängt, nicht aufgrund eines einzigen Kriteriums entscheiden lässt und die Einschätzung auf einer Gesamtwürdigung beruhen muss. Eine scharfe Trennung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel ist meist nicht möglich, da der Ausgang eines Spiels bzw. der Entscheid über den Geldgewinn regelmässig von verschiedenen, durch den Spieler in unterschiedlichem Masse beeinflussbaren Faktoren abhängt (BGE 131 II 680 E. 5.2.1 "Gemischte Spiele"). Im vorliegenden Zusammenhang haben die Vorinstanzen in Anlehnung an die Kriterien zur Abgrenzung von Spielautomaten zwar zahlreiche Aspekte geprüft, indessen gerade das gesetzlich vorgegebene Hauptkriterium zu wenig gewichtet: Nach Art. 60 Abs. 2 VSBG soll die Kommission bei ihrem Entscheid über die Natur des nicht automatisierten Spiels darauf abstellen, "ob sich ein Spiel zum Glücksspiel eignet oder leicht zum Glücksspiel verwenden lässt". Dies ist im Lichte der Schutzzwecke des Spielbankengesetzes beim öffentlichen Anbieten von "Texas Hold'em"-Turnieren der Fall, auch wenn bei der Turnierform ohne "Rebuy" der Geschicklichkeit eine grössere Bedeutung zukommen mag als bei den "Cash Games". In der Literatur wird aufgrund allgemeinpsychologischer Phänomene wie "Kontrollillusion" und "flexibler Attribution von Gewinn- und Verlusterlebnissen" in Verbindung mit der Detailanalyse des Spielablaufs angenommen, dass Poker auch in der Turnierform als ein Glücksspiel (mit Geschicklichkeitsanteilen) anzusehen sei; die verfügbaren Befunde wiesen zudem darauf hin, dass vom Pokerspiel grundsätzlich erhebliche Suchtgefahren ausgingen. Auch wenn das Suchtpotential von öffentlich zugänglichen Pokerturnieren mit Einsatz- und Gewinnbeschränkungen für sich genommen als "gering" eingestuft werden könne, führe es doch gewisse Zielgruppen "unter dem Deckmantel eines harmlosen Freizeitvergnügens" an das (unkontrollierte) Pokerspiel heran, weshalb die "Erkenntnisse für die Notwendigkeit einer transparenten Regulierung des Pokermarktes" sprächen (so MEYER/ HAYER, a.a.O., S. 160). Mit dem Entscheid der ESBK wird ein transparent regulierter Pokermarkt vereitelt, ohne dass hierfür ein hinreichender sachlicher Grund spräche.

5.3.4 Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein solcher nicht im "Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit" und dem Argument gesehen werden, dass nicht alle Spiele, die sozialschädliche Auswirkungen haben könnten, automatisch als
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Glücksspiele qualifiziert werden dürften: Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei jeder Auslegung von grundlegender Bedeutung und müssen bei den offenen Formulierungen zur Abgrenzung von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen vorab berücksichtigt werden - dies gilt umso mehr, wenn wie hier eine Form eines international als Glücksspiel bekannten Tischspiels aus der Bundesaufsicht entlassen werden soll, wobei mangels effizienter Kontrollmöglichkeiten eine relativ grosse Gefahr besteht, dass in leichter Abweichung von dem von der ESBK vorgegebenen Spielrahmen ausserhalb von Casinos im Glücksspielbereich gepokert wird. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts überzeugt auch insofern nicht, als es darauf hinweist, dass die ESBK den Aspekten des Sozialschutzes durch "strenge technische Kriterien" Rechnung getragen habe. Die entsprechenden Vorgaben sind ohne Fachstrukturen durch die Kantone nicht sinnvoll kontrollierbar, was dafür spricht, nicht einzelne Spielformen eines Glücksspiels ohne Not aus dem bundesgesetzlichen Schutzdispositiv zu lösen und dessen Wirksamkeit durch nur schwer praktikable Abgrenzungskriterien zu belasten. Letztlich zweifelt auch die Vorinstanz an der Richtigkeit ihres Entscheids, wenn sie ausführt, dass Turnierformate der vorliegenden Art mit Buy-Ins bis zu Fr. 500.- unter dem Aspekt des Sozialschutzes, um den es gehe, "nicht als alarmierend" erschienen, dies aber anders sein könnte, "wenn die Pokerturnierveranstalter Spiele mehrmals pro Woche anböten", was inzwischen - auch mit Blick auf die Anzahl der bereits ergangenen Qualifikationsverfügungen - der Fall ist. Die Argumentation übersieht zudem, dass der Sozialschutz nur eines der vom Gesetzgeber angestrebten Ziele war; das Glücksspiel soll unter fairen, kontrollierten und überprüfbaren Bedingungen (Manipulation von Karten, Täuschungen, Kriminalitätsbekämpfung usw.) betrieben und die Geldwäscherei bekämpft werden. Wenig überzeugend erscheint der angefochtene Entscheid auch insofern, als er ausdrücklich vorsieht, dass die Vorinstanz ihre Checkliste im Hinblick auf künftige Qualifikationsentscheide überarbeiten und ihre Praxis gegebenenfalls regelmässig überprüfen müsse; dies führt notwendigerweise zu Rechtsungleichheiten und Rechtsunsicherheiten, die durch den Erlass des Spielbankengesetzes gerade verhindert werden sollten. Der Verweis auf Jassturniere, die ebenfalls als Glücksspiele gelten müssten, weil bei der Kartenzuteilung "eine gewisse Glückskomponente" bestehe, geht insofern an der Sache vorbei, als die Geschicklichkeit das Glück überwiegen muss, d.h. nicht jede
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Zufallskomponente ein Spiel automatisch zum Glücksspiel macht, und bei der Bezeichnung der Glücksspiele auch auf das begriffliche Vorverständnis des Gesetzgebers zurückgegriffen werden darf. Nicht öffentliche Pokerturniere von "Texas Hold'em" um Geld oder eine geldwerte Leistung im Freundes- oder Familienkreis sind ebenso zulässig wie entsprechende Jassturniere; nur im Rahmen von Casinos kann jedoch gewerblich bzw. öffentlich gepokert werden.

6.

6.1 Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid, weil bundesrechtswidrig, aufzuheben und das von der Beschwerdegegnerin an die ESBK gerichtete Gesuch abzuweisen. Wie das Bundesgericht bereits in seinem Urteil vom 13. August 2008 festgestellt hat, haben alle Organisatoren von "Texas Hold'em"-Pokerturnieren diese auf "eigenes Risiko" hin lanciert. Sollten sich gestützt darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht keine vorsorglichen Massnahmen getroffen und die ESBK weitere mit dem vorliegenden Urteil unvereinbare Feststellungsverfügungen erlassen hat, bereits gewisse öffentliche Spielstrukturen herausgebildet haben (professionelle Organisation von Turnieren, Gründung von Gesellschaften, Investitionen usw.), müssen diese - wie damals als Konsequenz einer allfälligen Gutheissung der Beschwerde in Aussicht gestellt - rückgängig gemacht werden (Urteil 2C_309/2008 vom 13. August 2008 E. 5.3.4).

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Erwägungen 3 4 5 6

Referenzen

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