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Urteilskopf

117 Ib 317


38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. September 1991 i.S. Rocco Grosso gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Art. 13 lit. f und h sowie Art. 28 lit. b der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO, SR 823.21); Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer infolge eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles.
Abgrenzung der Härtefallregelungen von Art. 13 lit. f und Art. 13 lit. h (in Verbindung mit Art. 28 lit. b) BVO; für die Anerkennung eines Härtefalles gelten unterschiedliche Voraussetzungen (E. 3).
Begriff des schwerwiegenden persönlichen Härtefalles nach Art. 13 lit. f BVO: Bei der Beurteilung des Härtefalles hat eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Dabei kann ein Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtefalles darin liegen, dass eine lange, durch Niederlassung gefestigte, frühere Anwesenheit in der Schweiz unter ausserordentlichen Umständen aufgegeben werden musste (E. 4 und 5).

Sachverhalt ab Seite 318

BGE 117 Ib 317 S. 318
Der italienische Staatsangehörige Rocco Grosso, geboren 1942, lebte zusammen mit seiner Frau und später seinen Kindern von 1963 bis 1984 in der Schweiz. Er besass die Niederlassungsbewilligung. Am 31. Juli 1984 verliess Rocco Grosso die Schweiz und reiste mit seiner Familie nach Italien, um sich um seine kranken Eltern zu kümmern. Im März 1990 kehrte er mit einer Bewilligung zum Stellenantritt als Saisonnier in den Kanton Bern zurück und arbeitete in diesem Status.
Mit Schreiben vom 14. Mai 1990 an das Bundesamt für Ausländerfragen stellte Rocco Grosso ein Gesuch um Verbesserung seines Anwesenheitsstatus, das heisst um Erteilung mindestens einer Jahresaufenthaltsbewilligung. Er verwies auf seine frühere langjährige Anwesenheit in der Schweiz sowie auf den Umstand, dass sein Bruder Pascal Grosso und dessen Familie inzwischen das Schweizer Bürgerrecht erhalten hätten. Das Bundesamt für Ausländerfragen behandelte die Eingabe als Gesuch um Umwandlung einer Saison- in eine Jahresbewilligung aufgrund eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles und lehnte es mit Verfügung vom 3. August 1990 ab.
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wies eine dagegen gerichtete Beschwerde vom 24. August 1990 mit Entscheid vom 16. November 1990 ab.
Am 11. Dezember 1990 reichte Rocco Grosso sinngemäss Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Nachdem
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ihm vom Präsidenten der II. öffentlichrechtlichen Abteilung eine Nachfrist zur Verbesserung der Beschwerdeschrift angesetzt wurde, ergibt sich aus seiner ergänzenden Eingabe vom 10. Januar 1991 sinngemäss der Antrag, es sei der Entscheid des Departementes aufzuheben und ihm eine Niederlassungs-, eventualiter eine Jahresaufenthaltsbewilligung zu erteilen.
Mit Vernehmlassung vom 19. Februar 1991 schliesst das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Abweisung der Beschwerde.
An einer ersten Sitzung vom 17. Mai 1991 setzte das Bundesgericht den Entscheid aus und schlug im Anschluss daran den zuständigen kantonalen und eidgenössischen Behörden vor, Rocco Grosso eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen, womit sich seiner Ansicht nach die Frage der Unterstellung unter die Höchstzahlen für Ausländer erledigen würde. Nachdem die Fremdenpolizei des Kantons Bern mit Schreiben vom 31. Mai 1991 dazu ihre Bereitschaft erklärt hatte, schloss das Bundesamt für Ausländerfragen in seiner Antwort vom 18. Juli 1991 eine Zustimmung zu einer Niederlassungsbewilligung nicht grundsätzlich aus, verwies indes darauf, dass nach seinem Dafürhalten auch in diesem Falle vorweg die Unterstellungsfrage zu beantworten sei.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. a) Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz festgestellt, dass bei Rocco Grosso die Voraussetzungen zur Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung gemäss Art. 28 der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) nicht erfüllt seien. Sie hat es damit abgelehnt, ihn nach Art. 13 lit. h BVO von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer auszunehmen.
b) Nach Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO kann eine Saison- in eine Jahresbewilligung umgewandelt werden, wenn der Ausländer sich in den letzten vier Jahren während insgesamt 36 Monaten ordnungsgemäss als Saisonnier zur Arbeit in der Schweiz aufgehalten hat. Massgebend für die Berechnung der Anwesenheitsdauer ist die Zeit, während welcher der Ausländer in der Schweiz mit einer gültigen Saisonbewilligung tatsächlich anwesend war und gearbeitet hat. Zweck dieser Bestimmung ist, den Saisonniers, die durch regelmässiges Arbeiten in der Schweiz eine gewisse Beständigkeit
BGE 117 Ib 317 S. 320
offenbaren, einen gefestigteren Aufenthalt und eine ständige Arbeitsstelle in der Schweiz sowie den Nachzug der Familie zu ermöglichen.
Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO sieht die Umwandlung vor bei schwerwiegenden persönlichen Härtefällen. Die Härtefallregel bildet die Ausnahme zur grundsätzlichen Norm des Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO, was insbesondere bedeutet, dass sie von deren zeitlichen Erfordernissen dispensiert. Sie erlaubt es, die Grundregel flexibler und weniger formalistisch anzuwenden sowie die besonderen Umstände eines Einzelfalles zu Gunsten des Ausländers zu berücksichtigen; sie bezweckt somit, Einzelfallhärten auszugleichen (Urteil vom 7. Dezember 1990 in Sachen P. E. 2b, in: ZBl 92/1991, S. 311/2).
Die beiden Tatbestände von Art. 28 Abs. 1 BVO stehen in engem Zusammenhang. Typischerweise findet die Härtefallregel daher dann Anwendung, wenn der Ausländer an sich versucht hat und willens war, die zeitlichen Voraussetzungen der Grundregel zu erfüllen, daran aber wegen besonderer, ihm nicht anzulastender Umstände scheiterte. Zu verlangen ist daher zumindest, dass der Ausländer in einer Mehrzahl der letzten Jahre jeweils während annähernd der vorgeschriebenen Dauer in der Schweiz als Saisonnier tätig war. In der Praxis wird die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO denn auch in der Regel dann geprüft, wenn der Ausländer die notwendige Anwesenheitsdauer um wenige Tage verpasst hat.
Besteht andererseits kein Zusammenhang zur Grundregel von Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO, sondern beruft sich der Ausländer aus ganz anderen Gründen darauf, es handle sich bei ihm um einen Härtefall, gelangt nicht Art. 28 Abs. 1 lit. b (und damit Art. 13 lit. h), sondern Art. 13 lit. f BVO zur Anwendung. Die beiden Bestimmungen haben zwar denselben Wortlaut, betreffen aber verschiedene Anwendungsbereiche. Die zweite Norm dient in viel allgemeinerer Weise zur Vermeidung von Härtesituationen als die erste. Namentlich knüpft sie nicht daran an, dass der Ausländer den Status eines Saisonniers innehatte und in den letzten Jahren während gewisser Dauer hier tätig war. Ausserdem verblieben angesichts derselben Rechtsfolge der Ausnahme von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung kaum unterschiedliche Anwendungsbereiche, wenn bei beiden Härtefallbestimmungen dieselben Voraussetzungen verlangt würden. Es gelten daher für die Anerkennung eines Härtefalles nach Art. 13 lit. f BVO andere
BGE 117 Ib 317 S. 321
Anforderungen als bei der Anwendung von Art. 28 lit. b BVO (Urteil vom 7. Dezember 1990 in Sachen P. E. 2b, in: ZBl 92/1991, S. 311).
c) Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er habe die Voraussetzungen von Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO erfüllen wollen und sei wegen Umständen, die er nicht zu vertreten habe, daran gescheitert. Tatsächlich war er im Verlauf der letzten vier Jahre nur 1990 als Saisonnier in der Schweiz tätig. Hingegen beruft er sich auf allgemeine Umstände, wie auf familiäre Verpflichtungen, sowie auf seine lange, frühere Anwesenheit in der Schweiz. Daraus folgt, dass der vorliegende Fall nicht auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 1 lit. b, sondern von Art. 13 lit. f BVO zu entscheiden ist.
Die Vorinstanz hat zwar nur geprüft, ob ein Härtefall nach Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO vorliege, dabei allerdings hauptsächlich auf die von der bundesgerichtlichen Praxis geschaffenen Kriterien zu Art. 13 lit. f BVO zurückgegriffen, da sie die beiden Härtefallbestimmungen inhaltlich anscheinend nicht unterschied. Richtete sie damit ihren Entscheid grundsätzlich doch nach den zutreffenden Gesichtspunkten aus, fragt sich letztlich nur, ob sie diese Kriterien richtig gehandhabt hat.

4. a) Bei der Anwendung von Art. 13 lit. f BVO kommt den Behörden kein Ermessen zu, da weder die Bestimmung ein solches einräumt noch im Sinne von Art. 4 ANAG die Erteilung einer Bewilligung in Frage steht. Bei der Figur des schwerwiegenden persönlichen Härtefalles handelt es sich vielmehr um einen Rechtsbegriff, dessen Anwendung das Bundesgericht grundsätzlich frei überprüft (unveröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 7. Dezember 1990 in Sachen D. E. 2a und vom 7. Februar 1991 in Sachen S. E. 2a).
b) Die Begrenzungsmassnahmen bezwecken in erster Linie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bestand der schweizerischen und dem der ausländischen Wohnbevölkerung und sind auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur und eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung ausgerichtet (vgl. Art. 1 lit. a und c BVO). Die Ausnahme von der zahlenmässigen Beschränkung nach Art. 13 lit. f BVO hat zum Ziel, die Anwesenheit in der Schweiz solchen Ausländern erleichtert zu ermöglichen, die an sich den Höchstzahlen zu unterstellen wären, bei denen sich dies jedoch infolge der besonderen Umstände ihres Falles als Härte auswirken würde. Da es grundsätzlich immer theoretisch möglich wäre, dass ein solcher Ausländer allenfalls auch eine Bewilligung unter
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Anrechnung auf die Höchstzahlen erhalten könnte, spielt dieser Umstand bei der Prüfung des Härtefalles entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Ausländerfragen nur eine geringe Rolle. Aus dem Verordnungstext sowie aufgrund des Ausnahmecharakters der Bestimmung ergibt sich allerdings, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Härtefalles grundsätzlich restriktiv zu handhaben sind.
Erforderlich ist, dass sich der betreffende Ausländer in einer persönlichen Notlage befindet. Das bedeutet, dass seine Lebens- und Daseinsbedingungen gemessen am durchschnittlichen Schicksal von Ausländern in gesteigertem Masse in Frage gestellt sein müssen beziehungsweise die Verweigerung von der Ausnahme der zahlenmässigen Begrenzung für den Betroffenen schwere Nachteile zur Folge hätte. Bei der Beurteilung des Härtefalles sind alle Gesichtspunkte und Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Ein Härtefall setzt nicht zwingend voraus, dass sich der Ausländer je hier aufgehalten hat, sofern sich eine Anwesenheit in der Schweiz als unabdingbar zur Vermeidung einer bedrohlichen Notlage entpuppt. Andererseits genügt die bisherige oder eine frühere Anwesenheit für sich allein nicht zur Annahme eines Härtefalles (unveröffentlichtes Urteil vom 7. Februar 1991 in Sachen S.). Wenn der Ausländer allerdings eine besonders enge Beziehung zur Schweiz hat, zum Beispiel weil er während längerer Zeit mit Anwesenheitsrecht hier lebte und gut integriert ist, kann dies die Anforderungen an die Dringlichkeit der Notlage verringern, sofern gerade auch darin eine Härte zu sehen ist, dass er seine Beziehung zur Schweiz nicht oder nicht mehr hier leben kann (vgl. zum Problem der sogenannten Rückkehrer PETER KOTTUSCH, Die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 6 ANAG, in: ZBl 87/1986, S. 544 f.). Liegt die Anwesenheit schon gewisse Zeit zurück, so sind auch die Umstände wesentlich, die zur Abreise aus der Schweiz führten. Eine Härte kann dabei darin liegen, dass der Ausländer damals nicht einfach aus dem Grunde abreiste, weil sich der Zweck des Arbeitserwerbs in der Schweiz erledigt hatte beziehungsweise dahingefallen war, sondern weil ihn ausserordentliche Gründe dazu bewogen, auf seine in der Schweiz erworbenen Rechte zu verzichten.
Infolgedessen kann insbesondere eine lange, durch Niederlassung gefestigte, frühere Anwesenheit in der Schweiz, die unter ausserordentlichen Umständen aufgegeben werden musste, die
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Annahme eines Härtefalles (mit)begründen; durch die Nichtunterstellung unter die Höchstzahlen wird dem Ausländer diesfalls erleichtert, erneut ein Anwesenheitsrecht zu erlangen, obwohl er darauf keinen Anspruch hat (unveröffentlichtes Urteil vom 7. Dezember 1990 in Sachen D. E. 2b).

5. a) Der Beschwerdeführer lebte während mehr als 20 Jahren zusammen mit seiner Frau und teilweise seinen Kindern in der Schweiz und besass die Niederlassungsbewilligung. Alle Familienmitglieder kennen die schweizerischen Verhältnisse bestens, sind hier gut assimiliert und integriert und haben sich, soweit bekannt, immer wohl verhalten. Die Kinder haben einen Grossteil ihrer Schulzeit in der Schweiz absolviert, und es ist beabsichtigt, dass sie hier die Ausbildung abschliessen. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt seit Jahren in der Schweiz und hat inzwischen sogar das Schweizer Bürgerrecht erworben. Der Beschwerdeführer war 1990 bereits wieder als Saisonnier hier tätig, blieb in dieser Zeit allerdings zwangsläufig von seiner Familie getrennt. Mit seiner Rückkehr nach Italien hat der Beschwerdeführer zwar gezeigt, dass er durchaus noch Beziehungen zu seinem Heimatland pflegt, er hatte sich von den italienischen Verhältnissen aber soweit distanziert, dass er unter Anpassungsschwierigkeiten litt. Der Beschwerdeführer hat zweifellos eine besonders enge Beziehung zur Schweiz. Somit erlangen seine heutige persönliche und familiäre Situation sowie die Umstände, unter denen er 1984 die Niederlassungsbewilligung aufgab, umso mehr Bedeutung.
Kann der Beschwerdeführer vorerst weiterhin nur als Saisonnier in der Schweiz arbeiten, ist ihm ein Familiennachzug auf Jahre verwehrt. Da ausserdem sein Arbeitgeber nur bereit zu sein scheint, ihn weiter zu beschäftigen, wenn er mindestens über eine Jahresaufenthaltsbewilligung verfügt, ist ihm zumindest erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht, weiterhin als Saisonnier zu arbeiten und damit längerfristig die Voraussetzungen zur Umwandlung einer Saison- in eine Jahresbewilligung nach Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO - beziehungsweise nach Art. 12 des Abkommens vom 10. August 1964 zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz (SR 0.142.114.548) - zu erfüllen. Ob der Beschwerdeführer allenfalls eine Anwesenheitsbewilligung unter Anrechnung auf die Höchstzahlen erhielte, ist angesichts der momentan notorisch ausgelasteten Kontingente der Kantone sowie des Umstandes, dass es
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sich bei ihm nicht um einen eigentlichen Facharbeiter handelt, höchst ungewiss. Diese Zusammenhänge sind zwar an sich nicht aussergewöhnlich, sondern können auf jeden Saisonnier zutreffen. Angesichts der früheren langjährigen und durch Niederlassung gefestigten Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Schweiz sowie der Tatsache, dass auch seine ganze Familie hier gelebt hat und mit der Schweiz in besonders enger Beziehung steht, liegt darin jedoch eine gewisse Härte.
Der Beschwerdeführer kehrte 1984 mit seiner Familie nach Italien zurück, damit er sich um seine kranken Eltern kümmern konnte. Seinem Bruder hat er dadurch ermöglicht, seinerseits in der Schweiz zu bleiben und so die Voraussetzungen zum Erwerb des Schweizer Bürgerrechts zu erfüllen; eine Möglichkeit, die er sich selber nahm. Der Beschwerdeführer ist somit nicht einfach nach Italien zurückgekehrt, weil sich der Zweck des Arbeitserwerbs in der Schweiz erledigt hatte beziehungsweise dahingefallen war. Nach seiner heutigen Darstellung trug er sich von Anfang an mit der Absicht, wieder in die Schweiz zurückzukommen, sobald es den Eltern besser ginge, was inzwischen eingetreten zu sein scheint. Wie lange dies dauern würde, war damals nicht absehbar, weshalb nicht weiter von Belang ist, ob sich der Beschwerdeführer allenfalls um eine Beibehaltung der Niederlassungsbewilligung bemüht hatte. Da dies gemäss Art. 9 Abs. 3 lit. c ANAG zudem nur bis maximal zwei Jahre nach der Abreise zulässig gewesen wäre, die Abwesenheit jedoch rund sechs Jahre dauerte, erlosch diese Bewilligung ohnehin. Massgeblich ist hingegen, dass der Beschwerdeführer mit der Rückkehr nach Italien unter Verlust seiner in der Schweiz erworbenen Rechte seine Familienpflichten wahrgenommen hat. Dadurch hat er sich, auch nach hiesigen Wertvorstellungen, moralisch vorbildlich verhalten.
b) Angesichts der besonders engen Beziehung des Beschwerdeführers zur Schweiz, der Umstände, unter denen er seine Niederlassungsbewilligung aufgab, sowie seiner familiären und persönlichen Situation sind seine Lebensbedingungen gemessen am durchschnittlichen Schicksal von Ausländern in gesteigertem Masse tangiert, wenn die Erteilung einer Anwesenheitsbewilligung von den restriktiven Anforderungen der Begrenzungsverordnung abhängt, er also namentlich nicht von den Höchstzahlen für Ausländer ausgenommen wird. Somit handelt es sich vorliegend um einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 13 lit. f BVO. Die Vorinstanz hat daher die Ausnahme von
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den Höchstzahlen zu Unrecht verweigert und dadurch Bundesrecht verletzt.

6. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid muss aufgehoben werden. Es ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Anwendung von Art. 13 lit. f BVO von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung ausgenommen ist. Die Angelegenheit geht an die Fremdenpolizei des Kantons Bern zum Entscheid über die Erteilung einer Anwesenheitsbewilligung.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 3 4 5 6

Referenzen

Artikel: Art. 13 lit. f BVO, Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO, Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO, Art. 13 lit. h BVO mehr...