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Urteilskopf

99 Ia 724


84. Urteil vom 25. September 1973 i.S. Burkhalter und Mitbeteiligte gegen den Kantonsrat des Kantons Zürich.

Regeste

Art. 85. lit. a OG. Legitimation; kant. Volksinitiative zur Einreichung einer Standesinitiative (Art. 93 BV).
- Die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde beurteilt sich einzig nach Art. 85 lit. a OG. Der Stimmbürger kann gegen die Anordnung der Volksabstimmung über eine Initiative Beschwerde führen (Erw. 1).
- Kognition des Bundesgerichts bei der Überprüfung des Zulassungsentscheids (Erw. 2).
- Anforderungen an die Einheit der Materie bei einer kant. Initiativvorlage (Erw. 3).
- Rechtsnatur der Standesinitiative (Art. 93 BV). Überprüfung des Inhalts einer Standesinitiative durch das Bundesgericht ? (Frage offen gelassen) (Erw. 4a).

Sachverhalt ab Seite 725

BGE 99 Ia 724 S. 725

A.- Nach Art. 93 Abs. 2 BV können die Kantone durch Korrespondenz das gleiche Vorschlagsrecht ausüben, das jedem der beiden Räte und jedem Mitglied derselben zusteht, die sogenannte Standesinitiative. Die Vorschläge der Kantone werden dem Bundesrat zum Bericht überwiesen und hierauf von den beiden Räten behandelt (Art. 34 Ziff. 1 und 47 Geschäftsreglement des Nationalrates vom 2. Oktober 1962, Art. 37 Ziff. 1 und 38 Geschäftsreglement des Ständerates vom 27. September 1962). Auf eine weitere gesetzliche Regelung der Standesinitiative wurde verzichtet. In der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 13. November 1968 (BBl 1968 II S. 733 ff.) sind jedoch die wesentlichen Grundsätze, wie sie der Praxis entnommen werden konnten, festgehalten. Darnach kann sich das Vorschlagsrecht der Kantone auf alles beziehen, was Gegenstand eines Gesetzes- oder Beschlussesentwurfes
BGE 99 Ia 724 S. 726
bilden kann; nur Anträge zu einem in Beratung stehenden Gegenstand dürfen nicht gestellt werden. Die Vorschläge der Kantone können sowohl in die Form einer allgemeinen Anregung als auch in die Form eines ausgearbeiteten Gesetzes- oder Beschlussesentwurfes gekleidet werden. Die Bestimmung des zur Ausübung des Vorschlagsrechts zuständigen Organs ist Sache des kantonalen Rechts (a.a.O. S. 746).
Im Kanton Zürich kann nach Art. 35 der Kantonsverfassung (KV) die Standesinitiative sowohl durch den Kantonsrat als auch auf dem Wege des Volksbeschlusses ausgeübt werden. Der Volksbeschluss kann dabei über das Vorschlagsrecht der Stimmbürger (Initiative) gemäss Art. 29 KV herbeigeführt werden (§ 1 Abs. 2 des Zürcher Gesetzes über das Vorschlagsrecht des Volkes vom 1. Juni 1969 [Initiativengesetz]). Über die Gültigkeit der Volksinitiativen bestimmt § 4 Initiativengesetz folgendes:
"Eine Initiative ist ungültig, wenn sie
1. dem Bundesrecht widerspricht;
2. der Staatsverfassung widerspricht, sofern sie nicht deren Änderung bezweckt;
3. den §§ 1 bis 3 dieses Gesetzes nicht entspricht;
4. Begehren verschiedener Art enthält, die keinen inneren Zusammenhang aufweisen, es sei denn, dass es sich um eine Initiative auf Gesamtrevision der Staatsverfassung handelt.
Über die Gültigkeit von Initiativen entscheidet der Kantonsrat. Für die Ungültigerklärung einer Initiative bedarf es einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder. Ungültig erklärte Initiativen werden dem Volk nicht zur Abstimmung unterbreitet."

B.- Im Jahre 1960 legte die Bundesversammlung das Nationalstrassennetz fest. Darnach werden im Gebiet der Stadt Zürich die N 1 (Genf-St. Margrethen) vom Sportplatz Hardturm über das Verkehrsdreieck Letten zur Aubrugg, die N 3 (Basel-Sargans) vom Verkehrsdreieck Letten bis Brunau geführt. In der Brunau zweigt von der N 3 die N 4 ab, die Zürich mit der über den Gotthard führenden N 2 verbindet. Die beiden von den nordwestlichen bzw. nordöstlichen Stadtrandpunkten Hardturm und Aubrugg gegen das Stadtinnere führenden Autobahnen vereinigen sich beim Verkehrsdreieck Letten zu der Bahn, welche zu dem am südwestlichen Stadtrand gelegenen Punkt Brunau führt. Dieser Ausschnitt aus dem Nationalstrassennetz "Hardturm und Aubrugg-Letten-Brunau" ist das sogenannte Zürcher Expressstrassen-Y (im folgenden
BGE 99 Ia 724 S. 727
auch "Ypsilon" genannt). Das generelle Projekt des Ypsilons wurde vom Bundesrat im Jahre 1962 in seinen Grundzügen genehmigt und 1969 durch ergänzenden Beschluss näher festgelegt. Nach dem heutigen Stand des Nationalstrassenbaus im Raume Zürich ist vom Ypsilon die Verbindung Aubrugg-Brunau teilweise im Bau. Was die übrigen Verkehrslinien betrifft, so sind die Nord- und Westumfahrung Zürichs (N 1-N 4) 1971 ins Nationalstrassennetz aufgenommen worden und befinden sich heute im Projektierungsstadium. Die Südostumfahrung Zürichs, die von einem Punkt ausgeht, in welchem die von Winterthur und Aubrugg ausgehenden, im Bau befindlichen Nationalstrassenabschnitte zusammentreffen, und bis zur Brunau führt, ist als kantonale Hochleistungsstrasse geplant; ihre Aufnahme ins Nationalstrassennetz wurde 1971 abgelehnt.

C.- Am 1. Dezember 1971 wurde im Kanton Zürich eine "Volksinitiative gegen das Expressstrassen-Y" eingereicht, deren Text wie folgt lautet:
"Die unterzeichneten Stimmberechtigten des Kantons Zürich verlangen:
Der Kanton Zürich reicht der Bundesversammlung gemäss Art. 93 Bundesverfassung eine Standesinitiative mit folgenden Forderungen ein:
1. Das sogenannte Expressstrassen-Y ist aus dem Nationalstrassennetz herauszunehmen.
2. Die Autobahnumfahrung ist vollständig, also einschliesslich Südumfahrung, ins Nationalstrassennetz aufzunehmen.
3. Die durch den Verzicht auf das Expressstrassen-Y eingesparten mehreren 100 Millionen Franken sind für einen beschleunigten Ausbau der Autobahnumfahrung Zürich, insbesondere aber zur Finanzierung eines umweltfreundlicheren, wenn auch teureren Projektes einzusetzen. Vor allem soll die Zerstörung von wertvollen Landschaften und Erholungsgebieten und die Zerschneidung von Wohngebieten und ganzen Gemeinden durch Tunnellösungen verhindert werden.
Begründung: Das Expressstrassen-Y wird dem Gemeinwohl mehr schaden als nützen. Seine Verwirklichung hätte die Zerstörung wesentlicher städtebaulicher Werte zur Folge. Zudem muss nach den heutigen Erkenntnissen aller Durchgangsverkehr um die Städte herumgeleitet werden. Nur mit öffentlichen, insbesondere schienengebundenen Verkehrsmitteln können die Städte sinnvoll und rationell erschlossen werden."
Der Regierungsrat des Kantons Zürich, der die Initiative als zustandegekommen erklärt und hierauf dem Kantonsrat Bericht
BGE 99 Ia 724 S. 728
und Antrag zu stellen hatte, hielt sie für ungültig. Seines Erachtens genügte das Volksbegehren den Anforderungen von § 4 Abs. 1 Initiativengesetz im wesentlichen deshalb nicht, weil es bundesrechtswidrig sei, indem es Forderungen enthalte, welche die Bundesversammlung mangels Zuständigkeit gar nicht zu erfüllen vermöge, und weil es zudem das Prinzip der Einheit der Materie verletze. In seiner Weisung vom 25. Oktober 1972 beantragte er dem Kantonsrat, die Volksinitiative gestützt auf § 4 Abs. 1 Ziff. 1 bis 4 Initiativengesetz ungültig zu erklären. In der Kantonsratssitzung vom 5. März 1973 folgte die Mehrheit der anwesenden Ratsmitglieder diesem Antrag, doch wurde die für eine Ungültigerklärung erforderliche Zweidrittelsmehrheit nicht erreicht. Die Volksabstimmung war hiermit angeordnet, und die Vorlage wurde an den Regierungsrat zur Berichterstattung und Antragsstellung zurückgewiesen.

D.- Gegen diesen Entscheid des Zürcher Kantonsrats vom 5. März 1973 führen die im Kanton Zürich Stimmberechtigten Ernst Burkhalter, Dr. Peter Liebmann-Escher und Prof. Dr. Jörg Rehberg gestützt auf Art. 85 lit. a OG staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Kantonsratsbeschluss aufzuheben. Sie glauben sich in ihren politischen Rechten verletzt, weil eine ihres Erachtens verfassungswidrige Initiative dem Volk zur Abstimmung unterbreitet wird. Die Begründung der Beschwerde, in welcher im wesentlichen die vom Zürcher Regierungsrat in der Weisung vom 25. Oktober 1972 geäusserte Ansicht vertreten wird, ist, soweit nötig, den nachstehenden Erwägungen zu entnehmen.

E.- Der als Gesamtbehörde zur Vernehmlassung zuständige Zürcher Kantonsrat hat darauf verzichtet, einen Antrag zu stellen. Eine Minderheit von 47 Ratsmitgliedern hat jedoch eigene Gegenbemerkungen zur Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend kantonale Wahlen und Abstimmungen. Die Beschwerdeführer sind Zürcher Stimmbürger und damit grundsätzlich befugt, im Zusammenhang mit einer kantonalen Volksabstimmung Beschwerde zu führen (BGE 98 I a 640
BGE 99 Ia 724 S. 729
Erw. 1 mit Verweisungen). Was die Art der von ihnen erhobenen Rügen betrifft, so ist ohne weiteres auf den Einwand einzutreten, die Initiative gegen das Expressstrassen-Y verletze den Grundsatz der Einheit der Materie. Denn das Gebot einer einheitlichen Abstimmungsvorlage ergibt sich aus dem in der Stimmfreiheit enthaltenen Anspruch der Stimmbürger, ihren Willen unverfälscht zum Ausdruck zu bringen, weshalb in seiner Nichtbeachtung unmittelbar auch eine Verletzung der politischen Stimmberechtigung liegt (BGE 99 I a 182 f., 97 I 672 je mit Verweisungen). Ob eine Stimmrechtsverletzung auch in Betracht fällt, wenn gerügt wird, dass eine Initiative dem Volk zur Abstimmung unterbreitet wird, obwohl dies wegen ihres angeblich verfassungswidrigen Inhalts nicht zulässig wäre, ist indessen näher zu prüfen. In der Vernehmlassung der 47 Kantonsräte wird die Ansicht vertreten, dass in einem solchen Falle den Stimmbürgern mehr zugestanden werde, als sie von Rechts wegen beanspruchen könnten, weshalb sie nicht beschwert und mithin auch zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert seien.
Dieser Nichteintretensantrag stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 30. September 1965 i.S. Schmid (abgedruckt in ZBl 67/1966 S. 31 ff.). In dem dort beurteilten Fall hat das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis eines Zürcher Stimmbürgers, der sich gegen die Anordnung der Abstimmung über eine angeblich verfassungswidrige Initiative wandte, verneint mit der Begründung, dass es an dem nach Art. 88 OG erforderlichen Eingriff in dessen rechtlich erhebliche Interessen fehle; werde den Stimmberechtigten eine Initiative unterbreitet, die ihnen nach der Verfassung nicht vorgelegt werden dürfte, so bedeute dies eine Erweiterung des Stimmrechts, und mithin sei die Rechtsstellung des einzelnen Stimmberechtigten nicht verschlechtert. Mit diesem Entscheid, der ausserhalb der vom Bundesgericht seit jeher. geübten Praxis steht, wurde jedoch die Besonderheit der Stimmrechtsbeschwerde und die dem Art. 88 OG in diesem Zusammenhang zukommende Tragweite verkannt. Bei der politischen Stimmberechtigung, die Schutzobjekt der in Art. 85 lit. a OG besonders vorgesehenen Beschwerde ist, handelt es sich um eine Organfunktion und damit um ein Recht, das über den Rahmen des - nach Art. 84 Abs. 1 OG verfolgbaren - individuellen verfassungsmässigen Rechts hinausgeht. Die Verletzung eines verfassungsmässigen
BGE 99 Ia 724 S. 730
Individualrechts kann wesensgemäss nur dann in Frage stehen, wenn der Beschwerdeführer in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen ist, wie Art. 88 OG dies verlangt. Mit dem politischen Stimm- und Wahlrecht dagegen übt der Bürger neben einem Individualrecht gleichzeitig auch eine Organkompetenz und damit öffentliche Funktionen aus. Eine Verletzung der politischen Stimmberechtigung kann somit in Frage stehen ohne Rücksicht darauf, ob der Bürger irgendwie in seinen persönlichen Interessen betroffen ist, und mit der Stimmrechtsbeschwerde werden immer auch öffentliche Interessen verfolgt (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, Zürich 1941, S. 183 ff., Verfassungsgerichtsbarkeit, Zürich 1933, S. 58; EMIL KIRCHHOFER, Über die Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, ZSR N.F. Bd 55, S. 161 f.). Einzige Voraussetzung der Beschwerdebefugnis ist daher die Stimmberechtigung bei der in Frage stehenden Abstimmung oder Wahl. Diese Auffassung hat das Bundesgericht von der Praxis des Bundesrats übernommen, der aufgrund des bis zum 1. Februar 1912 geltenden Art. 189 Abs. 4 OG für die Behandlung von Stimmrechtsbeschwerden zuständig war. Die Vorschrift blieb unverändert, weshalb in Art. 178 Ziff. 2 OG, dem heutigen Art. 88 OG, auch kein Anlass zu einer anderen Betrachtungsweise gesehen wurde (BGE 59 I 121ff.). Auch in neuesten Entscheiden beurteilt das Bundesgericht die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde einzig nach Art. 85 lit. a OG; nur wenn, wie bei der indirekten Behördenwahl, keine kantonale Wahl bzw. Abstimmung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt und daher nur die Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nach Art. 84 lit. a OG in Frage kommt, ist auf Art. 88 OG abzustellen (BGE 99 I a 448 mit Hinweis aufBGE 38 I 24). Ob die Stimmbürger einen Anspruch darauf haben, dass ihnen eine verfassungswidrige Initiative nicht unterbreitet wird, ist eine Frage der materiellen Begründetheit der Beschwerde (BGE 96 I 643 /46). Ihre Beantwortung hängt davon ab, wie Inhalt und Umfang der Stimmberechtigung im kantonalen Recht normiert sind, d.h. an welche Voraussetzungen die Anordnung einer Volksabstimmung geknüpft ist. Auf die vorliegende Stimmrechtsbeschwerde ist daher auch einzutreten, soweit sie sich gegen die Anordnung der Volksabstimmung wendet mit der Begründung, die Initiative enthalte bundesrechtswidrige Forderungen.
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2. Nach § 4 Initiativengesetz ist eine Initiative, die einen der genannten Ungültigkeitsgründe erfüllt und vom Kantonsrat ungültig erklärt wird, dem Volk nicht zur Abstimmung zu unterbreiten. Diese Vorschrift setzt dem Inhalt der Volksbegehren gewisse rechtliche Grenzen und bestimmt damit den Umfang des Initiativrechts näher. Wenn dabei die Beurteilung der Rechtmässigkeit von Volksinitiativen dem Kantonsrat, also einer politischen Behörde, zusteht, so wird damit dem demokratischen Prinzip Rechnung getragen. Dies ist im zürcherischen Recht in besonderem Masse der Fall, indem nach § 4 Abs. 2 Initiativengesetz für die Ungültigerklärung einer Initiative eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Ratsmitglieder nötig ist. Scheint eine Initiativvorlage den gesetzlichen Erfordernissen nicht zu genügen, so soll man eher das Volk selbst darüber entscheiden lassen, als sie ihm vorzuenthalten. Dem entspricht die in andern Kantonen etwa zu findende Regelung, dass nur augenscheinlich verfassungswidrige Volksbegehren der Volksabstimmung nicht zu unterbreiten sind (BGE 98 I a 640). Diesem im kantonalen Recht verankerten Vorbehalt zugunsten des Volkswillens trägt das Bundesgericht Rechnung, indem es die ihm grundsätzlich zustehende freie Überprüfungsbefugnis mit Zurückhaltung ausübt und einen Zulassungsentscheid der kantonalen Behörde nur dann aufhebt, wenn das in Frage stehende Volksbegehren offensichtlich rechtswidrig ist (BGE 98 I a 637, 640 f.).

3. Eine Initiative ist nach § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Initiativengesetz ungültig, wenn sie Begehren verschiedener Art enthält, die keinen inneren Zusammenhang aufweisen, es sei denn, dass es sich um eine Initiative auf Gesamtrevision der Staatsverfassung handelt. Dieses im kantonalen Gesetz ausdrücklich verankerte Prinzip der Einheit der Materie ergibt sich schon aus dem Bundesrecht. Die im bundesrechtlich gewährleisteten politischen Stimmrecht enthaltene Stimmfreiheit verleiht dem Stimmberechtigten den Anspruch, seinen Willen unverfälscht kundzugeben, d.h. seine Stimme gemäss seinem wirklichen Willen abzugeben. Hat eine Vorlage nämlich zwei verschiedene Materien zum Gegenstand, so kann der Stimmberechtigte, der inbezug auf die eine die vorgeschlagene Änderung wünscht, inbezug auf die andere dagegen nicht, dies nicht zum Ausdruck bringen, sondern er hat nur die Möglichkeit, beide Änderungen zu befürworten oder abzulehnen. Bei einer Initiative
BGE 99 Ia 724 S. 732
kann die Verbindung mehrerer Materien in einer Vorlage auch die Beibringung der vorgeschriebenen Unterschriftenzahl ungebührlich erleichtern (BGE 96 I 652 Erw. 7, 99 I a 182, je mit Hinweisen auf Literatur und frühere Entscheide). Die Schutzfunktion des Prinzips der Einheit der Materie, das die unverfälschte Willenskundgabe bei der Unterzeichnung einer Initiative und bei der Abstimmung darüber gewährleistet, bezieht sich demnach auf das kantonale Abstimmungsverfahren. Von Bedeutung ist hier bloss die in der Initiativvorlage enthaltene Fragestellung im Hinblick auf den Anspruch der Stimmbürger, ihren Willen unverfälscht zu äussern. Dass die Zürcher Initiative über das Expressstrassen-Y die Einreichung einer Standesinitiative zum Gegenstand hat und die beanstandeten Begehren nur einen den eidgenössischen Räten zu unterbreitenden Vorschlag formulieren, ist in diesem Zusammenhang nicht wesentlich.
Nach Auffassung der Beschwerdeführer fehlt den in der Initiative gestellten Begehren der innere Zusammenhang im Sinne von § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Initiativengesetz. Wenn Ziffer 1 der Initiative die Streichung des Expressstrassen-Y und Ziffer 2 dagegen die Aufnahme der vollständigen Autobahnumfahrung Zürichs und insbesondere die Neuaufnahme der Südumfahrung ins Nationalstrassennetz verlange, so werde damit als Alternative vorgeschlagen, was in Wirklichkeit keine sei. Die Zweckbestimmungen der Expressstrassen einerseits und des Autobahnumfahrungsrings anderseits zeigten nämlich klar, dass der Verzicht auf die Ausführung des einen Projektes nicht zwingend die Verwirklichung des andern nach sich ziehe. Der Stimmbürger müsse somit nicht notwendigerweise gegen das Ypsilon und für die Südumfahrung bzw. für das Ypsilon und gegen die Südumfahrung eingestellt sein. Bei der Zusammenfassung beider Begehren in einer einzigen Vorlage müsse aber der Stimmbürger, der sich gegen das Expressstrassen-Y aussprechen möchte, gezwungenermassen für die Südumfahrung stimmen und umgekehrt sei derjenige, der die Südumfahrung verwirklicht sehen möchte, gezwungen, gegen das Y zu stimmen. Angesichts der ganz verschiedenen Funktion von Expressstrassen-Y und Südumfahrung könne man aber sehr wohl beide Werke befürworten, aber auch - aus grundsätzlicher Gegnerschaft gegen Autobahnen - beide ablehnen wollen. Die Volksabstimmung vermöge daher kaum den wirklichen und unverfälschten
BGE 99 Ia 724 S. 733
Volkswillen zum Ausdruck zu bringen, und es bestehe auch keine Gewähr dafür, dass die Initiative nicht erst nur wegen der Zusammenfassung dieser verschiedenen Meinungsgruppen zustandekommen konnte. Die Einheitlichkeit der Vorlage sei auch bei Ziffer 3 der Initiative nicht gegeben, die Forderungen enthalte, welche unter sich sowie zu den Begehren von Ziffer 1 und 2 in keinem inneren Zusammenhang stünden. Die Festlegung eines bestimmten Verwendungszwecks für die infolge der Streichung des Ypsilons freiwerdenden Millionen, der beschleunigte Ausbau der Autobahnumfahrung, die Finanzierung eines umweltfreundlicheren Projekts sowie die generelle Projektierung von Tunnellösungen seien Einzelpostulate, denen die Anrufung des Umweltschutzgedankens noch nicht den nötigen inneren Zusammenhang verleihe, und es gehe dabei nicht weniger um Einzelfragen als bei der Streichung des Expressstrassen-Y und die Ergänzung des nordwestlichen Autobahnumfahrungshalbrings um eine Autobahn-Südumfahrung.
Diese Einwände, die im wesentlichen auch der Regierungsrat angebracht hat, erscheinen nicht von vornherein unbegründet. Geht man davon aus, dass das Expressstrassen-Y und die Südostumfahrung Zürichs zwei verschiedene Funktionen erfüllen und eine Verkehrsader nicht die andere ersetzen kann, so muss der Umstand, dass mit einem einzigen Ja oder Nein das eine Projekt befürwortet und gleichzeitig das andere abgelehnt wird, den Stimmbürger in das geschilderte Dilemma bringen. Der streitigen Initiative liegt jedoch die Vorstellung zugrunde, dass der Verkehr von der Aubrugg zur Brunau statt über das mitten durch die Stadt Zürich führende Y über den Südost-Halbring geleitet werden könne. Technisch ist das immerhin für den von auswärts anfallenden Verkehr nicht undenkbar, da Aubrugg und Brunau durch die Südostumfahrung, wenn auch über einen weiteren Weg, miteinander verbunden werden. Damit wird aber eine in sich geschlossene Alternativlösung zu der von den Behörden beschlossenen Linienführung des Autobahnnetzes im Raume Zürich vorgeschlagen. Wer der Ansicht ist, dass die Südostumfahrung das Expressstrassen-Y nicht zu ersetzen vermag oder jedenfalls keine bessere Lösung darstellt, der versagt der Initiative eben die Unterstützung und gibt damit dem Wunsche Ausdruck, dass es bei dem von den Behörden beschlossenen Verkehrskonzept bleiben soll. Die zwei verschiedenen
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Fragen, ob der Stimmbürger die Fertigstellung des Ypsilons befürworte oder nicht und ob er daneben auch die Aufnahme der Südostumfahrung ins Nationalstrassennetz wünsche oder nicht, sind in der Initiative, wird sie so verstanden, gar nicht gestellt. Wenn der Regierungsrat dies meint, so deshalb, weil er gestützt auf das geltende Gesamtverkehrskonzept für den Raum Zürich davon ausgeht, die beiden Projekte dienten so verschiedenen Zwecken, dass sie gar nicht miteinander in Verbindung gebracht werden könnten und mithin das eine das andere auch nicht ersetzen könne. Den Initianten ist es jedoch unbenommen, für die Linienführung der Autobahnen im Raume Zürich von einer anderen Gesamtlösung auszugehen, in deren Rahmen die Südostumfahrung die Alternative zum Ypsilon sein soll. Ob dieser Vorschlag eine technisch bessere Lösung darstellt, die sich in das bereits verwirklichte oder im Bau befindliche Autobahnnetz einfügen lässt und damit überhaupt einen Sinn hat, ist eine andere Frage. Dies ist die Frage, die dem Stimmbürger zur Abstimmung vorgelegt wird und die sich ohne weiteres mit einem Ja oder Nein beantworten lässt. Was die in Ziffer 3 der Initiative gestellten Forderungen betrifft, so ist ihr sachlicher Zusammenhang untereinander sowie mit dem in den vorstehenden Ziffern enthaltenen Vorschlag gegeben. Dass der Antrag, die durch den Verzicht auf das Expressstrassen-Y eingesparten mehreren 100 Millionen Franken für einen beschleunigten Ausbau der Autobahnumfahrung Zürichs zu verwenden, in direktem Zusammenhang steht mit dem Begehren, anstelle des Ypsilons die Südostumfahrung Zürichs als Nationalstrasse zu erstellen, ist offensichtlich. Ob es überhaupt zutrifft, dass mit dem Verzicht auf den Bau des Ypsilons Mittel freiwürden, die für den Nationalstrassenbau im Raume Zürich verwendet werden könnten, ist in diesem Zusammenhang nicht wesentlich. Auch die weiteren Forderungen eines beschleunigten Ausbaus der Autobahnumfahrung, eines umweltfreundlicheren Projektes, wie insbesondere von Tunnellösungen, stehen alle im Sinne des einen Vorschlags, mit den im einzelnen erwähnten Mitteln diejenige Lösung für die Autobahn im Raume Zürich zu verwirklichen, die nach Ansicht der Initianten die Stadtbewohner am wenigsten belastet. Wohl lässt sich sagen, dass derjenige, der die in der Initiative vorgeschlagene Alternativlösung der Südostumfahrung befürwortet, noch nicht die in Ziffer 3 enthaltenen
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Empfehlungen an die zuständigen Behörden zu unterstützen braucht. Wenn er mit der Annahme der Südostumfahrung allenfalls gegen seinen Willen auch den für ihre Ausführung gemachten Vorschlägen zustimmen muss, so liegt darin aber noch keine Verletzung der Stimmfreiheit. Es ergibt sich vielmehr aus der Natur einer Sachvorlage, die den Antrag zur Erstellung eines Werkes und gleichzeitig einen bestimmten Vorschlag für dessen Ausführung enthält, dass der Stimmbürger sich für Annahme oder Verwerfung des ihm unterbreiteten Vorschlags als eines Ganzen entschliessen muss, auch wenn er mit einzelnen Teilen des Projekts nicht einverstanden ist und eine andere Ausführung vorziehen würde (BGE 90 I 75; 99 I a 182). Die Initiative, die mit dem Verzicht auf das Expressstrassen-Y und der Aufnahme der Südostumfahrung ins Nationalstrassennetz eine Alternativlösung zu dem von den Behörden beschlossenen Verkehrskonzept im Raume Zürich vorschlägt und für den Fall ihrer Annahme Empfehlungen zu ihrer Verwirklichung an die Behörden richtet, ist auf den einen Zweck einer besseren Lösung des Autobahnproblems im Raume Zürich ausgerichtet, der den einzelnen Begehren den erforderlichen inneren Zusammenhang verleiht. Die Rüge, sie verletze das Gebot der Einheit der Materie, ist daher unbegründet.

4. Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, das Volksbegehren über das Expressstrassen-Y sei bundesrechtswidrig, weil es die Einreichung einer Standesinitiative verlange, mit welcher von der Bundesversammlung gefordert werde, was gar nicht in ihren Geschäftsbereich falle und daher nicht Gegenstand des Vorschlagsrechts nach Art. 93 BV sein könne. Darin sehen sie eine Verletzung von § 4 Ziff. 1-3 Initiativengesetz. Der behauptete Verstoss gegen § 4 Ziff. 2 und 3 Initiativengesetz wird damit begründet, dass gleichzeitig die kantonalen Bestimmungen der Art. 29 und 35 KV sowie von § 1 Abs. 2 Initiativengesetz, welche die Ausübung der Standesinitiative auf dem Wege der Volksinitiative vorsehen, verletzt seien, weil diese keine weiterreichende Bedeutung als der missachtete Art. 93 BV haben könnten. Diese einzelnen Rügen führen indessen alle zu der einen Frage, ob die Initiative einen nach Art. 93 BV unzulässigen und damit bundesrechtswidrigen Inhalt habe. Nach Ansicht der Beschwerdeführer trifft dies zu, weil die in Ziffer 3 der Initiative enthaltenen Begehren, die mit der Standesinitiative an die eidgenössischen Räte gerichtet werden sollen,
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von diesen materiell gar nicht behandelt werden könnten. Die Bundesversammlung sei lediglich zum Entscheid über die allgemeine Linienführung und die Art der zu errichtenden Nationalstrassen zuständig. Die Forderungen der Initianten, dass die durch Verzicht auf das Expressstrassen-Y freiwerdenden Millionen Franken für einen beschleunigten Ausbau der Autobahnumfahrung Zürichs und insbesondere zur Finanzierung eines umweltfreundlicheren Projektes einzusetzen seien, und dass vor allem Tunnellösungen zu finden seien, beträfen jedoch die Ausarbeitung der generellen Projekte und das Bauprogramm, was nach der massgebenden Bundesgesetzgebung in die Kompetenz des Bundesrats sowie anderer Instanzen falle. Von der Bundesversammlung, die zur Vornahme solcher Verwaltungsakte nicht zuständig sei und gegenüber dem Bundesrat auch kein verbindliches Weisungsrecht besitze, werde somit etwas Unmögliches, nach Bundesrecht Kompetenzwidriges verlangt, was daher nicht Gegenstand einer Standesinitiative sein könne. Die Bundesrechtswidrigkeit von Ziffer 3 der Initiative habe zur Folge, dass der angefochtene Kantonsratsbeschluss, der die Gültigkeit der Initiative als Ganzes zum Gegenstand habe, vollständig aufzuheben sei. Dies umsomehr, als sich der Kantonsrat mit Rücksicht auf die Unteilbarkeit dieser Initiative gegen eine Streichung der Ziffer 3 entschieden habe.
a) Mit der Rüge, das kantonale Volksbegehren erstrebe die Einreichung einer Standesinitiative mit Begehren, über welche die Eidgenössischen Räte gar nicht entscheiden könnten, wird dem Bundesgericht eine Frage unterbreitet, die zu überprüfen es kaum berufen ist. Das scheint schon deshalb fraglich, weil die Bundesversammlung als Trägerin der obersten Gewalt des Bundes (Art. 71 BV) über ihre Zuständigkeit selbst entscheidet. Zudem sind nach Art. 113 Abs. 3 BV die Bundesgesetze und allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüsse der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen, was wohl nicht weniger gelten kann, wenn es um die Feststellung der Rechtmässigkeit eines Begehrens geht, mit dem von den Eidgenössischen Räten ein bestimmter Erlass verlangt wird. Fraglich ist sodann auch, ob Art. 93 BV dem Inhalt einer Standesinitiative rechtliche Grenzen setzt und mithin die Gültigkeitserfordernisse von § 4 Ziff. 1-3 des Zürcher Initiativengesetzes überhaupt zu beachten wären; könnte doch der Kanton, der dem Volk die Ausübung des Vorschlagsrechts zugesteht, keine weiteren Anforderungen
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stellen als das Bundesrecht selbst. Das Vorschlagsrecht im Sinne von Art. 93 BV erschöpft sich nämlich darin, dass die Standesinitiative mit ihrer Einreichung bei der Bundesversammlung anhängig wird und die Räte verpflichtet sind, sie in Beratung zu ziehen und zu beschliessen, ob sie ihr Folge geben wollen oder nicht. Beschliessen die Räte, einer Standesinitiative keine Folge zu geben, so ist das Geschäft erledigt. Eine rechtliche Verbindlichkeit, wie etwa der auf Verfassungsrevision gerichteten Initiative (Art. 120 f. BV), die dem Volk auch dann zu unterbreiten ist, wenn die Räte mit ihr nicht einverstanden sind, kommt ihr nicht zu. Sie steht vielmehr dem in Art. 57 BV gewährleisteten Petitionsrecht nahe, das die zuständige Behörde nur verpflichtet, ein eingereichtes Begehren zur Kenntnis zu nehmen (BBl 1964 II 1646, 1969 II 918; Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1954 Nr. 11, 1955 Nr. 21; BGE 98 I a 488). Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben. Denn es kann ohnehin nicht gesagt werden, die Initiative wolle die Bundesversammlung zu einem kompetenzwidrigen Akt auffordern.
b) Nach der bundesrechtlichen Kompetenzordnung liegt der Entscheid über die allgemeine Linienführung und die Art der zu errichtenden Nationalstrassen bei der Bundesversammlung (Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen vom 8. März 1960 [NSG]). Hierauf legt der Bundesrat nach Anhören der Kantone das Bauprogramm fest, und er genehmigt sodann das vom Eidgenössischen Amt für Strassen- und Flussbau in Zusammenarbeit mit den interessierten Bundesstellen und Kantonen auszuarbeitende generelle Projekt (Art. 11 Abs. 2-20 NSG); nach Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses der Bundesversammlung über die Festlegung des Nationalstrassennetzes vom 21. Juni 1960 entscheidet der Bundesrat bei der Genehmigung der generellen Projekte endgültig über die Linienführung der Nationalstrassen im Gebiete der Städte. Ist das anschliessende Einspracheverfahren durchgeführt, so ist es Sache des Eidgenössischen Departements des Innern, die bereinigten Ausführungsprojekte zu genehmigen und hiermit für die Bauausführung freizugeben (Art. 28 Abs. 2 NSG). Was die Finanzierung der Nationalstrassen betrifft, so werden die Einzelheiten durch allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss geregelt, und der Bundesrat entscheidet im Einzelfalle über die Verteilung der Erstellungskosten auf Bund und Kantone (Art. 58 NSG).
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Gemäss Art. 3 Abs. 3 des Bundesbeschlusses über die Verwendung des für den Strassenbau bestimmten Anteils am Treibstoffzollertrag vom 23. Dezember 1959 legt der Bundesrat nach Anhören der Kantone die Finanzierungspläne auf. Der Bundesrat, dem nach Art. 54 NSG die Oberaufsicht über die Nationalstrassen zusteht, sorgt unter anderem auch für einen wirtschaftlichen Bauvorgang.
Den Beschwerdeführern kann darin beigepflichtet werden, dass die Forderungen, die in Ziffer 3 der mit dem Initiativbegehren verlangten Standesinitiative aufgestellt sind, in den Kompetenzbereich des Bundesrats und anderer Bundesstellen fallen. Damit ist die Initiative aber noch nicht bundesrechtswidrig. Die Beschwerdeführer, die einzig Ziffer 3 beanstanden, übersehen nämlich die Bedeutung der beiden vorangehenden Ziffern der Initiative. Mit dem Begehren um Verzicht auf das Expressstrassen-Y und Aufnahme der Südostumfahrung ins Nationalstrassennetz wird von den Eidgenössischen Räten eine Änderung der allgemeinen Linienführung und damit ein Entscheid verlangt, der unbestrittenermassen in ihren Geschäftsbereich fällt. Wird aber die allgemeine Linienführung geändert, so müssen auch das generelle Projekt und das Bauprogramm geändert und die Finanzierungsmodalitäten angepasst werden. Sollte die Bundesversammlung dem in Ziffer 1 und 2 enthaltenen Begehren entsprechen, so könnte sie gleichzeitig auch dem Bundesrat die in Ziffer 3 der Initiative verlangten Massnahmen vorschlagen. Ob dies durch verbindliche Weisung geschehen dürfte, mag dahingestellt bleiben (vgl. dazu AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Neuchâtel 1967, Nr. 1369), denn die Forderungen von Ziffer 3 könnten jedenfalls nicht deshalb für ungültig gehalten werden, weil sie dem Bundesrat nur in Form einer blossen Empfehlung unterbreitet werden könnten. Abgesehen davon wären die mit der Standesinitiative zur näheren Ausgestaltung, zu Bauprogramm und Finanzierung der Südostumfahrung gemachten Vorschläge vom Bundesrat allenfalls auch im Sinne einer Äusserung des Kantons entgegenzunehmen, den anzuhören er ohnehin verpflichtet ist. Wenn die Initiative über das Expressstrassen-Y, wie die Beschwerdeführer meinen, über die in Ziffer 3 enthaltenen Begehren einen Entscheid der Eidgenössischen Räte selbst verlangt, so muss sie deswegen nicht ungültig sein. Kommt der Standesinitiative doch keine rechtliche Verbindlichkeit zu, und
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steht es im Belieben der Bundesversammlung, ob überhaupt und wie ihr Folge gegeben werden soll, so kann ein über ihre Kompetenzen hinausgehendes Begehren immer noch im Rahmen des rechtlich Möglichen berücksichtigt werden.
Der Regierungsrat hat in seiner Weisung vom 25. Oktober 1972 zum Nachweis der Bundesrechtswidrigkeit der Initiative ergänzend ausgeführt, dass sie von der Bundesversammlung ein Zurückkommen auf ihre Beschlüsse von 1960 verlange, die jedoch angesichts der fortgeschrittenen Bauarbeiten unwiderruflich geworden seien. Dieses Argument wird in der Beschwerde jedoch nicht aufgenommen, so dass darauf nicht einzugehen ist.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

Dispositiv

Referenzen

BGE: 96 I 643, 96 I 652, 90 I 75

Artikel: Art. 93 BV, Art. 85 lit. a OG, Art. 88 OG, Art. 93 Abs. 2 BV mehr...