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Ecriture agrandie
 
Chapeau

150 III 83


9. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Aa. Inc. gegen Ba. AG und C. GmbH (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_290/2023 und andere vom 29. November 2023

Regeste

Art. 4 LPM; marque d'agent.
Il n'y a pas lieu de poser des exigences trop strictes en ce qui concerne l'identité du cocontractant autorisé à faire usage de la marque à l'encontre duquel l'art. 4 LPM est invoqué: sont visés non seulement les dépôts accomplis par le cocontractant lui-même, mais aussi ceux effectués par ses organes, associés, auxiliaires, des sociétés affiliées du groupe ou des hommes de paille, dans la mesure où de tels dépôts sont intervenus en lien avec l'usage de la marque dans le cadre de ladite autorisation (consid. 3).

Faits à partir de page 83

BGE 150 III 83 S. 83

A.

A.a Die Aa. Inc. (Klägerin) ist eine US-amerikanische Gesellschaft. Sie ist eine weltweit tätige Herstellerin von Plüschtieren.
Die Ba. AG (Beklagte 1) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Sie bezweckt im Wesentlichen die Übernahme, den Kauf
BGE 150 III 83 S. 84
und Verkauf, die Verwertung, das Halten, die Verwaltung und die Belastung von Lizenzen und anderen Immaterialgüterrechten aller Art im In- und Ausland. Sie erbringt Management- und Beratungsdienstleistungen für Gruppengesellschaften und Dritte im In- und Ausland sowie Lagerungs- und Logistikdienstleistungen. Sie gehört zur "B.-Gruppe", zu der namentlich auch die Bb. AG mit Sitz in der Schweiz sowie die Bc. GmbH mit Sitz in Deutschland gehören. Bei allen drei Gesellschaften ist D. in exekutiver Organstellung (Delegierter des Verwaltungsrats bei den Schweizer Aktiengesellschaften bzw. Geschäftsführer der deutschen GmbH) tätig.
Die C. GmbH (Beklagte 2) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung deutschen Rechts mit Sitz in Deutschland. Sie ist eine international tätige Herstellerin von Plüschtieren.

A.b Im Jahr 2010 schlossen die Klägerin und die Bc. GmbH eine als "Distributorship Agreement" bezeichnete Vereinbarung ab, in der die Klägerin die Bc. GmbH zur exklusiven Vertreiberin für ihre Produkte in den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz (sog. DACH-Region) ernannte. Die Klägerin kündigte das Distributorship Agreement am 14. Februar 2019 per 18. Mai 2019. Seither vertreibt die Ab. Ltd. mit Sitz im Vereinigten Königreich die Produkte der Klägerin in der DACH-Region.

A.c Die Klägerin stellt Plüschtiere mit übergrossen Köpfen und Augen her, die überdies über einen sog. "Hangtag", d.h. ein angehängtes Schildchen verfügen, auf dem der Name des Plüschtiers, dessen "Geburtsdatum" und dessen "Geschichte" abgedruckt sind. Diese Plüschtiere wurden in der DACH-Region (mindestens während einiger Jahre) auch mit der Bezeichnung "Glubschi" bzw. "Glubschis" - einem Hinweis auf deren übergrosse Augen ("Glubschaugen") - beworben. Zwar befanden sich die Bezeichnungen "Glubschi" bzw. "Glubschis" nie auf den Plüschtieren selbst, sie waren aber auf Prospekten, "Point of Sale"-Werbematerial (bzw. Plüschtierständern), Merchandising-Artikeln etc. abgedruckt.

A.d Am 29. April 2013 hinterlegte die Beklagte 1 in der Schweiz die Wortmarke CH 645 779 "Glubschi" und am 4. November 2015 gestützt auf eine deutsche Basismarke die internationale Wortmarke IR 1 281 710 "Glubschis". Ebenfalls meldete die Beklagte 1 am 4. November 2015 gestützt auf eine deutsche Basismarke ein "Glubschi"-Logo als internationale Wort-/Bildmarke (IR 1 285 540) an.

A.e Im Oktober 2019 - also nach Beendigung des Distributorship Agreement zwischen der Klägerin und der Bc. GmbH - kündigte
BGE 150 III 83 S. 85
die Beklagte 2 an, in der zweiten Jahreshälfte 2020 in Kooperation mit der Beklagten 1 eine "Glubschi"-Plüschtierlinie auf den Markt zu bringen. Die angekündigten Plüschtiere sollten übergrosse Augen und Köpfe haben sowie über einen "Hangtag" verfügen, auf dem der Name und das "Motto" des Plüschtiers abgedruckt sind. Zudem wurde das Logo der neuen Plüschtierlinie vorgestellt.

A.f Nachdem die Klägerin am 10. Oktober 2019 die Wortmarke CH 737 011 "GLUBSCHIS" in der Schweiz als Marke hinterlegt hatte, wurde sie von der Beklagten 1 mit Anwaltsschreiben vom 12. November 2019 unter Hinweis auf die Marke IR 1 281 710 "Glubschis" abgemahnt. Die Beklagte 1 verlangte, dass die Klägerin von einer kennzeichenmässigen Verwendung für unter anderem Plüschtiere absehe, eine entsprechende Unterlassungserklärung abgebe und die Marke löschen lasse.
Die Klägerin wies diese Aufforderung mit Anwaltsschreiben vom 18. November 2019 zurück und verlangte ihrerseits, dass die Beklagte 1 ihre "Glubschi"-Marken (d.h. IR 1 285 540, IR 1 281 710 und CH 645 779) auf die Klägerin übertrage und von einem kennzeichenmässigen Gebrauch der Zeichen "Glubschi" bzw. "Glubschis" absehe. Weiter mahnte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 4. Dezember 2019 auch die Beklagte 2 ab. Beide Beklagten wiesen die Abmahnungen der Klägerin zurück.

B.

B.a Die Klägerin erhob in der Folge beim Handelsgericht des Kantons Aargau Klage und beantragte neben dem Verbot der Verwendung verschiedener im Rechtsbegehren abgebildeter Plüschtiere (Antrags-Ziff. 1), der Auskunft und Rechnungslegung (Antrags-Ziff. 2) sowie der finanziellen Wiedergutmachung nach erfolgter Rechnungslegung (Antrags-Ziff. 3), es sei die Marke CH 645 779 "Glubschi" sowie der Schweizer Teil der internationalen Marken IR 1 281 710 GLUBSCHIS und IR 1 285 540 GLUBSCHIS (fig.) der Beklagten 1 für sämtliche beanspruchten Waren für nichtig zu erklären (Antrags-Ziff. 4).

B.b Mit Teilurteil vom 25. April 2023 hiess das Handelsgericht Antrags-Ziffern 1 und 2 im Wesentlichen gut. Antrags-Ziffer 4 hiess es lediglich teilweise gut, indem es die Schweizer Marke der Beklagten 1 für bestimmte Produkte für nichtig erklärte (Dispositiv-Ziff. 1.4); im Übrigen wies es das Klagebegehren ab (Dispositiv-Ziff. 1.5).
Das Handelsgericht liess das Argument der Klägerin nicht gelten, dass es sich bei den von ihr angegriffenen Marken der Beklagten 1
BGE 150 III 83 S. 86
um unzulässige Agentenmarken handle, sondern erklärte - mangels rechtserhaltenden Gebrauchs - lediglich die Marke CH 646 779 "Glubschi" mit Bezug auf verschiedene beanspruchte Waren (nicht aber für Spiele, Spielzeug und Plüschtiere) für nichtig.

C. Die Klägerin erhob gegen das Teilurteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 25. April 2023 Beschwerde mit dem Antrag, es seien Dispositiv-Ziffern 1.4 und 1.5 des angefochtenen Teilurteils aufzuheben und es seien die Schweizer Wortmarke CH 645 779 "Glubschi" sowie der Schweizer Teil der internationalen Marken IR 1 281 710 GLUBSCHIS und IR 1 285 540 GLUBSCHIS (fig.) der Beklagten 1 für sämtliche beanspruchten Waren für nichtig zu erklären. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht Dispositiv-Ziffern 1.4 und 1.5 des angefochtenen Teilurteils entsprechend dem Eventualantrag der Klägerin auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung der von der Klägerin geltend gemachten Schutzverweigerung hinsichtlich der strittigen Marken CH 645 779 "Glubschi", IR 1 281 710 GLUBSCHIS und IR 1 285 540 GLUBSCHIS (fig.) für sämtliche beanspruchten Waren (d.h. auch für Spiele, Spielzeug und Plüschtiere) an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)

Considérants

Aus den Erwägungen:
Beschwerde der Klägerin (4A_292/2023):

3. Die Klägerin rügt, die Vorinstanz habe bei der Beurteilung, ob es sich bei den von der Beklagten 1 eingetragenen Marken um Agentenmarken im Sinne von Art. 4 MSchG (SR 232.11) handle, Bundesrecht verletzt.

3.1 Die Vorinstanz liess das Argument der Klägerin nicht gelten, dass es sich bei den von ihr angegriffenen Marken CH 645 779 "Glubschi", IR 1 281 710 GLUBSCHIS und IR 1 285 540 GLUBSCHIS (fig.) um sogenannte Agentenmarken (Art. 4 MSchG) handle, die nach Art. 52 MSchG zu löschen seien, da deren Anmeldung durch die Beklagte 1 ohne Zustimmung der Klägerin noch während der Dauer des Vertriebsverhältnisses erfolgt sei. Sie erwog mit Verweis auf ihre Erwägungen zu dem von ihr verneinten vertraglichen Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten 1, das Distributorship Agreement aus dem Jahr 2010 sei zwischen der Klägerin und der
BGE 150 III 83 S. 87
Bc. GmbH geschlossen worden. Die Beklagte 1 sei demgegenüber in keinem Vertragsverhältnis zur Klägerin gestanden. Folglich könne sich die Klägerin nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gegenüber der Beklagten 1 nicht auf Art. 4 MSchG berufen. In der Folge prüfte die Vorinstanz den klägerischen Einwand des Nichtgebrauchs der Schweizer Marke CH 646 779 "Glubschi" und erklärte die Marke mangels rechtserhaltenden Gebrauchs (Art. 12 MSchG) mit Bezug auf verschiedene beanspruchte Waren (nicht aber für Spiele, Spielzeug und Plüschtiere) für nichtig.

3.2

3.2.1 Der besondere Schutzausschlussgrund der eingetragenen Marke nach Art. 4 MSchG beruht - ähnlich wie die relativen Ausschlussgründe - auf dem Vorbestehen bestimmter Drittzeichen; diese sind zwar im Inland nicht als Marke eingetragen, aber vom besser Berechtigten im In- oder Ausland benutzt worden. Die Norm bezweckt den Schutz des wirtschaftlichen Inhabers einer Marke gegenüber einem Agenten, Vertreter oder einem anderen zur Nutzung des Zeichens während der Dauer der Zusammenarbeit Ermächtigten, der das Zeichen ohne Ermächtigung auf seinen Namen hinterlegt oder die Eintragung nach Beendigung der Zusammenarbeit weiterhin behält. Dieser Schutz beruht auf der Annahme, dass der Nutzungsberechtigte gegenüber dem Inhaber aufgrund der Zusammenarbeit einer Interessenwahrungs- bzw. Loyalitätspflicht unterliegt, die einer Aneignung der Marke entgegensteht (BGE 143 III 216 E. 2.1 mit Hinweisen). Die vom Gesetzgeber anvisierte besondere Konstellation setzt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung einen Vertrag zwischen dem wirklichen und dem angemassten Inhaber der Marke voraus, der die Wahrung der geschäftlichen Interessen des Geschäftsherrn sowie eine Ermächtigung zum Gebrauch einer fremden Marke zum Inhalt hat (BGE 143 III 216 E. 2.1; BGE 131 III 581 E. 2.3; je mit Hinweisen, vgl. auch Urteil 4A_128/2013 vom 30. September 2013 E. 3.2.1, nicht publ. in: BGE 139 III 424).

3.2.2 Entgegen dem angefochtenen Entscheid hat sich das Bundesgericht bisher nicht mit der Konstellation der Eintragung einer Marke durch eine nahestehende Person des nutzungsberechtigten Vertragspartners befasst. Der Umstand, dass Art. 4 MSchG ("Eintragung zugunsten Nutzungsberechtigter") nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein Vertragsverhältnis voraussetzt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei um einen im Markenrecht begründeten besonderen Schutzausschlussgrund und nicht um einen
BGE 150 III 83 S. 88
vertraglichen Anspruch handelt. Es wird in der Lehre daher zu Recht hervorgehoben, dass im Hinblick auf den Schutzzweck von Art. 4 MSchG an die Identität der nutzungsberechtigten Vertragspartei, gegen die sich die Bestimmung richtet, keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind. Erfasst werden demnach nicht nur Hinterlegungen durch den nutzungsberechtigten Vertragspartner selber, sondern auch solche durch dessen Organe, Gesellschafter, Hilfspersonen, verbundene Unternehmen im Konzern oder Strohmänner, soweit solche Hinterlegungen im Zusammenhang mit dem im Rahmen der Ermächtigung erfolgten Markengebrauch vorgenommen wurden (MATTHIAS STÄDELI, in: Basler Kommentar, Markenschutzgesetz, 3. Aufl. 2017, N. 17 zu Art. 4 MSchG; MARKUS WANG, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2. Aufl. 2017, N. 6 zu Art. 4 MSchG; JACQUES DE WERRA, in: Commentaire romand, Propriété intellectuelle, 2013, N. 19 f. zu Art. 4 MSchG; CHRISTOPH WILLI, MSchG, Markenschutzgesetz, 2002, N. 10 zu Art. 4 MSchG; zum deutschen Recht etwa DANIELA N. SCHORK, in: Markengesetz, Nordemann/Nordemann-Schiffel [Hrsg.], 4. Aufl. 2023, § 11 Rz. 9; vgl. auch FRANZ HACKER, in: Markengesetz, Kommentar, Ströbele/Hacker/Thiering [Hrsg.], 12. Aufl. 2018, § 11 Rz. 9; Urteil I ZR 164/05 des deutschen Bundesgerichtshofs [BGH] vom 10. April 2008, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen [BGHZ] 176 [2008] S. 121 Rz. 17, wonach die Eintragung der Marke durch einen Strohmann des Agenten der Eintragung durch den Agenten selbst gleichsteht).

3.2.3 Die Vorinstanz verkennt den Schutzzweck von Art. 4 MSchG, indem sie dem von der Klägerin angerufenen Schutzausschlussgrund mit dem blossen Hinweis darauf die Anwendung versagt, das Distributorship Agreement sei zwischen der Klägerin und der Bc. GmbH abgeschlossen worden, wohingegen die Beklagte 1 nicht Vertragspartei sei. Die Beklagte 1, die ebenfalls zur "B.-Gruppe" gehört, bezweckt insbesondere das Halten und die Verwaltung von Immaterialgüterrechten sowie das Erbringen von Dienstleistungen für Gruppengesellschaften und wird von der gleichen Organperson geführt wie die Bc. GmbH. Nach ihren eigenen Behauptungen nutzte diese Konzerngesellschaft die angeblich selbst entwickelten Marken "Glubschi" bzw. "Glubschis" während des exklusiven Vertragsverhältnisses mit der Klägerin für ihre Absatzbemühungen. Die Beklagte 1 hinterlegte die strittigen Marken demnach als eng mit der Bc. GmbH verbundene Gruppengesellschaft in unmittelbarem
BGE 150 III 83 S. 89
Zusammenhang mit dem im Rahmen des Distributorship Agreement geregelten Markengebrauch. Eine auf Art. 4 MSchG gestützte Schutzverweigerung ist in diesem besonderen Fall entgegen den Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht ausgeschlossen. Die Vorinstanz ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin könne sich gegenüber der Beklagten 1 von vornherein nicht auf Art. 4 MSchG berufen. Entsprechend hat sie ungeprüft gelassen, ob die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind, was die Beklagten in Abrede stellen.

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Etat de fait

Considérants 3

références

ATF: 143 III 216, 131 III 581, 139 III 424

Article: Art. 4 LPM, Art. 52 MSchG, Art. 12 MSchG