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Ecriture agrandie
 
Chapeau

80 IV 240


49. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Oktober 1954 i.S. Grubenmann gegen Verhöramt des Kantons Appenzell-A. Rh.

Regeste

Art. 138 al. 1 CP.
a) Quand la chose est-elle "de peu de valeur"?
b) Quand est-elle soustraite "pour satisfaire une envie"?

Faits à partir de page 241

BGE 80 IV 240 S. 241

A.- Grubenmann war administrativ in der Zwangsarbeitsanstalt Gmünden versorgt. Im Sommer 1953 begab er sich allein in die Anstaltsweberei und schnitt etwa 10 m fertig gewobenen Stoff ab. Er verbarg das Stück, das einen Verkaufswert von etwa Fr. 40.- hatte, im Kasten des Sträflings Dalmaso, dessen bedingte Entlassung auf den 13. Juli vorgesehen war, und beauftragte Dalmaso, es bei der Entlassung mitzunehmen, es zu veräussern und ihm für den Erlös Ess- und Rauchwaren in die Anstalt zu schicken.

B.- Am 31. August 1954 erklärte das Obergericht des Kantons Appenzell-A.Rh. Grubenmann des Diebstahls schuldig und verurteilte ihn zu einem Monat Gefängnis, unter Anrechnung eines Teils von vierzehn Tagen der ausgestandenen Untersuchungshaft.

C.- Grubenmann führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung.

Considérants

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Tat sei als Entwendung im Sinne des Art. 138 Abs. 1 StGB zu würdigen, weil der Stoff nach dem Preise, zu dem er an Wiederverkäufer abgegeben worden sei, nur einen Wert von etwa Fr. 15.- gehabt und der Beschwerdeführer die Tat zur Befriedigung seines Gelüstes nach Rauch- und Esswaren begangen habe.
Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob für die Frage des "geringen Wertes" der weggenommenen Sache, wie er Voraussetzung der Würdigung der Tat als blosse Entwendung ist, auf den Kaufswert abgestellt werden muss, der hier nach der verbindlichen und übrigens nicht bestrittenen Feststellung des Obergerichts etwa Fr. 40.- betrug, oder ob vielmehr der Engros-Verkaufspreis massgebend ist, den das Obergericht im Urteil nicht erwähnt, in den Gegenbemerkungen
BGE 80 IV 240 S. 242
zur Nichtigkeitsbeschwerde jedoch auf Fr. 2.55 je Meter, für ein 10 m grosses Stück also auf Fr. 25.50 beziffert. Denn auch letzterer Wert, ja sogar der vom Beschwerdeführer angegebene von etwa Fr. 15.-, könnte angesichts der Umstände des Falles nicht als "gering" gewürdigt werden. Auf die gesamten Umstände, insbesondere auch auf die subjektiven, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes an (BGE 68 IV 135,BGE 75 IV 54), da das Gesetz nicht ein für allemal eine feste Wertgrenze zieht, sondern es dem Ermessen des Richters anheimstellt, ein und denselben Wert je nach den Besonderheiten des konkreten Falles einmal als gering zu würdigen, das andere Mal nicht. Im vorliegenden Falle kommt in Betracht, dass der Beschwerdeführer administrativ in einer Zwangsarbeitsanstalt versorgt war, als er die Tat beging, und dass ihm daher die Nachteile einer allfälligen Freiheitsstrafe, die er sich zuziehen würde, mit besonderer Deutlichkeit vor Augen stehen mussten. Da er sich trotzdem nicht von der Aneignung des Stoffes abhalten liess und er übrigens schon wiederholt wegen Vermögensdelikten verurteilt worden ist, rechtfertigt es sich, ihm gegenüber einen etwas strengeren Massstab anzulegen, als es unter anderen Umständen geschehen könnte. In seiner Stellung als Zwangsversorgter muss ihm der Wert der Ware und des Erlöses, der sich daraus ziehen liess, auch eindrücklicher bewusst gewesen sein als einem Manne in der Freiheit, der mit einem regelmässigen Einkommen seine laufenden Wünsche befriedigen kann. Art. 138 Abs. 1 StGB ist daher schon mangels "geringen Wertes" der Sache nicht anzuwenden.
Die Bestimmung trifft aber auch deshalb nicht zu, weil der Beschwerdeführer nicht "zur Befriedigung eines Gelüstes" gehandelt hat. Dieser Beweggrund stempelt die Aneignung einer Sache von geringem Werte nur dann zur Entwendung, wenn die Sache selbst das Gelüste erzeugt hat und der Täter daher der Versuchung, sie wegzunehmen, um es zu befriedigen, in erhöhtem Masse ausgesetzt
BGE 80 IV 240 S. 243
gewesen ist. Das ergibt sich daraus, dass Art. 138 StGB sich aus den früheren kantonalen Bestimmungen über Mundraub entwickelt hat, die die Entwendung von "Feld- oder Gartenfrüchten oder anderen Esswaren oder Getränken zur Befriedigung augenblicklicher Lüsternheit" unter Strafe stellten (vgl.BGE 71 IV 5). Wenn nicht die weggenommene Sache selber kraft ihrer Beschaffenheit im Täter das Gelüste wachgerufen, sondern er in ihr nur ein Mittel gesehen hat, sich zu bereichern, um ein auf andere Weise entstandenes Gelüste befriedigen zu können, entfällt der gesetzgeberische Grund der Privilegierung. So auch im vorliegenden Falle, in dem das Begehren des Beschwerdeführers nach Ess- und Rauchwaren nicht durch den Stoff erzeugt worden ist und durch dessen Wegnahme auch nicht unmittelbar befriedigt werden konnte, sondern der Beschwerdeführer es lediglich auf den Wert der Sache abgesehen hatte, um sich mit Hilfe des Dalmaso Ess- und Rauchwaren zu verschaffen.
Der Beschwerdeführer ist zu Recht statt wegen Entwendung wegen Diebstahls verurteilt worden.

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Etat de fait

Considérants 3

références

Article: Art. 138 al. 1 CP, Art. 138 StGB