142 IV 14
Chapeau
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3. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern und A. (Beschwerde in Strafsachen)
6B_454/2015 vom 26. November 2015
Regeste
Meurtre commis en état de légitime défense excessive; rapport entre homicide volontaire, homicide par négligence et meurtre passionnel; art. 15 s., 111, 113 et 117 CP.
Le fait que la victime a provoqué l'attaque est un élément dont il convient de tenir compte dans le cadre de l'examen de l'admissibilité, respectivement de la proportionnalité, de la légitime défense et du caractère excusable d'un éventuel excès de légitime défense. Une condamnation pour homicide par négligence justifiée par le fait que l'auteur serait lui-même responsable de la situation de légitime défense, même seulement par négligence, n'entre pas en ligne de compte (consid. 5.3).
Le meurtre passionnel et l'état de légitime défense ne s'excluent pas l'un l'autre. Si l'émotion violente consiste justement dans l'état d'excitation ou de saisissement causé par l'attaque, les art. 113 et 16 al. 1 CP ne s'appliquent cependant pas concurremment; l'acte doit être qualifié de meurtre intentionnel au sens de l'art. 111 CP, commis en état de légitime défense excessive (consid. 5.4).
A.a Das Kriminalgericht des Kantons Luzern erklärte X. am 26. November 2010 der (eventual-)vorsätzlichen Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess nach Art. 15 und Art. 16 Abs. 1 StGB , schuldig. Vom Vorwurf der mehrfachen falschen Anschuldigung nach Art. 303 Ziff. 1 StGB sprach es ihn frei. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.
A.b Das Obergericht Luzern sprach X. am 20. Juni 2011 in Gutheissung von dessen Appellation von sämtlichen Anklagevorwürfen frei.
A.c Das Bundesgericht hiess am 30. August 2012 die Beschwerden der Staatsanwaltschaft sowie von A., B.D. und C.D. (Privatkläger) bezüglich des Freispruchs vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung, begangen in Notwehrexzess, gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerden ab, soweit darauf einzutreten war (Urteil 6B_810/2011 / 6B_811/ 2011).
A.d Das Kantonsgericht Luzern erklärte X. am 17. September 2013 im schriftlichen Verfahren der (eventual-)vorsätzlichen Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess nach Art. 15 und 16 Abs. 1 StGB , schuldig und auferlegte ihm eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei Jahre mit bedingtem Vollzug. Eine von X. dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht am 18. September 2014 erneut gut, soweit darauf einzutreten war. Es wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück (Urteil 6B_1220/2013).
B. Mit Urteil vom 2. Dezember 2014 bestätigte das Kantonsgericht den Schuldspruch wegen (eventual-)vorsätzlicher Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess. Die Freiheitsstrafe reduzierte es auf 30 Monate, davon 22 Monate mit bedingtem Vollzug.
BGE 142 IV 14 S. 16
C. X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, ihn vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
Aus den Erwägungen:
5.1 Der Beschwerdeführer macht eventualiter geltend, er sei nach Art. 113 oder Art. 117 StGB zu verurteilen. Die Vorinstanz habe nicht geprüft, ob ein Totschlag oder eine fahrlässige Tötung gegeben sei.
5.2 Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Vorinstanz, die rechtliche Qualifikation als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB stehe nicht mehr zur Diskussion, da das obergerichtliche Urteil diesbezüglich nicht aufgehoben worden sei. Das Bundesgericht hatte sich im Urteil 6B_810/2011 / 6B_811/2011 vom 30. August 2012 nur zur Frage zu äussern, ob die Notwehr verhältnismässig war (vgl. Art. 15 StGB), und subsidiär, ob ein entschuldbarer Notwehrexzess (Art. 16 Abs. 2 StGB) vorliegt. Einen obergerichtlichen Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung gab es nicht, da der Beschwerdeführer freigesprochen wurde. Das damalige Obergericht gelangte im Urteil vom 20. Juni 2011 als Zwischenfazit zwar zum Schluss, es liege ein Tötungsdelikt nach Art. 111 ff. StGB vor. Die exakte rechtliche Qualifikation blieb damit offen. Selbst wenn das Obergericht die Tat im Urteil vom 20. Juni 2011 als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB qualifiziert hätte, so bliebe es dabei, dass die entsprechenden Erwägungen nicht angefochten waren, da lediglich die Staatsanwaltschaft und die Angehörigen des Opfers Beschwerde führten. Das Bundesgericht musste sich damit folglich nicht befassen. Der Beschwerdeführer hatte angesichts des Freispruchs keinen Anlass, ein Rechtsmittel zu erheben. Die Frage der rechtlichen Qualifikation wurde mit dem Urteil 6B_810/2011 / 6B_811/2011 vom 30. August 2012 demnach nicht abschliessend beurteilt.
5.3 Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe die Grenzen der zulässigen Notwehr überschritten, wobei diesbezüglich von einem Handeln mit Wissen und Willen auszugehen ist. Er nahm mit dem Stich in die Brust des Opfers dessen Tötung in Kauf. Für einen Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung besteht daher kein Platz.
Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, soweit er pauschal und ohne entsprechende Literatur- oder Rechtsprechungshinweise geltend
BGE 142 IV 14 S. 17
macht, die deutsche Lehre und Rechtsprechung lasse bei einer bloss fahrlässig verursachten Notwehrsituation zum Teil eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung zu. Ob der Angegriffene den Angriff provoziert hat, ist nach schweizerischem Recht bei der Zulässigkeit bzw. der Verhältnismässigkeit der Notwehr und der Entschuldbarkeit eines allfälligen Notwehrexzesses zu berücksichtigen. Nicht ersichtlich ist, weshalb ein Täter, der die Notwehrsituation selbst verschuldet hat, wenn auch nur fahrlässig, besser gestellt sein soll als ein Täter, der gar nicht zum Angriff beigetragen hat und der bei einem nicht entschuldbaren Notwehrexzess nach Art. 111 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 StGB strafbar ist.
5.4 Das Bundesgericht entschied in BGE 102 IV 228, der Täter könne bei der Tötung eines Menschen gleichzeitig in entschuldbarer heftiger Gemütsbewegung im Sinne des Art. 113 StGB handeln und sich in einer Notwehrlage gemäss aArt. 33 StGB befinden. Totschlag und Notwehrlage schliessen sich demnach nicht gegenseitig aus (vgl. ANDREAS DONATSCH, Delikte gegen den Einzelnen, 10. Aufl. 2013, S. 18). Dies kann der Fall sein, wenn sich der Täter in einer seelischen Konfliktsituation befand und er das Tötungsdelikt ausserdem in einer Notwehrlage beging (vgl. BGE 102 IV 228 E. 2 S. 229).
Liegt die heftige Gemütsbewegung in der Aufregung oder Bestürzung über einen unrechtmässigen Angriff, plädiert die Lehre allerdings zu Recht für einen Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung, begangen in Notwehrexzess (vgl. TRECHSEL/FINGERHUTH, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 17 zu Art. 113 StGB). Das sog. Doppelverwertungsverbot besagt, dass Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens (z.B. eines qualifizierten oder privilegierten Tatbestandes) führen, innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden dürfen, weil dem Täter sonst der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt oder zugutegehalten würde (BGE 118 IV 342 E. 2b S. 347; siehe auch BGE 141 IV 61 E. 6.1.3 S. 68). Die Tatumstände, die im Rahmen von Art. 113 StGB eine heftige Gemütsbewegung oder grosse seelische Belastung begründen, dürfen daher nicht zu einer zusätzlichen Strafmilderung nach dem allgemeinen Teil des StGB führen (vgl. Urteil 6S.825/2000 vom 4. April 2001 E. 2c/aa; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 24 zu Art. 113 StGB). Eine gleichzeitige Anwendung von Art. 113 StGB und Art. 16 Abs. 1 StGB kommt vorliegend folglich
BGE 142 IV 14 S. 18
nicht in Betracht. Nicht zu beanstanden ist daher, wenn die Vorinstanz die Tat als vorsätzliche Tötung nach Art. 111 StGB, begangen in Notwehrexzess, qualifiziert. Dies ermöglicht eine Strafmilderung nach freiem Ermessen (Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 48a StGB) und ist für den Beschwerdeführer insofern milder als ein Schuldspruch nach Art. 113 StGB, der eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug vorsieht.références
ATF: 102 IV 228, 118 IV 342, 141 IV 61
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