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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_587/2008 
 
Urteil vom 1. September 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Parteien 
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Einwohnergemeinde X.________, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher Bruno Habegger, Wiesenstrasse 1, 4902 Langenthal. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16. Juni 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a Der 1990 geborene A.________, seit Ende Oktober 1997 unter der Erziehungsbeistandschaft (gemäss Art. 308 ZGB) von T.________, Sozialdienst Y.________, stehend, wurde am 20. September 2002 unter Hinweis auf die sich täglich auf Fr. 81.50 belaufenden Kosten des Aufenthaltes in der Heilpädagogischen Gemeinschaft HPG zum Bezug von Ergänzungsleistungen zur ihm auf Grund des Todes des Vaters zustehenden Waisenrente angemeldet. Am 15. Oktober 2002 erklärte sich die Mutter des Gesuchstellers, B.________, unterschriftlich bereit, die Ergänzungsleistungen auf Grund der nötigen Unterstützung durch die Fürsorgebehörde X.________ bei der Bezahlung der durch den Besuch der HPG anfallenden Kosten bis auf weiteres der Einwohnergemeinde X.________ abzutreten. Mit Verfügung vom 12. Februar 2003 sprach die Ausgleichskasse des Kantons Bern A.________ rückwirkend ab August 2002 monatliche Ergänzungsleistungen in Höhe von vorerst Fr. 2116.- zu; der gesonderten EL-Berechnung lagen u.a. jährliche Heimkosten im Betrag von Fr. 29'759.- (Fr. 81.50 pro Tag) zugrunde. In der Folge wurden die Ergänzungsleistungen den steigenden Heimkosten angepasst (Verfügung vom 2. September 2004). Beide Verwaltungsakte erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. 
A.b Am 20. April 2006 verfügte die Ausgleichskasse mit der Begründung "Tagesaufenthalter im HPG" die vorsorgliche Einstellung der bis anhin ausgerichteten Ergänzungsleistungen per 30. April 2006. Mit Rückforderungsverfügung vom 3. Mai 2006 stellte sie fest, dass der Leistungsbezüger die HPG lediglich tagsüber besucht habe, weshalb die dadurch angefallenen Kosten nicht durch einen stationären Aufenthalt bedingt seien, sondern blosse Schulkosten darstellten; da somit kein eigener Anspruch des A.________ auf Ergänzungsleistungen bestehe, seien die vom 1. August 2002 bis 30. April 2006 entrichteten Leistungen im Gesamtbetrag von Fr. 103'144.- zurückzuerstatten. Daran wurde - auf Einsprache durch die Einwohnergemeinde X.________, handelnd durch den Regionalen Sozialdienst Y.________, und des Beistands des A.________ hin - mit Einspracheentscheid vom 22. Mai 2007 festgehalten, soweit die Ausgleichskasse auf die Rechtsvorkehr eintrat. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern gut, hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf und wies die Akten zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 16. Juni 2008). 
 
C. 
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. 
 
Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Durchführung eines Schriftenwechsel wurde verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung haben durch das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über die Schaffung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (AS 2007 5779) eine umfassende Neuregelung erfahren. Gemäss den nunmehr geltenden Bestimmungen werden die vergütbaren Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen bundesrechtlicher Vorgaben (Art. 14 Abs. 1 und 3 ELG) durch die Kantone bezeichnet (Art. 14 Abs. 2 ELG). Die bisherige bundesrechtliche Regelung (Art. 3-18 ELKV) bleibt jedoch während einer Dauer von höchstens drei Jahren ab 1. Januar 2008 anwendbar, solange der Kanton keine diesbezüglichen Normen erlassen hat (Art. 34 ELG). Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen materiellen Rechtssätze massgebend sind, welche bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, und weil ferner das Sozialversicherungsgericht grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Einspracheentscheids (hier: 22. Mai 2007) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweisen), finden vorliegend die bis Ende 2007 gültig gewesenen Bestimmungen Anwendung (nachfolgend zitiert mit "aELG", "aELV" und "aELKV"; Urteile 8C_594/2007 vom 10. März 2008, E. 2, und 8C_147/2007 vom 27. Februar 2008, E. 2.1, je mit Hinweisen). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat seinen Rückweisungsentscheid vom 16. Juni 2008 mit dem Argument begründet, dass die Ausgleichskasse es anlässlich des Rückforderungsverfahrens unterlassen habe - obgleich unmittelbar die Höhe der umstrittenen Rückerstattungsforderung berührend -, zu prüfen, ob die durch den Aufenthalt in der HPG entstandenen Auslagen im Rahmen der EL-Bemessung als gemäss Art. 3d aELG in Verbindung mit Art. 19 aELV und Art. 14 aELKV anzurechnende Krankheits- und Behinderungskosten zu berücksichtigen seien. Ebenfalls vertieft abzuklären sei sodann, in welchem Umfang - und allenfalls wofür - Sozialhilfe durch die Einwohnergemeinde X.________ geleistet worden sei. Dies diene der Beantwortung der Frage, ob die Einwohnergemeinde als blosse Inkassostelle tätig gewesen sei und ihr daher Schuldnerinnenstatus zukomme oder nicht. 
 
3. 
3.1 Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.; zum hier nicht gegebenen Ausnahmefall, dass ein Rückweisungsentscheid als Endentscheid zu qualifizieren ist, siehe SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131, E. 1.1 mit Hinweisen, 9C_684/2007). Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b). 
3.2 
3.2.1 Ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil ist gegeben, wenn er auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich behoben werden kann (BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.; Urteile 4A_85/2007 vom 11. Juni 2007, E. 3.1, und 4a_92/2007 vom 8. Juni 2007, E. 2). Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu ergänzender oder weiterer Abklärung und neuer Entscheidung stellt lediglich dann einen derartigen Nachteil dar, wenn diese durch materielle Vorgaben wesentlich in ihrem Beurteilungsspielraum eingeschränkt wird und davon in der Folge nicht mehr abgewichen werden kann. Ist dies zu verneinen, stellt die Verpflichtung der Verwaltung zur Vornahme entsprechender Abklärungen und zu neuer Entscheidung selbst für den Fall, dass die vorinstanzliche Feststellung, der rechtserhebliche Sachverhalt sei ungenügend abgeklärt, offensichtlich unrichtig wäre oder auf einer qualifiziert unrichtigen oder gar willkürlichen Beweiswürdigung beruhte, keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im genannten Sinne dar (Urteil 8C_429/2007 vom 24. Juli 2008, E. 2.2.1 mit Hinweisen). 
3.2.2 Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für ein ausnahmsweises Abweichen von diesem Grundsatz nicht erfüllt: Der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid schreibt einzig vor, dass, bevor über die Höhe des Rückforderungsbetrages befunden werden könne, abzuklären sei, ob durch den Besuch der HPG nicht allenfalls abzugsfähige Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung von Behinderten in Tagesstrukturen gemäss Art. 14 aELKV entstanden seien. Diese Anordnung - wie auch diejenige betreffend der Einholung zusätzlicher Informationen zur Frage der Schuldnerinnenstellung der Einwohnergemeinde X.________ - zwingt jedoch, ungeachtet dessen, ob im Sinne der beschwerdeführerischen Vorbringen auf falscher Rechtsanwendung beruhend, die Verwaltung nicht zu einer als rechtswidrig erachteten Leistungszusprechung. Von einer damit bewirkten unzulässigen Ausdehnung des Verfahrens auf ausserhalb des Streitgegenstandes liegende Elemente kann, da eine EL-Anspruchsberechnung - und damit auch eine darauf beruhende Rückforderung von Ergänzungsleistungen - erst dann als vollständig zu bezeichnen ist, wenn auch allfällige Krankheits- und Behinderungskosten, welche lediglich zur Verfahrensvereinfachung nicht in die laufende EL-Berechnung eingebaut werden, als anerkannte Ausgaben im Sinne von Art. 3d Abs. 1 aELG in Verbindung mit Art. 14 aELKV Berücksichtigung finden (vgl. Ralph Jöhl, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, S. 1866 Rz. 321 und Fn 1100), entgegen der Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin nicht die Rede sein. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern in dem vom kantonalen Gericht angeordneten Vorgehen - Abklären des allfälligen Leistungsanspruchs gemäss Art. 14 aELKV - ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 1 ATSG zu erblicken ist, stellt doch jedenfalls die im Rahmen der Einsprache vom 26. Mai 2006 auch namens des Beistands von A.________ gerügte Unterlassung der Prüfung einer Vergütung der Schulkosten als ausgewiesene Krankheits- und Behinderungskosten implizit eine entsprechende Geltendmachung dar. Soweit die Beschwerdeführerin den nicht wieder gutzumachenden Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG schliesslich im Umstand begründet sieht, dass sie vorinstanzlich zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die obsiegende Gegenpartei verpflichtet wurde, kann ihr nicht gefolgt werden. Unbesehen davon, ob es sich beim besagten Mangel um einen solchen rechtlicher Natur handeln muss oder ein tatsächlicher Nachteil als hinreichend angesehen wird (vgl. zur diesbezüglichen Diskussion namentlich Felix Uhlmann, N 3 f. zu Art. 93, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, Basel 2008; zum Verfahren der Beschwerde in Strafsachen: BGE 133 IV 139 E. 4 S. 141 und Urteil 1B_208/2007 vom 23. Januar 2008, E. 1.2), ist er - auch bei Genügen eines bloss wirtschaftlichen Interesses - jedenfalls zu verneinen, wenn es der Beschwerde führenden Partei bei der Anfechtung in erster Linie darum geht, eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu verhindern (BGE 133 V 377 E. 5.2.1 S. 483 mit Hinweisen; Felix Uhlmann, a.a.O., N 3 zu Art. 93). Würde dem diesbezüglichen Einwand der Beschwerdeführerin stattgegeben, hiesse dies im Übrigen, da in derartigen Konstellationen im Falle von qualifiziert vertretenen Gegenparteien die Verwaltung regelmässig zur Entrichtung eines Parteikostenersatzes verpflichtet werden dürfte (vgl. Art. 61 lit. g ATSG), Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG seines Sinngehaltes zu entleeren. 
3.3 
3.3.1 Auch in Bezug auf den Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG bildet die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme, die restriktiv zu handhaben ist. Dies umso mehr, als die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid nicht selbst anfechten, können sie ihn doch, soweit er sich inhaltlich auswirkt, mit dem Endentscheid anfechten (Art. 93 Abs. 3 BGG). Das Bundesgericht prüft nach freiem Ermessen, ob die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt ist (BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292; Urteile 8C_429/2007 vom 24. Juli 2008, E. 2.2.2, und 8C_643/2007 vom 3. Juli 2008, E. 3, je mit Hinweisen). Wie das Bundesgericht schon wiederholt entschieden hat, ist auf Beschwerden gegen vorinstanzliche Rückweisungsentscheide, mit denen einzig eine ergänzende Sachverhaltsabklärung angeordnet wird, auch unter dem Blickwinkel von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG in der Regel nicht einzutreten (Urteil 8C_429/2007 vom 24. Juli 2008, E. 2.2.2 mit Hinweisen). 
3.3.2 Entgegen der Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin bewirkt das von der Vorinstanz verlangte Vorgehen kein unnötiges, für den zu beurteilenden Fall letztlich nicht dienliches Beweisverfahren. Vielmehr hatte die Verwaltung im kantonalen Prozess selber die grundsätzliche Begründetheit der besagten Abklärungsmassnahmen in dem Sinne zugestanden, dass, sofern die Höhe der Rückerstattungsforderung beanstandet werde, indem davon allfällige Vergütungen gestützt auf Art. 14 aELKV in Abzug zu bringen seien, eine Sistierung des Verfahrens indiziert sei, bis in Bezug auf die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten ein rechtskräftiger Entscheid vorliege. Wie im vorinstanzlichen Entscheid indessen zutreffend erkannt wurde, erwiese sich eine derartige Handlungsweise, da mit einer erstmaligen Gesamtprüfung durch die kantonale Instanz und damit einer unzulässigen Verkürzung des Rechtsmittelweges verbunden, als nicht statthaft. Zu Recht nicht geltend gemacht wird sodann, dass es sich bei den angeordneten Vorkehren um ein weitläufiges Abklärungsprozedere mit einem bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten handelt. Auch die Anfechtbarkeit des Rückweisungsentscheids auf der Basis des Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt somit ausser Betracht. 
 
Auf die Rechtsvorkehr ist daher nicht einzutreten. 
 
4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 1. September 2008 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Fleischanderl