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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_760/2022  
 
 
Urteil vom 3. Januar 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 12. Juli 2022 (ZBR.2022.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
C.A.________ (geb. 1943) und B.________ (geb. 1964) heirateten am 4. Dezember 2018 in U.________ (TG). Kurz zuvor, am 5. November 2018, hatte sich C.A.________ von ihrem Hausarzt im Hinblick auf den am 9. Dezember 2018 zu beurkundenden Vorsorgeauftrag ihre Urteilsfähigkeit attestieren lassen. Am 8. November 2018 hatte sie eine eigenhändige letztwillige Verfügung errichtet. Dieses Testament enthält (unter anderem) folgende Anordnung: "Ich setze meinen langjährigen Partner B.________ [...] als Alleinerbe[n] an meinem gesamten Nachlass (insbesondere Eigentumswohnung D.________str. xx 2. OG rechts inkl. Bastelraum und Garagenplätze, sowie gesamtes Barvermögen) ein". Am 15. Juni 2019 verstarb C.A.________ (fortan: Erblasserin). 
 
B.  
 
B.a. Am 22. Juli 2020 klagte A.A.________, der Bruder der Erblasserin, beim Bezirksgericht Frauenfeld gegen B.________ auf Ungültigerklärung der Ehe, die dieser mit C.A.________ am 4. Dezember 2018 geschlossen hatte (Bst. A). Das Bezirksgericht wies die Klage am 27. Januar 2021 ab.  
 
B.b. Mit Berufung vom 12. Juli 2021 zog A.A.________ den Entscheid an das Obergericht des Kantons Thurgau weiter. Dabei reichte er ein Testament der Erblasserin vom 13. Juni 2017 ein, das am 30. April 2021 eröffnet worden war. In diesem Testament schloss die Erblasserin ihre gesetzlichen Erben von der Erbfolge aus und ordnete an, dass B.________ als ihr langjähriger Lebenspartner alleiniger Erbe ihres Nachlasses sei. Das Obergericht liess dieses Testament im Berufungsverfahren als echtes Novum zu. Mit Entscheid vom 23. November 2021 wies es die Berufung ab. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde an das Bundesgericht scheiterte A.A.________ (Urteil 5A_49/2022 vom 26. September 2022).  
 
C.  
Mit Klagebewilligung des Friedensrichteramts Weinfelden vom 9. September 2020 verklagte A.A.________ B.________ am 9. Dezember 2020 vor dem Bezirksgericht Weinfelden und beantragte, das eigenhändige Testament vom 8. November 2018 (Bst. A) für ungültig zu erklären. Nachdem es das Verfahren bis zum Entscheid des Obergerichts über A.A.________s Eheungültigkeitsklage (Bst. B.b) ausgesetzt hatte, wies das Bezirksgericht die Klage mit Entscheid vom 16. Februar 2022 ab. Am 8. April 2022 erhob A.A.________ Berufung beim Obergericht. Er hielt an seinem Rechtsbegehren fest, das Testament vom 8. November 2018 (Bst. A) für ungültig zu erklären. Das Obergericht wies das Rechtsmittel am 12. Juli 2022 ab. Der Entscheid wurde am 6. September 2022 an die Parteien versandt. 
 
D.  
Mit Beschwerde vom 5. Oktober 2022 wendet sich A.A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, die Entscheide der beiden Vorinstanzen vollumfänglich aufzuheben und das Testament vom 8. November 2018 für ungültig zu erklären. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Durchführung eines Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz bzw. an das erstinstanzliche Gericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat sich die kantonalen Akten überweisen lassen, indessen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 89 E. 1; 145 II 168 E. 1; 144 II 184 E. 1). 
 
2.  
Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine vermögensrechtliche Zivilsache befunden hat (Art. 72 Abs. 1, 75 und 90 BGG). Die Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG ist erreicht. Von daher stände die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen an sich offen. 
 
3.  
Die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen setzt weiter das Beschwerderecht voraus. 
 
3.1. Nach Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a) und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Bst. b). Das schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die Gutheissung des Rechtsmittels der rechtsuchenden Partei verschaffen würde, indem ihr der Nachteil (wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder anderer Natur) erspart bliebe, den der angefochtene Entscheid für sie bedeutet (BGE 138 III 537 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Die Beschwerdebefugnis setzt in der Regel ein aktuelles und praktisches Interesse an der Gutheissung der gestellten Rechtsbegehren voraus, das auch im Zeitpunkt der Fällung des bundesgerichtlichen Urteils vorhanden sein muss (s. BGE 131 I 153 E. 1.2). Die rechtsuchende Partei muss eine im konkreten Fall eingetretene Verletzung ihrer Rechte geltend machen. Sie kann sich nicht damit begnügen, faktisch irrelevante Rechtsfragen aufzuwerfen (Urteil 5A_845/2017 vom 14. Mai 2018 E. 3.1 mit Hinweis). Ob ein aktuelles Interesse gegeben ist, beurteilt sich deshalb nach den Wirkungen und der Tragweite einer allfälligen Gutheissung der Beschwerde (vgl. BGE 131 I 153 a.a.O.).  
Der Beschwerdeführer hat unter Gewärtigung der Nichteintretensfolge darzulegen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Beschwerderechts gegeben sind. Soweit diese nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern die Beschwerde zuzulassen ist (BGE 138 III 537 E. 1.2; 135 III 46 E. 4; je mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Frage, weshalb die Voraussetzungen für die Behandlung der Beschwerde trotz fehlenden aktuellen Interesses gegeben sind (Urteil 5A_273/2020 vom 23. Juni 2020 E. 3.1 mit Hinweis). 
 
3.2. Im heute angefochtenen Entscheid macht sich die Vorinstanz die Ausführungen aus ihrem Urteil betreffend die Eheungültigkeitsklage zu eigen. Demnach hatte die Erblasserin bereits am 13. Juni 2017 ein Testament errichtet, in welchem sie ihre gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausschliesst und B.________ als Alleinerben ihres Nachlasses einsetzt (s. Sachverhalt Bst. B.b). Der Beschwerdeführer stellt dies nicht in Abrede. Auf Seite 8 seiner Beschwerde führt er selbst aus, dass die Begünstigung des Beschwerdegegners durch das Testament vom 8. November 2018 gar nicht mehr notwendig gewesen wäre, da der Beschwerdegegner bereits durch das Testament vom 13. Juni 2017 als Alleinerbe eingesetzt sei. Ausgehend von diesen Gegebenheiten ist nicht ersichtlich, welches praktische Interesse der Beschwerdeführer daran hat zu erfahren, ob das Obergericht die gegen die letztwillige Verfügung vom 8. November 2018 gerichtete Ungültigkeitsklage zu Recht abweist. Zwar hob die Erblasserin in Ziffer 1 dieses Testaments ihre früheren Verfügungen auf und bezeichnete "das vorliegende Testament als alleingültige Regelung", wie der aktenkundigen Urkunde ohne Weiteres (Art. 105 Abs. 2 BGG) zu entnehmen ist. Käme das Bundesgericht in Gutheissung der Beschwerde zum Schluss, dass das Testament vom 8. November 2018 ungültig ist, so wäre das Testament vom 13. Juni 2017 jedoch wieder in Kraft. Denn nach der Rechtsprechung hat die gerichtliche Ungültigerklärung zur Folge, dass frühere gültige Verfügungen von Todes wegen, die durch das ungültige Testament aufgehoben wurden, wieder aufleben (Urteil 5A_89/2011 vom 1. September 2011 E. 2.1.2 mit Hinweisen).  
Dass er die erwähnte Ziffer 1 des Testaments vom 8. November 2018 von seiner Ungültigkeitsklage ausgenommen hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig tut der Beschwerdeführer dar, weshalb er zur (zusätzlichen) Anfechtung des Testaments vom 13. Juni 2017 im Berufungsverfahren kein neues Begehren stellen konnte, nachdem dieses Testament bereits im Berufungsverfahren betreffend die Eheungültigkeitsklage als Novum zugelassen worden war (s. Sachverhalt Bst. B.b). Auch dass er vor der Vorinstanz ein derartiges Begehren gestellt hätte und damit bundesrechtswidrig nicht gehört worden wäre, behauptet er nicht. Überhaupt wird die Gültigkeit dieser früheren letztwilligen Verfügung in der Beschwerde an keiner Stelle in Zweifel gezogen. Entsprechend bleibt es dabei, dass die Vorinstanzen einzig über das Klagebegehren zu befinden hatten, mit dem der Beschwerdeführer verlangt, das Testament vom 8. November 2018 für ungültig zu erklären. 
Nach alledem ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern im Prozess um die Gültigkeit des Testaments vom 8. November 2018 die Gutheissung der heutigen Beschwerde in Zivilsachen etwas daran ändern würde, dass der Beschwerdegegner gegebenenfalls gestützt auf das Testament vom 13. Juni 2017 als Alleinerbe von C.A.________s Nachlass zu gelten hat. Dem vom Beschwerdeführer zur Begründung seiner Klage (über alle Instanzen) verfochtenen Standpunkt, dass die Erblasserin ihr Testament vom 8. November 2018 im Zustand der Urteilsunfähigkeit oder mit einem mangelhaften Willen errichtet habe, fehlt es somit an einem praktischen Nutzen. Allein an der Beantwortung theoretischer Fragen besteht kein im Sinne von Art. 76 Abs. 1 BGG schutzwürdiges Interesse. Die vorigen Ausführungen gelten sinngemäss für das Eventualbegehren, die Sache zur Durchführung eines neuen Beweisverfahrens und neuem Entscheid an das Obergericht oder an das Bezirksgericht zurückzuweisen. Denn angesichts des Testaments vom 13. Juni 2017 verhälfe auch eine derartige Fortsetzung des Prozesses dem Beschwerdeführer nicht zu seinem Ziel, den Beschwerdegegner als Alleinerben des Nachlasses seiner Schwester auszuschalten. 
 
4.  
Im Ergebnis ist der Beschwerdeführer nicht im Sinne von Art. 76 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer als unterliegende Partei für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Januar 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Monn