Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.55/2006 /blb 
 
Urteil vom 5. Mai 2006 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Peter Volken, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Advokat Philipp Schnyder, 
Kantonsgericht Wallis, Zivilgerichtshof I, Justizgebäude, 1950 Sion 2. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 BV (Vergleich, Solidarschuld), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil 
des Kantonsgerichts Wallis, Zivilgerichtshof I, 
vom 12. Dezember 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Mit öffentlicher Urkunde vom 25. April 2000 übertrug V.________ verschiedene grundpfändlich belastete Grundstücke in S.________ als Erbvorausbezug an seinen Sohn X.________, wobei ihm am Wohnhaus ein lebenslängliches Nutzniessungsrecht eingeräumt wurde. An seine Tochter Y.________ übertrug er in gleicher Weise mehrere unbelastete Parzellen mit einem Chalet in T.________. 
A.b Das Kantonsgericht Wallis verpflichtete V.________ am 17. Mai 2000, M.________, von welcher dieser seit 9. September 1999 geschieden ist, aus Güterrecht Fr. 80'744.-- zu bezahlen. In der anschliessenden Betreibung gegen V.________ erhielt M.________ am 17. Mai 2001 einen Pfändungsverlustschein über Fr. 82'439.10. Daraufhin reichte sie gegen ihre beiden Kinder X.________ und Y.________ je eine Anfechtungsklage ein mit dem Antrag, die übertragenen Grundstücke der Zwangsverwertung zuzuführen. Am 27./28. Juni 2002 schlossen die Prozessparteien einen aussergerichtlichen Vergleich, der in IV. als "Pflichten des Beklagten und der Beklagten" festhält, was folgt: 
8. Der Beklagte und die Beklagte bezahlen unter solidarischer Haftung den Pauschalbetrag von Fr. 64'000.--, nach allseitiger Unterzeichnung des aussergerichtlichen Vergleiches, auf das Kundenkonto von Notar E.________, bei der Bank B.________ in U.________ ein. Dieser Betrag wird in dem Sinne bezahlt, als der Kaufpreis aus dem Verkauf der Liegenschaften Nr. 26, 27, 28, 30 und 25, I.________ in T.________ bis mindestens zu diesem Betrag auf das Kundenkonto des Notaren E.________ überwiesen wird. 
9. Nach Eingang der oberwähnten Zahlungen wird Advokat und Notar E.________ namens und im Auftrage der Klägerin den Rückzug der vorerwähnten Verfahren vor dem Bezirksgericht Leuk und W.-Raron verlangen." 
A.c Mit öffentlicher Urkunde vom 30. Juli 2002 verkaufte Y.________ ihre Grundstücke Nr. 26, 27, 28, 30 und 25 in T.________ zum Preis von Fr. 69'000.-- an Z.________. Der genannte Betrag wurde auf das Kundenkonto des Notars überwiesen, welcher die Summe von Fr. 64'000.-- an M.________ weiterleitete. Am 30. Oktober 2002 zog M.________ die Anfechtungsklagen gegen X.________ und gegen Y.________ zurück. 
A.d Y.________ verlangte von X.________ mit Schreiben vom 17. April 2003 seinen Anteil der Schuld gegenüber M.________ in der Höhe von Fr. 32'000.--. Am 3. Juli 2003 wiederholte sie ihre Aufforderung. X.________ kam ihr nicht nach. 
B. 
Am 30. Oktober 2003 reichte Y.________ beim Bezirksgericht Leuk gegen X.________ eine Forderungsklage über Fr. 32'000.-- nebst Zinsen ein. Sie machte geltend, die mit aussergerichtlichem Vergleich vom 27./28. Juni 2002 begründete Solidarschuld gegenüber M.________ allein getilgt zu haben, weshalb sie im Sinne von Art. 148 OR anteilsmässig Rückgriff auf den Beklagten nehme. Das Kantonsgericht Wallis hiess die Klage von Y.________ am 12. Dezember 2005 gut und verpflichtete X.________ zur Zahlung von Fr. 32'000.-- zuzüglich Zins zu 5 % ab 3. Juli 2003. 
C. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. Januar 2006 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts Wallis aufzuheben. Sein Anwalt nahm am 1. Mai 2006 am Bundesgericht Einsicht in die kantonalen Akten. 
Zudem stellt er für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
In der gleichen Sache hat X.________ beim Bundesgericht auch eine Berufung eingereicht (5C.33/2006). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Wird ein kantonales Urteil gleichzeitig mit staatsrechtlicher Beschwerde und mit Berufung angefochten, wird in der Regel der Entscheid über letztere bis zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Vorliegend bestehen keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen. 
1.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nur zu prüfen, soweit sie den Begründungsanforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen. Demnach ist klar darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und einlässlich erhobene Rügen. Auf bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3). Ebenso wenig setzt sich das Bundesgericht mit Sachverhaltsvorbringen auseinander, die nicht an eine konkrete Willkürrüge geknüpft sind. 
2. 
Das Kantonsgericht kam aufgrund des Wortlautes und der Vorgeschichte des aussergerichtlichen Vergleiches zum Schluss, dass die Parteien gegenüber ihrer Mutter eine Solidarschuld von Fr. 64'000.-- eingegangen waren. Dass die Klägerin sich zum Verkauf von Grundgütern in T.________ verpflichtet habe, um die Forderung zu tilgen, stehe der Annahme einer Solidarschuld nicht entgegen. Diese Abrede betreffe einzig die Art der Finanzierung und nicht die Schuldpflicht als solche. Soweit der Beklagte behaupte, die Parteien hätten im Innenverhältnis eine Vereinbarung getroffen, fehle es seinen Vorbringen an einer minimalen Substantiierung, die es erlauben würde, darüber Beweis zu führen. Nach den massgeblichen Bestimmungen der Walliser Zivilprozessordnung hätten die für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen Tatsachen in den Rechtsschriften dargelegt werden müssen. Neue Tatsachen wären spätestens an der Vorverhandlung vorzutragen gewesen. Hernach seien neue Beweise grundsätzlich nicht mehr zulässig. Die allfällige Anordnung von Beweisen von Amtes wegen setze zudem voraus, dass die Parteien beweispflichtige Tatsachen rechtzeitig vorgebracht hätten. Hingegen gehe es nicht an, versäumte Tatsachenbehauptungen in der Schlussdenkschrift bzw. bei der Schlussverhandlung nachzuschieben. Dass die Solidarschuldner eine interne Absprache über die definitive Tragung der Schuld getroffen hätten, sei nicht rechtsgenüglich behauptet worden, womit die gesetzliche Rückgriffsregelung gelte (Art. 148 Abs. 2 OR). Die Klägerin habe die ganze Forderung beglichen, weshalb ihr der Beklagte den hälftigen Anteil von Fr. 32'000.-- samt Verzugszinsen schulde. 
3. 
Der Beschwerdeführer macht die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Seiner Ansicht nach hätte das Kantonsgericht die Parteien auf "seine abweichende Sicht des Gehalts der im Rahmen der Verhandlungsmaxime vorgebrachten Tatsachenbehauptungen" aufmerksam machen müssen. Insbesondere hätte es dem Beklagten Gelegenheit geben müssen, das Gericht in diesem Punkt von seiner Sicht zu überzeugen. 
3.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör dient einerseits der Sachverhaltsaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere dessen Recht, sich vor Erlass eines solchen Entscheides zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Gehörsanspruch bezieht sich vor allem auf die Abklärung des Sachverhaltes, kann aber in bestimmten Fällen auch Rechtsfragen einschliessen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Behörde auf Normen zu stützen gedenkt, die von den Parteien nicht erwartet werden müssen, wenn die Rechtslage sich geändert hat und wenn ein besonders grosser Ermessensspielraum besteht (BGE 129 II 497 E. 2.2 mit Hinweisen). 
3.2 Das Kantonsgericht kam gestützt auf kantonales Verfahrensrecht zum Schluss, dass die Einwände des Beklagten nicht substantiiert und nicht zum rechten Zeitpunkt erfolgt waren. Dies konnte für eine anwaltlich vertretene Partei keine Überraschung sein, handelte es sich doch um die Anwendung der kantonalen Zivilprozessordnung und nicht irgend eines entlegenen Erlasses. Zudem erweist sich der Wortlaut der im angefochtenen Urteil zitierten Bestimmungen als klar. Dass diese in der Praxis allenfalls eine andere Anwendung finden würden, wird nicht behauptet. Damit kann von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs keine Rede sein. 
4. 
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht vor, einen "prozessualen Weg" gefunden zu haben, um das Dossier zu erledigen, statt den Parteien für ihre Bemühungen um die Klärung der Angelegenheit eine Antwort zu geben. Dieses Vorgehen verletze den Grundsatz von Treu und Glauben, sei willkürlich und überspitzt formalistisch. Er räumt ein, sich im Hinblick auf eine gütliche Regelung in der Klageantwort knapp gehalten zu haben, hingegen habe er an den Vorverhandlungen eine Duplik mit ausführlicher Sachverhaltsdarstellung hinterlegt und sich an der Schlussverhandlung sowie in der Schlussdenkschrift ausführlich zur ganzen Thematik geäussert. In welcher Weise das Kantonsgericht die einschlägigen Bestimmungen des kantonalen Verfahrensrechts willkürlich ausgelegt haben soll und damit die Einwände des Beklagten zu Unrecht als nicht substantiiert qualifizierte, dazu nimmt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich Stellung. 
5. 
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Sie war von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist, ohne dass die finanzielle Lage des Beschwerdeführers näher zu prüfen ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis, Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 5. Mai 2006 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: