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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1092/2022  
 
 
Urteil vom 9. Januar 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichterin Koch, 
nebenamtliche Bundesrichterin Griesser, 
Gerichtsschreiberin Erb. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Raufhandel; Willkür, Konfrontationsrecht etc., 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 9. August 2022 (SST.2021.284). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau verurteilte A.________ mit Strafbefehl vom 31. März 2021 wegen Raufhandels zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 150.-- bei einer Probezeit von drei Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 3'300.--. Auf Einsprache von A.________ hin hielt die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl fest und überwies diesen als Anklageschrift an das Bezirksgericht Lenzburg. Am 27. Oktober 2021 sprach die Präsidentin des Bezirksgerichts Lenzburg A.________ schuldig des Raufhandels und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 170.-- und mit einer Busse von Fr. 3'300.--. 
 
B.  
Gegen das Urteil vom 27. Oktober 2021 erhob A.________ Berufung mit dem Antrag, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A.________ mit Urteil vom 9. August 2022 des Raufhandels schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 170.-- und zu einer Busse von Fr. 3'300.--. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Anklageprinzips.  
Er bringt vor, es sei unerlässlich, dass die Anklage die wesentlichen Sachverhaltselemente enthalte. Dazu gehöre beim Straftatbestand des Raufhandels auch, wie er sich verhalten habe, inwiefern er aktiv bzw. passiv verwickelt gewesen sei und auch die Umschreibung der Umstände einer Notwehrsituation sowie allfälliger Exzesse. Das erkennende Gericht habe zwar eine Notwehrlage bejaht, habe aber auf Notwehrexzess erkannt, weil es eine angebliche Dauer der durch den Beschwerdeführer verübten Tätlichkeiten von 45 Minuten angenommen habe. In der Anklage fehle aber jeglicher Hinweis darauf. Es genüge nicht, wenn bei der Anklage eines Raufhandels lediglich nicht weiter bestimmte und zugeschriebene Tätlichkeiten aufgeführt würden, die Notwehrsituation und die dagegen geführten Abwehrhandlungen aber weder qualitativ noch quantitativ auch nur annähernd umschrieben würden. 
 
1.2. Die Anklage wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe sich an einem Raufhandel beteiligt. Das Opfer, B.B.________, sei nach einer anfänglich rein verbalen Auseinandersetzung auf seine Schwester C.B.________ losgegangen, habe sie geschubst, ihr mit den Händen gegen ihr Gesicht gegriffen und versucht, sie zu schlagen. Der Beschwerdeführer sowie C.B.________ hätten daraufhin B.B.________ zu Boden gestossen, sich auf ihn gesetzt und auf ihn eingeschlagen. B.B.________ habe sich dabei mit Fusstritten gegen den Beschwerdeführer gewehrt. B.B.________ habe nebst Hämatomen, Schürfungen und Prellungen auch einen Schädelbruch davongetragen, während der Beschwerdeführer Schürfungen und Hämatome erlitten habe. Als Zeitpunkt der Tatbegehung wird in der Anklage der 11. April 2020, ca. 01:00 bis 02:00 Uhr, angegeben.  
 
1.3. Nach dem Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion; Art. 9 und Art. 325 StPO; Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 147 IV 439 E. 7.2; 144 I 234 E. 5.6.1; 143 IV 63 E. 2.2; je mit Hinweisen). Die beschuldigte Person muss unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion aus der Anklage ersehen können, wessen sie angeklagt ist. Das bedingt eine zureichende Umschreibung der Sachverhaltselemente, die für eine Subsumtion unter die anwendbaren Straftatbestände erforderlich sind. Entscheidend ist, dass die betreffende Person genau weiss, welcher konkreten Handlung sie beschuldigt und wie ihr Verhalten rechtlich qualifiziert wird, damit sie sich in ihrer Verteidigung richtig vorbereiten kann. Sie darf nicht Gefahr laufen, erst an der Gerichtsverhandlung mit neuen Anschuldigungen konfrontiert zu werden (BGE 143 IV 63 E. 2.2 mit Hinweisen; Urteil 6B_731/2021 vom 24. November 2022 E. 3.3). Die nähere Begründung der Anklage erfolgt an Schranken; es ist Sache des Gerichts, den Sachverhalt verbindlich festzustellen. Dieses ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO; BGE 145 IV 407 E. 3.3.2; 144 I 234 E. 5.6.1; je mit Hinweisen).  
 
1.4. Die Rüge der Verletzung des Anklagegrundsatzes erweist sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Die Anklage umschreibt die tätlichen Handlungen aller drei Beteiligten, insbesondere auch das anfängliche Angriffsverhalten von B.B.________, und gibt die Dauer der gesamten Auseinandersetzung mit ca. einer Stunde an. Insofern ist unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat zureichend umschrieben. Er wusste, welcher konkreter Handlungen er beschuldigt und wie sein Verhalten rechtlich qualifiziert wird, wodurch er sich wirksam verteidigen konnte. Ob dem Beschwerdeführer rechtfertigende Notwehr gemäss Art. 15 StGB bzw. entschuldbare Notwehr gemäss Art. 16 StGB zuzubilligen sei, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Wie die Vorinstanz überzeugend darlegt, ist es dem Beschwerdeführer auch ohne Hinweis in der Anklageschrift darauf, weshalb aus Sicht der Staatsanwaltschaft kein Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschlussgrund vorliege, möglich, sich zu Verteidigungszwecken auf einen solchen Grund zu berufen. Dies tat er denn auch, indem er sich auf rechtfertigende Notwehr berief. Die Rüge, die Anklage umschreibe die Notwehrsituation bzw. den Notwehrexzess nicht ausreichend, erweist sich als unbegründet.  
Sofern der Beschwerdeführer rügt, das "erkennende Gericht" habe anstatt auf rechtfertigende Notwehr auf Notwehrexzess erkannt, weil es eine angebliche Dauer der durch den Beschwerdeführer verübten Tätlichkeiten von 45 Minuten angenommen habe und in der Anklage jeglicher Hinweis darauf fehle, dass die tätliche Mitwirkung 45 Minuten gedauert hätte, bezieht sich seine Beanstandung auf das erstinstanzliche Urteil. Demgegenüber hält die Vorinstanz ausdrücklich fest, dass und weshalb sie rechtfertigende Notwehr verneint; dies unabhängig davon, wie lange die Tätlichkeiten des Beschwerdeführers angedauert haben. Da Gegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens allein das vorinstanzliche Urteil bildet, ist diesbezüglich auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Anspruchs auf Konfrontation und als Folge davon eine willkürliche Beweiswürdigung.  
Die Vorinstanz halte fest, die ersten Aussagen von B.B.________ und C.B.________ seien nur dann zu Lasten des Beschwerdeführers verwertbar, wenn diesen belastenden Aussagen keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme bzw. wenn sie nicht den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellten. Trotzdem würdige die Vorinstanz die Erstaussagen von B.B.________ und C.B.________ bei der Beantwortung der Frage, ob Notwehr gegeben sei. Sie komme unter Würdigung sämtlicher vorhandener Beweismittel zum Schluss, dass weder eine Notwehrhandlung im Sinne von Art. 15 StGB noch eine entschuldbare Notwehrhandlung im Sinne von Art. 16 StGB vorliege. Dadurch verletze die Vorinstanz die Grundsätze zum Konfrontationsrecht und verfalle in Willkür. Einerseits dürften die Erstaussagen nicht in der Berücksichtigung aller Beweismittel ausschlaggebend gewürdigt werden, wenn sie nicht ausschlaggebend seien. Und andererseits stelle sich die Frage, weshalb die Erstaussagen bei der Würdigung miteinbezogen würden, wenn die übrigen Beweise doch angeblich genügen würden. Weiter rügt der Beschwerdeführer, das forensische Gutachten sage nichts darüber aus, wer B.B.________ die Verletzungen zugefügt habe. Zudem seien die Sprach- und Textnachrichten von C.B.________ im Zustand starker Angetrunkenheit verfasst worden und die in der Konfrontationseinvernahme von B.B.________ gemachten Aussagen würden nichts zur massgeblichen Einschätzung der Notwehrhandlung und eines allfälligen Exzesses aussagen. 
 
2.2. Die Vorinstanz stellt fest, der Mitbeschuldigte B.B.________ sei am 11. April 2020, die Mitbeschuldigte C.B.________ zeitgleich mit dem Beschuldigten am 12. April 2020 befragt worden. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt dieser ersten Einvernahmen noch nicht abschliessend zur Sache befragt worden bzw. seien ihm noch keine konkreten Vorhalte gemacht worden, weshalb für ihn kein Teilnahmerecht bestanden habe.  
Weiter führt die Vorinstanz aus, anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 29. Mai 2020 seien B.B.________ und C.B.________ erneut und in Anwesenheit des Beschwerdeführers einvernommen worden. Dabei habe C.B.________ sämtliche Aussagen zur Sache verweigert; die Aussagen von B.B.________ seien äusserst knapp gewesen, er habe sich weitgehend auf Erinnerungslücken berufen und sich nicht mehr zuverlässig zur Sache geäussert. Daher seien die Erstaussagen von B.B.________ und C.B.________ nur dann zu Lasten des Beschwerdeführers verwertbar, wenn diesen belastenden Aussagen nicht ausschlaggebende Bedeutung zukomme bzw. sie nicht den einzigen oder wesentlichen Beweis darstellten. Dabei stützt sich die Vorinstanz mitunter auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). 
 
2.3.  
 
2.3.1. Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Dieses spezifische Teilnahme- und Mitwirkungsrecht fliesst aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 107 Abs. 1 lit. b StPO). Es darf nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eingeschränkt werden (Art. 101 Abs. 1, Art. 108, Art. 146 Abs. 4 und Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO; BGE 143 IV 397 E. 3.3.1; 141 IV 220 E. 4.4; 139 IV 25 E. 4.2 mit Hinweis). Nach Art. 147 Abs. 4 StPO dürfen Beweise, die in Verletzung der Bestimmungen von Art. 147 StPO erhoben worden sind, nicht zulasten der Partei verwendet werden, die nicht anwesend war (BGE 143 IV 397 E. 3.3.1, 457 E. 1.6.1; 139 IV 25 E. 4.2 und 5.4.1; Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.1; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).  
 
2.3.2. Vor Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft besteht der Anspruch auf Parteiöffentlichkeit nicht. Bei Beweiserhebungen durch die Polizei, etwa bei polizeilichen Einvernahmen von Auskunftspersonen gestützt auf Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO, sind die Parteien mit anderen Worten nicht zur Teilnahme berechtigt (Art. 147 Abs. 1 StPO e contrario; BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; 139 IV 25 E. 5.4.3; Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.2).  
Soweit die Polizei nach Eröffnung der Untersuchung Einvernahmen im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, stehen den Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte zu, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen (Art. 312 Abs. 2 StPO; Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.3; je mit Hinweisen). Daraus folgt, dass die Parteien das Recht haben, bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft während deren Untersuchung durchführt, anwesend zu sein und Fragen zu stellen (BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.3; je mit Hinweisen). 
Die Durchführung einer Einvernahme ohne Teilnahme des Beschuldigten steht einer Wiederholung der Beweiserhebung im Grundsatz zwar nicht entgegen. Wird aber die Einvernahme wiederholt resp. zu einem späteren Zeitpunkt eine Konfrontationseinvernahme durchgeführt, darf die Strafbehörde nicht auf die Ergebnisse der vorausgegangenen Einvernahmen zurückgreifen, soweit diese einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise sind nach Art. 141 Abs. 5 StPO vielmehr aus den Strafakten zu entfernen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten (BGE 143 IV 457 E. 1.6.2 f.; Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.4; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.3; 6B_1080/2020 vom 10. Juni 2021 E. 5.5). 
 
2.3.3. Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Anspruch der beschuldigten Person, den Belastungszeugen Fragen zu stellen, ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren. Er wird als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auch durch Art. 32 Abs. 2 BV gewährleistet. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (BGE 140 IV 172 E. 1.3; 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; je mit Hinweisen). Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, muss der Beschuldigte namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und infrage stellen zu können (BGE 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 4.2; je mit Hinweisen). Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich der Einvernommene in Anwesenheit des Beschuldigten (nochmals) zur Sache äussert (Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.5; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_1003/2020 vom 21. April 2021 E. 2.2; je mit Hinweisen). Soweit der Konfrontationsanspruch zur Diskussion steht, gilt dies unabhängig von der Regelung in Art. 147 Abs. 1 StPO auch in Bezug auf die in der Voruntersuchung gegenüber der Polizei gemachten Aussagen (vgl. BGE 125 I 127 E. 6a; Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.5; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.4; je mit Hinweisen). Dabei ist keineswegs erforderlich, dass die befragte Person ihre Angaben wortwörtlich wiederholt. Macht sie Angaben zur Sache, so darf im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch auf die Ergebnisse der früheren Beweiserhebung ergänzend zurückgegriffen werden. Denn die Frage, ob bei widersprüchlichen Aussagen oder späteren Erinnerungslücken auf die ersten, in Abwesenheit des Beschuldigten erfolgten Aussagen abgestellt werden kann, betrifft nicht die Verwertbarkeit, sondern die Würdigung der Beweise (Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.3; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_1003/2020 vom 21. April 2021 E. 2.2; je mit Hinweisen). Beschränkt sich die Wiederholung der Einvernahme aber im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen (Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.5; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_1080/2020 vom 10. Juni 2021 E. 6.1; 6B_1003/2020 vom 21. April 2021 E. 2.2; je mit Hinweisen). Das wörtliche Vorhalten unverwertbarer Aussagen stellt eine unzulässige Verwertung im Sinne von Art. 141 Abs. 4 StPO dar (BGE 143 IV 457 E. 1.6.1 f.; Urteile 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.3; 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 2.3.5; je mit Hinweisen).  
 
2.3.4. Gemäss der Rechtsprechung des EGMR verletzt die ausgebliebene Konfrontation mit Belastungszeugen den Konfrontationsanspruch gemäss Art. 6 lit. d EMRK nicht, wenn jene berechtigterweise das Zeugnis verweigern oder die erneute Befragung nicht möglich ist, weil sie trotz angemessener Nachforschungen unauffindbar bleiben, dauernd oder für lange Zeit einvernahmeunfähig werden oder in der Zwischenzeit verstorben sind. Die Verwertbarkeit der ursprünglichen Aussage erfordert allerdings, dass die beschuldigte Person zu den belastenden Erklärungen hinreichend Stellung nehmen konnte, diese sorgfältig geprüft wurden und ein Schuldspruch sich nicht allein darauf abstützt. Ausserdem darf der Umstand, dass die beschuldigte Person ihre Rechte nicht (rechtzeitig) wahrnehmen konnte, nicht in der Verantwortung der Behörde liegen (BGE 133 I 33 E. 4.1; BGE 131 I 476 E. 2.2.; vgl. Urteile 6B_862/2021 vom 21. Juni 2022 E. 1.1; 6B_1219/2019 vom 24. April 2020 E. 2.1; je mit Hinweisen auf Urteile des EGMR). Es kann indes offenbleiben, ob diese Rechtsprechung vorliegend anzuwenden sei.  
 
2.4.  
 
2.4.1. Die beiden Ersteinvernahmen von B.B.________ und C.B.________ erfolgten nach Eröffnung der Strafuntersuchung und wurden als delegierte Einvernahmen durch die Kantonspolizei Aargau durchgeführt. Sie wurden im gleichen Verfahren wie die Befragung der beschuldigten Person durchgeführt. Die Einvernahme von B.B.________ fand am 11. April 2020, diejenigen von C.B.________ und dem Beschwerdeführer zeitgleich am 12. April 2020 statt. Zu Recht hält die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der ersten Einvernahmen von B.B.________ und C.B.________ noch nicht abschliessend zur Sache befragt worden ist und diese somit gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ohne seine Teilnahme durchgeführt werden durften. Anlässlich der in Anwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten delegierten Konfrontationseinvernahme vom 29. Mai 2020 sagte B.B.________ zwar aus, machte aber häufig Erinnerungslücken geltend, während C.B.________ die Aussage generell verweigerte.  
 
2.4.2. Die Vorinstanz zieht bei der Feststellung des Sachverhalts betreffend den Tatbestand des Art. 133 Abs. 1 StGB die Erstaussagen von B.B.________ und C.B.________ nicht in die Beweiswürdigung mit ein. Sie würdigt die Aussagen des Beschwerdeführers, die von B.B.________ anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 29. Mai 2020 gemachten Depositionen, die fotografischen Aufnahmen der Verletzungen, die Gutachten der Abteilung Forensische Medizin des Kantonsspitals Aarau sowie die Auswertung des Mobiltelefons von C.B.________. Sie gelangt zum Schluss, aufgrund des Verletzungsbildes und gestützt auf das forensische Gutachten sei die Sachdarstellung des Beschwerdeführers, wonach B.B.________ gestürzt sei und die Verletzungen vom Sturz rührten, widerlegt. Das forensische Gutachten halte fest, B.B.________ habe nebst einem Stirnschädelbruch auch etliche Blutergüsse und Oberhautdefekte an unterschiedlichen Stellen am Vorder- und Hinterkopf, am Hals sowie am Rücken davongetragen; diese Verletzungen könnten nicht von einem Sturz herrühren. Sodann stehe die Darstellung des Beschwerdeführers in völligem Widerspruch zum Inhalt der Sprachnachricht von C.B.________, in der sie ausführt, sie und der Beschwerdeführer seien zusammen auf B.B.________ gesessen und hätten ihn zusammengeschlagen, bis er ein blutiges Gesicht gehabt habe. Aus diesen Gründen und gestützt auf die ausgewiesenen Verletzungsbilder bestehe kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer und C.B.________ B.B.________ am Boden fixiert und mehrmals auf ihn eingeschlagen hätten. Durch sein aktives Mitwirken (Austeilen von mehreren Schlägen während der tätlichen Auseinandersetzung) habe der Beschwerdeführer sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Raufhandels gemäss Art. 133 Abs. 1 StGB erfüllt.  
Da die Vorinstanz auf die Erstaussagen von B.B.________ und C.B.________ entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht abstellt, ist der Konfrontationsanspruch bei der Feststellung des für die Anwendbarkeit von Art. 133 Abs. 1 StGB massgeblichen Sachverhalts nicht verletzt. Der Beschwerdeführer scheint die entsprechende Rüge denn auch nur im Zusammenhang mit der Frage einer Notwehrlage zu erheben. Sollte mit dem Einwand, die Sprach- bzw. Textnachrichten seien von C.B.________ in stark alkoholisiertem Zustand verfasst worden und die Vorinstanz hätte daher auf sie nicht abstellen dürfen, eine willkürliche Beweiswürdigung gerügt werden, erwiese sich die Rüge als unbegründet. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, weshalb die alkoholisierte C.B.________ in der unmittelbar nach dem Vorfall ausgeführten Sprachnachricht Unwahres gesagt haben sollte und Entsprechendes ist auch nicht ersichtlich. Ebenso unbehelflich ist der Einwand, dem forensischen Gutachten lasse sich nicht entnehmen, wer (C.B.________ oder der Beschwerdeführer) B.B.________ die Verletzungen zugefügt habe. Für die rechtliche Würdigung ist ohne Bedeutung, wer von den am Raufhandel Beteiligten dem Opfer die Verletzungen zugefügt hat (BGE 137 IV 1 E. 4.2.2). 
 
2.5.  
 
2.5.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz berücksichtige bei der Beantwortung der Frage, ob Notwehr im Sinne von Art. 15 StGB oder entschuldbare Notwehr im Sinne von Art. 16 StGB gegeben sei, auch die Erstaussagen von B.B.________ und C.B.________, obwohl sie zu Recht festhalte, diese seien nur verwertbar, wenn sie nicht den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellen. Wenn die übrigen Beweismittel angeblich genügten, dürften die Erstaussagen bei der Würdigung nicht miteinbezogen werden.  
 
2.5.2. Die rechtfertigende Notwehr im Sinne von Art. 15 StGB verneint die Vorinstanz, ohne auf die Erstaussagen der Mitbeschuldigten abzustellen, allein gestützt auf die übrigen Beweismittel. Sie erachtet das Handeln des Beschwerdeführers in "reiner Notwehr" als durch das Verletzungsbild und die forensischen Gutachten widerlegt, wobei diese Schlussfolgerung zudem durch die Sprachnachricht von C.B.________ sowie die Aussage von B.B.________ in der Konfrontationseinvernahme bestätigt werde. Insofern erweist sich die Rüge der Verletzung des Konfrontationsanspruchs aufgrund angeblich als ausschlaggebend berücksichtigter Erstaussagen der Mitbeschuldigten in Bezug auf die rechtfertigende Notwehr im Sinne von Art. 15 StGB als unbegründet.  
 
2.5.3. Die Erstaussagen der fraglichen Personen werden von der Vorinstanz allein bei der Prüfung einer entschuldbaren Notwehr im Sinne von Art. 16 StGB mitberücksichtigt. Dabei legt die Vorinstanz dar, dass und weshalb die Erstaussagen bei der Beweiswürdigung nicht ausschlaggebend seien. Die Vorinstanz gelangt - anders als die Erstinstanz - zum Schluss, der Beschwerdeführer habe nicht in entschuldbarer Notwehr gehandelt, billigt ihm aber aufgrund des Verbots der "reformatio in peius" trotzdem entschuldbare Notwehr im Sinne von Art. 16 Abs. 1 StGB zu und berücksichtigt diesen Strafmilderungsgrund bei der Strafzumessung. Sofern der Beschwerdeführer die Verletzung des Konfrontationsanspruchs im Zusammenhang mit entschuldbarer Notwehr im Sinne von Art. 16 StGB rügt, ist er nicht beschwert und auf seine Beschwerde ist diesbezüglich nicht einzutreten.  
 
3.  
 
3.1. Sodann macht der Beschwerdeführer eine willkürliche Beweiswürdigung geltend. Er rügt, die Vorinstanz verneine zu Unrecht eine Notwehrlage und halte fest, es könne offenbleiben, wie lange B.B.________ konkret am Boden festgehalten worden sei und Schläge erhalten habe, da ein Abwehrwille des Beschwerdeführers zu verneinen sei. Dabei übersehe die Vorinstanz, dass B.B.________, auch als er am Boden gelegen habe, tätlich geblieben sei und gemäss Anklage den Beschwerdeführer mit den Füssen getreten habe und der Beschwerdeführer dabei auch Verletzungen (Schürfungen und Hämatome) davongetragen habe. Daher sei es willkürlich und aktenwidrig, von einer rein passiven Situation seitens B.B.________ auszugehen, als er am Boden gelegen habe. Sinngemäss macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe den für die Beurteilung der Frage, ob rechtfertigende Notwehr gemäss Art. 15 StGB vorliege, massgeblichen Sachverhalt willkürlich festgestellt und die Anwendung von Art. 15 StGB zu Unrecht verneint.  
 
3.2. Wird jemand ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht, so ist der Angegriffene und jeder andere berechtigt, den Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Art. 15 StGB).  
Die Abwehr in einer Notwehrsituation muss nach der Gesamtheit der Umstände als verhältnismässig erscheinen, wobei insbesondere der Schwere des Angriffs, der Art des Abwehrmittels und dessen tatsächlicher Verwendung sowie der durch den Angriff und die Abwehr bedrohten Rechtsgüter Rechnung zu tragen ist. Bei der Verwendung von gefährlichen Gegenständen zur Abwehr (Messer, Schusswaffen etc.) ist besondere Zurückhaltung geboten (BGE 136 IV 49 E. 3.2 f.). Notwehr ist nur so lange zulässig, wie der Angriff andauert. Der begonnene Angriff bleibt nur so lange gegenwärtig, als die Zufügung einer neuen oder die Vergrösserung der bereits eingetretenen Verletzung durch das Verhalten des Angreifers unmittelbar bevorsteht (BGE 102 IV 1 E. 2b; Urteile 6B_182/2021 vom 12. Mai 2021 E. 2.2; 6B_575/2020 vom 22. Februar 2021 E. 2.2.2; 6B_251/2013 vom 24. Oktober 2013 E. 1.2; je mit Hinweisen). 
 
3.3. Die Vorinstanz hält zutreffend fest, der Beschwerdeführer habe, selbst wenn ihm zugestanden würde, dass er bei der Auseinandersetzung anfänglich lediglich C.B.________ schützen wollte, die Grenze der reinen Abwehr bereits überschritten, als er mehrmals zusammen mit C.B.________ auf den am Boden liegenden B.B.________ eingeschlagen habe. Der Angriff durch B.B.________ dauerte nicht mehr an, als ihn der Beschwerdeführer und/oder C.B.________ auf dem Boden festhielten und auf ihn einschlugen. Von dem auf dem Boden liegenden, festgehaltenen und sich in der Unterzahl befindlichen B.B.________ ging keine Gefahr aus. Daran ändert nichts, dass sich B.B.________ mit Fusstritten dagegen zu wehren versuchte. Die Rüge erweist sich als unbegründet. Die Vorinstanz verletzt nicht Bundesrecht, wenn sie festhält, der Beschwerdeführer habe nicht in rechtfertigender Notwehr im Sinne von Art. 15 StGB gehandelt. Hingegen billigt sie ihm - aufgrund des Verbots der "reformatio in peius" - entschuldbare Notwehr im Sinne von Art. 16 Abs. 1 StGB zu.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Januar 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Erb