Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.207/2002 /sta 
 
Urteil vom 14. Mai 2002 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Nay, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Marcel Grass, Effingerstrasse 16, Postfach 6417, 3001 Bern, 
 
gegen 
 
Haftgericht I Berner Jura-Seeland, Haftrichter 1, Amthaus, Spitalstrasse 14, 2501 Biel/Bienne, 
Staatsanwaltschaft I Berner Jura-Seeland, Neuengasse 8, 2502 Biel/Bienne, 
Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern. 
 
Art. 5 EMRK sowie Art. 9 und 10 BV (Haftentlassung) 
 
(Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 25. März 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ wird zur Last gelegt, sich von März 1990 bis Januar 1993 und dann wieder ab 1997/98 verschiedener Straftaten schuldig gemacht zu haben. Im Vordergrund steht der Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs. X.________ habe insbesondere zahlreiche Personen um WIR-Guthaben betrogen. Er habe in Tageszeitungen Inserate aufgegeben und darin den Umtausch von WIR-Guthaben in Schweizer Franken im Verhältnis von 1:1 angeboten. Zahlreiche Inhaber von WIR-Guthaben hätten sich bei X.________ gemeldet. Dieser habe in der Folge WIR-Guthaben darlehensweise entgegengenommen. Dabei sei er weder gewillt noch in der Lage gewesen, die Darlehen in der jeweils vereinbarten Frist in Schweizer Franken zurückzuzahlen. Trotzdem habe er mit Zeitungsinseraten immer wieder neue Inhaber von WIR-Guthaben gesucht, um so zu Geld zu kommen. Der Deliktsbetrag allein aus den seit 1997/98 begangenen Vermögensstraftaten belaufe sich auf rund 1,3 Millionen Franken. 
B. 
X.________ befindet sich seit dem 20. Dezember 2000 in Untersuchungshaft. 
 
Am 31. Januar 2002 ersuchte er um Haftentlassung. Am 13. Februar 2002 wies der Haftrichter 1 des Haftgerichts I Berner Jura-Seeland das Gesuch ab. 
 
Den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern am 25. März 2002 ab. 
C. 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Anklagekammer aufzuheben; er sei aus der Untersuchungshaft zu entlassen, eventuell unter Auferlegung einer geeigneten Ersatzmassnahme. 
D. 
Die Anklagekammer beantragt unter Hinweis auf die Begründung ihres Entscheids die Abweisung der Beschwerde. 
 
Die Staatsanwaltschaft I Berner Jura-Seeland und der Haftrichter 1 des Haftgerichts I Berner Jura-Seeland haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur, das heisst es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das Bundesgericht verlangt werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die von der Verfassung geforderte Lage nicht schon mit der Aufhebung des kantonalen Entscheids hergestellt wird, sondern dafür eine positive Anordnung nötig ist. Das trifft hinsichtlich einer nicht oder nicht mehr gerechtfertigten Untersuchungshaft zu (BGE 124 I 327 E. 4 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten, soweit der Beschwerdeführer beantragt, er sei aus der Haft zu entlassen. 
1.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 125 I 492 E. 1b mit Hinweisen). 
 
Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nur teilweise. 
2. 
2.1 Die Anklagekammer erachtet den dringenden Tatverdacht als gegeben. Sie bejaht sodann sowohl Flucht- als auch Wiederholungsgefahr. 
 
Der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Entscheid verletze sein Recht auf persönliche Freiheit nach Art. 10 Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 1 lit. c und Art. 5 Ziff. 3 EMRK. Überdies habe die Anklagekammer kantonales Prozessrecht willkürlich angewandt und damit Art. 9 BV verletzt. 
2.2 Gemäss Art. 10 Abs. 2 BV hat jeder Mensch das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf Bewegungsfreiheit. 
 
Bei staatsrechtlichen Beschwerden, die gestützt auf das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit wegen der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuchs erhoben werden, prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts frei (BGE 123 I 268 E. 2d mit Hinweis). Der Rüge der willkürlichen Anwendung des kantonalen Prozessrechts kommt daher keine selbständige Bedeutung zu. 
2.3 Gemäss Art. 176 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Bern über das Strafverfahren vom 15. März 1995 kann die angeschuldigte Person in Untersuchungshaft versetzt werden, wenn sie eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und zudem ernsthaft Gründe zur Annahme bestehen, sie werde 1. sich durch Flucht dem Strafverfahren oder einer zu erwartenden Sanktion entziehen oder 
2. (...) 
3. weitere Verbrechen oder Vergehen begehen, wenn sie während der Dauer des Verfahrens dies bereits mindestens einmal getan hat. 
2.4 Dem Beschwerdeführer wird insbesondere gewerbsmässiger Betrug und damit ein Verbrechen vorgeworfen (Art. 146 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 StGB). 
 
Der Beschwerdeführer legt dar, er habe die ihm zur Last gelegten Sachverhalte weitgehend anerkannt. Damit sei der dringende Tatverdacht im Zusammenhang mit den WIR-Verkäufen an sich gegeben. Der dringende Tatverdacht sei jedoch zu relativieren, da auf Antrag der Verteidigung nun auch die Mitbeteiligten Y.________ und Z.________ in das Verfahren einbezogen worden seien. Wieweit aufgrund der Tatbeiträge dieser Mitbeteiligten den Beschwerdeführer noch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit treffe, müsse das Hauptverfahren zeigen. Im Übrigen betrage der Deliktsbetrag weit weniger als 1 Million Franken. 
 
Soweit sich der Beschwerdeführer auf den inzwischen erfolgten Einbezug von Y.________ und Z.________ in das Verfahren beruft, ist er nicht zu hören, da es sich dabei um eine unzulässige neue Tatsache handelt. Nach den Darlegungen des Beschwerdeführers erfolgte die Vereinigung der Voruntersuchung mit den Verfahren gegen Y.________ und Z.________ am 11. April 2002, also nach dem angefochtenen Entscheid. Eine nach dem letzten kantonalen Entscheid eingetretene Tatsache kann im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl. Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 370). Selbst wenn man auf das Vorbringen eintreten wollte, würde das dem Beschwerdeführer im Übrigen nicht helfen. Denn er legt nicht in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise dar, inwiefern sich am dringenden Tatverdacht gegen ihn etwas ändern sollte, wenn neben ihm noch Mittäter beteiligt waren. 
 
Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde auch, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Deliktsbetrag belaufe sich auf weit weniger als 1 Million Franken. Auch in diesem Punkt genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. Der Beschwerdeführer setzt sich insbesondere nicht mit der im Anhang des Schlussberichts der Kantonspolizei vom 3. August 2001 enthaltenen Liste der ab 1997/98 begangenen Taten auseinander und legt nicht dar, inwiefern die dort enthaltene Berechnung des Deliktsbetrages offensichtlich falsch sei. 
Da auf die Vorbringen, mit denen der Beschwerdeführer den an sich eingestandenen dringenden Tatverdacht relativieren will, demnach nicht einzutreten ist und er die ihm vorgeworfenen Sachverhalte grundsätzlich anerkennt, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Anklagekammer diese Voraussetzung der Untersuchungshaft bejaht hat. 
2.5 Nach der Rechtsprechung genügt für die Annahme von Fluchtgefahr die Höhe der dem Angeschuldigten drohenden Freiheitsstrafe für sich allein nicht. Fluchtgefahr darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Vielmehr müssen konkrete Gründe dargetan werden, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Höhe der drohenden Freiheitsstrafe kann nur neben anderen eine Flucht begünstigenden Tatsachen herangezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a mit Hinweisen). 
 
Im vorliegenden Fall sprechen folgende Umstände für die Annahme von Fluchtgefahr: Anfang der 90er Jahre war bereits ein anderes Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer unter anderem wegen gewerbsmässigen Betruges hängig. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte ihn in jenem Verfahren am 15. Januar 1993 zu vier Jahren Zuchthaus und Fr. 4'000.-- Busse. Bereits im Dezember 1992 hatte sich der Beschwerdeführer der Strafverfolgung jedoch durch Flucht ins Ausland entzogen. Erst am 31. Januar 1995, also mehr als zwei Jahre später, konnte er in Teneriffa verhaftet werden. Der Beschwerdeführer hat damit gezeigt, dass er in der Lage ist, sich über längere Zeit unter den Bedingungen einer Flucht im Ausland durchzuschlagen. Eine wesentliche Änderung seiner persönlichen Verhältnisse hat sich seither nicht ergeben. Insbesondere ist eine familiäre Bindung, welche ihn von einer erneuten Flucht ins Ausland abhalten könnte, nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist geschieden und seine Mutter - die er um einen grösseren Geldbetrag geschädigt haben soll - hat selber Strafanzeige gegen ihn eingereicht. Soweit er geltend macht, er habe die Möglichkeit, bei einer Haftentlassung zusammen mit einem Bekannten eine Gaststätte zu betreiben und dort zu wohnen, ist dies nicht näher belegt und jedenfalls nicht geeignet, die Fluchtgefahr zu bannen. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde würde den Beschwerdeführer auch sein Alter von 52 Jahren nicht an der Flucht hindern. Er hat überdies mit einer empfindlichen Strafe zu rechnen. Es wird ihm allein im Zusammenhang mit den WIR-Geschäften ab Januar 1999 gewerbsmässiger Betrug in rund 75 Fällen vorgeworfen. Der Deliktsbetrag soll sich für die ab 1997/98 begangenen Vermögensstraftaten auf rund 1,3 Millionen Franken belaufen. Der Beschwerdeführer weist ausserdem zahlreiche Vorstrafen auf. Er wurde insbesondere schon wiederholt zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt und ist auch wegen gewerbsmässigen Betrugs einschlägig vorbestraft. 
 
Angesichts dieser Umstände ist Fluchtgefahr gegeben. Da sie als erheblich einzustufen ist, verletzt es auch kein Verfassungsrecht, wenn die Anklagekammer angenommen hat, dass eine blosse Schriftensperre und Meldepflicht zur Bannung der Fluchtgefahr nicht genügen würde. 
2.6 Da mit der Fluchtgefahr bereits ein Haftgrund gegeben ist, kann offen bleiben, ob zusätzlich Wiederholungsgefahr zu bejahen sei. 
 
Anzumerken ist immerhin, dass erhebliche Anhaltspunkte auch für diesen weiteren Haftgrund bestehen. Gegenstand des gegenwärtigen Strafverfahrens bilden einerseits strafbare Handlungen, die der Beschwerdeführer von März 1990 bis Januar 1993 begangen haben soll. Darunter befinden sich bereits Darlehensbetrüge mit WIR-Guthaben. Im Dezember 2000 wurde das Verfahren ausgedehnt auf weitere, ab 1997/98 verübte Taten. Dabei werden dem Beschwerdeführer zur Hauptsache wiederum Darlehensbetrüge mit WIR-Guthaben vorgeworfen. Der Beschwerdeführer hat schon lange Kenntnis vom gegenwärtigen Strafverfahren. Am 17. Dezember 1999 wurde er vom Untersuchungsrichter befragt. Auch nach dieser Einvernahme nahm er in gleicher Art wie zuvor in zahlreichen Fällen wieder WIR-Guthaben entgegen. Der Beschwerdeführer ist überdies, wie gesagt, bereits wegen gewerbsmässigen Betruges vorbestraft. Die neuen Taten beging er nicht lange nach seiner bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug im Oktober 1997 während laufender Probezeit. Er hat, wie er im Zusammenhang mit dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege selber darlegt, ausserdem kein Vermögen und keine gesicherte Einnahmequelle. Alle diese Gesichtspunkte sprechen für die Annahme von Wieder-holungsgefahr. 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt, die Dauer der Untersuchungshaft sei unverhältnismässig. 
3.1 Nach Art. 5 Ziff. 3 EMRK und Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BV darf eine an sich gerechtfertigte Untersuchungshaft die mutmassliche Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe nicht übersteigen. Der Haftrichter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der konkret zu erwartenden Dauer der Freiheitsstrafe rückt (BGE 126 I 172 E. 5a mit Hinweisen). 
 
Der Beschwerdeführer befand sich im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids gut 15 Monate in Untersuchungshaft. 
 
Es droht ihm eine erhebliche Strafe. Gemäss dem in den Akten liegenden Deliktsverzeichnis werden dem Beschwerdeführer allein seit 1997/98 rund 75 Taten mit einem Gesamtdeliktsbetrag von ca. 1,3 Millionen Franken vorgeworfen. Zum gewerbsmässigen Betrug hinzu kommen die Vorwürfe der Veruntreuung, der Hehlerei, der Drohung, des Konsums von Kokain und der Anmassung eines akademischen Titels. Für gewerbsmässigen Betrug droht Art. 146 Abs. 2 StGB Zuchthaus bis zu 10 Jahren oder Gefängnis nicht unter drei Monaten an. Erheblich straferhöhend werden sich bei einer Verurteilung die zahlreichen und teilweise einschlägigen Vorstrafen auswirken. Straferhöhend zu berücksichtigen sein wird ebenso der Rückfall während laufender Probezeit nicht lange nach der bedingten Entlassung aus dem Vollzug der letzten mehrjährigen Zuchthausstrafe. In Anbetracht dieser Umstände ist es nicht zu beanstanden, wenn die Anklagekammer angenommen hat, dass die bisherige Untersuchungshaft noch nicht in grosse Nähe der zu erwartenden Freiheitsstrafe gerückt ist. 
3.2 Das in Art. 5 Ziff. 3 EMRK und Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BV für Haftfälle bzw. in Art. 6 Ziff. 1 EMRK allgemein verankerte Beschleunigungsgebot ist auch dann verletzt, wenn die Strafverfolgungsbehörden das Verfahren nicht mit der gebotenen Beförderung behandeln, und zwar unabhängig davon, ob sich die Haftdauer bereits der zu erwartenden Strafe nähert. Einer solchen Verletzung des Beschleunigungsgebotes ist in der Regel bei der Strafzumessung Rechnung zu tragen. Je nach den konkreten Umständen kann es in leichten Fällen als Wiedergutmachung genügen, die Konventionsverletzung festzustellen, wogegen in besonders schweren Fällen eine Einstellung des Strafverfahrens in Betracht fällt (BGE 124 I 139 E. 2a und b; 117 IV 124 E. 4). Im Haftprüfungsverfahren ist eine Rüge, das Strafverfahren werde nicht mit der verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Beschleunigung geführt, nur soweit zu prüfen, als die Verfahrensverzögerung geeignet ist, die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft in Frage zu stellen und zu einer Haftentlassung zu führen. Dies ist nur der Fall, wenn sie besonders schwer wiegt und zudem die Strafverfolgungsbehörden - z.B. durch eine schleppende Ansetzung der Termine für die anstehenden Untersuchungshandlungen - erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das Verfahren nunmehr mit der für Haftfälle verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Ist die gerügte Verzögerung des Verfahrens weniger gravierend, kann offen bleiben, ob eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vorliegt. Es genügt diesfalls, die zuständige Behörde zur besonders beförderlichen Weiterführung des Verfahrens anzuhalten und die Haft gegebenenfalls allein unter der Bedingung der Einhaltung bestimmter Fristen zu bestätigen. Ob eine Verletzung des Beschleunigungsgebots gegeben ist, kann in der Regel denn auch erst der Sachrichter unter der gebotenen Gesamtwürdigung (BGE 124 I 139 E. 2c) beurteilen, der auch darüber zu befinden hat, in welcher Weise - z.B. durch eine Strafreduktion - eine allfällige Verletzung des Beschleunigungsgebotes wieder gut zu machen ist (zur Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichts vom 2. Mai 2002, 1P.202/2002, E. 2.2). 
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Strafverfolgung der in den Jahren 1990 bis 1993 begangenen Taten sei verschleppt worden; diese Taten hätten schon lange rechtskräftig beurteilt werden können. Wie es sich damit verhält, kann hier offen bleiben. Denn selbst wenn man in Bezug auf die in den Jahren 1990 bis 1993 begangenen Taten eine besonders schwere Verfahrensverzögerung annehmen und deshalb insoweit die Einstellung des Verfahrens in Betracht ziehen wollte, würde das die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft nicht in Frage stellen. Diese wurde - wie der Beschwerdeführer (S. 12) selber darlegt - im Dezember 2000 angeordnet aufgrund der neuen, ab 1997/98 begangenen zahlreichen Taten. Am dringenden Tatverdacht in Bezug auf diese neuen Taten ändert sich auch dann nichts, wenn man die in den Jahren 1990 bis 1993 verübten Taten ausser Acht lässt. Die Haftentlassung käme nur dann in Betracht, wenn den Behörden nach Ausweitung des Verfahrens und Anordnung der Untersuchungshaft im Dezember 2000 eine besonders schwere Verfahrensverzögerung anzulasten wäre und sie überdies erkennen liessen, dass sie nicht gewillt oder in der Lage wären, das Verfahren mit der für Haftfälle verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Wie sich dem angefochtenen Entscheid (S. 9) entnehmen lässt, fand zwischen dem 25. Juli und dem 26. Oktober 2001, also während rund 3 Monaten, nach aussen keine Untersuchungshandlung statt. Der Untersuchungsrichter begründete dies damit, dass er zur Vorbereitung der ab dem 26. Oktober 2001 vorgesehenen Befragungen Zeit für das Aktenstudium benötigt habe. In Anbetracht der umfangreichen Akten und des Umstandes, dass der polizeiliche Schlussbericht am 3. August 2001 verfasst worden ist, ist dies nachvollziehbar. Zwar ist einzuräumen, dass der Zeitraum von 3 Monaten, während dem nach aussen keine Untersuchungshandlungen durchgeführt worden sind, als etwas lang erscheint. Eine besonderes schwere Verfahrensverzögerung, die einzig zur Haftentlassung führen könnte, ist jedoch zu verneinen. Ob überhaupt eine Verletzung des Beschleunigungsgebots vorliegt, wird gegebenenfalls der Sachrichter zu entscheiden haben. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Behörden nicht gewillt oder in der Lage wären, das Verfahren mit der für Haftfälle gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Ab Oktober 2001 wurden umfangreiche Befragungen durchgeführt. Alleine in der Zeit vom 26. Oktober bis zum 18. Dezember 2001 wurde der Beschwerdeführer dreizehn Mal befragt. Weitere Befragungen waren im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids im Gang. 
 
Die Haftentlassung kommt somit derzeit nicht in Betracht. Anzumerken ist allerdings, dass in Anbetracht der nun schon länger dauernden Untersuchungshaft das weitere Verfahren mit besonderer Beschleunigung voranzutreiben ist. 
4. 
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Untersuchungshaft stelle eine krasse Ungleichbehandlung dar gegenüber Y.________ und Z.________, welche sich beide auf freiem Fuss befänden, genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. 
5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
Von der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ist auszugehen. Da die Untersuchungshaft einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, konnte er sich zur Beschwerde veranlasst sehen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nach Art. 152 OG wird deshalb gutgeheissen. Es sind keine Kosten zu erheben und dem Vertreter des Beschwerdeführers ist eine Entschädigung auszurichten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Fürsprecher Marcel Grass, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet. 
5. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Haftgericht I, Haftrichter 1, der Staatsanwaltschaft I Berner Jura-Seeland und der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern sowie dem Untersuchungsrichteramt I Berner Jura-Seeland, Untersuchungsrichter 4, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 14. Mai 2002 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: