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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.279/2002 /dxc 
 
Urteil vom 16. August 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Wyssmann. 
 
X.________ AG, Zeltweg 44, 8032 Zürich, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern, 
Eidgenössische Steuerrekurskommission, 
Avenue Tissot 8, 1006 Lausanne. 
 
Mehrwertsteuer; 4. Quartal 1999; Rechtzeitigkeit der Zahlung des Kostenvorschusses. 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 29. April 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Entscheid vom 20. Juni 2001 in Sachen Mehrwertsteuer trat die Eidgenössische Steuerrekurskommission auf die Beschwerde der X.________ AG nicht ein, weil der Kostenvorschuss für das Verfahren nicht rechtzeitig geleistet worden sei. Mit Urteil vom 27. November 2001 hiess das Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der X.________ AG gut, hob den Entscheid der Steuerrekurskommission auf und wies diese an, bei der Schweizerischen Post zusätzlich diejenigen Angaben einzuholen, die nötig seien, um zu entscheiden, ob die mit Sammelauftragsdienst der Post (SAD) abgewickelte Zahlung des für das Verfahren einverlangten Kostenvorschusses rechtzeitig oder verspätet sei. 
B. 
Die Vorinstanz ersuchte die Postfinance in der Folge um weitere Auskünfte. Mit Schreiben vom 13. März 2002 teilte die Postfinance der Vorinstanz mit, der Sammelauftrag sei der Post in elektronischer Form angeliefert worden. Als Fälligkeitsdatum sei der 22. Februar 2001 angegeben worden. 
 
Die Eidgenössische Steuerrekurskommission gab der X.________ AG Gelegenheit, zur schriftlichen Auskunft der Post und zur Rechtzeitigkeit der Zahlung des Kostenvorschusses Stellung zu nehmen. Mit Eingabe vom 18. April 2002 äusserte sich die X.________ AG dahingehend, es fehle jeglicher Nachweis, wann der Auftrag (der Bank) an die Post abgeschickt worden sei. Zudem stelle sich die Frage, ob nicht auch auf elektronischem Weg eine Verzögerung über den Datumswechsel 20./21. Februar 2001 hinaus hätte stattfinden können. Zudem fehle es an Belegen, welche den Nachweis des Fälligkeitsdatums des Auftrags an die Post erbringen könnten. Eine einfache schriftliche Auskunft der Post genüge nicht. Die Beschwerdeführerin verlange, dass weitere Abklärungen getätigt würden. 
 
Mit Entscheid vom 29. April 2002 trat die Eidgenössische Steuerrekurskommission auf die Beschwerde nicht ein, weil der Kostenvorschuss nicht rechtzeitig geleistet worden sei. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die X.________ AG, der Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 29. April 2002 sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Die Eidgenössische Steuerverwaltung und die Eidgenössische Steuerrekurskommission verzichteten auf Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission in Sachen Mehrwertsteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG zulässig. Es kann mit ihr die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens gerügt werden (Art. 104 lit. a OG). Angefochten ist allerdings ein Entscheid, mit dem die Eidgenössische Steuerrekurskommission auf die bei ihr erhobene Beschwerde aus prozessualen Gründen - wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses - nicht eingetreten ist. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann daher nur geltend gemacht werden, das Nichteintreten verletze Bundesrecht. Da eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden hat, ist zudem das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts im angefochtenen Entscheid gebunden, sofern der Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Gemäss Art. 63 Abs. 4 VwVG ist die Eidgenössische Steuerrekurskommission gehalten, von der Beschwerdeführerin einen Vorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten zu erheben und zu dessen Leistung eine angemessene Frist anzusetzen. Diese Verpflichtung ist hier nicht umstritten. Bezüglich Fristwahrung für die Bezahlung des Kostenvorschusses über eine Bank richtete sich die Vorinstanz nach der Praxis, wie sie das Bundesgericht auch in seinen Verfahren anwendet. Bei der Benützung des Sammelauftragsdienstes der Post (SAD), bzw. heute elektronischer Zahlungsauftrag (EZAG), ist der Kostenvorschuss demnach rechtzeitig geleistet, wenn der Datenträger vor Ablauf der Zahlungsfrist der Post übergeben wird und auf dem Datenträger spätestens der letzte Tag der Frist als Fälligkeitsdatum vermerkt ist. Wird er zwar rechtzeitig der Post übergeben, enthält er aber ein Fälligkeitsdatum nach diesem letzten Tag, so gilt die Leistung als verspätet (BGE 117 Ib 220 E. 2 S. 221 ff.). Allfällige Versäumnisse der Bank muss sich der Rechtsuchende als solche einer Hilfsperson anrechnen lassen (vgl. BGE 114 Ib 67 E. 2 S. 69 ff.). 
 
Auf diese Grundsätze hat das Bundesgericht bereits im ersten Urteil vom 27. November 2001 hingewiesen; sie stehen hier nicht mehr in Frage. Einzig streitig ist, ob der Kostenvorschuss gemäss diesen Regeln rechtzeitig geleistet worden ist oder nicht. Die von der Vorinstanz zur Bezahlung des Kostenvorschusses gesetzte Frist endete am 20. Februar 2001. 
3. 
Wie das Bundesgericht bereits im Urteil vom 27. November 2001 festhielt, sandte die Beschwerdeführerin den Zahlungsauftrag am 16. Februar 2001 an die Migrosbank. Diese belastete der Beschwerdeführerin das Konto am 20. Februar 2001. Beim Rechenzentrum der Post traf der SAD-Auftrag am 21. Februar 2001 - einen Tag nach Ablauf der Zahlungsfrist - ein. Der Auftrag wurde am folgenden Tag bearbeitet. Dies ergaben die Abklärungen der Vorinstanz bei der Post bereits im ersten Verfahren. 
 
Da jedoch unklar war, wann der SAD-Auftrag seitens der Bank an die Post übergeben wurde und welches Fälligkeitsdatum eingetragen war, wies das Bundesgericht die Sache für weitere Abklärungen an die Vorinstanz zurück. Diese hatte namentlich abzuklären, ob der Sammelauftrag elektronisch (also verzögerungsfrei) übermittelt wurde. In diesem Fall wäre die Frist nicht eingehalten worden, weil die Bank als Erfüllungsgehilfin der Beschwerdeführerin den Zahlungsauftrag einen Tag nach Ablauf der Frist erteilt hätte. Wenn jedoch die Bank den Sammelauftrag nicht elektronisch, sondern durch Versand von Magnetbändern oder in Papierform übermittelt hätte, wäre es möglich, dass die Bank am 20. Februar 2001 - und somit am letzten Tag der Frist - gehandelt hätte. In diesem Fall wäre der Zahlungsauftrag rechtzeitig erfolgt, wenn auch das im Zahlungsauftrag angegebene Fälligkeitsdatum innerhalb der Zahlungsfrist lag. 
 
Die Vorinstanz verlangte in der Folge bei der Postfinance weitere Auskünfte ein (Schreiben vom 12. Dezember 2001). Diese überwies die Anfrage an ihren technischen Dienst in Bern. Am 13. März 2002 teilte die Postfinance der Eidgenössischen Steuerrekurskommission mit, die fragliche Zahlung der X.________ AG sei dem Konto Nr. 10-11404-7 (Eidgenössische Steuerrekurskommission) am 22. Februar 2001 gutgeschrieben worden. Der SAD-Auftrag mit der erwähnten Zahlung sei der Postfinance in elektronischer Form angeliefert worden. Das Fälligkeitsdatum für den Auftrag bzw. die Einzelzahlung sei der 22. Februar 2001 gewesen. 
 
Daraus ist nicht nur zu schliessen, dass der Sammelauftrag bei der Post am 21. Februar 2001 eintraf (das ergaben bereits die ersten Abklärungen der Vorinstanz bei der Post), sondern auch, dass der Sammelauftrag am 21. Februar 2001 durch die Bank durch Datenfernübermittlung (elektronisch) am 21. Februar 2001 aufgegeben wurde und zudem als Fälligkeitsdatum der 22. Februar 2001 eingetragen war. Sowohl die Datenfernübermittlung wie auch das Fälligkeitsdatum waren damit verspätet. Dieser Schluss wird nicht entkräftet durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Belastungsanzeige der Migrosbank vom 20. Februar 2001 und das Schreiben der Bank vom 16. Juli 2001 an den damaligen Anwalt der Beschwerdeführerin (Dossier 2A.367/2001). Diese Dokumente belegen lediglich, dass die Bank intern den Auftrag der Beschwerdeführerin am 20. Februar mit Valuta vom 21. Februar 2001 ausführte. Namentlich das Valutadatum deutet darauf hin, dass die Bank als Fälligkeitsdatum für die Zahlung den 22. Februar 2002 angegeben haben könnte. Wenn daher die Vorinstanz auf die schriftliche Auskunft der Postfinance abgestellt und angenommen hat, dass der Zahlungsauftrag mit Fälligkeitsdatum vom 22. Februar 2002 erfolgte und damit verspätet sei, hat sie den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt. 
4. 
Die Beschwerdeführerin beruft sich darauf, dass die Vorinstanz weitere Nachforschungen bezüglich der Rechtzeitigkeit des Kostenvorschusses hätte anstellen müssen. Sie rügt damit sinngemäss eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der durch Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör dient der Sachaufklärung und garantiert dem Betroffenen, dass erhebliche Beweise abgenommen werden (BGE 122 I 53 E. 4a). Ob die Sachurteils- oder Prozessvoraussetzungen wie die Rechtzeitigkeit des Kostenvorschusses erfüllt sind, hat die angerufene Behörde als Rechtsfrage zwar von Amtes wegen zu prüfen, doch trifft die rechtsuchende Partei dennoch eine Substanzierungslast; sie muss die Umstände darlegen, aus denen sich ergeben kann, dass die Voraussetzungen für ein Sachurteil gegeben sind, jedenfalls soweit ihr das zuzumuten ist (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1983, S. 73 f.; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl. 1998, S. 150). Im vorliegenden Fall bestreitet die Beschwerdeführerin das Beweisergebnis einzig, indem sie die schriftliche Auskunft der Post in Frage stellt. Sie hat aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunft falsch oder unvollständig sein könnte. Wie dargelegt, hat die Vorinstanz alle wichtigen tatsächlichen Elemente gewürdigt. Die Postfinance hat die Zahlung insgesamt zweimal überprüft. Dabei ergaben sich keine Unstimmigkeiten. Die Belastungsanzeige der Bank vom 20. Februar 2001 und deren Schreiben vom 16. Juli 2001 lassen ferner den Schluss zu, dass die Bank die Zahlung am 21. Februar 2001 - und damit nach Ablauf der Zahlungsfrist - validierte. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Beweise die Vorinstanz sinnvollerweise noch hätte abnehmen können. Auch die Beschwerdeführerin legt es nicht dar. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verweigert, wenn sie keine weiteren Beweise abgenommen hat. 
5. 
Die Beschwerde ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowie der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. August 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: