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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6F_26/2022  
 
 
Urteil und Verfügung  
vom 17. November 2022 
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________,  
2. B.A.________,  
3. C.A.________,  
Gesuchsteller 1-3, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Gesuchsgegnerin, 
 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Postfach 2401, 8021 Zürich 1. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 10. Oktober 2018 
(Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte A.A.________ mit Urteil vom 19. August 2016 der Drohung sowie der Urkundenfälschung schuldig und verurteilte ihn in Berücksichtigung des rechtskräftigen erstinstanzlichen Schuldspruchs wegen versuchter Nötigung zu eine bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Hinsichtlich der Vorwürfe der (versuchten oder vollendeten) Verletzung des Bankkundengeheimnisses bzw. der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und eines weiteren Vorwurfs der versuchten Nötigung gelangte es zu einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens. Die erstinstanzlichen Freisprüche von den Vorwürfen der Drohung und der versuchten Nötigung (betreffend andere Anklagesachverhalte) erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. 
Weiter setzte das Obergericht A.A.________ im Urteil vom 19. August 2016 eine nicht erstreckbare Frist von drei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft seines Urteils an, um konkret unter Angabe des Dateinamens, des Pfades und des Datenträgers zu substanziieren, welche Dateien der beschlagnahmten Datenträger er in Kopie herausverlangen möchte. 
 
B.  
Mit Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018 wies das Bundesgericht die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen das Urteil vom 19. August 2016 ab, soweit auf sie einzutreten war. Die Beschwerde von A.A.________ hiess es teilweise gut. Es hob das Urteil vom 19. August 2016 auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde von A.A.________ ab, soweit auf sie einzutreten war. 
A.A.________ beantragte in seiner Beschwerde in Strafsachen u.a., die Voraussetzungen hinsichtlich der Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände seien anders zu umschreiben bzw. die Herausgabe der privaten Daten dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass er seinen Anspruch nachweise. Die diesbezügliche Rüge wies das Bundesgericht ab (Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018 E. 8.1). 
 
C.  
Am 29. November 2019 erliess das Obergericht des Kantons Zürich einen neuen Berufungsentscheid. Es verurteilte A.A.________ wegen versuchter Nötigung, Drohung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten. 
Zudem ersuchte es die Staatsanwaltschaft darum, nach Eintritt der Rechtskraft seines Urteils bezüglich der in Dispositiv-Ziff. 9 seines Urteils aufgeführten Datenträger ein Datenfilenamen-Verzeichnis inklusive Dateinamen und Dateipfade der einzelnen Dateien zu erstellen bzw. durch die Polizei erstellen zu lassen und dieses A.A.________ sowie dem Gericht zuzustellen. Es entschied, A.A.________ verfüge ab Zustellung des genannten Verzeichnisses über eine Frist von drei Monaten, um konkret unter Angabe des Dateinamens, des Pfades und des Datenträgers zu substanziieren, welche Dateien er in Kopie herausverlangen möchte (Dispositiv-Ziff. 9 des Urteils vom 29. November 2019). 
Die von A.A.________ dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen richtete sich im Wesentlichen gegen die Strafzumessung. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit auf sie einzutreten war (Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020). 
 
D.  
Mit Urteil 6F_20/2020 vom 27. August 2020 wies das Bundesgericht ein erstes Revisionsgesuch von A.A.________ gegen das Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
E.  
A.A.________, seine Ehefrau (B.A.________) und seine Tochter (C.A.________) gelangen am 31. August 2022 (Datum Postaufgabe) mit einem weiteren Revisionsgesuch an das Bundesgericht. A.A.________ beantragt darin, es seien ihm ein MacBook sowie sämtliche auf dem Memory-Stick gespeicherte Datenfiles mit Inhalt zurückzugeben. 
 
F.  
Mit Eingabe vom 30. September 2022 zogen die Ehefrau und die Tochter von A.A.________ ihr Revisionsgesuch zurück. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Revisionsgesuche der Gesuchstellerinnen 2 und 3 sind infolge Rückzugs als gegenstandslos abzuschreiben. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 61 BGG erwachsen Entscheide des Bundesgerichts am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. Das Gericht kann auf ein eigenes Urteil zurückkommen, wenn einer der vom Gesetz (Art. 121-123 BGG) abschliessend aufgezählten Revisionsgründe vorliegt. Der Revisionsgrund ist frist- und formgerecht geltend zu machen. Es obliegt dem Gesuchsteller aufzuzeigen, welcher Revisionsgrund inwiefern vorliegen soll, ansonsten auf das Revisionsgesuch nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 147 III 238 E. 1.2.1; Urteil 6F_8/2021 vom 20. Juli 2021 E. 2).  
 
2.2. Gemäss Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Auf einem Versehen im Sinne von Art. 121 lit. d BGG beruht eine Feststellung, wenn sie darauf zurückzuführen ist, dass das Bundesgericht eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig (nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut) wahrgenommen hat (Urteile 6F_19/2022 vom 25. Juli 2022 E. 2; 6F_16/2020 vom 3. Juni 2020 E. 2.1; 6F_32/2015 vom 16. Februar 2016 E. 2; je mit Hinweisen). Eine unzutreffende beweismässige oder rechtliche Würdigung unterliegt nicht der Revision (BGE 122 II 17 E. 3; Urteile 6F_19/2022 vom 25. Juli 2022 E. 2; 2F_13/2022 vom 17. März 2022 E. 2.4). Der Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG kann zudem nur angerufen werden, wenn die unberücksichtigten Tatsachen als erheblich zu bezeichnen sind. Davon ist auszugehen, wenn deren Berücksichtigung zugunsten des Gesuchstellers zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen (BGE 122 II 17 E. 3; Urteile 6F_19/2022 vom 25. Juli 2022 E. 2; 2F_10/2022 vom 15. März 2022 E. 3.5).  
 
3.  
 
3.1. Das vorliegende Revisionsgesuch richtet sich gegen die Erwägung E. 8.1 des Urteils 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018, wobei sich der Gesuchsteller 1 auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG beruft.  
Der Gesuchsteller 1 machte im Verfahren 6B_1318/2016 geltend, wenn die Vorinstanz von ihm den Nachweis verlange, dass an den Dateien keine privatrechtlich besseren Ansprüche Dritter bestünden, so bedeute dies, dass er seine Berechtigung an den fraglichen Daten darlegen müsse. Letztlich greife also eine gesetzlich nicht vorgesehene Beweislastumkehr. Es gelte jedoch die Vermutung, dass der vormalige Besitzer auch der Eigentümer sei (vgl. Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018 E. 8.1). 
Das Bundesgericht hielt dem entgegen, die Eigentumsvermutung komme schon deswegen nicht zum Tragen, weil die privaten Daten des Gesuchstellers 1 und seiner Familie nicht ohne Weiteres von den Datenkonvoluten getrennt werden könnten, an denen er unbestrittenermassen nicht berechtigt sei. Der Gesuchsteller 1 räume selber ein, die Bankkundendaten nach dem "Eichhörnchenprinzip" abgelegt zu haben. Die mit dem Erfordernis, herausverlangte private Daten zu substanziieren, verbundene faktische Zuweisung der Beweislast beeinträchtige die Eigentumsrechte des Gesuchstellers 1 daher nicht in dem Sinne, dass von einem unverhältnismässigen Eingriff auszugehen wäre. Aus dem gleichen Grund könne der Gesuchsteller 1 nicht für sich ins Feld führen, das Gesetz auferlege ihm bei der Rückgabe seiner privaten Daten, die sich auf beschlagnahmten Datenträgern befänden, keine Obliegenheit zur Mitwirkung (vgl. Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018 E. 8.1). 
 
3.2.  
 
3.2.1. Diese Erwägungen sind bereits deshalb keiner Revision zugänglich, weil das Bundesgericht darin eine Rechtsfrage beantwortete, nämlich die Frage, ob vom Gesuchsteller 1 verlangt werden kann, dass er bei der Triage von beschlagnahmten Daten, welche nicht eindeutig ihm bzw. seiner Familie gehören, mitwirkt und substanziiert, inwieweit die Daten privater Natur sind und als solche einer Herausgabepflicht unterliegen. Eine unzutreffende rechtliche Würdigung ist wie dargelegt keiner Revision zugänglich (vgl. oben E. 2.2).  
 
3.2.2. Der Gesuchsteller 1 legt auch nicht dar, welche in den Akten liegenden Tatsachen das Bundesgericht im Sinne von Art. 121 lit. d BGG übersehen haben könnte. Wie der Eingabe des Gesuchstellers 1 zu entnehmen ist, stört sich dieser vor allem an der Art und Weise, wie die Kantonspolizei Zürich die gemäss eigenen Angaben ca. 3,3 Mio. Daten für die Rückgabeforderung am 8. März 2022, d.h. nach dem Urteil 6B_1314/2016 und 6B_1318/2016 vom 10. Oktober 2018, aufbereitete und darlegte.  
 
3.2.3. Der Gesuchsteller 1 rügt, die Datenaufbereitung und -darlegung sei unübersichtlich, unvollständig, verwirrend und mangelhaft. Sie verunmögliche eine Substanziierung und begründe daher einen unverhältnismässigen Eingriff in seine Eigentumsrechte (vgl. insb. Revisionsgesuch S. 6 und 7). Er und seine Ehefrau hätten die Datenfiles hunderte Stunden durchgesehen und versucht, die gewünschte Substanziierung vorzunehmen (Revisionsgesuch S. 7). Die Substanziierung sei schwierig, weil in der ihm zur Verfügung gestellten Liste das Speicherdatum und die Speicherzeit nicht aufgeführt werde, die Liste zudem auch Programmfiles und temporäre Files enthalte und der Inhalt der Files teilweise anhand des Dateinamens nicht bestimmbar sei. Musik- und Bilder-Datenfiles sowie Daten, welche angesichts ihres Dateinamens eindeutig als privat identifizierbar seien, hätten ihm ohne Weiteres zurückgegeben werden können (Revisionsgesuch S. 9).  
Diese Frage der konkreten Umsetzung der Substanziierungspflicht bildete nicht Gegenstand des Urteils des Bundesgerichts vom 10. Oktober 2018, weshalb sich daraus von vornherein kein Revisionsgrund ableiten lässt. Der Gesuchsteller 1 führt denn auch selbst aus, die Daten und deren Darstellung auf dem Memory-Stick hätten zum Urteilszeitpunkt nicht in der nun von der Kantonspolizei Zürich dargelegten Form vorgelegen. 
Es versteht sich, dass den Gesuchstellern die nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen sind, um ihnen zu ermöglichen, ihrer Substanziierungspflicht nachzukommen. Solches müssen die Gesuchsteller jedoch in erster Linie im Rahmen einer Beschwerde gegen eine allfällige Verweigerung der Herausgabe von privaten Daten mangels hinreichender Substanziierung durchsetzen. 
 
3.3. Ebenfalls nicht einzutreten ist auf das Revisionsgesuch, soweit sich der Gesuchsteller 1 darin zu anderen Fragen äussert, etwa dazu, ob ein Arbeitszeugnis aus dem Jahr 1994 von der Staatsanwaltschaft als Beweisstück "unterschlagen" wurde (vgl. Revisionsgesuch S. 4). Gleiches gilt für den Einwand des Gesuchstellers 1, die beschlagnahmten Dateien würden aus den Cayman Islands stammen, weshalb sie in der Schweiz nach geltendem Recht nicht beschlagnahmt werden könnten bzw. unter Schweizer Recht nicht geschützt seien (Revisionsgesuch S. 6). Der Gesuchsteller 1 zeigt nicht ansatzweise auf, dass und weshalb darin ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 121-123 BGG liegen soll.  
 
 
4.  
Das Revisionsgesuch des Gesuchstellers 1 ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Gesuchsteller 1 kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Gesuchstellers 1 ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt und verfügt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Revisionsgesuche der Gesuchstellerinnen 2 und 3 werden infolge Rückzugs abgeschrieben. 
 
2.  
Das Revisionsgesuch des Gesuchstellers 1 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Das Gesuch des Gesuchstellers 1 um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Gesuchsteller 1 auferlegt. 
 
5.  
Dieser Entscheid wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. November 2022 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld