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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_105/2013 
 
Urteil 28. Mai 2013 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Daniel Fischer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrfacher betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, mehrfache Urkundenfälschung etc.; Willkür etc., 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 30. Oktober 2012 und 20. November 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt sprach X.________ am 16. November 2010 des mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, der mehrfachen Urkundenfälschung und des Missbrauchs von Schildern schuldig. Es auferlegte ihm eine bedingte Geldstrafe von 135 Tagessätzen zu Fr. 20.--, als Zusatzstrafe zu den Urteilen vom 6. Dezember 2004 und 3. Mai 2007. 
A.b Auf Appellation von X.________ bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu Fr. 20.--, als Zusatzstrafe zu den Urteilen vom 17. Februar 2011, 3. Juni 2011 und 20. Juli 2011. 
Den Schuldsprüchen liegen folgende Sachverhalte zugrunde: 
X.________ ermöglichte in seinem Nachtclub vom 17. September 2003 bis am 15. Oktober 2003 den Einsatz von gefälschten Kreditkarten. Insgesamt erfolgten Überweisungen von über Fr. 90'000.-- zu seinen Gunsten. Bezüglich weiterer Fr. 15'600.-- scheiterte die Zahlung an der verweigerten Autorisation durch das Kreditkartenunternehmen. Den Zahlungen standen im Umfang von ca. Fr. 40'000.-- keine Gegenleistungen von X.________ gegenüber. Dieser hielt zumindest für möglich, dass die Kreditkarten gefälscht waren. 
X.________ fuhr zwischen dem 15. Dezember 2003 und dem 16. Januar 2004 einen Personenwagen mit Kontrollschildern, welche bis im Mai 1997 auf seine Ehefrau eingelöst waren und anschliessend wegen eines angeblichen Diebstahls/Verlusts im Ausland ausser Verkehr gesetzt wurden. 
 
B. 
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen und die gesperrten Vermögenswerte freizugeben. Hinsichtlich des Vorwurfs des Missbrauchs von Schildern sei das Verfahren einzustellen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Er rügt, die Belastung von Kreditkarten mit höheren Geldbeträgen sei im Milieu nicht unüblich. Die Vorinstanz verneine dies, ohne entsprechende Abklärungen unter Beizug von Experten oder sachverständigen Zeugen vorgenommen zu haben. Der vorinstanzliche Entscheid beruhe auf blossen Vermutungen und verletze die Grundsätze in dubio pro reo und des fair trail sowie die Pflicht zur Ermittlung entlastender Tatsachen (Beschwerde S. 4 f. und 7). 
 
1.2 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1). Dem Grundsatz in dubio pro reo kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen). 
Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4). Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen darlegen, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen). 
 
1.3 Die Vorinstanz führt aus, alleine mit den gefälschten Kreditkarten seien Zahlungen getätigt worden, die mehr als dem Doppelten des vom Beschwerdeführer angegebenen Durchschnittsumsatzes von Fr. 1'500.-- pro Nacht der Vormonate entsprochen hätten (Urteil E. 2.3 S. 4). Sie stellt nicht infrage, dass grössere Zahlungen einzelner Kunden im Rotlichtmilieu verschiedentlich vorkommen können. Sie wirft dem Beschwerdeführer jedoch vor, er habe keine plausiblen Begründungen für die hohen Zahlungen liefern können, welche in kurzer Zeit von einer kleinen Anzahl Personen bzw. mithilfe von wenigen Kreditkarten erfolgt seien (Urteil E. 2.5 S. 7). Sie weist beispielsweise darauf hin, dass in der Nacht des 8. Oktober 2003 laut dem Beschwerdeführer ein Umsatz von Fr. 16'019.-- erzielt wurde. In jener Nacht seien aber alleine mit zwei gefälschten Kreditkarten Zahlungen im Umfang von Fr. 15'000.-- und Fr. 19'300.-- getätigt worden. Zudem sei vergeblich versucht worden, mit einer gefälschten Kreditkarte einen Betrag von Fr. 3'800.-- zu bezahlen (Urteil S. 5). Am 9. Oktober 2003 seien mit den gleichen Kreditkarten Zahlungen über insgesamt Fr. 14'400.-- erfolgt, obschon der Umsatz in dieser Nacht nur Fr. 1'273.-- betragen habe. Die vom Beschwerdeführer angeführten Erklärungen, es habe sich bei den Zahlungen teilweise um Provisionen bzw. um eine Zahlung für eine am Tag darauf zu erfolgende Barauszahlung gehandelt, seien nicht glaubhaft. Bezüglich weiterer Zahlungen, welche ebenfalls sehr hohe Beträge betroffen hätten (Fr. 14'000.-- am 13. Oktober 2003 und Fr. 15'900.-- am 15. Oktober 2003), habe der Beschwerdeführer eine Gegenleistung nicht einmal substanziiert behauptet (Urteil S. 6). Die Vorinstanz folgert daraus, der Beschwerdeführer habe als möglich erkannt, dass die Kreditkarten gefälscht waren (Urteil S. 8). 
 
1.4 Die vorinstanzliche Würdigung ist nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz zeigt auf, dass den Zahlungen mit den gefälschten Kreditkarten in grossem Umfang keine Gegenleistungen des Beschwerdeführers gegenüberstanden. Sie durfte daraus ohne Willkür schliessen, dieser habe zumindest für möglich gehalten, dass die Kreditkarten falsch waren. Die Vorinstanz bestreitet nicht, dass die Zahlung grösserer Beträge im Rotlichtmilieu vorkommen kann. Sie war daher nicht verpflichtet, weitere Abklärungen zu dieser Frage zu tätigen. Sie wirft dem Beschwerdeführer zudem nicht vor, bereits die Zahlung eines grossen Betrages mit einer Kreditkarte hätte ihn misstrauisch gestimmt. Entscheidend war vielmehr die Häufigkeit der Kreditkartenbelastungen mit grossen Beträgen innert kurzer Zeit und das Fehlen einer Gegenleistung. Die Einwände des Beschwerdeführers sind unbegründet. Eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren ist nicht ersichtlich. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer beantragt, das Verfahren sei bezüglich des Missbrauchs von Schildern aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebots und zufolge Verjährung einzustellen (Beschwerde S. 5). Hinsichtlich der weiteren Vorwürfe sei die Verjährung von Amtes wegen zu prüfen (Beschwerde S. 6). 
 
2.2 Der Beschwerdeführer beging die zu beurteilenden Straftaten nach Inkrafttreten des revidierten Verjährungsrechts am 1. Oktober 2002. Die Strafverfolgungsverjährung für den Missbrauch von Schildern (Art. 97 Abs. 1 SVG) beträgt sieben Jahre (Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB). Gemäss Art. 97 Abs. 3 StGB tritt die Verjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist. Der dem Beschwerdeführer vorgeworfene Missbrauch von Schildern in der Zeit zwischen dem 15. Dezember 2003 und dem 16. Januar 2004 war im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils nicht verjährt. 
Für den betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage und die Urkundenfälschung sieht Art. 97 Abs. 1 lit. b StGB eine Verjährungsfrist von 15 Jahren vor. Eine bundesrechtswidrige Anwendung dieser Bestimmung macht der Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend. 
Der Verletzung des Beschleunigungsgebots trug die Vorinstanz bei der Strafzumessung Rechnung. Eine Verfahrenseinstellung war nicht angezeigt (vgl. BGE 133 IV 158 E. 8 mit Hinweisen). Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz (Urteil S. 11) kann verwiesen werden. 
 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei im zweitinstanzlichen Verfahren ungenügend verteidigt gewesen. Er habe die Plädoyernotizen seines damaligen Anwalts erst am Vorabend der Hauptverhandlung erhalten und vor der Verhandlung lediglich ca. 20 Minuten Zeit gehabt, um die Sache mit diesem zu besprechen. Dadurch sei ihm verunmöglicht worden, seine Beweisanträge zu stellen. Auch habe er betonen wollen, dass er sich stets an die vertraglichen Vereinbarungen mit den Kreditkartenunternehmungen gehalten habe. Sein damaliger Verteidiger habe ihn zudem nicht aufgeklärt, dass er an der Verhandlung zu den weiteren Verfahren befragt werden könnte. Dies habe ihn völlig unerwartet getroffen, so dass er einen schlechten Eindruck hinterlassen habe (Beschwerde S. 7 f.). 
 
3.2 Der Verteidiger muss die Interessen des Angeschuldigten in ausreichender und wirksamer Weise wahrnehmen und die Notwendigkeit prozessualer Massnahmen in dessen Interesse sachgerecht und kritisch abwägen. Der Angeschuldigte hat Anspruch auf eine sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner Parteiinteressen. Wird von den Behörden untätig geduldet, dass der Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und Standespflichten zum Nachteil des Angeschuldigten in schwerwiegender Weise vernachlässigt, kann darin eine Verletzung der von Verfassung und Konvention gewährleisteten Verteidigungsrechte liegen. Als schwere Pflichtverletzung fällt allerdings nur sachlich nicht vertretbares bzw. offensichtlich fehlerhaftes Prozessverhalten des Verteidigers in Betracht (BGE 126 I 194 E. 3d; 120 Ia 48 E. 2c und d; Urteil 6B_482/2012 vom 3. April 2013 E. 2.2). 
 
3.3 Eine schwere Pflichtverletzung des Verteidigers im vorinstanzlichen Verfahren ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit, seinen Standpunkt einzubringen. Seine angeblich unberücksichtigt gebliebenen Argumente decken sich weitgehend mit den von der Vorinstanz behandelten Rügen. Sie hätten am vorinstanzlichen Beweisergebnis offensichtlich nichts geändert. Auch kann dem Verteidiger nicht vorgeworfen werden, dass er keine Beweisanträge zu den Gepflogenheiten im Milieu stellte. Wie bereits dargelegt, war diese Frage im vorinstanzlichen Verfahren nicht umstritten. 
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, er habe generell zu wenig Zeit gehabt, um sich bezüglich seiner Verteidigungsstrategie mit seinem Anwalt zu beraten. Er beanstandet die seines Erachtens zu kurze Zeit für die Besprechung des Plädoyers. Darin kann keine schwere Pflichtverletzung gesehen werden, die eine Wiederholung der vorinstanzlichen Hauptverhandlung erforderlich machen könnte. Auch kann dem Verteidiger nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er den Beschwerdeführer nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Befragung zu dessen Vorstrafen hinwies. 
 
4. 
Die Anträge betreffend den Verzicht auf Ausfällung einer Zusatzstrafe und die Freigabe der beschlagnahmten Vermögenswerte begründet der Beschwerdeführer ausschliesslich mit den beantragten Freisprüchen (Beschwerde S. 6). Da es bei der Verurteilung bleibt, ist darauf nicht einzutreten. 
 
5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 28. Mai 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Schneider 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld