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[AZA 3] 
4P.180/1999/rnd 
 
          I. Z I V I L A B T E I L U N G  
          ******************************* 
 
Sitzung vom 29. Februar 2000  
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, 
Präsident, Leu, Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch und 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
--------- 
 
In Sachen 
 
Gresta Data AG in Liquidation, c/o Guido Stadelmann, Golbrig-  
weg 4, 8702 Zollikon, Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. Ralph Scheidegger, Kempterstrasse 5, Post- 
fach 721, 8029 Zürich, 
 
gegen 
 
Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (SVRB), Vadianastrasse  
17, 9001 St. Gallen, Beschwerdegegner, vertreten durch 
Rechtsanwalt Bruno Bauer, Pestalozzistrasse 2, "Zentrum St. 
Leonhard", 9000 St. Gallen, 
Kassationsgericht des Kantons St. Gallen,  
 
betreffend 
          Art. 4 aBV (Zivilprozess), 
hat sich ergeben: 
 
A.-  
Die Gresta Data AG befasste sich mit der Entwicklung  
von Software-Programmen. Anfangs der neunziger Jahre hatte 
sie die Absicht, ein umfassendes, hardwareunabhängiges Ban- 
ken-Softwareprogrammpaket zu realisieren, dem sie die Be- 
zeichnungen "DIALBA 2000/PRIBAS 2000/VERMÖGEN 2000" gab. Das 
Programm "DIALBA 2000" richtete sich speziell an die Raiffei- 
senbanken, während "PRIBAS 2000" für Privatbanken und "VERMÖ- 
GEN 2000" für die Vermögensverwaltung gedacht war. 
 
       Am 29. Januar/24. Februar 1992 schlossen die Gresta 
Data AG und der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (SVRB) 
einen Vertrag, der die Fortentwicklung des Softwarepaketes 
"DIALBA 2000" durch die Gresta mit Unterstützung des SVRB zum 
Gegenstand hatte. Als Ziel des Projektes wurde die Entwick- 
lung eines Softwarepaketes genannt, das bei einer Vielzahl 
von Raiffeisenbanken eingesetzt werden könne. 
 
       Am 28. Dezember 1992 beschloss der Verwaltungsrat 
der Gresta Data AG die Anmeldung des Konkurses der Gesell- 
schaft. Am 18. Mai 1993 eröffnete der Konkursrichter des Be- 
zirksgerichts Zürich den Konkurs über die Gresta Data AG. Das 
Konkursverfahren wurde am 12. Juli 1993 mangels Aktiven ein- 
gestellt. Gegen die Löschung der Gesellschaft im Handelsre- 
gister wurde Einsprache erhoben, was dazu führte, dass sich 
die Gesellschaft seither gemäss Art. 66 Abs. 2 HRegV (Han- 
delsregisterverordnung vom 7. Juni 1937; SR 221.411) in Li- 
quidation befindet. 
 
       Das Projekt "DIALBA 2000" wurde nach der Konkurs- 
eröffnung über die Gresta Data AG zunächst gemeinsam vom SVRB 
und der Bank Wegelin & Co. fortgesetzt. Am 30. Juni 1993 
gründeten der SVRB und die erwähnte Bank die Basoft Neue Ban- 
kensoftware AG, welche die Arbeit am Projekt übernahm und 
weiter führte. In der Folge veräusserte die Bank ihre Betei- 
ligung an dieser Gesellschaft an den SVRB. Dieser teilte in 
einem an die Raiffeisenbanken gerichteten Rundschreiben vom 
30. August 1993 mit, dass die neue Softwarelösung "DIALBA 
2000" kurz vor dem Markteintritt stehe. 
 
B.-  
Nachdem der SVRB Geldforderungen der Gresta Data AG  
in Liquidation abgelehnt hatte, reichte diese im März 1995 
beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen Klage ein. Die 
Klägerin stellte den Antrag, den Beklagten für die Verwertung 
des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" zur Bezahlung eines 
vom Beweisergebnis abhängigen und daher später zu beziffern- 
den Betrages nebst 5 % Zins seit 13. April 1994 zu verpflich- 
ten (Antrag Ziffer 1). Sie stellte zudem die Rechtsbegehren, 
den Beklagten zu verpflichten, ihr für die zukünftige Nutzung 
des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" einen vom Beweiser- 
gebnis abhängigen und daher später zu beziffernden Anteil an 
allen zukünftigen Verwertungsvorteilen aus diesem Paket aus- 
zurichten (Antrag Ziffer 2), und festzustellen, dass sie Mit- 
urheberin des Softwareprogrammpaketes "DIALBA 2000" sei und 
dass daher jegliche Verwendung dieses Paketes ihrer Zustim- 
mung bedürfe, auszunehmen seien lediglich die Vertriebsrechte 
im Sinne der Überlassung zur Nutzung an Verbandsmitglieder 
des Beklagten (Antrag Ziffer 3). 
 
       Mit Entscheid vom 29. September 1998 wies das Han- 
delsgericht die Rechtsbegehren Ziffer 1 und 2 ab und trat auf 
das Rechtsbegehren Ziffer 3 mangels sachlicher Zuständigkeit 
nicht ein. Die Gresta Data AG in Liquidation reichte gegen 
diesen Entscheid kantonale Nichtigkeitsbeschwerde und eidge- 
nössische Berufung ein. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom 
Kassationsgericht des Kantons St. Gallen mit Urteil vom 
28. April 1999 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat. In den 
Urteilserwägungen wird unter anderem ausgeführt, die nach- 
trägliche Eingabe des Beklagten vom 2. Juli 1998, mit welcher 
dieser Vertragsentwürfe aus der Zeit vom 13. November 1991 
bis 7. Januar 1992 eingereicht hatte, sei entgegen der Auf- 
fassung des Handelsgerichts wegen Verspätung unzulässig. Das 
führe indes nicht zur Aufhebung des angefochtenen Entschei- 
des, da das Handelsgericht die Entwürfe gestützt auf Art. 93 
Abs. 3 ZPO SG von Amtes wegen zugezogen hätte. 
 
C.-  
Die Gresta Data AG in Liquidation hat das Urteil des  
Kassationsgerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen 
Verletzung von Art. 4 aBV angefochten. Sie beantragt, diesen 
und den vorangehenden Entscheid des Handelsgerichts vom 
29. September 1998 aufzuheben. Der Beschwerdegegner stellt 
den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten und sie im 
Übrigen vollumfänglich abzuweisen. Das Kassationsgericht hat 
auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
       Auf Gesuch des Beschwerdegegners ist die Beschwerde- 
führerin mit Präsidialverfügung vom 1. Oktober 1999 zur Si- 
cherstellung einer der Gegenpartei allfällig geschuldeten 
Parteientschädigung angehalten worden. Sie hat die Sicher- 
heitsleistung im Betrag von Fr. 20'000.-- rechtzeitig er- 
bracht. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.-  
a) Nach Auffassung des Beschwerdegegners ist auf die  
Beschwerde mangels gehöriger Bevollmächtigung des Anwaltes 
der Beschwerdeführerin nicht einzutreten. Er hält an seiner 
bereits vor dem Handelsgericht vorgebrachten - und von diesem 
verworfenen - Begründung fest, dass die Vollmacht unwirksam 
sei, weil sie lediglich von Verwaltungsrat Guido Stadelmann 
und nicht von der Gesamtheit des Verwaltungsrates bzw. der 
Liquidatoren unterzeichnet worden sei. 
       Aus dem Urteil des Handelsgerichts geht hervor, dass 
Guido Stadelmann einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat 
der Beschwerdeführerin ist. Gemäss Art. 740 Abs. 1 OR wird 
die Liquidation durch den Verwaltungsrat besorgt, sofern sie 
nicht in den Statuten oder durch einen Beschluss der General- 
versammlung anderen Personen übertragen wird. Das ist nach 
dem Urteil des Handelsgerichts im Fall der Beschwerdeführerin 
nicht geschehen, weshalb die bisherigen Vertretungsbefugnisse 
(Art. 718 und 718a OR) weiter gelten. Entgegen dem Einwand 
des Beschwerdegegners reicht somit die Bevollmächtigung des 
Anwalts der Beschwerdeführerin durch Guido Stadelmann aus. 
 
       b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich 
nur gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig (Art. 86 und 
87 OG). Der vorangehende Entscheid kann ausnahmsweise mitan- 
gefochten werden, wenn die Möglichkeit der Aufhebung dieses 
Entscheides zur Wahrung des vollen Rechtsschutzes erforder- 
lich ist. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, 
wenn entweder der letzten kantonalen Instanz nicht sämtliche 
vor Bundesgericht erhobenen Rügen unterbreitet werden konn- 
ten, oder wenn solche Rügen zwar von der letzten kantonalen 
Instanz zu beurteilen waren, jedoch mit einer engeren Prü- 
fungsbefugnis, als sie dem Bundesgericht zusteht (BGE 125 I 
492 E. 1a/aa S. 493 f. mit Hinweisen). 
 
       Mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde können die 
Nichtigkeitsgründe der Verletzung kantonalen Rechts oder der 
aktenwidrigen oder sonst willkürlichen tatsächlichen Fest- 
stellung gerügt werden (Art. 239 Abs. 1 lit. a und b ZPO SG 
[Zivilprozessgesetz des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 
1990]). Soweit gegen den angefochtenen Entscheid weder Beru- 
fung noch Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht zulässig 
sind, können weitere zwei Nichtigkeitsgründe geltend gemacht 
werden; nämlich die willkürliche Anwendung des Bundesrechts 
oder die Verletzung verfassungsmässiger Rechte und von 
Staatsverträgen (Art. 239 Abs. 2 ZPO SG). Im vorliegenden 
Fall waren diese Nichtigkeitsgründe indes nicht zulässig, da 
gegen den Entscheid des Handelsgerichts Berufung beim Bundes- 
gericht erhoben werden konnte. 
 
       Unter den Begriff des kantonalen Rechts im Sinne von 
Art. 239 Abs. 1 lit. a ZPO fallen die Regeln der ZPO und des 
Gerichtsgesetzes sowie der darauf gestützten Verordnungen und 
Reglemente (  Leuenberger/Uffer, Kommentar zur Zivilprozessord-  
nung des Kantons St. Gallen, N. 2 zu Art. 239 ZPO). Dazu ge- 
hören neben den einzelnen Verfahrensregeln auch die allgemei- 
nen Prozessgrundsätze wie namentlich der Anspruch auf recht- 
liches Gehör (Art. 55 ZPO SG) oder die Verhandlungsmaxime 
(Art. 56 Abs. 1 ZPO SG). Zum einen Teil erhebt die Beschwer- 
deführerin mit der staatsrechtlichen Beschwerde Rügen, welche 
in diesen Bereich fallen, zum andern Teil handelt es sich um 
Rügen willkürlicher Beweiswürdigung und Tatsachenfeststel- 
lung, die sie gestützt auf Art. 339 Abs. 1 lit. b ZPO SG 
ebenfalls vor Kassationsgericht vorbringen konnte (vgl. 
Leuenberger/Uffer, a.a.O., N. 3c zu Art. 239 ZPO). Die Vor-  
aussetzungen zur Mitanfechtung des Entscheids des Handelsge- 
richts mit staatsrechtlicher Beschwerde sind somit nicht ge- 
geben, weshalb auf den entsprechenden Beschwerdeantrag und 
die gegen den Entscheid des Handelsgerichts erhobenen Rügen 
nicht einzutreten ist. 
 
2.-  
a) Der von der Beschwerdeführerin als verletzt be-  
trachtete Anspruch auf rechtliches Gehör wird zunächst durch 
die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben, deren An- 
wendung das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Soweit 
sich der Schutz der kantonalen Normen als unzureichend er- 
weist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 aBV folgenden Min- 
destgarantien Platz, deren Anwendung mit freier Kognition be- 
urteilt wird (BGE 124 I 49 E. 3a S. 51; 124 III 49 E. 2a 
S. 50). Unmittelbar aus Art. 4 aBV ergibt sich der Anspruch 
auf Äusserung vor dem Erlass eines in die eigene Rechtsstel- 
lung eingreifenden Entscheides, auf Beibringung erheblicher 
Beweise, auf Akteneinsicht sowie darauf, mit erheblichen Be- 
weisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentli- 
cher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zum Beweisergeb- 
nis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu 
beeinflussen (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242). 
 
       Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern der 
bundesrechtliche Minimalanspruch aus Art. 4 aBV nicht gewahrt 
worden sein sollte für den Fall, dass das Kassationsgericht 
die massgebenden Normen des kantonalen Prozessrechts willkür- 
frei ausgelegt und angewendet hat. Sie legt namentlich nicht 
dar, dass generell die Anwendung dieser kantonalen Prozess- 
normen in der Bedeutung, welche ihnen das Kassationsgericht 
beimisst, zu einer Verletzung des bundesrechtlichen Minimal- 
anspruchs führen müsste. Sie vertritt vielmehr die Auffas- 
sung, sie habe mit der Anwendung der massgebenden Prozessre- 
geln so, wie sie im vorliegenden Fall tatsächlich geschehen 
ist, nicht gerechnet. Eine Verletzung der verfassungsrechtli- 
chen Minimalgarantie wird damit nicht dargetan. 
 
       b) Das Kassationsgericht weist in seinem Entscheid 
darauf hin, Art. 165 Abs. 3 ZPO SG sehe nicht nur vor, dass 
der Gerichtspräsident über die Zulassung nachträglicher Ein- 
gaben entscheide, sondern auch, dass der Entscheid des Ge- 
richts vorbehalten bleibe. Die kantonale Praxis interpretiere 
diese Bestimmung dahingehend, dass der Gerichtspräsident zwar 
über die Zulassung von nachträglichen Eingaben vorläufig ent- 
scheiden könne, der definitive Entscheid aber in der Regel 
durch das Gericht im Endurteil gefällt werde; im Übrigen er- 
gebe sich aus Art. 165 Abs. 3 ZPO SG nicht, dass der Ge- 
richtspräsident in einem formellen Entscheid über die Zulas- 
sung zu entscheiden habe. Nach den Erwägungen des Kassations- 
gerichts hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, im 
Rahmen ihrer Vernehmlassung zur nachträglichen Eingabe des 
Beschwerdegegners vom 2. Juli 1998 materiell Stellung zu neh- 
men. Wenn sie sich darauf beschränkt habe, lediglich die Weg- 
weisung der Eingabe aus dem Prozess zu verlangen und sich 
eine materielle Stellungnahme für später vorzubehalten, habe 
sie auf eigenes Risiko gehandelt. Das Handelsgericht sei nach 
der kantonalen Praxis nicht gehalten gewesen, der Beschwerde- 
führerin im Nachhinein eine Frist für eine materielle Stel- 
lungnahme anzusetzen. Inwiefern diese Auslegung von Art. 165 
Abs. 3 ZPO SG das Willkürverbot verletzen sollte, ergibt sich 
aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht, weshalb 
die Frage nicht zu prüfen ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 
117 Ia 10 E. 4b S. 11 f. mit Hinweisen). Die Beschwerdeführe- 
rin rügt ausschliesslich eine Verletzung von Art. 165 Abs. 1 
ZPO SG, wonach der Gerichtspräsident die Prozesseingaben der 
Gegenpartei zustellt, dieser Gelegenheit zur Akteneinsicht 
gibt und Frist ansetzt für die folgende Prozesseingabe. Die 
Beschwerdeführerin weist nicht nach, dass sie die Rüge, Art. 
165 Abs. 1 ZPO SG sei allein schon dadurch verletzt worden, 
dass ihr keine formelle Frist gesetzt worden sei, bereits vor 
dem Kassationsgericht erhoben hat. Neue Vorbringen sind im 
vorliegenden Verfahren aber grundsätzlich unzulässig (BGE 118 
Ia 20 E. 5a S. 26). Davon abgesehen ist die Rüge ohnehin un- 
begründet, nachdem die Beschwerdeführerin zu der ihr gemäss 
Art. 165 Abs. 1 ZPO SG zugestellten Eingabe vom 2. Juli 1998 
tatsächlich Stellung genommen hat und ihr unstreitig die Mög- 
lichkeit offen gestanden hat, sich zu den Vertragsentwürfen 
materiell zu äussern. 
 
3.-  
Die Beschwerdeführerin wirft dem Kassationsgericht  
sodann Willkür bei der Auslegung von Art. 93 Abs. 3 ZPO SG 
vor. Nach dieser Bestimmung kann der Richter zur Feststellung 
einer behaupteten Tatsache ausnahmsweise ohne Parteiantrag, 
aber nach Anhören der Parteien Beweis erheben, wenn er be- 
fürchtet, das Urteil auf einen unzutreffenden Sachverhalt 
stützen zu müssen. 
       Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, es 
sei willkürlich anzunehmen, dass das Handelsgericht - hätte 
es die Eingabe vom 2. Juli 1998 als verspätet betrachtet - 
die Vertragsentwürfe von Amtes wegen als Beweismittel heran- 
gezogen bzw. die Parteien zur Edition dieser Entwürfe aufge- 
fordert hätte. Im Entscheid des Kassationsgerichts wird dazu 
festgehalten, die am 5. Juni 1998 durchgeführten Einvernahmen 
hätten es auch für den Richter nahe gelegt, die von den Zeu- 
gen erwähnten Vertragsentwürfe beizuziehen; und es sei anzu- 
nehmen, dass die Gerichtsleitung die Parteien gestützt auf 
Art. 93 Abs. 3 ZPO SG aufgefordert hätte, die Vertragsentwür- 
fe zu edieren, wenn sie der Beschwerdegegner nicht von sich 
aus eingereicht hätte. Darin liegt keine willkürliche Ausle- 
gung von Art. 93 Abs. 3 ZPO SG. Diese Bestimmung gestattet 
dem Richter, ausnahmsweise von der Verhandlungsmaxime (Art. 
56 Abs. 1 ZPO SG) abzuweichen, wenn dies im Interesse der 
Wahrheitsfindung notwendig ist (  Leuenberger/Uffer, a.a.O.,  
N. 2 zu Art. 56 ZPO). Gleichzeitig erlaubt sie dem Richter 
aber auch eine Einschränkung der beweisrechtlichen Eventual- 
maxime, wie sie Art. 164 ZPO SG zugrunde liegt. Die Hypothese 
des Kassationsgerichts über das Vorgehen des Handelsgerichts 
erscheint sodann auch in tatsächlicher Hinsicht nicht als of- 
fensichtlich unhaltbar und damit nicht als willkürlich. Im 
Urteil des Handelsgerichts wird festgehalten, die Parteien 
hätten sich im Schriftenwechsel stets ausschliesslich auf den 
Vertragstext selber berufen und erst die Zeugen seien auf die 
Vertragsverhandlungen zu sprechen gekommen, indem sie vorge- 
bracht hätten, in Art. 6 der Vertragsentwürfe sei die Rede 
von "unentgeltlicher" Übernahme der Software gewesen. Aus der 
Sicht des Handelsgerichts erschien somit der Inhalt der von 
den Zeugen erwähnten Vertragsentwürfe geeignet, Aufschluss 
über die Auslegung der Vereinbarung vom 29. Januar/24. Feb- 
ruar 1992 zu geben. Bei der Auslegungsfrage handelte es sich 
aber um den zentralen Punkt des Prozesses, weshalb das Han- 
delsgericht daran interessiert sein musste, durch Beizug der 
Vertragsentwürfe von Amtes wegen die Wahrheit herauszufinden. 
4.-  
Die Beschwerdeführerin rügt zudem eine willkürliche  
Beweiswürdigung bzw. Tatsachenfeststellung. Sie vertritt die 
Auffassung, aus den Aussagen der Zeugen Moser und Wunderlin 
ergebe sich eindeutig, dass man sich über den Grundsatz der 
Entgeltlichkeit einig gewesen sei, während in den Vertrags- 
entwürfen keine konkreten Hinweise zu finden seien, dass die 
Parteien Unentgeltlichkeit vereinbart hätten. Diese Entwürfe 
würden vielmehr den Grundsatz der Entgeltlichkeit gerade be- 
stätigen. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Beweiswürdi- 
gung als unsachlich, unangemessen und nicht nachvollziehbar. 
 
       a) Zur Vertragsauslegung wird im Entscheid des Han- 
delsgerichts zunächst festgehalten, dass in der Vereinbarung 
vom 29. Januar/24. Februar 1992 die Frage der Entgeltlichkeit 
nicht ausdrücklich geregelt sei. Das Handelsgericht betrach- 
tet sodann als entscheidend, dass der Beschwerdegegner sich 
auch für den Fall des Erreichens der sogenannten zweiten Stu- 
fe, das heisst nach Abnahme des Softwarepaketes, nicht zur 
Leistung einer Entschädigung verpflichtet habe, sondern dass 
die Beschwerdeführerin in der dritten Stufe das Recht erhal- 
ten sollte, mit den einzelnen Benützern des Softwarepaketes 
"DIALBA 2000" Lizenzverträge abzuschliessen und daraus ein 
Entgelt für die geleistete Entwicklungsarbeit zu erzielen. 
Aus den Aussagen der Zeugen Moser und Wunderlin ergibt sich 
nach dem Handelsgericht zwar, dass die Übernahme des unferti- 
gen Paketes nicht unentgeltlich sein sollte, aber dass man 
nicht gewusst habe, wie das Entgelt zu bemessen sei, weshalb 
die Parteien in der Erwartung, das Projekt werde ohnehin 
nicht abgebrochen, auf eine Regelung verzichtet hätten. Diese 
Aussagen der Zeugen korrigiert das Handelsgericht indes auf- 
grund des Inhalts der Vertragsentwürfe. Der Entwurf vom 
13. November 1991 habe im Fall des Projektabbruchs die Über- 
nahme gegen Bezahlung eines Preises "auf Grundlage der beleg- 
baren und betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Aufwendun- 
gen der GRESTA für dieses Softwarepaket" (Art. 11 Abs. 4) 
vorgesehen; im späteren Entwurf vom 6. Dezember 1991 sei dann 
neu für den Fall des Projektabbruchs eine unentgeltliche Un- 
terlizenz bzw. Lizenz vorgesehen worden, während die frühere 
Regelung in Art. 11 betreffend die Preisfestsetzung auf 
Grundlage der belegbaren Aufwendungen gestrichen worden sei. 
Im Entwurf vom 12. Dezember 1991 sodann werde weder von Un- 
entgeltlichkeit noch von einem Preis bzw. einer Preisbestim- 
mungsregel gesprochen. Und der Entwurf vom 7. Januar 1992 
schliesslich, dessen Art. 6 mit dem späteren Vertragstext 
übereinstimme, sehe neu eine Konventionalstrafe zu Lasten der 
Gresta im Fall des Projektabbruchs nach dem 1. Januar 1993 
vor. 
 
       b) Das Handelsgericht legt die Vereinbarung vom 
29. Januar/24. Februar 1992 aufgrund der erwähnten Umstände 
nach dem Vertrauensprinzip in dem Sinne aus, dass der Be- 
schwerdegegner der Beschwerdeführerin für die Übernahme des 
Projektes keine Entschädigung schulde. In diesem Zusammenhang 
hält es namentlich fest, die Zeugen hätten, wie den Vertrags- 
entwürfen entnommen werden könne, die verschiedenen Entwick- 
lungen der Vertragsverhandlungen nur unvollständig geschil- 
dert, womit sich aufgrund ihrer Aussagen nicht der Schluss 
aufdränge, es sei zwingend von einer Lücke in Art. 6 der Ver- 
einbarung auszugehen. Die Vertragsverhandlungen sprächen 
vielmehr dafür, dass die Parteien in deren Verlauf von der 
Regelung einer Entschädigung in Kenntnis der sich dabei stel- 
lenden Fragen abgesehen hätten, womit für eine richterliche 
Vertragsergänzung kein Raum bleibe. 
 
       Soweit es sich bei der Beurteilung durch das Han- 
delsgericht um Beweiswürdigung handelt, ist diese vom Kassa- 
tionsgericht zutreffend als nicht willkürlich bezeichnet wor- 
den. Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber die Aussagen 
der beiden Zeugen abweichend würdigt und gewichtet und in 
diesem Zusammenhang den Vorwurf der Willkür erhebt, geht sie 
von einem falschen Verständnis des Willkürverbotes im Gebiet 
der Beweiswürdigung aus. In diesem Gebiet steht dem kantona- 
len Gericht ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Das Bun- 
desgericht greift auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur 
ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, 
mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, 
auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender 
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 118 Ia 28 
E. 1b S. 30 mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier 
nicht gegeben. Der vom Handelsgericht vorgenommene Vergleich 
zwischen den Aussagen der Zeugen und der Entwicklung der Ver- 
tragsverhandlungen, wie sie sich aus den verschiedenen Ent- 
würfen ergibt, erlaubt vielmehr ohne Willkür den vom Handels- 
gericht gezogenen Schluss, dass im Zeitpunkt des Abschlusses 
der Vereinbarung vom 29. Januar/24. Februar 1992 kein tat- 
sächlicher Konsens bestand, wonach die Beschwerdeführerin im 
Fall des Abbruchs des Projektes durch den Beschwerdegegner 
entschädigt werden sollte. 
 
5.-  
Die Beschwerdeführerin wendet sich schliesslich  
gegen die Kostenregelung in der Verfügung des Kassationsge- 
richtspräsidenten vom 22. Februar 1999, mit welcher das Ge- 
such der Gegenpartei um Sicherstellung der Gerichts- und 
Parteikosten für das Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde 
abgewiesen wurde. In dieser Verfügung wurde der Beschwerde- 
führerin eine Parteientschädigung für das Gesuchsverfahren 
verweigert mit der Begründung, sie habe zum einen keinen Kos- 
tenantrag gestellt, sondern vielmehr den Einbezug der Kosten 
in die Kosten des Nichtigkeitsbeschwerdeverfahrens beantragt, 
und zum andern habe sie materiell nicht die Abweisung des Ge- 
suches, sondern nur die tiefere Festsetzung des sicherzustel- 
lenden Betrages beantragt; die Beschwerdeführerin - damalige 
Gesuchsgegnerin - erscheine so nicht als obsiegende Partei, 
welcher eine Parteientschädigung für das Verfahren des Teil- 
entscheides zuzusprechen wäre. 
 
       Die Beschwerdeführerin wirft dem Kassationsgerichts- 
präsidenten die willkürliche Anwendung von Art. 264 Abs. 1 in 
Verbindung mit Art. 260 Abs. 1 ZPO SG vor. Gemäss Art. 264 
Abs. 1 ZPO SG trägt jene Partei die Prozesskosten, welche mit 
ihrem Begehren unterliegt, soweit das Gesetz nichts anderes 
bestimmt. In Art. 260 Abs. 1 ZPO SG wird festgehalten, dass 
unter den Begriff der Prozesskosten sowohl die Gerichts- wie 
die Parteikosten fallen. 
 
       Wie aus dem Wortlaut von Art. 264 Abs. 1 ZPO SG her- 
vorgeht, stellt diese Bestimmung auf die Anträge ("Begehren") 
der Parteien ab. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stel- 
lungnahme vom 16. Februar 1999 die Anträge gestellt, sie sei 
unter angemessener Fristansetzung anzuweisen, für die Siche- 
rung der Prozesskosten einen Betrag von maximal Fr. 12'200.-- 
zu leisten (Rechtsbegehren Ziffer 1), und die Kosten- und 
Entschädigungsfolgen seien in die Kostenregelung des anhängi- 
gen Prozesses einzubeziehen (Rechtsbegehren Ziffer 2). Die 
Beschwerdeführerin hat somit keinen Antrag auf Abweisung des 
Sicherstellungsgesuchs gestellt, sondern mit ihrem Rechtsbe- 
gehren Ziffer 1 vielmehr implizit anerkannt, dass sie zur 
Sicherstellung bis zu einem Maximalbetrag von Fr. 12'200.-- 
verpflichtet sei. Unter diesen Umständen erscheint es nicht 
als willkürlich (vgl. zum Willkürbegriff bei der Rechtsan- 
wendung BGE 124 I 310 E. 5a S. 316 mit Hinweisen), dass der 
Gerichtspräsident die Beschwerdeführerin nicht als obsiegend 
im Sinne der kantonalen Prozessordnung betrachtet hat. Eben- 
falls nicht willkürlich ist im Übrigen dessen Beurteilung, 
dass die Beschwerdeführerin keinen Antrag auf Zusprechung 
einer Parteientschädigung gestellt hat. Art. 263 Abs. 3 ZPO 
SG macht den Zuspruch der Parteikosten von einem entsprechen- 
den Antrag abhängig (dazu  Leuenberger/Uffer, a.a.O., N. 6 zu  
Art. 263 ZPO). Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellung- 
nahme vom 16. Februar 1999 keinen solchen Antrag gestellt, 
sondern sich darauf beschränkt, ein Aufschieben des Kosten- 
spruches für das Gesuchsverfahren und einen späteren Kosten- 
Entscheid zusammen mit jenem für das gesamte Beschwerdever- 
fahren zu verlangen. 
 
6.-  
Aus diesen Gründen ist die staatsrechtliche Be-  
schwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
       Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die 
Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 
Abs. 1 OG). Diese hat den Beschwerdegegner für das bundesge- 
richtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 
OG). Die Parteientschädigung ist dem Beschwerdegegner von der 
Bundesgerichtskasse aus dem sicher gestellten Betrag auszu- 
richten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.-  
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,  
soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
2.-  
Die Gerichtsgebühr von Fr. 12'000.-- wird der Be-  
schwerdeführerin auferlegt. 
 
3.-  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für  
das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 15'000.-- zu ent- 
schädigen. 
 
4.-  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassations-  
gericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
______________ 
 
 
Lausanne, 29. Februar 2000 
 
                    
Im Namen der I. Zivilabteilung  
                    
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS  
Der Präsident: 
 
                                         
Der Gerichtsschreiber: